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07.09.2015

Grußwort: Körber-Preis für die Europäische Wissenschaft

Sehr geehrter Frau Vizepräsidentin der Hamburgischen Bürgerschaft,
sehr geehrter Herr Dr. Dittmer,
sehr geehrte Frau Prof. Dr. Spaldin,
meine sehr geehrten Damen und Herren,

wieder einmal Kaffee. Was wäre die Wissenschaft ohne ihn? Immanuel Kant war ein leidenschaftlicher Kaffeetrinker, und wer die Kritik der Vernunft gelesen hat, weiß, wie komplex die Wirkung ist. Sehr wichtig war der Kaffee auch an der Universität Cambridge (UK). Um unnötige Wege zu vermeiden, entwickelten Wissenschaftler die erste Webcam der Welt. Die zeigte dann immer den Kaffeevorrat an.

Und nun wieder eine Kaffee-Koinzidenz: Es begann mit einer zufälligen Bemerkung beim Kaffee, schreibt Spaldin über den Impuls, der sie dazu brachte, sich der Erforschung von Multiferroikas zu widmen.

Ich begrüße Sie ganz herzlich zur Verleihung des Körber-Preises für die Europäische Wissenschaft an Prof. Dr. Nicola Spaldin im Rathaus der Stadt mit Europas größtem Importhafen für Kaffee.

Bei einem Espresso in den 1990er Jahre hört Spaldin, dass keine Stoffe bekannt seien, die sowohl ferromagnetisch als auch elektro-magnetisch reagieren. Zielstrebig macht sie sich auf die Suche nach den Kristallen, die beide bekannte Formen des Magnetismus vereinen. In einem Fachbuch findet sie zunächst den Namen: Multiferroika. Seit 2000 ist der Name der Kristalle weltweit mit dem Namen der Forscherin verbunden, die diesen Werkstoff nun auch herstellen kann: Prof. Dr. Nicola Spaldin.

Seit Jahren forschen Spaldin und ihre Teams über Multiferroika und mit jedem Forschungsfortschritt verändert sich ihre Fragestellung. Von Warum gibt es so wenige Multiferroika? über Wie können neue Formen der Multiferroika produziert werden zu Was sagen Multiferroika über die Entwicklung des Universums? Jede neue Frage zeigt, wie viel Wissen Spaldin seit jenem Espresso in die Welt gebracht hat.

Spaldins Arbeiten gehören zur Grundlagen-forschung, zu einem Gebiet, das selbst für Fachleute schwer verständlich ist. Und doch liegt der besondere Charme Ihrer  Ergebnisse darin, dass man sich so gut vorstellen kann, warum dieses Wissen so wertvoll ist. Denn mit Multiferroika können ultraschnelle, extrem kleine und sehr energieeffiziente Schalter und Datenchips hergestellt werden. Multiferroika haben das Potential, die Wissensspeicher der Zukunft zu sein.

Meine Damen und Herren,
der Körber-Preises für die Europäische Wissenschaft ist eine Anerkennung für exzellente und innovative Forschungen auf höchstem Niveau.

Inzwischen haben fünf der Forscherinnen und Forscher, die von der Körber-Stiftung ausgezeichnet wurden, den Nobelpreis bekommen. Allein drei davon im letzten Jahr. Das hat dem Körber-Preis schon den Ruf als Hamburger Nobelpreis eingebracht. Das zeigt die Bedeutung des Preises und auch das hervorragende wissenschaftliche Gespür der Körber-Stiftung.


Die Körber-Stiftung schafft es, die relevanten Talente und Themen der Wissenschaft geradezu magnetisch anzuziehen.

Und weil wir ja heute auch den Unterschied zwischen ferromagnetisch, elektromagnetisch und multiferroisch [multi-fer-ro-isch] lernen, bleiben wir noch einen Moment bei den drei Ebenen der Verbindung magnetischer und elektrischer Ordnung. Denn es sind auch drei Ebenen der Orientierung und Informationsvermittlung, auf denen die Körber-Stiftung im Bereich der Wissenschaft arbeitet:

Der Stifter Kurt Körber, erfolgreicher Unternehmer im Maschinen- und Anlagenbau und Ehrenbürger der Stadt Hamburg verkörpert die Ideen von Weltbürgerschaft, Philanthropie und Innovation. Das ist, um im Bild zu bleiben, die ferromagnetische Grundlage, der Anfang.

Die Körber-Stiftung arbeitet seit vielen Jahren an der Verbreiterung des Wissens über Mathematik, Naturwissenschaften und Technik. Mit hoch geachteten MINT-Initiativen hat sie dafür gesorgt, dass in Kitas, in Schulen und an Universitäten die Fähigkeiten gewachsen sind, Frauen und Männer für MINT-Wissen zu begeistern. Diese Arbeit ist ein zentraler Bestandteil in der von Innovationen geprägten Welt. Das ist die bewährte und wichtige Ebene, wie die der elektromagnetischen Kräfte.

Und es geht noch einmal darüber hinaus, denn erfolgreiche Arbeit bringt neue Aufgaben. Die Körber-Stiftung engagiert sich mehr und mehr im internationalen Wissensmanagement. So trafen sich auf Initiative der Körber-Stiftung im Juni mehr als 50 Hochschulpräsidentinnen und Hochschulpräsidenten aus der ganzen Welt in Hamburg. Im Abschlussdokument, dem Hamburg Protocol, betonen die Teilnehmenden die doppelte Aufgabe der Universitäten: Sie sollen verantwortungsvolle Weltbürger bilden und zugleich neues Wissen für die Menschheit hervorbringen. Eine große Herausforderung und zugleich eine vielversprechende Kombination, wie die Multiferroika es auch sind.

Weltbürgerschaft, Verbreiterung des Wissens und Förderung von Spitzentalenten, das ist das magische Dreieck, in dem sich die Körber-Stiftung erfolgreich engagiert.

Meine Damen und Herren,
im wirtschaftlichen Kontext ist die Globalisierung ein realer und allseits bekannter Faktor. Dass es auch eine globale Wissensproduktion gibt, ist auf vielen Ebenen deutlich und doch auch immer wieder eine neue Herausforderung.

Für einen Wissensstandort mit internationaler Ausrichtung wie Hamburg ist das mit einer ganzen Reihe von Anforderungen für Bildungs- und Wissenschaftspolitik verbunden.

Der Hamburger Senat unterstützt die Hochschulen und Forschungseinrichtungen, die Hamburg zu einer international anerkannten Wissensmetropole ausbauen. Bahrenfeld, Lurup, Harburg, Rothenbaum und Eppendorf sind nicht nur schöne Hamburger Stadtteile, sondern exzellente Technologiezentren, etwa zur Erforschung der allerkleinsten und flüchtigsten Formen der Materie, der regenerativen Energien oder des Klimas.

Aber Spitzenforschung braucht auch die allgemeine Grundlage, die Verbreiterung des Wissens. Hamburg weiß: Talente müssen auf vielen Ebenen der Bildung gefördert werden. Schüler, Schülerinnen und Studierende müssen die Fähigkeit haben sich international souverän zu bewegen. Dazu gehört ein Bildungssystem, das zugleich egalitär, fordernd und international ausgerichtet ist.

Meine Damen und Herren,
Prof. Dr. Nicola Spaldin ist eine herausragende und bemerkenswerte Forscherin. Sie hat eine Frage gefunden, die sie so fasziniert hat, dass sie ihr unbeirrt nachgegangen ist. Viele haben ihr anfangs davon abgeraten, weil es ein abwegiges und für die Karriere ungünstiges Thema zu sein schien. Aber für Spaldin war es immer die interessanteste Frage der Welt. Inzwischen sehen das auch sehr viele andere so. Spaldin hat über die Jahre einen ganzen Forschungsbereich entwickelt. Das ist ihrem Talent, ihrem Mut, ihrer Beharrlichkeit und ihrem unglaublichen wissenschaftlichen Gespür zu verdanken.

Sehr geehrte Frau Prof. Spaldin,
Sie sind eine exzellente Forscherin, eine beeindruckende Persönlichkeit und eine große Entdeckerin.

Es ist ein Glück für Hamburg, dass Sie heute hier sind und auch an der Universität eine Vorlesung halten. Denn so werden wir schon heute Abend wissen, wie Sie und die Multiferroika es geschafft haben, das Weltall unter ein Mikroskop zu bekommen. Sie haben dem Yttriummanganit die Geheimnisse des Urknalls abgeluchst.

Sie und Ihrem Team an der ETH Zürich haben entdeckt, dass die magnetoelektrischen Strukturveränderungen im Kristall Yttriummanganit denen im Universum entsprechen. Das sind Dimensionen, die für viele kaum vorstellbar sind und sie gehören doch zu der Gedankenwelt, in der Sie in höchster Eleganz spazieren gehen.

Ich gratuliere Ihnen, Frau Prof. Spaldin zur Verleihung des Körber-Preises. Und ich gratuliere der Körber-Stiftung für diese hervorragende Entscheidung.

Schönen Dank!

 

Es gilt das gesprochene Wort.