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01.09.2013

Interview mit der BZ

BZ: Herr Scholz, welche Themen werden bei der Bundestagswahl in den großen Städten entscheidend sein?

Olaf Scholz: Das Thema Wohnen steht in den Städten ganz oben auf der Tagesordnung. Immer mehr Bürgerinnen und Bürger ziehen in die Metropolen, überall steigen die Mieten, weil wie in Hamburg der Wohnungsbau zehn Jahre lang vernachlässigt wurde. Besonders der soziale Wohnungsbau muss wieder eine größere Bedeutung bekommen. Hierbei muss sich der Bund stärker beteiligen. Auch Normal- und Geringverdiener müssen sich eine Wohnung in einer guten Umgebung leisten können.

BZ: Gibt es ein Recht auf Wohnen in besten Lagen?

Olaf Scholz: In Hamburg haben wir praktisch keinen Leerstand. Es gibt kaum freie Wohnungen. Wir müssen in den Neubau investieren in sämtlichen Lagen. Gleichzeitig müssen wir dafür sorgen, dass die Mieten bei Neuvermietungen nicht außerordentlich steigen. Das zweite große Thema in den Städten ist die Kinderbetreuung. Die müssen wir noch weiter ausbauen, bei möglichst geringen Gebühren oder wie nächstes Jahr in Hamburg ohne Gebühren für das Standardangebot.

BZ: Wie will die SPD die Mieter vor den Kosten der energetischen Gebäudesanierung schützen?

Olaf Scholz: Fest steht, dass die Energieersparnis die Mieterhöhung oftmals bei weitem nicht auffängt. Deshalb müssen wir die Gebäudesanierung mit Zuschüssen fördern. Denn die können die Vermieter nicht auf die Mieter umlegen. Die Förderung über Steuererleichterungen für die Vermieter ist der falsche Weg. Sie setzt falsche Anreize und führt zu Mieterhöhungen. Aber auch die steigenden Strompreise machen das Wohnen teurer. Diese Entwicklung bereitet vielen Bürgerinnen und Bürgern zu Recht Sorgen.

BZ: Trotzdem lehnt die SPD die Energiepreisbremse von CDU-Umweltminister Altmaier ab.

Olaf Scholz: Das war keine Energiepreisbremse, das war eine Pressekonferenz. Das Konzept war nicht durchdacht und hätte nicht funktioniert. Was sofort helfen würde, wäre eine Absenkung der Stromsteuer, wie sie die SPD vorschlägt. Im Übrigen hat dieser unüberlegte Vorstoß zu großer Verunsicherung und Verzögerungen beim Ausbau der Offshore-Windparks geführt ein echter Bärendienst für die Umsetzung der Energiewende.

BZ: Mietpreisbremse, Energiepreis, Mindestlohn: Die CDU hat all Ihre Themen geklaut. Sauer?

Olaf Scholz: Im Gegenteil: Ich bin begeistert. Denn während die CDU das alles gut zu finden beginnt, hat die SPD sich bereits auf den Weg gemacht und kann mit schlüssigen Konzepten aufwarten. Wenn man genauer hinschaut, merkt man auch, wie wenig sich hinter den Aussagen der CDU verbirgt. Beim Thema gesetzlicher Mindestlohn zum Beispiel garantiert nur die SPD, dass wirklich niemand mehr für weniger als 8,50 Euro arbeiten muss.

BZ: Warum steht die SPD dann so schlecht da? Gab es zu viele Querschüsse aus den eigenen Reihen? Steinbrück hat von der SPD-Führung öffentlich Loyalität eingefordert.

Olaf Scholz: Ich bin seit 1975 in der SPD und schon sehr lange Teil ihrer Führung. Gemessen an anderen Zeiten ist die SPD heute geschlossen. Wir werben gemeinsam für unser Wahlprogramm und werden damit ein gutes Ergebnis erzielen.

BZ: Ist Rot-Rot-Grün für Sie eine Option?

Olaf Scholz: Rot-Rot-Grün kommt nicht in Betracht. Das haben wir ausgeschlossen, aus Gründen der politischen Programmatik. Die Partei Die Linke ist nicht geeignet, den Staat mit der größten Volkswirtschaft Europas zu regieren. Sie ist nicht in der Lage die Verantwortung zu tragen, die Deutschland in der Welt und in Europa hat.

BZ: Garantieren Sie das für die gesamte Legislaturperiode?

Olaf Scholz: Meine Aussage ist klar. Rot-Rot-Grün kommt nicht in Betracht.

BZ: Sie gelten als nüchterner, unglamouröser Politik-Arbeiter. Das galt früher wenig. Heute, siehe auch Angela Merkel, steht dieser Stil beim Bürger im Kurs.

Olaf Scholz: Ich bin so, wie ich bin, und habe mich nie verstellt. Politik muss sich selbst ernst nehmen, denn in der Politik geht es um ernste Dinge. Ich halte es für wichtig, dass Politiker das stets deutlich machen. Wenn die Wähler davon ausgehen, dass wir uns die größte Mühe geben, kann man viel Zustimmung bekommen.

BZ: Mit Ihrer Art erscheinen Sie als Gegenentwurf zu Klaus Wowereit.

Olaf Scholz: Kleine Unterschiede machen den Reichtum unseres Lebens aus. Mein Freund Klaus Wowereit ist ein guter Bürgermeister, der ja schon eine beeindruckend lange Amtszeit aufweisen kann und der gezeigt hat, dass er mit schwierigen Problemen fertig werden kann.

BZ: Wie klingt arm, aber sexy in Ihren Hamburger Ohren?

Olaf Scholz: Das ist ein super Spruch, und er hat seine Wirkung gehabt. Inzwischen wird ein zu großes Ding daraus gemacht.

BZ: Stichwort BER und Elbphilharmonie. Warum laufen große Bauprojekte fast immer aus dem Ruder?

Olaf Scholz: Bei der Elbphilharmonie wurde losgebaut, bevor man geplant hat. Ich bin überzeugt: Bei großen Projekten müssen wir ganz am Anfang viel Geld für eine gründliche Planung in die Hand nehmen. In Hamburg hat der neue Senat das Prinzip kostenstabiles Bauen entwickelt. Das heißt: Wir investieren Geld und Zeit, bevor wir entscheiden, ob wir das entsprechende Projekt wirklich angehen. Das erfordert politischen Mut, weil es auch sein kann, dass man viel Geld für Planung ausgegeben hat, aber dann doch zum Schluss kommt, dass das Projekt zu teuer wird. Aber auf lange Sicht ist es besser und billiger so. Bei der Sanierung unseres Kongresszentrums gehen wir jetzt genau so vor.

 

Das Interview führte  Ulrike Ruppel.

Das Interview in der BZ