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18.02.2012

Interview mit der Hamburger Morgenpost

Wie finden Sie ihren neuen SPD-internen Spitznamen?

 

Wie lautet der denn?

 

Der geliebte Führer!

 

Kenn’ ich nicht.

 

Habe ich aber schon öfter gehört. Warum nennt man Sie wohl so?

 

Keine Ahnung.

 

Es liegt wohl auch daran, wie Sie beim Rücktritt Markus Schreibers nachgeholfen haben. 

 

Markus Schreiber hat auch öffentlich gesagt, dass er ein gutes Gespräch mit mir hatte. Das war auch so. Er hat um seine Abberufung als Bezirksamtsleiter gebeten.

 

Und Sie haben nicht nachgeholfen, ihn nicht gedrängt.

 

Wir hatten ein gutes Gespräch.

 

Hat die SPD eigentlich was zu melden oder entscheiden Sie allein, wo es in Hamburg langgeht?

 

Die SPD ist eine sehr lebendige Partei. Da wird viel diskutiert. Keiner entscheidet allein.

 

Sie haben gesagt, Sie nehmen auf niemanden Rücksicht, wenn es um das Wohl der Stadt geht. Was heißt das konkret?

 

Das heißt, dass ich keine Kompromisse mache, wenn es um das Wohl Hamburgs geht.

Wie ist das in der SPD angekommen?

 

Gut. Denn Hamburg liegt der SPD am Herzen.

 

Können Sie versprechen, dass sich ein Jugendamt-Skandal wie im Fall Chantal nicht wiederholt?

 

Ich kann versprechen, dass alles, was in meiner Macht steht, getan wird, um für Kinder die richtigen Bedingungen herzustellen. Das heißt auch, dass es in Pflegefamilien weder Gewalt, noch Drogen oder Kriminalität geben kann.

 

Brauchen wir mehr Pflegefamilien in wohlhabenden Vierteln?

 

Ja. Wir brauchen Familien in allen Stadtteilen und aus allen gesellschaftlichen Gruppen. Aber: Nicht die Frage des Geldes oder des Wohnorts ist entscheidend für das Wohl der Kinder. Es geht um das Herz!

 

CDU-Abgeordnete haben eine Strafsteuer für Kinderlose gefordert. Wären Sie als kinderloser bereit, die zu zahlen?

 

Ich bin mit der Bundeskanzlerin einer Meinung: Das ist ein schlechter Witz. Wir brauchen ein gerechtes System zur Unterstützung der Eltern. Ich habe die Vision, dass Hamburg die Stadt wird, die Kindern die besten Chancen bietet. Deshalb haben wir die Gebührenerhöhung für den Kita-Besuch zurückgenommen, deshalb bauen wir Krippen und Kitas aus. Wir wollen die halbtägige Kita-Betreuung kostenfrei anbieten, die Grundschulklassen kleiner machen und eine ganztägige Betreuung ermöglichen. Ich will eine Stadt, die für berufstätige Eltern attraktiv ist.

 

Das kostet alles viel Geld. Doch noch  immer ist unklar, wie Sie das strukturelle Defizit von einer Milliarde Euro ausgleichen wollen.

 

Wir konsolidieren den Haushalt mit vielen Einzelentscheidungen, die dazu führen, dass mit dem Steuergeld ordentlich umgegangen wird. Wir werden das schaffen.

 

Und wie?

 

Ich bin mir sicher, dass alle Skeptiker beim nächsten Haushalt merken, dass die Begrenzung auf ein Prozent Ausgabensteigerung eine wirklich große Herausforderung ist und einige Dinge nicht mehr bezahlt werden können. Ich hoffe, dass Sie diese Kürzungen dann nicht auch wieder kritisieren.

 

Würden Sie gerne mehr Steuern zahlen?

Ich bin für eine Anhebung des Spitzensteuersatzes. Und ich wäre von einer Anhebung auch betroffen.

 

Sind Sie reich?

 

Nein. Aber ich verdiene sehr gut.

 

Viele Fragen sich derzeit, wo kann ich mein gespartes sicher anlegen. Was machen Sie mit ihrem Geld?

 

Ich gebe es der Bank und erhalte kleine Zinsen, eine Art Tagesgeldkonto.

 

Wo wir beim Geld sind: Wann lösen Sie den Konflikt um die Elbphilharmonie?

 

Zeitangaben bei diesem Projekt sind bekanntermaßen schwierig. Jetzt geht es darum, hart zu verhandeln und das Geld der Steuerzahler zusammen zu halten. Hätte man länger und gründlicher geplant und hätte man später mit dem Bauen begonnen, wäre die Elbphilharmonie vielleicht schon fertig, und sie wäre sicher billiger geworden.

 

Hätten Sie als Bürgermeister die Elbphilharmonie gebaut?

 

Es ist sicher ein großartiges Projekt, dass Hamburg jetzt schon Ruhm einträgt.

Hätten Sie gebaut oder nicht?

 

Eine besser geplante Philharmonie wäre in meiner Verantwortung eine gute Entscheidung gewesen.

 

Wann sind Sie das letzte Mal privat  HVV-Bus gefahren?

Vor etwa einem Jahr.

 

Das kommt nicht so oft vor, oder?

 

Nein.

 

Ich wundere mich nämlich, dass Sie meinen, mit Bussen die Verkehrsprobleme der Stadt lösen zu können. Die bisherigen Pläne halten Experten für völlig unzureichend.

 

Kein Wunder. Diese Experten reden ja auch über das Geld, was andere ausgeben sollen. Wir machen auch viel mehr, als nur das Bussystem zu beschleunigen. Wir bauen den gesamten öffentlichen Nahverkehr aus. Mit einer eigenständigen S4, der U4-Verlängerung bis zu den Elbbrücken, beim Car-Sharing, bei Leih-Rädern. Zudem ist Hamburg jetzt schon Vorreiter bei der Elektromobilität.

 

Aber Sie scheuen bei der Busbeschleunigung immer noch den Konflikt mit den Autofahrern. Würden Sie es ernst meinen, müssten Sie viel mehr Platz und viel öfter Vorfahrt für Busse einräumen.

 

Wir sind nicht ideologisch. Wir bauen Busspuren, wo es Sinn macht. Und wir setzen Vorrangschaltungen ein, damit die Busse schneller voran kommen.

 

Umweltverbände haben ihnen ein schlechtes Zeugnis ausgestellt, sprechen von Demontage und Propaganda. Ist ihnen die Umwelt egal?

 

Wir haben in einem Jahr mehr Fortschritte erreicht, als andere in Jahren zuvor. Wir haben neue Naturschutzgebiete ausgewiesen und mehr Bäume gepflanzt. Wir haben uns mit den Energieversorgern auf Investitionen und Vorhaben geeinigt, die uns bei der Energiewende bundesweit nach ganz vorn bringen, etwa bei der Speicherung von Windstrom. Das alles wird die C02-Bilanz der Stadt erheblich verbessern. Ich bin ein Anhänger des ingenieurgetriebenen Umweltschutzes.

 

Viele sagen, am Ende ist es egal, was wir machen, weil die Chinesen eh das Klima verpesten. Zu Recht?

 

Nein. Wir müssen alles tun, um den Klimawandel aufzuhalten. Wenn wir unsere Verpflichtungen nicht erfüllen, werden wir niemanden zum mitmachen bewegen. Deshalb müssen wir ein Vorbild sein. Dank unserer technologischen Kompetenz schaffen wir so auch neues Wachstum.

 

Haben Sie eigentlich auch so viele reiche Freunde wie Wulff?

 

Nein.

 

Hätten Sie gerne welche?

 

Ich wähle meine Freunde nicht nach Geld aus.

 

Hat die SPD von der Wulff-Affäre profitiert?

 

Glaube ich nicht, ist aber auch nicht das Thema. Die Frage ist, was wir tun können, um einen guten, neuen Bundespräsidenten zu bekommen. Deshalb bin ich froh, dass die Kanzlerin einen Kandidaten vorschlagen will, der von allen getragen wird.

 

Haben Sie da einen in petto? Zuletzt haben Sie Joachim Gauck vorgeschlagen.

 

Ein toller Mann, auf alle Fälle. An dieser Einschätzung hat sich nichts geändert.

Was macht Olaf Scholz eigentlich so in seiner Freizeit?

 

Ich jogge und wandere gern. Und ich verbringe gern Zeit mit meiner Frau. Weil sie in Berlin arbeitet, ist das ja nicht so einfach…

 

Skypen Sie?

 

Nein. Aber wir telefonieren sehr oft. Und wir schaffen es auch, uns nicht nur am Wochenende zu sehen.

 

Und wenn Sie abends alleine nach Hause kommen?

 

Ich habe da keine Routine. Manchmal ist es einfach sehr spät. Sonst lese ich abends gerne, zuletzt das Buch Arrival City von Doug Saunders, ein Buch über die Verstädterung der Welt und die Zukunft der Städte. Meine Frau und ich gehen auch mal ins Kino. Zuletzt waren wir in Ziemlich beste Freunde.

 

Sind Sie ein Linker?

 

Ich bin Sozialdemokrat.

 

Und das heißt?

 

Die SPD ist seit fast 150 Jahren die Partei des Fortschritts und damit auch die große linke Volkspartei.

 

Also sind Sie ein Linker?

 

In diesem Sinne. Haben Sie was dagegen?

 

Das Gespräch führte Mathis Neuburger.