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17.02.2012

Grußwort zur Neueröffnung der Sammlung Moderne im Museum für Kunst und Gewerbe

Grußwort zur Neueröffnung der Sammlung Moderne im Museum für Kunst und Gewerbe

Sehr geehrte Frau Professor Schulze,

sehr geehrte Frau Dr. Banz,
meine Damen und Herren,


Wohl nichts auf der Welt muss mehr unsinnige Bemerkungen über sich ergehen lassen als ein Gemälde in einer Galerie. Das Zitat wird dem französischen Schriftsteller, Literatur- und Kunstkritiker Edmond de Goncourt zugeschrieben.


Ich zitiere das, weil es nicht stimmt. Damit will ich nichts gegen den Scharfsinn und Scharfblick dieses hoch gebildeten Mannes sagen, der einen bedeutenden Literaturpreis gestiftet hat. Und bei etlichen Zeitgenossen wegen seiner indiskreten Gedächtnisprotokolle von Männer-Gesprächsrunden gefürchtet war.


Aber was sind denn unsinnige Bemerkungen vor einem Bild? Oder einer Ganzkörpermaske, einem Möbelstück, einem Musikinstrument, einer Fotografie? Gerade hier im Museum für Kunst und Gewerbe geht es ja um die ganze Fülle der Dinge und Abbildungen, und der damit verbundenen Ideen und Träume, die unsere Welt prägen, im Alltag wie auch außerhalb desselben.

Was also sind unsinnige Bemerkungen? Doch höchstens diejenigen, die versuchen, einer  Erwartungshaltung gerecht zu werden. Oder eingeübte Meinungs-Versatzstücke zu reproduzieren.

Wer den Mut hat das gilt besonders für jüngere Besucher sich vor ein Kunstwerk zu stellen, oder vor einen neu entworfenen Gebrauchsgegenstand, diesen auf sich wirken zu lassen, sich Gedanken zu machen und darüber zu sprechen, der oder die hat das Eintrittsgeld gut angelegt.

Wenn Museumspädagogik mit klugen Konzepten bewirkt, dass spontane Eindrücke durch Wissen und richtiges Einordnen verstärkt oder korrigiert werden umso besser.

 

Das Museum für Kunst und Gewerbe ist eine ganz wichtige Einrichtung für die Hamburgerinnen und Hamburger, im 135. Jahr seines Bestehens mehr denn je. Das ist auch deswegen so, weil es ein enorm vielfältiges Angebot macht, das gleichzeitig so empfinde ich es leicht zugänglich und für alle offen ist. Niedrigschwellig, sozusagen.

Wer hier nichts findet, was mit der eigenen Welt zu tun hat, mit fremden Welten und vielleicht auch mit solchen, die es noch gar nicht gibt, weil sie nur als Visionen existieren, wo soll der es sonst finden?


In den vergangenen Jahren haben allerdings viele vor verschlossenen Türen, jedenfalls von Teilen des Hauses gestanden. Das war den Umbaumaßnahmen geschuldet, die ja viel umfangreicher ausfallen mussten als man vorher dachte.


Es freut mich sehr, dass es nun so weit ist und ich  heute bei der Neueröffnung der Sammlung Moderne dabei bin.

Die Moderne ich will an dieser Stelle nicht die enorm umfangreiche Bedeutung dieses Begriffs versuchen zu ermessen. Ich will auch die rhetorische Frage unterlassen, ob die Moderne eigentlich ins Museum gehört. Auf die gibt es ja zwei Antworten.

Die eine ahnt man schon beim ersten flüchtigen Blick auf die Presseinformation, in der das Museum für Kunst und Gewerbe die wesentlichen Stichworte zur Sammlung Moderne zusammenfasst.

Was ist hier zu sehen? Von den ersten großen Weltausstellungen spannt sich ein Bogen bis hin zur expressionistischen Bühnenkunst, mit den schon erwähnten einzigartigen Ganzkörpermasken der Hamburger Lavinia Schulz und Walter Holdt.  Über Konzepte zu Industriedesign und Abstraktion geht es weiter bis hin zum Neuen Wohnen. Wie schon gesagt: die ganze Fülle.


Diese erste Antwort  lautet also: Ja, für all das müsste ein Museum wie dieses gebaut werden, wenn es das nicht zum Glück schon gäbe. Wir werden mit Sicherheit von Frau Professorin Schulze und Frau Dr. Banz gleich näher in die Besonderheiten dieser, und natürlich weiterer Ausstellungen eingeweiht.


Die zweite, die andere Antwort drängt sich genauso auf: An der modernen Großstadt Hamburg, die ihre gegenwärtigen und zukünftigen Aufgaben anpackt, arbeiten wir jetzt. An der Ankunfts- und Hoffnungsstadt das sind Begriffe, die zeitgenössische Publizisten geprägt haben und die anzeigen, wohin auch Hamburg will.


Hamburg will eine Stadt sein, die wächst, weil sie ihren alten wie neuen Bewohnern das Angebot  macht, hier ein gutes Leben und Auskommen zu haben. Städte ermöglichen es, festgelegte Lebensentwürfe zu verlassen und die eigenen zu finden.


Das finde ich ziemlich modern und hoffe nein, ich bis ziemlich sicher, dass ich als Politiker mit diesem Verständnis des Begriffs auf nicht so ganz dünnem Eis gehe. Ich wage mich an ihn auch als Architektur-Interessierter:

 

Zu den bedeutenden deutschen Architekten der Nachkriegsmoderne das ist Konsens gehören Egon Eiermann und Sep Ruf. Schon in meinem früheren Büro im Bundesministerium für Arbeit in Berlin hatte ich Fotos vom bescheidenen, modernen und offenen Deutschen Pavillon bei der Weltausstellung 1958 in Brüssel gehängt, den diese beiden errichtet hatten. Mit dem hatte sich das demokratische Deutschland von dem Auftritt bei der Weltausstellung 1937 in Paris abgesetzt, wo Albert Speer einen geschlossenen und bedrückenden Natursteinbau hingestellt hatte. Die Fotos hängen jetzt im Warteraum für die Besucher in meinem jetzigen Büro.

 

Große Städte sind Kern und Katalysator der Moderne. Hier schaffen Kultur und Wissenschaft Erkenntnis. Hier entstehen aus Mut und Intelligenz neue Unternehmen und neue Jobs. Und nicht irgendwelche, sondern die große Stadt hat einen Arbeitsmarkt, der es modernen berufstätigen Paaren ermöglicht, die jeweiligen eigenen beruflichen Wünsche zu realisieren.

Und gerade in den Städten ergeben sich auch immer wieder Chancen für diejenigen, die bisher gesellschaftlich benachteiligt wurden.

In dieser Bedeutung des Begriffs, denke ich, wird man die Moderne noch lange in keinem Museum betrachten können. Man muss rausgehen und selbst mittun.  


Meine Damen und Herren,

 

 

Hamburg blickt zuversichtlich in die Zukunft und freut sich an seinem Museum für Kunst und Gewerbe, das so gar nichts Elitäres hat, in der Öffentlichkeit sehr beliebt ist und das seit seiner Gründung immer wieder von Hamburger Bürgern unterstützt wird, auch finanziell.


Über Generationen sind seine Sammlungen gewachsen, sehr wesentlich durch das große Engagement Hamburger Bürger, die Ankäufe und Schenkungen möglich gemacht und dem Museum ihre Vermächtnisse anvertraut haben.

 

Schon die Vorgänger von Prof. Dr. Sabine Schulze haben es verstanden, die Bürger einzubeziehen und zu bewegen, sich mit diesem Haus zu identifizieren.


Zum Beispiel ist vor zwölf Jahren mit Unterstützung des Unternehmers Hans-Otto Schümann der Schümann-Flügel gebaut worden, um der kostbaren Musikinstrumenten-Sammlung von Prof. Dr. Andreas Beurmann genügend Raum zu geben, neue Ausstellungsflächen zu schaffen und das Vestibül als Veranstaltungsraum einzurichten.


Im Rahmen dieses großen Anbaus wurde 2000 auch die Gerd-Bucerius-Bibliothek mit der großzügigen Unterstützung der Zeit Stiftung eingeweiht.

 

2006 kam die Hartog-Galerie hinzu, mit Unterstützung von Harold Hartog, dem ehemaliegn Vorstandsvorsitzenden des Unilever-Konzerns. 2008 folgte die Eröffnung des Hubertus Wald Kinderreichs, finanziert durch die Hubertus Wald Stiftung. Stiftung. Mit Hilfe der Justus Brinckmann Gesellschaft wurde 2009 das Westportal renoviert, damit öffnete sich das Museum zur Stadt.

 

Im Frühjahr 2010 konnte Frau Prof. Schulze das großzügigen Hauptfoyer in der ursprünglichen Architektur neu eröffnen, finanziert durch die Hermann Reemtsma Stiftung.

 

Meine Damen und Herren,

 

 

Sie sehen, es müssen Viele zusammenwirken, um eine so große und für die Stadt wichtige Einrichtung lebendig zu erhalten und zu gewährleisten, dass sie ihr Angebot noch ständig verbessern kann. Stifter, Mäzene, Sponsoren in diesem Jahr nun eröffnet das Museum für Kunst und Gewerbe in vier Etappen seine wichtigsten Sammlungen wieder. Auch hier haben zahlreiche Bürger dafür gesorgt, dass das große Vorhaben möglich wurde. Sie haben als Saalpaten die Patenschaft für einzelne Ausstellungsräume übernommen.  übernommen. Ihnen möchte ich an dieser Stelle für das Engagement sehr herzlich danken.

 

Insgesamt 16 Millionen Euro hat nun die Stadt Hamburg in den vergangenen fünf Jahren in die Sanierung des Hauses investiert, insbesondere in die Erhaltung der Bausubstanz, in die Instandsetzung und Sicherheit des denkmalgeschützten Gebäudes.


Ich bin überzeugt, dass das ein guter Umgang mit öffentlichen Mitteln war und ist und wünsche dem Museum für Kunst und Gewerbe, namentlich der Sammlung Moderne eine große Zahl begeisterter Besucher.

 

Es gilt das gesprochene Wort.