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24.09.2011

Interview mit der Frankfurter Rundschau

 

Herr Scholz, die Kanzlerin hat kürzlich das Kurzarbeitergeld als besondere Leistung der großen Koalition während der Krise 2009 gelobt. Hat Sie sich bei Ihnen schon für die Idee bedankt?

 

Ich habe nicht das Bedürfnis, dass jemand kommt und Danke sagt. Es ist offensichtlich, dass es eine gute Entscheidung war, Hunderttausende von Arbeitsplätzen mit der Kurzarbeit zu retten. Es gibt inzwischen ja viele Staaten, die das nachmachen. Das rückwirkende Lob der Kanzlerin für die Kurzarbeit ist ein klares Zeichen dafür, dass der intellektuelle Beitrag sozialdemokratischer Minister und das gilt ja nicht nur für mich, sondern auch für Peer Steinbrück und Frank-Walter Steinmeier - in der Krisenbewältigung unverzichtbar war.

 

Dieser Beitrag fehlt Schwarz-Gelb in der Schuldenkrise?

 

Ich empfinde das gleiche wie viele Bürgerinnen und Bürger: Ein klarer Kurs ist nicht erkennbar. Das ist bedrückend.

 

Brauchen wir Neuwahlen?

 

Die Regierung soll ihre Aufgaben machen. Allerdings muss sie in unserem parlamentarischen System, wo das Parlament den Regierungschef wählt, auch in wichtigen Fragen im Bundestag eine eigene Mehrheit haben.

 

Wäre angesichts der Dimension der Krise aus Staatsräson nicht ein neuerliches Bündnis von Union und SPD wünschenswert?

 

Wir haben eine Krise der Regierung, und es wäre eine narzisstische Täuschung, wenn die Mitglieder der Regierung ihre Krise mit einem Staatsnotstand verwechseln würden. Eine Lage, in der eine große Koalition notwendig ist, weil es sonst nicht mehr weitergeht, ist derzeit nicht erkennbar.

 

Von der Schwäche der Regierung profitiert die SPD bislang eher bescheiden. Was kann die Bundes-SPD von dem strahlenden Hamburger Wahlsieger lernen?

 

Es ist nicht Sache der Hamburger, andere aufzufordern, von Ihnen zu lernen.

 

Hanseatisch gefragt: Was machen Sie nicht ganz falsch?

 

Die Hamburger SPD steht für eine pragmatische Politik. Wir haben ordentliche Politik versprochen, und wie ich höre, überzeugt das die Bürger auch. Es gibt ein Bedürfnis nach solider Handwerksarbeit und Seriosität im Regierungshandeln. Im Übrigen kennzeichnet uns ein Pragmatismus gerade in wirtschaftlichen Fragen, und wir kümmern uns um die wichtigsten Zukunftsthemen: Bildung, Wissenschaft, Wirtschaft und Wohnungsbau.

 

Wie zufrieden sind Sie mit der bisherigen programmatischen Neuaufstellung der SPD?

 

Ich finde beruhigend, wie wenig aufgeregt unsere Diskussionen ablaufen und dass alle wissen: Am Ende müssen alle programmatischen Vorstellungen zusammenpassen. Auch eine gerechte Besteuerung lässt die Bäume nicht in den Himmel wachsen. Deshalb werden wir nicht jede wünschenswerte Idee finanzieren können. Ich habe den Eindruck, das verstehen viele in der SPD.

 

Beim Steuerkonzept hatten Sie alternativ zu dem jetzt vom Parteivorstand favorisierten Spitzensteuersatz von 49 Prozent einen Spitzensatz von 45 Prozent plus einer Reichensteuer von drei Prozent ins Gespräch gebracht. Wäre das besser vermittelbar?

 

Es gibt in Deutschland einen breiten Konsens darüber, dass bei der Besteuerung derjenigen, die sehr hohe Einkünfte haben, etwas geschehen muss. Sie müssen schon wegen der Haushaltskonsolidierung einen höheren Beitrag zur Finanzierung öffentlicher Aufgaben leisten als heute. Eine moderate Erhöhung findet sogar die Zustimmung bei vielen Bürgern mit solchen Einkommen. Man kann dieses Ziel auf verschiedene Weise erreichen. Das Konzept mit dem dreiprozentigen Steueraufschlag entstammt unserem Wahlprogramm. Vom Aufkommen gibt es bei beiden Vorschlägen keinen großen Unterschied.

 

Wird es beim Parteitag darüber Streit geben?

 

Das glaube ich nicht. Und ich erwarte auch keine aufgeregte Debatte. Wichtig ist, dass man nicht überzieht.

 

Ein Thema bei dem Delegiertentreffen wird auch die Parteireform sein. Im verkleinerten 35-köpfigen Vorstand sollen nach dem Willen von Sigmar Gabriel 15 Prozent Migranten sitzen. Sind solche Quoten sinnvoll?

 

Wir reden nicht über eine Quote, sondern über eine politische Selbstverpflichtung derjenigen, die Kandidaten aufstellen. Das halte ich auch für sinnvoll.

 

Die Parteistatuten werden also nicht geändert?

 

Nein, das ist dazu nicht nötig.

 

Und wird die SPD die Selbstverpflichtung einhalten?

 

Das ist eine ehrgeizige Aufgabe. Alle werden sich darum kümmern, dass das Ziel erreicht wird.

 

Welches Profil muss der Kanzlerkandidat der SPD haben?

 

Es muss jemand sein, von dem jeder sich vorstellen kann, dass er Kanzler dieser Republik ist und seine Arbeit ordentlich macht. Und er muss eine Reputation haben, die dazu führt, dass viele sich auch seinetwegen für die SPD entscheiden.

 

Muss er Wahlen gewonnen haben?

 

Er muss die Wahl gewinnen.

 

Dazu muss er keine Wahlen gewonnen haben?

 

Wir schauen immer nach vorne. Das unterscheidet uns von dem einen oder anderen Ratgeber.

 

Wird die SPD-Troika Ende 2012 unter sich ausmachen, wer Kandidat wird?

 

Spitzenkandidat wird der, von dem sich die Partei den größten Erfolg verspricht. Wer das ist, findet niemand in einem Hinterzimmer heraus. Das liegt dann in der Luft.

 

Dann gibt es keine Urwahl?

 

Ich rechne nicht damit, dass mehrere Kandidaten gegeneinander antreten.

 

 

> das Interview auf der Website der Frankfurter Rundschau