arrow-left arrow-right nav-arrow Login close contrast download easy-language Facebook Instagram Telegram logo-spe-klein Mail Menue Minus Plus print Search Sound target-blank X YouTube
Inhaltsbereich

Detail

27.03.2014

Grußwort zum Senatsempfang anlässlich der Konferenz der Datenschutzbeauftragten

 

 

Sehr geehrte Frau Vizepräsidentin der Hamburgischen Bürgerschaft,
sehr geehrte Frau Voßhoff,
sehr geehrter Herr Professor Caspar,
meine sehr geehrten Damen und Herren,

alle siebzehn Jahre hat Hamburg den Vorsitz in der Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder.

Ich will aber nicht zu weit ausholen, und zuerst einmal Sie zur Frühjahrstagung 2014 sehr herzlich in unserer Stadt begrüßen.

Und dann gleich in diesem Frühjahr und bei der heutigen Sicht auf Datenschutz-Belange in Hamburg bleiben. Denn kein anderes Thema kommt diesem gleich, wenn es darum geht, das Verfallsdatum von Agenden und Prioritäten zu demonstrieren.

Als netzaffine Medien-Metropole Hamburg lieben wir die neuen Medien genauso wie die mittelneuen und alten. Wir wissen um ihre sowohl kommunikationstechnische und -philosophische, als auch ökonomische Bedeutung, und tun was uns einfällt, um dem Medienstandort Hamburg und seinen Beschäftigten den Rücken zu stärken, mit einigem Erfolg, wie ich behaupten darf.

Es geht mir deshalb auch in keiner Weise darum, gängigen Abwehrreflexen zu folgen, die das Internet bloß als ein riesiges Problem für den Datenschutz behandeln. Die Digitalisierung des Alltags bietet von den wirtschaftlichen Wachstumschancen einmal abgesehen die Aussicht auf weit reichende Freiheitsgewinne, wenn wir es richtig anstellen. Wo Informationen früher noch einen Träger gebraucht haben, verbreiten sie sich mittlerweile in Sekunden auf der ganzen Welt und sind beinahe überall abrufbar.

Und die Freiheit profitiert, wie wir am arabischen Frühling genauso gesehen haben, wie es an den Versuchen vieler Regierungen, soziale Netzwerke zu kontrollieren, ebenfalls sichtbar wird, wie gerade in der Türkei, im Iran und immer schon in China zu besichtigen.

Die Folge ist, dass unsere Gesellschaft wahrscheinlich nie informierter über das Weltgeschehen, dass es wahrscheinlich noch niemals so einfach war, unabhängige Antworten auf drängende Fragen zu finden.

Dennoch gehört es natürlich zur Gesamt-Thematik, dass man den vor siebzehn Jahren kaum vorhersehbaren heutigen Datenfluss, und die damit verbundenen Möglichkeiten des Missbrauchs, im Blick hat. Und das scheint mir eine vorrangige Aufgabe der Politik und des Datenschutzes zu sein deren Interessen nicht immer dieselben sind , nämlich: gestaltende und kritische Begleitung dessen, was sich da in immer wieder neuen großen Schritten entwickelt.

Gerade uns hier in Hamburg als deutschem Sitz von Xing, Facebook und Google, aber auch als ECommerce-Metropole ist an einem hochwertigen und funtionierenden Datenschutz in besonderem Maße gelegen denn das Vertrauen der User und Kunden ist selbstverständlich eine wichtige Voraussetzung für die Akzeptanz Sozialer Netzwerke und kommerzieller Angebote auf digitalen Plattformen.

Daher haben wir in Kooperation mit dem Hans-Bredow-Institut auch das Forschungsprojekt Innovationswerkstatt Datenschutz ins Leben gerufen, das wissenschaftlich an einschlägigen Fragen zum regulatorischen Konzept des Datenschutzes forscht.

Wir haben uns zum Ziel gesetzt, den Dialog zwischen Datenschutzaufsicht und Unternehmen zu fördern. Übrigens gerade auch vor dem Hintergrund, dass legale kommerzielle Interessen, Cyber-Kriminalität und staatliches Alleswissen-wollen in dreifach unterschiedlicher Weise aus den Wünschen und dem Verhalten der Nutzer Honig zu saugen versuchen. Gegen einen Teil dieser Versuche, das wissen Sie besser als ich, wird es der Datenschutz auch weiterhin schwer haben.

Dass der Staat natürlich gar nicht befugt ist, und es auch nicht sein darf, die letzten Winkel seiner Bürger auszuleuchten, daran erinnern uns immer wieder die Datenschützer und das zu Recht.

Dass es trotz modernster Erhebungsmethoden nicht möglich scheint, simpelste Grunddaten verlässlich zu erarbeiten, erschwert allerdings die Aufgabe, vor der wir stehen: sowohl die ökonomischen Grundlagen, als auch die gesellschaftliche Kommunikation darüber im 21. Jahrhundert unter den Bedingungen der Digitalisierung neu zu beschreiben.

Meine Damen und  Herren,
lassen Sie mich drei Punkte herausgreifen, von denen ich weiß, dass Sie sich intensiv damit befasst und Ihre Gedanken schriftlich fixiert haben. Ein Stichwort ist das Europäische Datenschutzrecht. Zweifellos wäre es gut, wenn auch auf europäischer Ebene der in Deutschland erreichte rechtliche Standard des Datenschutzes erhalten werden könnte. Wir brauchen eine europäische Regelung! Und zwar brauchen wir konkrete, auf typische Risiken bezogene Bestimmungen. Nicht unbedingt brauchen wir noch mehr Abwägungsklauseln, wie sie die Verordnung nach einem Eindruck reichlich enthält.

Dass nun jüngst am 12. März im Europäischen Parlament der Reformvorschlag mit großer Mehrheit im Plenum verabschiedet wurde, ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Der Bundesrat hatte bereits am 30. März 2012 zum Entwurf der Verordnung ausführlich Stellung genommen. Und auch Sie haben sich ja bereits mehrfach damit auseinandergesetzt.

Mein zweiter Punkt ist der Beschäftigten-Datenschutz, der sich als Thema auch auf Ihrer Tagesordnung wiederfindet. Der Arbeitnehmer-Datenschutz kommt zu kurz!

Dabei stand er schon in der Legislaturperiode 2005 bis 2009 auf der Agenda und ich hatte als damaliger Bundesarbeitsminister einen Entwurf vorgelegt, der aber keine Mehrheit fand. Auch die nächste, die christliberale Koalition hat da nichts bewegt. Ich werbe sehr dafür, dass jetzt endlich die gesamte Koalitionsregierung den Arbeitnehmerdatenschutz ernst nimmt.

Der Entwurf der Datenschutzgrundverordnung enthält auch hierzu Vorgaben. Im Koalitionsvertrag für die 18. Legislaturperiode des Deutschen Bundestages findet sich allerdings auch der Hinweis, dass eine nationale Regelung zum Beschäftigtendatenschutz angestrebt ist für den Fall, dass mit einem Abschluss der Verhandlungen über die Datenschutzgrundverordnung nicht in angemessener Zeit gerechnet werden könne. Ihre Positionierung zu diesem Thema wird die Diskussion hoffentlich voran bringen.

Meine Damen und Herren,
einen Schwerpunkt Ihres Handelns bildet bekanntlich Ihre Tätigkeit als Aufsichtsbehörde für die Kontrolle der Durchführung des Datenschutzes bei nicht-öffentlichen Stellen.

Der Tagesordnung für diese Konferenz entnehme ich, dass Sie sich auch hier mit Datenschutzfragen im Zusammenhang mit den Sozialen Netzwerken beschäftigen werden.

In diesem Zusammenhang begrüße ich es ausdrücklich, dass auch zusammen mit Vertretern der staatlichen Seite ein Prozess zur Klärung offener Fragen eingeleitet worden ist, und dass zu diesem Zweck ein Austausch mit Unternehmen wie Facebook gesucht wird. Das scheint mir ein guter Weg, im Rahmen eines konstruktiven Dialogs mit maßgeblichen Unternehmen eine stärkere Berücksichtigung datenschutzrechtlicher Belange zu fördern, wenn nötig: einzufordern.

Und noch ein Punkt liegt mir am Herzen. Datenschutz muss sein und er darf nicht richtige und wichtige soziale Ziele der Politik ausbremsen. Wir müssen miteinander gute Regelungen finden, wie sich das Beste für junge Leute tun lässt, ohne dass wir uns im Kompetenzdschungel der vielen unterschiedlichen Datenschutz-Regelungen auf Landes- und Bundesebene verheddern. Sie ahnen vielleicht, welches Beispiel ich im Sinn habe: die Jugendberufsagentur, mit der Hamburg bundesweit anerkannt einen großen Schritt getan hat in Richtung: Jede und jeder muss die Chance haben, nach dem Schulabschluss eine Ausbildung zu machen, nicht am Wegesrand zurück gelassen zu werden, und nötigenfalls müssen wir diejenigen auch anschieben, die aus welchen Gründen auch immer nicht von selbst auf das richtige Gleis kommen.

Da wirken die Bundesagentur für Arbeit, die Jobcenter von team.arbeit.hamburg, Stadtteil- und Berufsschulen, bezirkliche Jugendhilfedienste zusammen. Wir haben das in enger Kooperation mit dem Datenschutzbeauftragten Hamburgs hingekriegt. Und sind dankbar. Aber dass gefühlt fünf Einverständniserklärungen erforderlich sind, um den Jugendlichen effektiv zu helfen, sollte nicht so bleiben. Natürlich weiß ich, dass es nicht fünf solche Erklärungen für ein und denselben Fall braucht.

Trotzdem möchte ich Sie bitten, dass wir diesen Weg noch intensiver als bisher gemeinsam beschreiten, so dass Datenschutz und kompetente Hilfe in Einklang kommen. Einige gute Wege haben wir ja schon gefunden, die gangbar sind, die aber durch weitere, auch gesetzgeberische Aktivität noch optimiert werden können, ohne den hohen Rang des Sozialdatenschutzes zu gefährden. Denn niemand will den Leistungsbezug der Jugendlichen kontrollieren oder hinter ihrem Rücken ihre Zusammenarbeit mit dem Jugendamt der Schule bekannt machen: Wir wollen nur ihren weiteren Weg in Arbeit oder Ausbildung kennen, um ihnen Angebote zumachen und sie zu motivieren.

Übrigens heißt es auch im Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung die nach Hamburger Muster ebenfalls flächendeckend JBAen einführen will: Datenschutzrechtliche Klarstellungen sollen den notwendigen Informationsaustausch sichern.

So viel, meine Damen und  Herren,
von mir zu Ihrer Frühjahrstagung, der ersten in Hamburg seit 1996. Das ist achtzehn Jahre her, nicht siebzehn, weil Bayern vorher einmal passen musste und seitdem zweimal an der Reihe war. Wir Hamburger haben ja ein super Verhältnis zum größten deutschen Freistaat, und ich lese jetzt auf der Seite des bayerischen Datenschutzbeauftragten ganz legal über eine Suchmaschine gefunden den Satz:

Datenschutz ist ein Grundrecht. Es ist ein wesentlicher Teil Ihres Rechts auf Persönlichkeitsschutz und eine Grundvoraussetzung für unseren freiheitlichen demokratischen Staat.

Kürzer, klarer und richtiger kann man es nicht sagen. Was sich hinzufügen lässt, habe ich gesagt. Ich wünsche Ihrer Tagung einen inhaltsreichen Verlauf.

 

Es gilt das gesprochene Wort.