Hamburger Abendblatt
Ist das die größte Niederlage Ihrer Amtszeit?
Olaf Scholz
Wer für direkte Demokratie ist, muss auch mit der möglichen Konsequenz leben, dass ein Ergebnis zustande kommt, das man sich nicht gewünscht hat. Das Referendum war von Senat und Bürgerschaft ausdrücklich gewollt. Ein Projekt dieser Tragweite, das auf einen Zeitraum von fast einem Jahrzehnt angelegt ist, lässt sich nur mit einer breiten Unterstützung in der Bevölkerung bewegen. Auch wenn es eine knappe Entscheidung war, hat das Referendum gezeigt, dass eine Mehrheit für Olympische Spiele in Hamburg nicht vorhanden ist.
Hamburger Abendblatt
Ist das die größte Niederlage Ihrer Amtszeit? Was sind die Ursachen für das Nein?
Scholz
Es wäre nicht angemessen, über die Beweggründe zu spekulieren, die bei den Bürgerinnen und Bürgern ausschlaggebend waren. Man sollte ihre Urteilsfähigkeit nicht infrage stellen nach dem Motto: Eigentlich hätte eine andere Entscheidung zustande kommen können, aber der Zeitpunkt war leider ungünstig. Gleichwohl ist offensichtlich, dass die Abstimmung durch Ereignisse wie etwa den Fifa-Skandal und die furchtbaren Anschläge von Paris nicht unbeeinflusst geblieben ist.
Hamburger Abendblatt
Welche Fehler haben Sie selbst gemacht?
Scholz
Insbesondere aus dem deutschen Sport haben wir immer wieder gehört, das Hamburg alles richtig gemacht habe. Viele haben sich mit großem Engagement für die Olympia-Bewerbung eingesetzt. Dass manche jetzt enttäuscht sind, ist völlig verständlich.
Hamburger Abendblatt
Vor dem Hintergrund der aktuellen Äußerung von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble, der Bund hätte sich an den Kosten für Olympia beteiligt, aber nicht in der von Hamburg erwünschten Höhe: Wie wichtig war die fehlende Kostenzusage des Bundes?
Scholz
Wir haben bereits bei der Vorstellung des Finanzreports gesagt, dass der Bund Zeit braucht, um die Berechnungen zu prüfen. Das haben wir akzeptiert. Die Hamburgerinnen und Hamburger wussten, welche Kosten die Stadt zu tragen bereit war. Übrigens bin ich unverändert der Überzeugung, dass es richtig war, seriös berechnete Zahlen zu nennen und die Kosten der Infrastruktur für Spiele nicht künstlich klein zu rechnen. Wenn die Kosten dann später explodiert wären, hätte das das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Regierung infrage gestellt.
Hamburger Abendblatt
Wie sind Großprojekte jetzt noch durchsetzbar?
Scholz
Ich glaube, dass die Deutschen mutiger sind, als dies gemeinhin behauptet wird. Ich will da optimistisch bleiben.
Hamburger Abendblatt
Können Sie sich vorstellen, dass sich Hamburg um die Olympischen Spiele 2028 oder später bewirbt?
Scholz
Nein, das kann ich mir nicht vorstellen.
Das Interview führte Peter Ulrich Meyer und ist unter folgendem Link abrufbar:
http://www.abendblatt.de/hamburg/article206739821/War-das-Ihre-groesste-Niederlage.html