Sehr geehrter Herr Dr. May,
Sehr geehrter Herr Wasmuth,
sehr geehrte Damen und Herren,
von dem Wiener Satiriker Karl Kraus stammt die sinngemäße Äußerung: Ich verlange von einer Stadt, in der ich leben soll, Asphalt, Straßenspülung, Haustorschlüssel, Heizung und Warmwasser. Gemütlich bin ich selber.
Was er wohl zum Hamburger Fernwärmenetz gesagt hätte? Ich freue mich, gemeinsam mit Ihnen heute das Heizwerk Haferweg auf den Weg zu bringen.
Die Fernwärmeversorgung spielt für die Hamburger Energiepolitik eine wichtige Rolle.
Mit dem Heizwerk Haferwerk kommen wir unserem Ziel näher, die Zahl der fernwärmeversorgten Wohneinheiten bis 2025 um 20 Prozent auf 525.000 zu erhöhen. Damit leisten die in Hamburg hervorragend ausgebauten Fernwärmenetze einen wichtigen Beitrag, die Wärmeversorgung klimaschonender zu gestalten, und die Energiewende zum Erfolg zu führen. Jede mit Fernwärme ausgestattete Wohneinheit verringert gegenüber einer herkömmlichen Öl- oder Gasheizung den CO2-Ausstoß pro Jahr erheblich.
Die drei erdgasgefeuerten Kessel mit je 50 Megawatt Einzelleistung, die hier eingesetzt werden, haben zudem einen Brennstoffnutzungsgrad von mehr als 90 Prozent. Effizienter kann man Brennstoff kaum einsetzen als hier an der Grenze zwischen Altona-Nord und Stellingen, wo sich Ältere erinnern sich schon einmal ein Kraftwerk befunden hat.
Meine Damen und Herren,
Hamburg ist eine wachsende Stadt mit jährlich Tausenden Neubürgerinnen und Neubürgern. Unter anderem aus diesem Grund ist vor allem im innerstädtischen Bereich die Nachfrage nach Wohnraum hoch. Nach Jahren des Stillstands verfolgen wir deshalb ein ehrgeiziges Wohnungsbauprogramm, das bereits jetzt ein beachtlicher Erfolg ist.
Aber auch wenn moderne Wohneinheiten durch bessere Baustandards heute einen erheblich geringeren Energiebedarf haben als früher, wird durch das Wachstum in der Wohnungswirtschaft der Wärmebedarf auf absehbare Zeit zumindest auf konstantem Niveau bleiben.
Für diese Entwicklungen ist die Fernwärme ein geeignetes Versorgungsinstrument:
- Fernwärme steht für saubere Wärmeerzeugung statt vieler Einzelfeuerungsanlagen.
- Sie erlaubt die Einspeisung von Wärme aus erneuerbaren Quellen, aus der Abfallverwertung und industrieller Abwärme.
- Und sie ist ein flexibles und zukunftsfähiges Instrument, um Energie aus Wind und Sonne, in Form von Wärme zu speichern.
Fernwärme hat das Potenzial, mit zu wachsen und liegt vielerorts bereits vor der Haustür. Durch Ausbau und Verdichtung kann die Effizienz weiter gesteigert werden.
Das neue Heizwerk Haferweg wird bis zu seiner Inbetriebnahme in der Heizperiode 2015/2016 auch an die Verteilungsleitung zur Versorgung des Altonaer Stadtgebietes angeschlossen, die sich im Bau befindet. Besonders an kalten Tagen mit hohem Energiebedarf erfüllt das Heizwerk wichtige Reserve-Zwecke und ist in der Lage, die Spitzenlast abzudecken.
Das Heizwerk Haferweg wird damit die Versorgungssicherheit für die Fernwärmekunden besonders in Altona erhöhen und darüber hinaus die Versorgung zusätzlicher Wärmekunden ermöglichen. Es ist somit ein wichtiger Baustein im Gesamtsystem Fernwärmeinfrastruktur und erzeugung, zu dem auch der projektierte Bau des Gas- und Dampfturbinen-Kraftwerks in Wedel gehört.
Meine Damen und Herren,
scharfsinnige Kommentatoren der Energiewende könnten trotz alledem fragen, wo nun bei aller Effizienzverbesserung und zunehmenden Nutzung regenerativer Quellen das wirklich Neue, das womöglich Revolutionäre an der hamburgischen Energiewirtschaft und -politik sei, und an der Kooperation mit Vattenfall, die jetzt unter etwas veränderten Vorzeichen stattfindet, nach dem Verkauf des Stromnetzes an die Stadt. In Hamburg, das ist eine meiner Antworten, wird auch Revolutionäres mit Bedacht geplant, und indem man Ingenieursverstand nutzt. Power to Heat ist eine Möglichkeit und wir bleiben damit im Thema und in der jetzt beginnenden Jahreszeit.
Eine Rolle wird Power to Heat nicht unmittelbar hier spielen, wohl aber im Rahmen des Gesamtkonzepts aus dem GuD-, oder auch: Innovationskraftwerk Wedel, das ich eben erwähnt habe, und dem Haferweg.
Wenn in Norddeutschland der Wind weht, produzieren die On- und vor allem die Offshore-Windkraftwerke oft mehr sauberen Strom, als aktuell nachgefragt wird.
Bislang ist die Konsequenz, dass Rotoren in den Wind gedreht und abgeschaltet werden müssen, um das Netz zu entlasten. Schon heute sinkt an sonnen- und windreichen Tagen der Kilowatt-Preis an der Leipziger Strombörse sogar ins Negative, weil wir sonst keine Abnehmer bei unseren europäischen Nachbarn finden.
Hier kommt die immer wieder neue, aber inzwischen realistische Idee ins Spiel: Wenn der Wind-Ertrag aufgrund von Engpässen in den Stromnetzen nicht vollständig abtransportiert werden kann, dann muss er eben mit Hilfe neuer Technologie gespeichert werden, so gut es denn geht. Power to Heat ermöglicht die zeitverzögerte Nutzung eines Teils der Windpower. Wärme lässt sich einfacher speichern als Strom und indirekt ersetzt diese Art der Wärmegewinnung fossile Energieträger, zum Beispiel indem sie Abregelungen regenerativer Erzeugern reduzieren hilft. Sie verbessert also die Effizienz des Energiesystems und macht die Energiewende wirtschaftlicher.
Die Technologie dafür müssen wir nicht neu erfinden. Sie ist denkbar einfach und gern wird der Tauchsieder-Vergleich benutzt.
Meine Damen und Herren,
dass Wärmeproduktion aus Strom ökologisch nur dann hilfreich ist, wenn sie aus emissionsfreiem Wind- oder Solarstrom gewonnen und damit die Verbrennung fossiler Energieträger verringert wird, liegt auf der Hand. Deshalb passt sie zu Hamburg, das sich als Vorreiter versteht: bei der Nutzung erneuerbarer Energiequellen, der Speicherung des schier unerschöpflichen Stroms aus Windkraft und der Entwicklung intelligenter Netze.
Das eigentlich Innovative dabei ist die Kombination der verschiedenen Bausteine und wir tun einen Schritt, von vielen kleineren und größeren, weg von der Kohle, auch wenn diese in der Wärmeversorgung zur Zeit unschlagbar günstig ist.
Was das Fernwärmenetz betrifft, wird der Senat von seiner Kaufoption im November 2017 Gebrauch machen und die weiteren 74,9 Prozent Anteile an der Vattenfall Wärme Hamburg GmbH zum 1. Januar 2019 erwerben.
Wir werden den Hamburger Fernwärmekunden auch weiterhin eine sichere und bezahlbare Wärmeversorgung gewähren, die zudem höchstmöglichen Anforderungen an den Klimaschutz entspricht. Das künftige Heizwerk Haferweg fügt sich in dieses Konzept nahtlos ein.
Ich danke allen Beteiligten für ihren Einsatz und wünsche dem Bau einen reibungslosen Verlauf und unserem Partner Vattenfall weiterhin gutes Gelingen bei der Mitgestaltung der Hamburger Energiewende.
Es gilt das gesprochene Wort.