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07.08.2013

Iftar-Empfang des Bündnisses der Islamischen Gemeinden in Norddeutschland

Iftar-Empfang des Bündnisses der Islamischen Gemeinden in Norddeutschland

 

 

 

Sehr geehrter Herr Uçar,
sehr geehrte Damen und Herren,  

haben Sie herzlichen Dank für die Einladung zu einem so bedeutenden Anlass. Es ist mir eine Ehre, beim Fastenbrechen zum Iftarfest Ihr Gast zu sein. Und bei Ihnen nimmt nun schon ein zweites Mal ein Bürgermeister teil. Ich kann auf diese Weise an einem wichtigen und besonders festlichen Teil des Ramadan teilhaben, der seit Wochen das Leben der gläubigen Muslime unserer Stadt bestimmt. Sie machen es mir freundlicherweise leicht, indem Sie mich zum heitersten Teil der Fastenzeit einladen.

Nicht genug, dass dieser große Tag die krönende Vollendung des Ramadan darstellt; dieses Jahr ist insgesamt ein ganz besonderes für das Verhältnis der Stadt Hamburg zu den islamischen Gemeinschaften und zur alevitischen Gemeinde.

Am 13. Juni hat die Bürgerschaft mit großer Mehrheit den Verträgen der Stadt mit den drei islamischen Verbänden DITIB Hamburg, Schura Hamburg und VIKZ zugestimmt. Damit wird der Islam in Hamburg als eine in unserer Gesellschaft gelebte Religion gewürdigt und ausdrücklich bestätigt, dass den muslimischen Bürgerinnen und Bürgern auf dem Boden unserer gemeinsamen Wertevorstellungen dieselben Rechte freier Religionsausübung zustehen wie den alteingesessenen Gemeinschaften.

Sie wissen, dass dies eine intensive, jahrelange Beratung erforderte, einschließlich der Anhörung von Experten und von Vertretern aller Vertrags-partner. Wie sachlich die bürgerschaftliche Debatte über die Verträge im Großen und Ganzen geführt worden ist, hat positiv überrascht.

Besonders dankbar bin ich dafür, dass die beiden großen christlichen Kirchen und auch die jüdische Gemeinde die Verträge befürwortet und daran mitgearbeitet haben.

Nach dem Kraftakt des Vertragsabschlusses geht es jetzt darum, kontinuierlich die Kooperation zwischen der Stadt und den islamischen Religionsgemeinschaften weiter zu entwickeln. Dies bedeutet natürlich auch eine gewisse Normalisierung. Gefordert sind jetzt viel alltägliche Nüchternheit und pragmatisches Handeln in einer Vielzahl von Sachfragen.

Die Freie und Hansestadt Hamburg nimmt insbesondere die in unserer Verfassung festgeschriebene religiöse Neutralität des Staates sehr ernst, wie auch diejenigen Religions-gemeinschaften bestätigen können, die schon seit geraumer Zeit in vertraglichen Beziehungen zur Stadt stehen.

Wenn ich also bereits im Zusammenhang mit der Präsentation der Verträge im vergangenen August davon gesprochen habe, dass wir eigentlich etwas Selbstverständliches tun, so gilt dies umso mehr für die Ausführung der Vereinbarungen: Überhöhte Erwartungen sind hier ebenso fehl am Platz wie übersteigerte Ängste.

Unsere Aufgabe besteht darin, ein ganz normales, freundlich-unspektakuläres Miteinander zu praktizieren, das uns ermöglicht, Probleme zu lösen, ohne sie gleich zu Schicksalsfragen zu übersteigern. Die grundlegende religiöse Toleranz und die unbedingte religiöse Neutralität unserer verfassungsrechtlichen Ordnung sind die zwei Seiten derselben Medaille.

Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang auf einen Aspekt eingehen, der gleich auch noch Gegenstand des Vortrags von Frau Koch sein wird: die Situation der Moscheen in Hamburg. Es besteht kein Zweifel daran, dass die Unterbringung vieler Gemeinden in Hinterhofmoscheen ein alles andere als wünschenswerter Zustand ist.

Die Raumprobleme von Religionsgemeinschaften beschränken sich in unserer Stadt allerdings durchaus nicht auf islamische Gemeinschaften. Sie gehören leider zu den häufigsten Schwierigkeiten, mit denen sich Gläubige der verschiedenen Bekenntnisse in Hamburg konfrontiert sehen.

Und es ist auch kein Geheimnis, dass die Religionsgemeinschaften hier mit vielen anderen Interessengruppen konkurrieren, die ebenfalls Raumbedarf anmelden in einer Großstadt ist das unvermeidlich.

Unser Vertrag formuliert deshalb sehr bewusst die Aufgeschlossenheit der Stadt für die Anliegen der islamischen Gemeinschaften, die Bereitschaft zur Transparenz und zur Werbung für eine breite gesellschaftliche Akzeptanz. Der Unterhalt von Kultureinrichtungen, die Einrichtung und der Bau von Gebetsstätten ist Sache der Glaubens-gemeinschaften selbst. Ich verstehe auch das als ein Zeichen des Respekts.

In diesem Zusammenhang ist in Hamburg in den vergangenen Monaten viel darüber diskutiert worden, dass die Al-Nour-Gemeinde eine Moschee in der ehemaligen Kapernaum-Kirche in Horn betreiben wird.

Wie gesagt: In diese Fragen mischt sich der Senat nicht ein. Die Offenheit, mit der sich die dortige Gemeinde ihrem neuen Umfeld präsentiert und vielerlei Akzeptanz erfährt, sehe ich als ein ermutigendes Zeichen dafür, dass das einvernehmliche Zusammenleben gelingen kann.

Ein weiteres Thema, das uns in der Ausführung der Verträge noch lange Zeit beschäftigen wird und die beteiligten Religionsgemeinschaften und die staatliche Schulbehörde bereits intensiv beschäftigt, ist die Fortentwicklung des Religionsunterrichts für alle. Wir sind und waren uns darüber im Klaren, dass es sich um ein ehrgeiziges Projekt handelt, einen Religions-unterricht auf die Beine zu stellen, der von den Angehörigen jeder beteiligten Religion als ihr Religionsunterricht akzeptiert wird.

Ich bin insbesondere der Evangelischen Kirche für ihre Unterstützung dankbar. Diese gemeinsame Aufgabe ist lohnend und verspricht einen unschätzbaren Beitrag für das friedvolle und aufgeschlossene Miteinander.

Sehr geehrte Damen und Herren,
das bewusste Fasten als Akt der Demut und des Innehaltens ist ein gutes Beispiel für die verbindende Kraft einer spirituellen Tradition, die wir über die Grenzen der verschiedenen Religionen und Weltanschauungen hinweg wiedererkennen.

Wie das Fest des Fastenbrechens den Ramadan beendet, folgt auf die christliche Fastenzeit das Osterfest und im Judentum der ernste Versöhnungstag auf die Tage der Reue und Umkehr, mit denen das neue Jahr beginnt.

Wir wollen in unserer vielfältigen Gesellschaft die Unterschiede respektieren, die uns als Gemeinschaft ausmachen.

Gotthold Ephraim Lessing, der deutsche Dichter, dem wir uns hier in Hamburg besonders verbunden fühlen, starb 1781. Aber seine Idee von der Toleranz der Religionen, wie er sie in seinem Theaterstück Nathan der Weise entwickelt hat, ist bis heute lebendig.

Ich freue mich, dass das in Hamburg auch so bleibt und bleiben soll, und ich hoffe, dass es noch viele solche freundlichen Einladungen unter Hamburgerinnen und Hamburgern gibt, die von Kindesbeinen an die Möglichkeit verschaffen, uns alle besser kennen und verstehen zu lernen im Geist des Respekts und der Wertschätzung. Lassen Sie uns gemeinsam weiter darauf hinwirken.

Vielen Dank

 

 

Es gilt das gesprochene Wort.