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04.06.2015

Grußwort zum 120. Geburtstag der Stiftung Grone-Schule

 

 

Sehr geehrter Herr Prill,
sehr geehrter Herr Albrecht,
sehr geehrte Frau Haupt-Koopmann,
meine sehr geehrten Damen und Herren,

zunächst alle Achtung für das gute Timing. Wer ein Festzelt aufstellt, sollte immer schönstes Sommerwetter buchen. Aber wer sich nachhaltig um Bildung und Fortbildung kümmert, dem steht Sonnenschein zum Jubiläum auch zu.

Ich freue mich sehr, mit Ihnen gemeinsam das 120-jährige Bestehen der Stiftung Grone-Schule zu feiern und überbringe Ihnen die besten Wünsche des Senats der Freien und Hansestadt Hamburg.

Als der Handelslehrer Heinrich Grone von meinem Vorredner eben schon eindrucksvoll gewürdigt im Jahr 1895 das Schreib- und Handels-Lehrinstitut Grone an der Ferdinandstraße gegründet hatte, ahnte er vermutlich nicht, dass er den Grundstein für eine der größten privaten Trägerinnen beruflicher Weiterbildung und Qualifizierung in Deutschland gelegt hatte.

Am Beginn dieser Erfolgsgeschichte stand Hamburgs wirtschaftlicher Aufschwung als Handelsstadt. In den Kontoren mangelte es an Fachkräften. Heinrich Grone schuf Abhilfe, in dem er zunächst Kurse im Schön- und Schnellschreiben sowie in der Buchhaltung anbot. In den folgenden Jahren weitete sich das Angebot aus: Die ersten Schreibmaschinen wurden angeschafft, und Fremdsprachenunterricht angeboten.
Laut und polyglott ist es damals in den Kontoren zugegangen. Die Computer haben den Geräuschpegel gedämpft, die Sprachenvielfalt ist noch gewachsen und die Gronesche Handels- und Sprachschule hat dazu beigetragen.

1964 wurde sie in eine Gemeinnützige Stiftung bürgerlichen Rechts umgewandelt, die Stiftung Grone-Schule. Bis heute gilt für das Stammhaus und alle Tochtergesellschaften, dass die Stiftung im allgemeinen sozialen Interesse arbeiten soll und Gewinne reinvestiert werden.

 

Heinrich Grone war so etwas wie ein Pionier des Berufsschulwesen und einer der ersten überhaupt, der berufstätige Erwachsene weiterbildete.
Damit räumte er sehr wirkungsvoll mit der alten Weisheit auf: Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr. Und ersetzte sie durch die schon zitierte eigene Erkenntnis: Fürs Lernen ist man nie zu alt.

Eine hochaktuelle Annahme, die längst wissenschaftlich untermauert ist womit ich nicht etwa die hohe Bedeutung frühkindlicher Förderung in Frage stellen will, im Gegenteil, die kann und muss Kinder auf ein gutes Gleis setzen. Aber von der Neurowissenschaft haben wir heute auch gelernt, dass das Gehirn eigentlich nie die Fähigkeit verliert, etwas dazuzulernen und dass es im Regelfall leistungsfähig bleibt, solange es neuen Informationen ausgesetzt wird.

Man lernt also nie aus und deshalb dürfen Angebote, die das Bildungssystem hinsichtlich Ausbildung und Weiterqualifizierung macht, nicht an Altersgrenzen halt machen.

Und übrigens gilt dieser Grundsatz, Man lernt nie aus, nicht nur unabhängig vom Alter. Er muss auch unabhängig vom Schulabschluss, von der Herkunft und den finanziellen Möglichkeiten des Elternhauses gelten können. Ganz gleich, an welchem Punkt im Leben jemand ist: Er oder sie muss zu jeder Zeit die Chance haben, wieder ins Lernen einsteigen. Langzeitarbeitslose, junge Erwachsene ohne Schulabschluss, Alleinerziehende, die eine Ausbildung beginnen wollen oder Bürgerinnen und Bürger mit Einwanderungshintergrund, die auf dem Arbeitsmarkt vor spezifischen Hindernissen stehen.
 
Damit niemand verloren geht, ist es dem Senat so wichtig,

  • eine gute Schul- und Berufsausbildung anzubieten,
  • den Übergang von der Schule in den Beruf zu verbessern. Dem dient jetzt schon mit einigem Erfolg die Jugendberufsagentur,
  • die Weiterbildung bereits Beschäftigter zu fördern,
  • die Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse zu erleichtern,
  • Erwerbslose in Arbeit zu integrieren,
  • und eine höhere Erwerbsbeteiligung von Frauen, älteren und jüngeren Arbeitnehmern sowie Personen mit Einwanderungshintergrund zu erreichen.

Meine Damen und Herren,
an Bildung und Weiterbildung hängt die Zukunft unserer Stadt, unseres Landes. Wir können uns nicht erlauben, auf kluge Köpfe, kompetente Macher und Mitarbeiter zu verzichten, egal ob die Erwerbsbiographie Brüche aufweist oder nicht.

Denn der demographische Wandel und ein in manchen Branchen schon spürbarer Fachkräftemangel, ebenso wie der beständige technische und digitale Fortschritt und das, was wir Globalisierung nennen, all das verändert in einem fort die Arbeitsmärkte und damit die Anforderungen an den Einzelnen und die Unternehmen.
Weiter kommen wir miteinander nur, wenn wir, die Einzelnen, uns weiterbilden; wenn wir, die Gesellschaft, die Politik und die Wirtschaft, Weiterbildung anbieten und fördern.

Die Zeiten, in denen der Job auf Lebenszeit garantiert ist, sind längst vorbei. Selbst der schon etwas ältere Bundesliga-Torwart, der erfolgreich auf Weiterbeschäftigung geklagt hat neulich ging das durch die Presse wird trotzdem andere Fertigkeiten trainieren müssen, denn die heutigen High-Tech-Bälle flattern ganz anders. Nicht umsonst heißt es, dass sich jeder Mensch durchschnittlich dreimal im Leben beruflich umorientieren muss.

Wer heute im Berufsleben bestehen und auf einer Karriereleiter höher steigen, oder nicht plötzlich herunterfallen will, kommt nicht darum herum, sein Wissen stetig auf den neusten Stand zu bringen.

Seit Jahren betonen Wirtschaft und Politik, wie wichtig berufliche Weiterbildung ist, damit  die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts Deutschland nicht sinkt. Arbeitgeberverbände haben der beruflichen Weiterbildung schon 1999 eine Schlüsselfunktion bei der Bewältigung der Zukunftsaufgaben zugewiesen.

Und erst Ende vergangenen Jahres haben Bund, Länder, Spitzenverbände der Arbeitgeber und Gewerkschaften in der Allianz für Aus- und Weiterbildung Vereinbarungen getroffen, in die berufliche Weiterbildung zu intensivieren. Insbesondere, so heißt es dort, die Nachqualifizierung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ohne Berufsabschluss zu verstärken. Zudem wollen sie sich, ich zitiere weiter: dafür einsetzen, die Fördermöglichkeiten noch stärker zu nutzen und fortzuentwickeln, um vor allem junge Erwachsene ohne Berufsausbildung zu einem qualifizierten Berufsabschluss zu führen.

Ich kann das alles nur unterstreichen und der Senat stützt diese Politik aktiv. Die anvisierten Ziele sind wichtig, auch wenn man positiv vermerken sollte, dass im Jahr 2014 bereits jeder zweite Deutsche im erwerbsfähigen Alter an mindestens einer Weiterbildungsmaßnahme teilgenommen hat.  

Wir müssen besser werden. Es geht darum, über Lernen während der gesamten Zeit der Berufsausübung nicht nur zu reden, sondern es fest in unserer Berufswelt zu verankern.

Es gibt verschiedene Fördertöpfe, die erfolgreich genutzt werden, darunter die Aufstiegs-fortbildungsförderung das so genannte Meister-BAföG , die Bildungsprämie, den Bildungsgutschein oder den Topf WeGebAU für Geringqualifizierte und ältere Arbeitnehmer. Dazu gibt es in unserer Stadt den Weiterbildungsbonus, den bereits über 8.000 Hamburgerinnen und Hamburger in Anspruch genommen haben, um sich weiterzubilden.

Ich sehe da trotzdem noch Luft nach oben. Ich habe mich persönlich sehr für WeGebAU eingesetzt und ich will erreichen, dass dieser Weg noch zu besseren Ergebnissen führt. Er wird bisher von zu wenigen Arbeitnehmern gegangen, was auch verständlich ist. Denn wer will schon auf die geringe Vergütung zurückgeworfen sein, die ein Azubi im 1. Lehrjahr erhält, nachdem er oder sie bereits deutlich besseres Geld verdient hat? So darf es nicht sein, und deshalb muss der in Frage kommende Personenkreis eine bessere Förderung erhalten und es muss ihm das auch schmackhaft gemacht werden.

Dänemark, gleich nebenan, macht manches besser. Und kein anderer als Helmut Schmidt hat darauf hingewiesen, dass eigentlich jede Arbeitnehmerin und jeder Arbeitnehmer mit 50 oder so in der Lage sein müsste, noch einmal den Beruf wechseln zu können. Dass er, Zitat, die Chance haben sollte, einen Beruf zu erlernen, den er bis zum Rentenalter ausüben kann, zum Beispiel am Schreibtisch. Ich stimme ihm zu und füge hinzu: Auch außerhalb von Büros gibt es viel zu tun und sind Kompetenzen Älterer gefragt. Über ein Pilotprojekt der ZEIT-Stiftung und der Handelskammer wird ja verhandelt, ich verfolge das mit Interesse.

Meine Damen und Herren,
auch aus einer anderen Perspektive macht das Sinn. Wie Sie wissen, ist die Entwicklung des Bedarfs an qualifizierten Fachkräften vor dem Hintergrund des demografischen Wandels bereits seit mehreren Jahren ein wichtiges Thema in der Arbeitsmarkt- und Berufsbildungspolitik. Weiterbildung gilt als Hoffnungsträger, um dem schon erwähnten drohenden Fachkräftemangel entgegenzusteuern.

Prognosen zur Bevölkerungsentwicklung zeigen, dass der Anteil der über 65-Jährigen bis zum Jahr 2030 von 20 auf 28 Prozent ansteigen wird. Gleichzeitig wird der Anteil der 20- bis 65-Jährigen von 61 auf 55  Prozent abnehmen.
Fakt ist, dass der Anteil der Erwerbstätigen, beziehungsweise Erwerbsfähigen an der Gesamtbevölkerung stetig sinkt, während der Bedarf an qualifizierten Fachkräften zum Glück und hoffentlich konstant hoch bleibt.
Wenn es darum geht, Arbeitskräfte zu gewinnen und zu binden, hat Hamburg als attraktive Metropole Vorteile. Die Stadt wächst und bleibt verhältnismäßig jung. Dennoch müssen wir uns in den kommenden Jahren, insbesondere nach 2020, auf demografische Veränderungen einstellen.

Schon heute haben einige Branchen bei uns bereits Schwierigkeiten, gut ausgebildete Mitarbeiter zu finden. Gegen Fachkräftemangel aber, ich will es noch einmal sagen, helfen nur Bildung, Ausbildung und Weiterbildung. So wird sich der Bedarf an qualifizierten Mitarbeitern in Unternehmen in Zukunft nur decken lassen, wenn die betriebliche sowie überbetriebliche Ausbildung intensiviert und die berufsbegleitende Weiterbildung verstärkt werden.

Darüber hinaus müssen Unternehmen das bereits vorhandene, noch nicht ausgeschöpfte Potenzial von Frauen, älteren Arbeitnehmern, Menschen mit Einwanderungshintergrund und solchen mit Behinderung Stichwort Inklusion stärker nutzen und sie sie als Fachkräfte qualifizieren.

Betriebliche Bildungsinvestitionen werden zu einer der großen unternehmerischen Herausforderungen und zu einem entscheidenden Erfolgsfaktor.

Vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung hat der Hamburger Senat 2013 im Dialog mit den Wirtschafts- und Sozialpartnern sowie der Arbeitsverwaltung eine Fachkräftestrategie für Hamburg entwickelt. Im Kern geht es auch um die Qualifikation des Erwerbspersonenpotenzials und um Bildungsangebote für Erwachsene.

Die Grone-Schulen, meine Damen und Herren, sind dabei ein wichtiger Partner für uns, sie arbeiten mit tausenden Hamburger Unternehmen zusammen, um die Teilnehmer praktisch ausbilden zu können. Damit leisten sie einen wichtigen Beitrag, um Hamburg als Wissens- und Wirtschaftsstandort zu sichern.

Dass Sie als Stiftung gerade auch sozial benachteiligte Menschen beruflich aus- und weiterbilden und in den Arbeitsmarkt zu integrieren versuchen, ist von unschätzbarem Wert für unsere Stadt und die Gesellschaft. Unzähligen Menschen, unterschiedlichen Alters und Hintergrunds, haben Sie seit ihrem Bestehen echte Chancen aufgezeigt, sie ermutigt und ihnen berufliche Perspektiven verschafft. Sie konnten dank der Aus- und Weiterbildung zurück in die Arbeitswelt.

Damit nehmen Sie eine gesamtgesellschaftliche Verantwortung wahr. Einerseits dadurch, dass sie dazu beitragen, die persönlichen und beruflichen Chancen zu verbessern und andererseits, indem sie Fähigkeiten vermitteln, die es Ihren Kursteilnehmerinnen und -teilnehmern erlauben, am kulturellen, wirtschaftlichen, politischen und gesellschaftlichen Leben teilzunehmen.

Grone hat sich als verlässlicher Partner nicht nur der Freien und Hansestadt Hamburg, sondern mit seinen Niederlassungen im gesamten Bundesgebiet etabliert.

Meine Damen und Herren,
Für das Lernen ist man nie zu alt. Mit Blick auf eine 120-jährige Erfolgsgeschichte können wir in Anlehnung an diesen Leitgedanken des Gründers Heinrich Grone heute sagen: Auch für das Lehren ist man nie zu alt.

Danke!

 

Es gilt das gesprochene Wort.