Interview mit der BILD
BILD: Alle zwei Minuten eine Straftat - gibt es in Hamburg zu wenig Polizisten oder zu viel Verbrecher?
Kusch: Es gibt hier keine konsequente Verbrechensbekämpfung. Die Überforderung der Polizei und die Laschheit der Strafjustiz haben Hamburg zu einem Magneten für deutsche und ausländische Verbrecher gemacht.
Scholz: Selbst der Sicherheitsberater der CDU sagt ja, dass Hamburg eine der höchsten Polizeidichten Deutschlands hat und dass wir nicht mehr Polizei brauchen. Dass wir jetzt trotzdem 61 Polizeistellen erhalten, die eigentlich weggefallen wären, ist ein klares Signal: Wir wollen die Stadt sicherer machen, jeder Verbrecher ist einer zu viel.
Schill: Trotz sprunghaft gestiegener Kriminalität ist die Zahl der Polizisten deutlich verringert worden. Das ist paradox.
Wie kann man mehr Sicherheit für Hamburgs Bürger schaffen?
Kusch: Wir brauchen 400 neue Polizisten, 17 neue Staatsanwälte und 54 neue Richter. Wir müssen die Stellenstreichungen im Strafvollzug beenden. Vor allem aber muss die Justiz gegen Kriminelle durchgreifen.
Scholz: Klare Ziele, neue Konzepte, entschiedenes Durchgreifen. Bei den beiden großen Problemen in Hamburg machen wir das. Beim Raub von jungen Männern an jungen Männern zum Beispiel, da gibt es Erfolge. Und unser neues Konzept gegen Dealer wird greifen.
Schill: 1. Bekämpfung des Drogenhandels durch Verabreichung von Brechmitteln bei Dealern. 2. Mehrjährige Freiheitsstrafen und Abschiebung der zumeist ausländischen Dealer statt wirkungsloser Platzverweise. 3. Berufungen der Staatsanwaltschaft gegen jedes zu milde Urteil der Jugendrichter.
In Rahlstedt hat sich eine Bürgerwehr formiert, weil sie sich durch die Polizei nicht mehr ausreichend geschützt sieht. Ist das nicht ein Armutszeugnis für die Polizei?
Kusch: Nein, kein Armutszeugnis für die Polizei, sondern ein Armutszeugnis für den Senat, der die Polizei in den letzten Jahren systematisch hat ausbluten lassen.
Scholz: Das ist keine Bürgerwehr mit Knüppeln, die nachts herumzieht. Das ist eine Initiative, die sich um das Viertel kümmert. Damit ergänzt sie die Arbeit der Polizei.
Schill: Es ist ein Armutszeugnis für den Senat, der die Polizei kaputtgespart hat, so dass Hamburg die niedrigste Aufklärungsquote deutschlandweit hat und sich der Bürger durch Bürgerwehren selbst schützen muss.
Die Sicherheitsfirma Euro-Patrol kann sich vor neuen Kunden kaum retten. Sind in Hamburg bald nur noch Reiche sicher?
Kusch: Wir können nur hoffen, dass Ole von Beust zum Bürgermeister gewählt wird. Er wird dafür sorgen, dass alle Menschen wieder sicher leben können.
Scholz: Nein, die Polizei hat überall im gleichen Maß für Sicherheit zu sorgen. Und das tut sie. Wenn jemand die Leistung privater Sicherheitsunternehmen in Anspruch nehmen und dafür bezahlen will, dann kann er das.
Schill: Ausgerechnet die SPD hat eine unsoziale Zwei-Klassen-Gesellschaft geschaffen. Die Reichen lassen sich durch private Sicherheitsdienste schützen und ihre Häuser zu Festungen ausbauen. Die Normalbürger werden den Verbrechern schutzlos ausgeliefert.
Müssen Gerichte mit Straftätern härter durchgreifen und sie damit länger aus dem Verkehr ziehen? Oder brauchen wir neue Gesetze?
Kusch: Strafen müssen so hart sein, dass sie den Täter und die Allgemeinheit vor weiteren Straftaten abschrecken. Einstellungen des Verfahrens bei Mehrfachtätern wird es unter der CDU nicht mehr geben.
Scholz: Ich glaube nicht, dass man jedes Problem mit härteren Gesetzen lösen kann. Aber ich finde auch, dass die Gesetze konsequent angewandt und das Recht durchgesetzt werden muss. Ja, ich finde es in Ordnung, wenn die Gerichte hart durchgreifen.
Schill: Die Gesetze reichen aus. Die hierin vorgesehenen Strafrahmen werden von vielen Gerichten aber nicht genügend ausgeschöpft. Häufig werden Verbrechen verharmlost und Strafen verhängt, die auf eine Ermunterung zur Begehung weiterer Straftaten hinauslaufen.
Das Interview führten Jürgen Damsch und Matthias Soyka.