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04.11.2011

Im Bundesrat zur Anerkennung ausländischer Abschlüsse

 

Meine Damen und Herren!

 

Wir beraten heute über ein für viele Menschen, die in unserem Lande leben, sehr wichtiges Gesetzesvorhaben: die Anerkennung ausländischer Abschlüsse. Wie wir alle wissen, gibt es Unzählige, die irgendwo auf der Welt einen beruflichen Abschluss erworben haben, in Deutschland aber auf Schwierigkeiten stoßen, weil ihre Qualifikation hier nicht anerkannt wird.

 

Jeder weiß, dass es nicht einfach ist, eine Lösung zu finden. Die Lösung, die einer deutschen Bürokratie wahrscheinlich als allererste einfiele, ist die schlechteste, nämlich dass man mit allen Ländern der Welt über alle Berufe verhandelt und dann mit jedem Land einen gesonderten Vertrag schließt. Es ist also besser, wenn wir Beispielen folgen, die es in Europa gibt.

 

Für mich war und ist die Art und Weise vorbildlich, wie es ein kleines Nachbarland Deutschlands, nämlich Dänemark, geschafft hat, damit umzugehen. Dort gibt es bereits seit Jahren ein Anerkennungsgesetz. Man hat eine wissenschaftliche Praxis und eine Verwaltungspraxis aufgebaut, die dazu beiträgt, dass Anerkennungen zügig erfolgen können. Man hat sichergestellt, dass derjenige, der fast das kann, was man nach deutschen Maßstäben für eine bestimmte Berufsausübung benötigt, bescheinigt bekommt, was ihm noch fehlt, und dass man ihm ein Angebot unterbreitet, wie die zusätzliche Qualifikation erworben werden kann.

 

Nun sind wir in Deutschland über viele Jahre in dieser Diskussion. Schon in den Jahren 2008/2009 ist sehr sorgfältig über ein solches Gesetz gesprochen worden. Auf Grund meiner Beteiligung an dieser Diskussion als Mitglied der Bundesregierung weiß ich noch sehr genau, dass es schwierig ist, erst einmal zu vermitteln, dass der Bund für den wesentlichen Teil dieser Dinge eine Gesetzgebungskompetenz hat. Nachdem sich das herumgesprochen hat, sind wir heute, nach einigen Jahren, so weit, dass ein Gesetz zur Beratung ansteht.

 

Trotzdem will ich nicht verhehlen, dass ich glaube, dass das zwar ein Fortschritt ist, aber doch ein sehr kleiner. Gemessen an der Erwartungshaltung, die viele hierzulande haben, die die deutsche Staatsbürgerschaft längst erworben haben, ist er vielleicht zu klein. Bei manchem, was man hier sehen kann, hat man das Gefühl: Es kreißte der Berg und gebar eine Maus. Das ist nicht gut genug für das, was heute notwendig ist.

 

Viele Länder, die an der Diskussion in den Ausschüssen des Bundesrates teilgenommen haben, wünschen sich, dass das nicht nur eine Möglichkeit ist, die theoretisch existiert, sondern dass sich in unserem Lande tatsächlich etwas verändert, dass wir abzählbar viele finden, denen eine solche Anerkennung bescheinigt wird, weil sie die Voraussetzungen erfüllen und weil man dafür gesorgt hat, dass sie mit den Qualifikationen, die vielleicht noch fehlten, versehen worden sind.

 

Wir erleben, wie das gerade vorbereitet wird. Die Länder kümmern sich darum; das ist der Fall. Auch in Hamburg wird intensiv daran gearbeitet.

 

Die Kammern kümmern sich darum. Da wird uns allerdings ich will das, weil wir sehr höflich miteinander umgehen, einmal so nennen noch eine sehr bunte Landschaft begegnen. Vermutlich werden am Ende die Industrie- und Handelskammern ihre Aufgaben bei einer gemeinsamen Stelle in Nürnberg bündeln. Vermutlich werden die Handwerkskammern entscheiden, dass jede einen Beruf anzuerkennen hat und dass das quer durch Deutschland organisiert ist. Doch wage ich sehr zu bezweifeln, dass das eine unbürokratische Struktur ist, die sich von dem zügigen dänischen Beispiel etwas abgeschaut hat.

 

Insofern ist es besonders wichtig, dass wir diejenigen, die große Hoffnung in dieses Gesetz setzen, weil sie davon eine Verbesserung ihrer beruflichen Entwicklungschancen, ihrer Möglichkeiten, Einkommen zu erzielen und auf eigenen Füßen zu stehen, erwarten, nicht enttäuschen. Wir dürfen nicht in einem halben Jahr oder in einem Jahr sagen, es sei zwar anders formuliert worden, aber die Situation sei nicht sehr viel besser geworden.

 

Was man braucht, ist ein Beratungsanspruch, den z. B. die Bundesagentur für Arbeit und die Arbeitsvermittlungsstrukturen unterstützen. Sie sind für diejenigen zuständig, die Ansprüche haben, da sie arbeitsuchend sind. Sie betrachten sich aber auch für alle anderen als zuständig. Sie müssen dafür sorgen, dass die Betroffenen begleitet und beraten werden, damit sie sich zurechtfinden. Das ist Inhalt eines der Anträge, die hier noch zur Debatte stehen und die in den Ausschüssen teilweise Unterstützung gefunden haben. Es fehlt also an einem Beratungsanspruch, von dem viele Gebrauch machen können.

 

Und es fehlt an einem Qualifizierungsanspruch für den Fall, dass es nicht ganz reicht. Ich will noch einmal dafür werben, dies nicht zu unterschätzen. Ministerpräsident McAllister hat zu Recht gesagt, dass wir darauf bestehen, dass an den Qualitätsansprüchen, die wir mit Abschlüssen verbinden, nicht locker herumgearbeitet wird. Die Bescheinigung muss schon immer ausdrücken, was wir unter einer bestimmten Fähigkeit verstehen und was wir uns von einem bestimmten Beruf versprechen. Gerade dann ist es wichtig, dass jemand, der etwas zu drei Vierteln, zu vier Fünfteln oder zur Hälfte kann, eine konkrete Aussage bekommt, die es ihm ermöglicht, die fehlende Qualifikation zu erwerben. Dabei muss er gefördert werden.

 

Dies ist jetzt nicht gewährleistet. Das erkennt man daran, dass im Vorfeld nicht erreicht worden ist, dass die Bundesregierung hier zu Protokoll erklärt, es sei gewährleistet. Das spricht dafür, dass alles, was in diesem Zusammenhang gesagt wird, vielleicht doch zu wenig ist.

 

Wir sind froh darüber, dass es das Gesetz nun gibt. Wir sind nicht froh darüber, dass der mögliche Fortschritt so klein ausgefallen ist. Wir stellen uns vor, dass noch mehr passiert. Deshalb haben wir vorgeschlagen, dass man sich nach den langen Jahren der Beratung vielleicht noch einmal vier Wochen Zeit nimmt, um es so zu entwickeln, wie es für eine gute Gesetzgebung erforderlich ist. Das fände jedenfalls unsere Unterstützung. Wir meinen, das Gesetz muss zustande kommen, aber es verträgt eine Verbesserung.

 

Folgendes will ich zum Schluss gern sagen: Wie man unsere Beiträge in der heutigen Debatte bewertet, ist ziemlich unwichtig. Das Entscheidende ist: Was wird in drei Monaten, in vier Monaten, in fünf Monaten, in sechs Monaten, in einem Jahr, in zwei Jahren sein? Angesichts der Tatsache, dass außerordentlich viele unsere Debatte mit großem Interesse verfolgen, weil sie die sehr persönliche Hoffnung damit verbinden, dass sich in ihrem Leben etwas verbessert, darf nicht in einem Jahr herauskommen, dass sich so richtig viel nicht getan hat, weil wir nur Bürokratie organisiert haben und es nicht zu zählbar mehr Anerkennungen gekommen ist. Das darf nicht passieren. Lassen Sie uns gemeinsam daran arbeiten, einen guten Fortschritt zustande zu bringen!