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20.11.2015

Grußwort zur Einbürgerungsfeier im Festsaal des Hamburger Rathauses

 

Meine sehr verehrten Damen und Herren,

Ich heiße Sie herzlich willkommen im Großen Festsaal des Hamburger Rathauses was für ein prächtiger und passender Ort für diesen feierlichen Anlass, auf den ich mich immer sehr freue.  
Schön, dass Sie so zahlreich gekommen sind!
Und dass ich so viele Jungen, Mädchen und Jugendliche hier sehe, darüber freue ich mich ganz besonders.

Habt Ihr Euch Euer Rathaus so vorgestellt? Es ist ja nicht ganz so alt wie man vielleicht vermuten könnte, erst 1897 wurde es fertiggestellt. Das frühere Rathaus an der Trostbrücke war beim Großen Brand von 1842 zerstört worden und wurde daraufhin hier bei der Binnenalster neu gebaut. Wenn Ihr nach der Feier draußen auf den Rathausmarkt hinausgeht, dann dreht Euch doch mal um und schaut hinauf zum Turm: Zwischen der Großen Turmuhr und dem Wappen von Hamburg könnt Ihr den Vogel Phoenix entdecken, wie er seine gewaltigen Schwingen ausbreitet, um aus den Flammen emporzusteigen.

Schaut Euch alles genau an und diese Einladung gilt natürlich auch für die Erwachsenen. Das Rathaus, in dem wir heute feiern, ist voll spannender Geschichten. Und bestimmt noch mal genauso viele hörenswerte Geschichten bringen Sie alle heute mit Geschichten aus anderen Ländern und in anderen Sprachen.
Sie bringen diese Geschichten als Erinnerungen mit, aber auch als Gewohnheiten oder Vorlieben zu essen, zu feiern oder sich zu kleiden.
Und ich denke: Das ist doch etwas sehr Schönes, dass wir einander so viel zu erzählen haben.

Hamburg ist eine Stadt mit einer langen freiheitlichen Tradition. Schon zu Zeiten der Hanse brachten Kauf- und Seeleute mit den Gütern auch Geschichten und Lebensweisen aus allen Kontinenten in die Stadt. Die Neugierde auf das, was neue Bürgerinnen und Bürger mitbringen, ist also fast so hamburgisch wie Fischbrötchen oder Labskaus.

Seit Jahrhunderten ist Hamburg eine Ankunftsstadt und diese Tradition setzt sich nun in unserer modernen Einwanderungsgesellschaft unter anderen Vorzeichen fort. Um das Ankommen zu erleichtern, hat der Hamburger Senat vor einiger Zeit die Initiative ergriffen und sich für den Wegfall der Optionspflicht stark gemacht. Unsere Erfahrung hat gezeigt, dass ein Entweder-Oder zwischen zwei Nationalitäten nicht der Lebenswirklichkeit in unserer Stadt entspricht. Deshalb ist es gut, dass die Jugendlichen hier im Saal sich nicht mehr zwischen zwei Pässen entscheiden müssen, sobald sie volljährig sind.  

Liebe Neubürgerinnen und Neubürger,
ich freue mich, dass Sie sich für die deutsche Staatsangehörigkeit entschieden haben. Und ein wenig betrachte ich Ihre Wahl als Kompliment für unser Land. So wie auch Sie es gerne als Kompliment  verstehen dürfen, wenn Sie von uns  die Einbürgerungsurkunde erhalten.
Mit Ihrer Entscheidung zeigen Sie Vertrauen in unsere demokratischen Werte und unsere insgesamt offene und tolerante Lebensweise.


Und Sie zeigen Zuversicht, dass es Ihnen auch zukünftig  in Deutschland gutgehen wird. Dieses Vertrauen wissen wir zu schätzen. Gleichzeitig verbinden auch wir eine gewisse Hoffnung mit Ihrer Einbürgerung: die Hoffnung auf wache und engagierte neue Bürgerinnen und Bürger, die sich aktiv in das gesellschaftliche Leben zum Wohl aller einbringen.

Im Alltag sind die meisten von Ihnen schon lange in Deutschland angekommen, Sie arbeiten und leben oft  seit vielen Jahren hier und einige sind sogar in Hamburg zur Schule gegangen. Trotzdem ist die Einbürgerung ein wichtiger Schritt.
Dass Sie nun mit einem deutschen Pass und innerhalb  Europas ganz ohne Pass reisen werden, dass Sie mit Ihrer Stimme den Bundestag, den Senat oder die Vertreterinnen und Vertreter der Kommunen wählen und selber für öffentliche Ämter kandidieren können, dass sie als Beamte hoheitliche Aufgaben im Staat übernehmen dürfen das sind bedeutende Veränderungen, auch wenn sie sich im Alltag vielleicht nicht sofort bemerkbar machen.

Die deutsche Staatsangehörigkeit ist die Voraussetzung dafür, dass wir rechtlich auf Augenhöhe zusammenleben. Wie sich dieses Zusammenleben dann konkret gestaltet, das liegt nicht zuletzt auch in Ihrer Hand.

Demokratie heißt, sich in die eigenen Angelegenheiten einzumischen. Das hat der Schweizer Dramatiker Max Frisch gesagt und ich finde diesen Satz sehr treffend. Deshalb möchte ich Sie ermutigen: Betrachten Sie die Angelegenheiten in Deutschland und in Hamburg als Ihre Angelegenheiten. Bringen Sie Ihre Erfahrungen ein und sagen Sie Ihre Meinung. Machen Sie von Ihrem Wahlrecht Gebrauch und werben Sie auch bei anderen dafür, wählen zu gehen. Nehmen Sie Einfluss und engagieren Sie sich: am Arbeitsplatz, in der Politik, im Sportverein, in der Schule Ihrer Kinder. Schon jetzt sind manche von Ihnen einem Flüchtling als Übersetzer und Brückenbauer hilfreich dafür meinen Dank.

Ich glaube, dass wir dem Zusammenhalt unserer Gesellschaft zurzeit besondere Aufmerksamkeit schenken müssen. Diesen Zusammenhalt zu stärken und immer wieder neu den gesellschaftlichen Konsens zu suchen, ist die gemeinsame Aufgabe von Bürgern und Politikern. Eine Einbürgerungspolitik, wie wir sie in Hamburg betreiben, kann dabei ein wichtiger Beitrag sein, genauso wie das ehrenamtliche Engagement der Einbürgerungslotsen, bei denen ich mich unbedingt bedanken möchte.

Sehr geehrte Damen und Herren,
mehr als 28.000 Einbürgerungen hatten wir seit 2011 und dieses hohe Niveau werden wir verstetigen. In unserer Stadt hat inzwischen fast jedes zweite Grundschulkind ausländische Wurzeln und wer hier aufwächst, möchte als Erwachsener die vollen Bürgerrechte haben.  

Sie sind also mit Ihrem Lebensweg bei uns keineswegs allein. In praktisch allen gesellschaftlichen Bereichen werden Sie auf Menschen mit ähnlichen Biografien treffen. Sogar viele bedeutende deutschsprachige Schriftsteller wie etwa Rafik Schami oder Terézia Mora sprechen Deutsch nicht als Muttersprache. Und auch überdurchschnittlich viele Gründer von kleinen und mittleren Unternehmen haben übrigens eine nicht-deutsche Herkunft.   

In unserer komplexen, hochtechnisierten Gesellschaft ist die größte Hürde nicht die Herkunft, sondern unzureichende schulische und berufliche Bildung. Deshalb möchte ich besonders den Jugendlichen hier im Saal sagen:


Macht die Schule zu Ende, macht eine Ausbildung oder ein Studium. Wir haben in Hamburg viele verschiedene Wege geschaffen, wie man sich schulisch und beruflich weiter qualifizieren kann auch später im Erwachsenenalter. Nutzen Sie diese Möglichkeiten, zum Beispiel nach einer Unterbrechung des Berufsweges durch die Kindererziehung. Ihre Erfahrungen, gerade wenn Sie mehrere Sprachen sprechen, sind gefragt bei Unternehmen wie auch im Öffentlichen Dienst. Ämter, Schulen, Polizei sie alle suchen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit Kompetenzen in anderen Kulturen.

Liebe Ehrengäste,
Sie sind nun Bürgerinnen und Bürger Deutschlands und damit auch der Europäischen Union. Dazu gratuliere ich Ihnen im Namen des Hamburger Senats herzlich. Genießen Sie diesen Tag und behalten Sie ihn in guter Erinnerung!

Vielen Dank.

 

Es gilt das gesprochene Wort.