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05.02.2010

Interview mit der BILD-Zeitung

BILD: Beim Neujahrsempfang der SPD-Fraktion im Rathaus ist Ihnen der Kragen geplatzt. Wie sehr nerven Sie die Skandale um den Abgeordneten Bülent Ciftlik?

 

Scholz: Mein Zorn vom Neujahrsempfang ist noch nicht verraucht. Den Stimmzetteldiebstahl haben wir jetzt politisch aufgearbeitet. Und ich hoffe, dass die Justiz die noch laufenden Verfahren schnell mit eindeutigen Entscheidungen beendet. Wir wollen Klarheit. Wenn wir die haben, werden wir auch sehr schnell die nötigen Konsequenzen ziehen.

 

BILD: Seit dem Stimmenklau-Skandal 2007 macht die SPD Negativ-Schlagzeilen. Wie wollen Sie das ändern?

 

Scholz: Wir werden unsere letzten noch offenen innerparteilichen Probleme überzeugend lösen. Es wird glasklare Entscheidungen geben. Ich kenne kein Pardon. Und wir sind längst dabei, den Hamburgern deutlich zu machen wie schlecht sie gegenwärtig regiert werden und dass die SPD es besser kann. Der Senat kann offensichtlich nicht mit Geld umgehen, Beispiel HSH-Nordbank, Beispiel Bauprojekte. Der Senat kümmert sich nicht genug um die Wirtschaft und den Hafen. Die innere Sicherheit ist nicht in guten Händen, an den Polizei-Kommissariaten fehlen genügend Leute. Und in der Schulpolitik ist der Senat mit seiner überheblichen Idee, das Elternwahlrecht abzuschaffen, auf die Nase gefallen. Wir haben die Stadt über 40 Jahre gut geführt und wollen es nach 2012 wieder tun. Ich will zeigen, dass die SPD wieder die Hamburg-Partei ist, die sie früher war.

 

BILD: Früher hatte die SPD auch mal über 50 Prozent. Davon sind sie meilenweit entfernt.

 

Scholz: Unser wichtigstes Wahlziel wird sein, wieder stärkste Partei zu werden.

 

BILD: Mit wem wollen Sie regieren?

 

Scholz: Es geht bei der Regierungsbildung um die Zukunft der Stadt und nicht um Koalitionen. Klar ist aber auch, dass die Grünen uns am nächsten stehen. Die Koalition mit den Grünen, die wir 1997 bis 2001 hatten, hat sehr gut funktioniert und die Stadt vorangebracht.

 

BILD: Wollen sie Bürgermeister-Kandidat werden?

 

Scholz: Wir haben in der Partei einen klaren Fahrplan festgelegt. Zunächst werden wir innerparteilich unser politisches Programm diskutieren und beschließen und unsere politischen Vorstellungen und Ziele den Bürgerinnen und Bürgern vorstellen und mit ihnen darüber diskutieren. 2011 werden wir dann den Bürgermeister-Kandidaten wählen.

 

BILD: Sie planen für Ende des Monats einen Programm-Parteitag. Was soll da beschlossen werden?

 

Scholz: Mit diesem Parteitag beginnt eine Reihe von Programm-Parteitagen. Am Monatsende geht es um die Probleme Wohnungsbau und Mieten. In diesem Jahr wird die Zahl der Sozialwohnungen in Hamburg erstmals unter 100 000 fallen. Vor fast zehn Jahren, als die CDU die Regierung übernahm, waren es noch 150 000. Die CDU-geführten Senate haben den Wohnungsbau sträflich vernachlässigt. Deshalb explodieren jetzt auch die Mieten. Hamburg droht eine neue Wohnungsnot, wenn nicht jährlich mindestens 5000 neue und bezahlbare Wohnungen gebaut werden.

 

BILD: Der Senat hat derzeit einen schlechten Lauf. Die Problemthemen HSH Nordbank, Elbphilharmonie und Schulreform sind ungelöst. Wieso schlägt die SPD daraus kein Kapital?

 

Scholz: Wir freuen uns nicht über die Fehler der Regierung, weil sie der Stadt schaden. Insofern schlagen wir aus ihnen auch kein Kapital. Und vergessen Sie nicht: Wenn Hamburg schlecht regiert wird, müssen wir uns auch mit den Folgen herumschlagen, wenn wir 2012 wieder Regierungsverantwortung übernehmen.

 

BILD: Sind Sie für einen Elbphilharmonie-Untersuchungsausschuss?

 

Scholz: Das wird die Fraktion entscheiden. Die Kostensteigerungen sind exorbitant und müssen geprüft werden. Vor allem aber will ich wissen, ob der Senat diese Kosten hätte von Anfang an kennen können. Meine Forderung für die Zukunft ist: Die Elbphilharmonie muss ein Konzerthaus für alle sein. Jeder Schüler muss sie mindestens einmal kostenlos besuchen können.

 

BILD: Wer ist für das Desaster verantwortlich?

 

Scholz: Der politisch Verantwortliche ist immer der Regierungschef, also der Bürgermeister. Er kann die Verantwortung nicht auf eine Senatorin abschieben.

 

BILD: Wie steht die SPD zur geplanten Stadtbahn?

 

Scholz: Die Stadtbahn war unsere Idee. Die ersten Planungen dafür wurden gemacht, als wir mit der GAL regierten. Aber eine gute Idee allein reicht nicht. Das Projekt muss auch finanziert werden. Der Senat weigert sich, die Kosten offenzulegen. Das ist angesichts all der Bauprojekte, deren Kosten dem Senat aus dem Ruder laufen, ziemlich verantwortungslos. Hamburg hat schließlich enorme finanzielle Probleme.

 

BILD: Braucht die Stadt eine Umweltzone in der City?

 

Scholz: Umweltzonen dürfen nicht von oben verordnet werden. Bei so einem Projekt muss mit allen Betroffenen gesprochen werden. Bürgernähe ist gefragt. Dann bleiben einem solche Patzer wie die Senatspläne zur Verlegung des Public Viewing vom Heiligengeistfeld erspart.