Sehr geehrter Herr Erzbischof,
sehr geehrter Herr Nuntius,
meine sehr geehrten Damen und Herren,
heute bekommen die Katholiken des Erzbistums Hamburg ein neues Oberhaupt ein großer Tag in der Geschichte unserer Stadt und ein Tag der Freude.
Seit der Christianisierung durch den später heiliggesprochenen Ansgar hat unsere Stadt eine wechselvolle Kirchengeschichte erlebt. Dass Kaiser Ludwig der Fromme 831 Hamburg als eigenen, unabhängigen Bischofssitz errichtete, war vorentscheidend für die künftige freie Reichsstadt. Der damals etwa 30 Jahre alte Ansgar wurde mit Zustimmung von Papst Gregor IV. zum Bischof geweiht. Zwischen 834 und 845 erhielt der Hamburger Bischof Privilegien wie etwa einen Markt abzuhalten, Zölle zu erheben und Münzen zu prägen. Eine hölzerne Bischofskirche erhob sich mitten in der Hammaburg; später stand an ihrer Stelle der spätgotische Dom.
Im 16. Jahrhundert entschied sich Hamburg für den lutherischen Glauben, festgehalten in der Bugenhagenschen Kirchenordnung von 1529, und im reformatorischen Eifer blieb vom Dom nach 1804 nur noch das Domkapitel.
Damals, zu Beginn des 19. Jahrhunderts, lebten nur wenige hundert Katholiken in Hamburg heute sind es rund 180.000, also etwa zehn Prozent der Gesamtbevölkerung.
Umso bedeutender ist es, dass Hamburg nun seit 1994 erneut katholischer Bischofsitz und sogar ein Erzbistum ist und das Neben- und Miteinander der unterschiedlichen Bekenntnisse bei uns längst überaus freundschaftlich genannt werden kann.
Das Erzbistum ist zwar flächenmäßig das größte katholische Bistum in Deutschland, in absoluten Zahlen aber mit 400.000 Katholiken zwischen Kiel, Schwerin und Hamburg das fünftkleinste der 27 deutschen Bistümer. Zugleich ist es mit mehr als 170 Nationalitäten ausgesprochen bunt aufgestellt. Mehr Vielfalt geht kaum und einen Kölner mit künftigem Dienstsitz in St. Georg wird das gewiss ebenso wenig schrecken wie umgekehrt die Hamburgerinnen und Hamburger ein Neuankömmling vom Rhein.
In St. Georg wie in Hamburg und in vielen anderen großen Städten des 21. Jahrhunderts wird deutlich, was ich als eine der bedeutendsten Herausforderungen unserer Zeit betrachte: nämlich einen Rahmen zu schaffen, der Raum bietet für die unterschiedlichsten Lebensentwürfe und Biografien, Herkünfte und Ziele.
Hoch entwickelte Industriegesellschaften wie unsere erleben ein nie dagewesenes Ausmaß an Freiheit zur persönlichen Entfaltung. Diese Freiheit erleben Viele als Befreiung.
Parallel wird unser Land immer internationaler und die teils gewollte Individualisierung, teils unfreiwillige Vereinzelung stellt Städteplaner, Sozialpolitiker und auch die Kirchen vor große Herausforderungen.
Die Frage lautet: Wie schaffen wir es, dass Gemeinschaft auch künftig als Gemeinschaft erlebt wird? Wie verhindern wir, dass sich unsere Gesellschaft in lauter Vertreter von Partikularinteressen aufspaltet? Und wie ermöglichen wir unterschiedliche Identitäten und stärken zugleich den Zusammenhalt, so dass sich alle akzeptiert und respektiert finden?
Ich weiß, dass es darauf nicht die eine, einfache, allgemeingültige Antwort gibt. Den großen gesellschaftlichen Instanzen allen voran den Kirchen kommt aber die Aufgabe zu, nach Antworten zu suchen und sie, wenn man so will, im Diskurs in die Welt zu tragen.
Und sie setzen sich ein für den Zusammenhalt. Die Bedeutung etwa der karitativen Leistungen der Kirchen und die Arbeit der Kirche für Inklusion und Integration ist kaum hoch genug einzuschätzen. Sie ist das Verdienst der Kirchenleitung und ihrer vielen haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die sich an zahllosen Stellen mit großem Engagement für Andere einsetzen. Um es handwerklich auszudrücken: Daraus entsteht der Kitt unserer Gesellschaft, ohne den es ziemlich kalt durch die Fugen unseres gemeinsamen Hauses pfeift.
Den Zusammenhalt fördert auch, was Sie, Herr Erzbischof, unlängst bei einem Hamburg-Besuch gesagt haben: Für Sie habe die Ökumene im Norden eine besondere Bedeutung und Ihnen sei der interreligiöse Dialog, insbesondere auch mit den Muslimen, sehr wichtig.
Das große Wohlwollen, mit dem das Erzbistum die Verträge der Stadt Hamburg mit den islamischen Verbänden und der alevitischen Gemeinde begleitet hat, hat ein bedeutendes Zeichen gesetzt für die Muslime in Hamburg und unsere Gesellschaft insgesamt. Denn gegenseitige Toleranz, ein respektvolles Miteinander ist die unverzichtbare Basis für ein friedliches Zusammenleben. In Zeiten des wachsenden religiös verbrämten Extremismus ist das wichtiger denn je.
Ganz persönlich übrigens hat mich gefreut zu hören, dass Ihnen sehr an klaren Worten gelegen ist; dass man mit Ihnen, wie Sie sagten, Tacheles reden und Sie nicht in Watte packen solle. Ich denke, diese Haltung tut der Kirche gut und Hamburg ebenso.
Ich bin überzeugt, wir erleben heute den Beginn einer guten Zusammenarbeit, auf die ich mich sehr freue.
Sehr geehrter Herr Erzbischof,
im Namen des Senats der Freien und Hansestadt Hamburg wünsche ich Ihnen eine glückliche Hand bei der geistigen und geistlichen Führung Ihres Erzbistums. Denn um den Glauben und die Seelsorge geht es bei Ihrer Aufgabe ja vor allem.
Viel Freude in Ihrem neuen Amt und herzlich willkommen in Hamburg!
Es gilt das gesprochene Wort.