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21.02.2013

Im Interview mit der MOPO: "Herr Scholz, was essen Sie jetzt noch?"

 

MOPO: Mögen Sie eigentlich Pferdefleisch?
Scholz:  Ich weiß es nicht. Ich glaube, ich habe es höchstens einmal in meinem Leben irgendwo gegessen, da wurde es mir aber ausdrücklich als Pferdewurst angeboten. 
 
Die Verbraucher sind mal wieder wegen eines Lebensmittelskandals verunsichert. Sie auch?
Scholz: Alle müssen verunsichert sein. Die Grundlage unseres Zusammenlebens ist ja das Vertrauen,  dass sich alle an die Regeln halten. Wenn wir Lebensmittel kaufen, wollen wir uns darauf verlassen, das auch wirklich drin ist, was drauf steht und die Angaben der Hersteller stimmen. Dieses Vertrauen wird natürlich nachhaltig erschüttert durch solche Ereignisse, wie wir sie jetzt wieder erleben. 
 
Kommt bei Ihnen denn auch mal Tiefkühlkost auf den Tisch? 
Scholz: Mal so, mal so. Ich bin in meinem Beruf natürlich  ganz viel unterwegs. Und kann nur hoffen, dass das, was auf den Teller kommt, auch das ist, was angekündigt wurde.
 
Worauf achten Sie beim Einkauf?
Scholz: Auf Frische. Im Wesentlichen kaufe ich Produkte, bei denen ich das Gefühl habe, ich weiß, was ich da in meinen Einkaufswagen lege. Also: Ich möchte wissen, was ich esse. 
 
Was muss angesichts dieses neuen Skandals geschehen?
Scholz: Es muss dafür Sorge getragen werden, dass die Kontroll- und Informationsmöglichkeiten besser werden.  Da ist die Bundesregierung sehr im Verzug und wie ich finde, oft auch sehr absichtlich. Zum Beispiel brauchen wir unbedingt gesetzliche Regelungen, damit die Verbraucher auch über Täuschungen informiert werden können und nicht nur über verdorbene Lebensmittel. Notwendig sind Transparenz und ein größerer Verbraucherschutz.
 
Ist es nicht auch ein Problem, dass Fleisch viel zu billig angeboten wird? 
Scholz: Das ist schwer zu sagen. Vor allem, weil es ja viele Menschen gibt, die nicht viel Geld ausgeben können. Deshalb halte ich mich mit solchen  Beurteilungen zurück. Aber ganz gleich, ob etwas billig oder teuer ist: Man muss sich sicher sein können, dass die Lebensmittel ordentlich hergestellt sind. Da darf es nicht bei besorgten Gesichtern bleiben.
 
Auf dem SPD-Parteitag wurden die Folgekosten der Elbphilharmonie angesprochen. Die Rede war von 30 bis 40 Millionen Euro jährlich. Wie soll das finanziert werden?
Scholz: Zu den dort künftig stattfindenden eigenen Veranstaltungen haben wir Zuschüsse in Höhe von etwa drei Millionen Euro im Jahr vorgesehen. Und ansonsten werden die Räume an Konzertveranstalter vermietet. So entstehen Einnahmen, die einen Beitrag zur Finanzierung leisten. Außerdem wird ein neues Spielbetriebskonzept erarbeitet werden.  
 
Können Sie eine Garantie  abgeben, dass es bei dem Festpreis von  575 Millionen bleibt?
Scholz: Wir haben ein Angebot von Hochtief bekommen.  Und da wurde alles, was an Hochtief zu zahlen sein soll, eingerechnet. Als Gegenleistung zu den zusätzlichen Kosten sollen wir eine Garantie hinsichtlich der Qualität, des Fertigstellungstermins und des Preises erhalten. Es kann noch eine ganze Menge an Herausforderungen auf uns zu kommen. Das Gute ist, dass das Risiko dann beim Bauunternehmen und nicht bei der Stadt liegt. 
 
Befürchten Sie  Berliner Flughafenverhältnisse, wenn die Stadt in Eigenregie weiterbaut?
Scholz: Man kann Kosten kalkulieren. Diese sind bei uns und bei Hochtief ähnlich ausgefallen. Aber es sind nur Hochrechnungen aufgrund der bisherigen Planung. Das Angebot von Hochtief beinhaltet Garantien und Sicherheiten, die wirklich ohne Ausnahme funktionieren. Und das wäre das Geld wert. 
 
Haben Sie eigentlich Bauchschmerzen, wenn Sie an den  Volksentscheid zum vollständigen Rückkauf der Energienetze denken?
Scholz: Nicht so vordergründig politisch, wie sie das jetzt fragen. Das ist Demokratie. Ich habe ein mulmiges Gefühl, weil es sich um unglaublich viel Geld handelt. Weil wir zu den vielen Schulden, die die Stadt hat, dann noch mal zwei Milliarden Euro zusätzlich irgendwie beschaffen müssten, um Stromkabel, Gasrohre und die Fernwärmerohre zu kaufen. Das wäre aus meiner Sicht nicht sehr klug. 
 
Die Grünen meinen aber, auch der 100-prozentige Rückkauf wäre kostenneutral zu haben bei einer Tilgung  über Rendite und Einnahmen.
Scholz: Ganz viele, die ihr Geld irgendwo in Immobilien steckten, haben mit Steuersparmodellen Geld verloren, obwohl angeblich alles ganz sicher gerechnet war. Ich glaube, dass die Kalkulationen, die die Grünen da aufmachen, die Seriosität dieser Steuersparinvestitionen haben. Im Übrigen bekommen wir für unsere 25,1 Prozent eine Dividendengarantie. Das Risiko liegt also bei unseren Mitgesellschaftern, nicht bei uns. 

Eine Mehrheit in Hamburg ist aber für den vollständigen Rückkauf.
Scholz: Wenn es um die Frage geht,  ob man das Netz haben will oder nicht, sagen die meisten spontan: Haben ist besser als nicht haben.
 
Sie aber fragen: Wollen Sie zwei Milliarden Euro ausgeben oder nicht?
Scholz: Ja, genau. 
 
Die Verbraucherzentrale unterstützt mit ihren öffentlichen Mitteln die Kampagne zum Rückkauf der Netze. Sollte ihnen das Budget gestrichen werden?
Scholz: Der Senat ist bislang keiner Forderung nachgekommen, diejenigen, die den Senat kritisieren, mit Mittelentzug zu bestrafen. Da stehen wir drüber.
 
Sie sehen das also nicht als problematisch an?
Scholz: Ich kann schon verstehen, dass viele sehr skeptisch sind. Nicht nur in diesem Fall. Weil es ja manchmal um existenzielle Fragen für die Stadt geht. Und dann nimmt jemand das städtische Geld und Steuervergünstigungen, um gewissenermaßen an den Pfeilern des zukünftigen Wohlstands der Stadt zu rütteln. Wir bleiben aber trotzdem gelassen.
 
Die Umweltverbände werfen Ihnen vor, dass Umweltpolitik komplett nicht stattfinde.
Scholz: Das ist sehr rituell. Wir haben in den letzten Jahren sehr große Fortschritte erzielt. Aber offenbar können einige nicht anders. Selbst wenn Sie mitten in einem neu eröffneten Naturschutzgebiet eine Pressekonferenz machten, würden die sagen: Hier passiert nichts für den Naturschutz. 
 
Was haben Sie konkret gemacht?
Scholz: Durch mehrere neue Naturschutzgebiete und die Erweiterung der bestehenden steigt der Anteil der Gesamt-Naturschutzfläche auf 9,4 Prozent des Landesgebiets. Damit nimmt Hamburg den Spitzenplatz in Deutschland ein. Wir haben das größte Ausbauprogramm für den Öffentlichen Nahverkehr seit Jahrzehnten auf den Weg gebracht. Wir verlängern die U4 bis zu den Elbbrücken, wir bauen zwei neue S-Bahnstationen. Wir haben vor, eine weitere Schnellbahnstrecke zu bauen, die S4. Wir erhöhen die Kapazität der Busse, StadtRAD und Carsharing bauen wir weiter aus.
 
Die Radwege in Hamburg sind nicht die besten...
Scholz: Da ist bei der Instandhaltung in den vergangenen Jahren zu wenig gemacht worden. Da stecken wir kontinuierlich Geld, Energie und Manpower rein. 
 
Sie setzen auf eine Elektrifizierung des Straßenverkehrs.
Scholz: Es würde zu einer Verbesserung der Lebensqualität der Stadt beitragen, wenn sich Lärm-und Luftbelastung durch den Straßenverkehr reduziert. Für uns als große Stadt ist die Elektromobilität wirklich ein Fortschritt. Wir werden da sehr konsequent dran bleiben.  
 
Und Sie fahren demnächst einen Elektro-Dienstwagen?
Scholz: Ich habe meine Verwaltung gebeten, sich über den ganzen KFZ-Bestand der Stadt Gedanken zu machen. Wo geeignete und wirtschaftliche Angebote da sind, werden wir handeln.
 
In 20 Jahren rechnen Sie mit zwei Millionen Einwohnern. Muss da im Wohnungsbau nicht höher gebaut werden?
Scholz: Wir sollten die Qualität unserer Stadt als grüne Stadt,  als Stadt mit vielen Wasserflächen erhalten. Und das heißt, dass wir an der einen oder anderen Stelle auch höher bauen müssen. Das bedeutet aber, statt drei- vielleicht fünfgeschossig. Hamburg ist groß. Die Fläche der Stadt entspricht fast der Berlins, obwohl dort doppelt so viele Einwohner leben.  Aber Hochhäuser sind keine Lösung für das Wohnungsproblem. 
 
Sollte die SPD bei der Bundestagswahl gewinnen, lockt dann Berlin?
Scholz: Ich habe immer gesagt: Ich bewerbe mich als Hamburger Bürgermeister um es zu bleiben. Und ich werde  auch wieder als Hamburger Bürgermeister kandidieren. Die können noch so oft anrufen. Ich gehe nicht nach Berlin.
 
Im Interview mit der Hamburger Morgenpost. Das Interview führten Renate Pinzke und Erik Trümpler