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01.11.2010

Interview mit der taz

taz: Herr Scholz, als Sie vor einem Jahr Vorsitzender der Hamburger SPD wurden, haben Sie der zerstrittenen Partei "Führung" angedroht. Haben Sie Ihr Wort gehalten?

 

Olaf Scholz: Ich denke schon. Das zeigen auch die Umfragen, die uns Wahlergebnisse um die 40 Prozent prophezeien. Die SPD wird von den Menschen wieder als Hamburg-Partei akzeptiert, die sich um die Stadt kümmert, anstatt sich zu streiten.    

 

taz: Dann schauen wir in die Zukunft: Am nächsten Samstag will die SPD auf einem Themen-Parteitag sich der "Beruflichen Bildung" widmen. Ist das ein Eingeständnis eines programmatischen Defizits?  

 

Scholz: Wir wollen uns intensiv mit zentralen Herausforderungen in dieser Stadt beschäftigen. Berufliche Bildung spielt da eine ganz wichtige Rolle. Unser Ziel muss sein, dass niemand weniger hat als einen Berufsabschluss oder das Abitur. Wir brauchen bei der Bildung und besonders der Berufsbildung einen Blickwechsel: Es reicht nicht, gute Ausbildung anzubieten, sie muss auch für jede und jeden erreichbar sein. Darüber wollen wir auf diesem Parteitag diskutieren.    

 

taz: Bei diesem Thema gibt es keine internen Differenzen. Ist das nur ein Showkongress, um der Öffentlichkeit zu demonstrieren, wie einig die SPD ist?

 

Scholz: Nein, so soll es nicht sein. Es geht nicht um Sprüche klopfen, sondern darum, in der Debatte handfeste Konzepte zu erarbeiten. Auch auf den beiden anderen Parteitagen Anfang 2011 über "Wirtschaft und Hafen" sowie " Wohnen und Stadtentwicklung". Dass wir in Hamburg Wohnungsnot haben, weil vor neun Jahren die CDU-geführten Senate den Wohnungsbau eingestellt haben, ist mittlerweile leider stadtbekannt. Dieses große Problem, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, müssen wir lösen. Und der Hafen ist das Herzstück der Hamburger Wirtschaft und damit immer eine Zukunftsfrage von eminenter Bedeutung.    

 

taz: Also doch inhaltliche Defizite ausbügeln?  

 

Scholz: Es geht selbstverständlich um die programmatische Aufstellung der SPD zur nächsten Bürgerschaftswahl und für die Zeit danach. Und immer mit dem Vorsatz: Was wir vorher versprechen, wollen wir auch hinterher tun. Nur so hat Politik Zukunft, weil die Menschen genau das von einer Partei erwarten.    

 

taz: Bei so vielen Unklarheiten müssen Sie froh sein, dass Schwarz-Grün weiter macht und es jetzt keine Neuwahl gibt?  

 

Scholz: Wir hätten uns freudig einer Wahl gestellt. Aber der schwarz-grünen Koalition fehlte dazu der Mut, jetzt quält sich der Senat noch 16 Monate vor sich hin. Für Hamburg ist das schlecht.  

 

taz: Sie spekulieren auf eine Wechselstimmung bei der regulären Neuwahl im Februar 2012?  

 

Scholz: Da muss man nicht spekulieren, die ist zum Greifen in dieser Stadt.    

 

taz: Haben Sie keine Angst vor der angekündigten Partei des Walter Scheuerl?  

 

Scholz: Nein. Die SPD wird denjenigen gute Angebote machen, die von der schwarz-grünen Koalition enttäuscht sind. Dafür wollen wir gewählt werden, auf andere schauen wir nicht.  

 

taz: Für die absolute Mehrheit wird es kaum reichen. Ihre bevorzugte Koalition wäre Rot-Grün?  

 

Scholz: Ja. Die GAL ist immer noch die Partei, mit der die SPD die meisten Schnittmengen hat.

 

taz: Trotz ihrer Koalition mit der CDU?  

 

Scholz: Die GAL hat selbstverständlich das Recht, auch mit der CDU zu koalieren. Das hat die SPD im Bund und in anderen Ländern auch gemacht. Für die Ergebnisse dieser Regierungszeit aber ist sie selbst verantwortlich.    

 

taz: Wird unter einem rot-grünen Senat die Stadtbahn gebaut?  

 

Scholz: Unsere Position ist unverändert: Die Stadtbahn ist ökologisch sinnvoll. Aber es muss geprüft werden, ob wir sie uns leisten können, und damit ist das gesamte Netz gemeint, nicht nur die erste Teilstrecke. Diese Frage ist noch offen, weil auch der Zuschuss des Bundes noch offen ist.

 

taz: Sie wollen also belastbare Zahlen, und wenn die positiv sind, würde gebaut?

 

Scholz: Wie gesagt: Die Stadtbahn ist eine gute Idee. Aber was wir uns nicht leisten können, können wir uns nicht leisten.    

 

taz: Sie reden schon wie ein Hamburger Bürgermeister.  

 

Scholz: Ein sozialdemokratischer Bürgermeister wäre ganz gut für Hamburg.    

 

taz: Und der heißt Scholz?  

 

Scholz: Über die Spitzenkandidatur entscheidet die SPD auf einem Parteitag am 3. September 2011.

 

 Das Interview führte Sven-Michael Veit. Sie finden das Interview auch auf der Homepage der taz.