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26.03.2011

Interview mit der Bild-Zeitung zur Bildung des Senats

BILD: Wir erinnern uns an den Wahlabend, als Sie nach Ihrem großen Sieg in der Fabrik” auf der Bühne standen. Es sah so aus, als würden Sie sich kein bisschen freuen. Täuschte dieser Eindruck?

Scholz: Es war für mich ein sehr emotionaler Moment. Aber ich bin nicht der Meinung, dass man einen Wahlerfolg wie den Sieg seiner Fußballmannschaft feiern sollte. Dieser Wahlsieg bedeutet für mich einen sehr respektgebietenden Auftrag, nämlich für die Stadt und ihre Bürgerinnen und Bürger zu arbeiten.”

BILD: Sie haben die Rücknahme der von Schwarz-Grün beschlossenen Erhöhung der Kita-Gebühren angekündigt. Wir hören, dass in den Behörden schon an einer entsprechenden Rechtsverordnung gearbeitet wird. Stimmt das?

Scholz: Das ist richtig. Die rechtlichen Voraussetzungen müssen jetzt schnell geschaffen werden, damit die Gebühren im August gesenkt werden können.”

BILD: Bekommen die Eltern, die seit letztem August die höheren Beiträge zahlen, Geld zurück?

Scholz: Das geht nicht. Wir haben versprochen, die Elternbeiträge wieder zu senken. Dieses Versprechen wird jetzt zügig eingelöst.”

BILD: Sie haben den Senat von neun auf zehn und die Zahl der Staatsräte von 14 auf 15 erhöht. Wie passt das zu Ihrem Sparprogramm?

Scholz: Das passt. Die neue Behörde und die neu zugeschnittenen Behörden werden effektiver arbeiten als bisher. Im Moment bedeutet die Erweiterung des Senats höhere Personalkosten, langfristig aber wird die bessere Verwaltung Kosten sparen.”

BILD: Ihre Senats-Mannschaft setzt sich überwiegend aus Hamburger SPD-Politikern zusammen. Der allgemein erwartete große Wurf ist es nicht...

Scholz: Da bin ich anderer Meinung. Ich habe zwei sehr kompetente Parteilose in den Senat berufen, eine angesehene Gesundheitsmanagerin aus dem Bundesgebiet geworben und hochqualifizierte Hamburger Politiker ernannt. Alle sind erstklassige Besetzungen. Ich bin fest davon überzeugt, dass sich die Senatorinnen und Senatoren schnell auch national einen Namen machen werden.”

BILD: Der Staatshaushalt soll in den nächsten Jahren pro Jahr nur um ein Prozent wachsen, weniger als die voraussichtliche Inflationsrate. Wo wollen Sie sparen?

Scholz: Wir werden vor allem die Verwaltung verschlanken.”

BILD: Verschlanken heißt im Klartext Personalabbau...

BILD: Anders geht es nicht. Schon im Wahlkampf habe ich gesagt, dass wir im Rahmen der Personalfluktuation jährlich 250 Stellen abbauen wollen. Das bedeutet, dass nicht alle Stellen wieder besetzt werden, wenn Leute in Pension oder Rente gehen oder aus anderen Gründen ausscheiden.”

BILD: DGB-Chef Grund lehnt Ihre Sparpläne ab, fordert stattdessen eine Reichensteuer. Wie stehen Sie zur Wiedereinführung der Vermögenssteuer?

Scholz: Ich bin dafür. Aber das ist Sache des Bundes. Dort sehe ich aber derzeit keine Mehrheit. Deshalb muss ich den Haushalt an der Realität ausrichten, die heute gilt.”

BILD: Sie wollen pro Jahr 6000 neue Wohnungen bauen. Wo?

Scholz: Überall in der Stadt.”

BILD: Denken Sie auch an Mietwohnungen in Niendorf oder Harvestehude?

Scholz: Wo Baumöglichkeiten sind, werden sie genutzt. Das hat nichts mit dem Stadtteil zu tun.”

BILD: In den vergangenen Jahren wurden zahlreiche Bauprojekte durch Bürgerentscheide in den Bezirken verzögert oder ganz verhindert. Meinen Sie, dass das in Zukunft anders wird?

Scholz: Wir werden die von Bauprojekten Betroffenen frühzeitig informieren und in die Planung einbinden. Ich habe den Eindruck, dass viel Protest entstanden ist, weil sich die Leute überrollt fühlten. Der Senat wird eng mit den Bezirken und die werden wiederum eng mit den Bürgerinnen und Bürgern vor Ort zusammenarbeiten.”

BILD: Die Elbphilharmonie ist ein Fass ohne Boden. Jetzt haben Sie das Kosten-Controlling selbst übernommen. Wie wollen Sie die Kostenexplosion stoppen?

Scholz: Zunächst werden wir feststellen, welche weiteren Kosten noch zu erwarten sind. Ich befürchte seit langem, dass die Elbphilharmonie noch teurer wird, als bisher schon gedacht. Mal sehen.”

BILD: Sie wollen den öffentlichen Nahverkehr ausbauen, unter anderem mehr Busspuren. Wollen Sie die Autofahrer verdrängen?

Scholz: Von solchen Konzepten halte ich nichts. Ich bin kein Auto-Feind, habe auch privat ein Auto. Klar ist: Je mehr Leute Busse und Bahnen benutzen, desto weniger verstopfen mit den Autos die Straßen, zum Beispiel auf dem Weg zur Arbeit. Um noch mehr Autofahrer zum Umsteigen auf Busse zu bewegen, müssen wir den Nahverkehr attraktiver machen, beispielsweise indem wir die Busse schneller machen.”

BILD: Planen Sie eine City-Maut oder Umweltzonen?

Scholz: Nein.”

BILD: In Hamburg werden täglich drei Polizisten im Dienst gewalttätig angegriffen. Was wollen Sie dagegen tun.

Scholz: Angriffe auf Polizeibeamte sind nicht hinnehmbar. Ich bin für härtere Bestrafung und unterstütze die Strafrechtsänderung, die bereits im Gesetzgebungsverfahren ist. Außerdem prüfen wir Möglichkeiten, Polizeibeamten, die durch Gewalttäter zu Schaden kommen, besser zu helfen.”

BILD: Sie haben gesagt, dass die Rote Flora so bleiben soll, wie sie ist. Jetzt will der Besitzer Kretschmer sie loswerden. Kaufen Sie?

Scholz: Da ist nichts entschieden. Es besteht auch keine Eile. Jetzt endet nur das vertragliche Verkaufsverbot. Aber die vertragliche Bestimmung, dass die Immobilie Stadtteilzentrum bleiben muss, gilt weiter.

BILD: Was passiert mit dem Gängeviertel?

Scholz: Wir werden mit den Nutzern einen Vertrag abschließen.”