Sportspaß: Nachdem im Herbst 2001 Ole von Beust und Ronald Schill an die Macht kamen, war Ihr steiler Aufstieg in Hamburg und Ihre kurze Amtszeit als Innensenator beendet. Ich hatte damals mit dem Ende Ihrer politischen Karriere gerechnet. Stattdessen sind Sie sowohl in der SPD als auch in Berlin zu einem der einflussreichsten Menschen geworden. Wie kam es dazu?
Olaf Scholz: Politik ist mit Aufs und Abs verbunden, das gehört zur Demokratie. Ich habe in den letzten 12 Jahren immer Politik für Hamburg gemacht, auch als Bundestagsabgeordneter für den Wahlkreis Hamburg-Altona. Ich habe immer hart für meine politischen Überzeugungen gearbeitet.
Im Dezember 2010 wurden Sie fast einstimmig zum Kandidaten der SPD für das Bürgermeisteramt in Hamburg nominiert. Die Umfragen sehen sowohl die SPD als auch Sie im direkten Duell mit Christoph Ahlhaus klar vorn. Mit welchem Programm Sie antreten, erscheint vielen Wählern nicht klar. Welche Visionen für Hamburg und welche Ziele für Ihre Amtszeit haben Sie denn, falls Sie zum Bürgermeister gewählt werden?
Wir wollen den Haushalt in Ordnung bringen. Und wir werden uns wieder um die Wirtschaft kümmern, dazu gehört vor allem der Hafen. Wir setzen Schwerpunkte in der Bildungs- und auch in der Wohnungsbaupolitik. Mein Ziel sind 6000 neue Wohnungen in jedem Jahr, davon 2000 Sozialwohnungen. Wir brauchen auch qualitativ gute und bezahlbare Kindertagesplätze und Krippenplätze.
Ihre Ehefrau, Britta Ernst, ist schon lange in Hamburg politisch tätig und derzeit Geschäftsführerin der SPD Bürgerschaftsfraktion. Das ergäbe doch ein wunderbares Küchenkabinett, bei dem morgens am Frühstückstisch in Altona die Weichen für Hamburg gestellt werden könnten?
Wir reden zu Hause über viele Dinge. Politik ist dabei natürlich auch ein Thema, aber nur eines unter vielen.
Die Unterstützung der Politik für den Sport in Hamburg wurde durch große, finanziell aufwändige Projekte wie die Olympia Bewerbung sowie die Bemühungen, die Universiade oder die Schwimm-WM nach Hamburg zu bringen, und durch die Förderung des Leistungssports bestimmt. Diese Projekte sind teilweise kläglich gescheitert. In den SPD-Regierungszeiten war die Förderung des Freizeit- und Breitensports besonders wichtig, jetzt steht eigentlich nur der Event- und Leistungssport im Focus der Politik in Hamburg. Wollen Sie das wieder ändern?
Hamburgs Sportstätten müssen ausgebaut und saniert werden. Die Vereine müssen die Einrichtungen weiter kostenlos nutzen können. Gerade der Breitensport hat eine hohe Integrationskraft. Deswegen haben wir uns vorgenommen, Kooperationen zwischen Schulen, Kitas und Vereinen auszubauen. Kinder und Jugendliche sollen Spaß am Sporttreiben haben. Es gilt auch der Satz: Ohne Breite keine Spitze, ohne Spitze keine Breite. Hamburg hat als zweitgrößte Metropole Deutschlands das Potenzial zur Ausrichtung internationaler Sportwettkämpfe. Daher muss Hamburg als Standort für Spitzensportler attraktiv werden.
Wenn Sie regieren sollten, müssten auch Sie Hamburg ein rigoroses Sparprogramm verordnen? Gefühlt ist Hamburg doch viel reicher als immer wieder behauptet wurde.
Wir brauchen vor allem die richtigen Prinzipien für die Haushaltsführung. Das Prinzip "Spare in der Zeit, dann hast du in der Not" ist den vergangenen Jahren nicht berücksichtigt worden. In einem SPD-geführten Senat werden wir es so machen, wie Bill Clinton in seiner Amtszeit. Wir werden in jedes Gesetz, das zu Mehrkosten führt, hineinschreiben, wo die nötigen Mittel herkommen. So hat Clinton einen katastrophalen Haushalt saniert, so dass schließlich sogar über die Verwendung der künftigen Überschüsse diskutiert wurde. Unter seinem Nachfolger ist das Schuldenmachen wieder losgegangen.
Hamburg ist immer noch von einigen sicherheitstechnisch zweifelhaften Atomkraftwerken umgeben. Haben Sie dabei ein gutes Gefühl?
Wie viele andere damals, habe auch ich gegen die Atomkraftwerke um Hamburg herum protestiert. Es war deshalb ein besonderes Ereignis, dass ich als Bundestagsabgeordneter die Gesetze über den Ausstieg aus der Atomenergie mit beschließen konnte. Es ist ein großer politischer Fehler, dass nunmehr der bereits erreichte Konsens über den Atomausstieg von der Bundesregierung rückgängig gemacht wird.
Was haben Sie aus Stuttgart 21 gelernt? Was wird aus dem Bahnhof Altona und den angrenzenden Flächen?
Ich bin für mehr Bürgerbeteiligung und Volksentscheide. Bürgerbegehren können die parlamentarische Demokratie nicht ersetzen, aber sinnvoll ergänzen. Stuttgart und Altona sind allerdings nicht zu vergleichen. In Altona entsteht ja ein neuer Stadtteil. Wichtig ist, dass die Anwohner in den Planungsprozess eingebunden werden und dass auch bezahlbarer Wohnraum entsteht.
Sie finden das Interview auch auf der Homepage von Sportspaß.