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29.08.2003

Interview mit den Bremer Nachrichten

 

Bremer Nachrichten:Der Rürup-Bericht lag noch nicht offiziell vor, da hatte der Kanzler ihn schon entwertet: Er sei keine Bibel ". Geht man so mit selbst eingesetzten Experten um?

 

Scholz: Wir prüfen den Bericht sehr sorgfältig und seriös, Ende September, Anfang Oktober werden wir unser Konzept vorlegen. Darin ist enthalten, wie wir die Beiträge 2004 stabilisieren und wie die langfristige Rentenfinanzierung aussehen soll.

 

 

Trotzdem gibt es bereits eine muntere rot-grüne Renten-Kakophonie über Rente mit 67, Abschlagsfaktor, Bürgerversicherung...

 

Alle würden gut daran tun, den einen Monat Prüfung noch abzuwarten, Es ist aber nicht zu verhindern, dass bei einer Sache, die alle angeht, jeder eine Meinung hat und engagiert ist.

 

 

Die Rürup-Vorschläge sind jaauch größtenteils seitMonaten bekannt.Was halten Sie zur Senkung des Rentenniveaus von 48 auf 40,1Prozent 2030?

 

Wichtig ist nicht die Frage des Rentenniveaus, sondern die der realen Renten. Und da geht aus dem Bericht hervor, dass der Beitrag stabilisiert werden kann und die Renten in den nächsten Jahren weiter steigen können - nur langsamer als geplant. Ein Bestandteil unserer Vorschläge wird ein Nachhaltigkeitsfaktor sein. Das hat die SPD auf ihrem Parteitag beschlossen und die Kommission schlägt ihn auch vor. Das deutsche System der Rentenversicherung ist erfolgreich gewesen. Wir müssen es jetzt krisenfest gestalten. Klar ist, dass die Jüngeren eine weitere private Vorsorge treiben müssen.

 

 

Die Riester-Rente als verpflichtende Vorsorge - was halten Sie davon?

 

Ich bin davon nicht überzeugt. Jemand, der eine betriebliche Rente hat, ist nicht schlechter gestellt, als jemand, der direkt eine Riester-Rente vereinbart, Zusammen betrachtet haben bereits sehr viele ein zweites Standbein neben der gesetzlichen Rente.

 

 

Bleibt es 2004 bei 19,5 Prozent Beitragssatz?

 

Ich bin kein Rentenmathematiker. Wir haben das politische Ziel, die Beiträge 2004 stabil zu halten. Ich bin ziemlich optimistisch, dass es gelingt.

 

 

Gesundheit-, Renten- und Arbeitsmarktreform - geht es da gerecht zu im Sinne der SPD?

 

Die Reformen sind richtig und wichtig, damit der Sozialstaat in Zukunft funktioniert. Wer Hilfe braucht, soll sich auf den Sozialstaat verlassen können. Gleichzeitig sorgen wir für eine Balance zwischen Beiträgen und Leistungen, damit die Schaffung von Arbeitsplät­zen nicht behindert wird. Das ist eine schwierige Gestaltungsaufgabe für eine solidarische und gerechte Gesellschaft?

 

 

Was ist für die Schröder/Scholz-SPD noch gerecht?

 

Die SPD besteht aus 700 000 Mitgliedern, nicht aus Parteichef und Generalsekretär. Gerechtigkeit ist eines der zentralen Themen der SPD, für das wir immer eingetreten sind. Wir haben viel für soziale Gerechtigkeit erreicht. Jetzt müssen wir das Augenmerk auf die ungelösten Aspekte der Gerechtigkeit lenken. Es ist ein Skandal, dass es nach wie vor vom Elternhaus abhängt, ob jemand studieren kann. Nur knapp zehn Prozent aus Elternhäusern mit geringem Einkommen studieren. Übrigens braucht auch, wer eine Stelle als Arbeiter sucht, eine bessere Bildung als früher. Wir müssen ganz früh in Kinder investieren, damit sie Bildungschancen haben und wir so gegen die

größte Ungerechtigkeit - Arbeitslosigkeit ‑ vorgehen.

 

 

Wann kommt die SPD aus dem 30-Prozent-Tief heraus?

 

Wir haben eine anstrengende Reformstrecke vor uns. Vieles muss gleichzeitig angepackt werden. Die Menschen wissen, dass weitreichende Reformen nötig sind, haben aber zugleich verständliche sorgen wegen einzelner Regelungen. Ich bin sicher: Wenn wir in diesem Herbst die großen Vorhaben zustande gebracht haben werden wird die Zustimmung zu unserer Politik wieder steigen. Wenn wir den Mut zu Reformen haben, werden wir auch wieder gewählt.

 

 

Das Interview führte Christoph Slangen.