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13.07.2009

Interview mit Die Rheinpfalz

Die Rheinpfalz: Bei Ihrem Besuch im Rhein-Pfalz-Kreis in der vergangenen Woche haben Sie auch mit Landwirten gesprochen. Die haben in der Vergangenheit immer wieder über fehlende Saisonarbeitskräfte geklagt. Wie stellt sich derzeit die Situation dar? 

 

Scholz: In dem Gespräch bestätigte sich, dass die Lage sich deutlich entspannt hat. Zum einen haben wir die rechtlichen Regelungen verändert. Es gibt jetzt die Möglichkeit, Saisonarbeitskräfte bis zu sechs Monate zu beschäftigen. Wir haben zudem Abkommen mit anderen Ländern innerhalb der EU über die Anwerbung von Arbeitskräften für diese Tätigkeit geschlossen, für die sich in Deutschland kaum jemand findet.  

 

Die Rheinpfalz: Wie wird sich die wirtschaftliche Lage in Deutschland entwickeln? 

 

Scholz: Mit Prognosen sollten wir vorsichtig sein. Aber die allermeisten, die sich mit der wirtschaftlichen Entwicklung beschäftigen, gehen davon aus, dass es spätestens im kommenden Jahr wieder etwas aufwärts gehen wird. Wir werden dann sicherlich nicht gleich wieder in eine Boomphase eintreten. Das anzunehmen, wäre völlig falsch. Aber ich erwarte doch eine Lage, in der es sich für die Unternehmen lohnt, durchzuhalten und an ihren Mitarbeitern festzuhalten.  

 

Die Rheinpfalz: Wagen Sie denn eine Prognose zur Entwicklung der Arbeitslosigkeit? 

 

Scholz: Über Zahlen, die man nicht durch Beschluss festlegen kann, soll man keine Vorhersagen machen. Aber immerhin ist die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt, anders als in vielen anderen Ländern, besser, als dies die düsteren Prognosen von Anfang des Jahres vorhergesagt haben. Mein Ehrgeiz ist es, dass wir weiter besser bleiben als die schlechten Prognosen. Die Möglichkeiten dazu haben wir.  

 

Die Rheinpfalz: Derzeit werden Mutmaßungen laut, das dicke Ende auf dem Arbeitsmarkt werde nur herausgezögert bis nach der Bundestagswahl  

 

Scholz: Das ist falsch. Der Großteil der Unternehmen in Deutschland geht sehr ernsthaft mit den Mitarbeitern um. Die meisten wissen, dass das Problem des Arbeitsmarktes in den kommenden Jahrzehnten vor allem der Mangel an qualifizierten Arbeitskräften sein wird. Anders als in früheren Krisen scheinen viele verstanden haben, dass es ein Fehler ist, sich in einer schwierigen Situation von den eigenen Arbeitskräften zu trennen.

 

Die Rheinpfalz: Welchen Einfluss hat die Kurzarbeit darauf, dass es am Arbeitsmarkt bisher glimpflich abgeht? 

 

Scholz: Es war richtig, dass ich schon im Dezember die Entscheidung getroffen habe, die Kurzarbeit nicht nur sechs Monate sondern länger zu fördern und die Unternehmen bei den Kosten massiv zu entlasten. Wir sind jetzt bei 24 Monaten. Zudem haben wir die Bedingungen für die Kurzarbeit laufend verbessert. Die Folge ist, dass jedes Unternehmen, das seine Mitarbeiter bald wieder braucht, besser und wahrscheinlich sogar wirtschaftlicher fährt, wenn es nicht entlässt. Bisher scheint es so, als hätten wir damit die richtige Entscheidung getroffen.

 

Die Rheinpfalz: Lässt sich das in Zahlen ausdrücken? 

 

Scholz: Wir haben derzeit weit über eine Million Arbeitnehmer in Kurzarbeit. Wenn man einmal davon ausgeht, dass dadurch im Schnitt etwa ein Drittel der Arbeitszeit ausfällt, hat das rechnerisch ein paar hunderttausend Arbeitsplätze gerettet. Das geben ja auch die Arbeitsmarktdaten wieder. Kurzarbeit ist sicher eine der wirksamsten Maßnahmen zur Bekämpfung der Krise. Das belegt übrigens auch das große Interesse der Arbeitsminister aus anderen Ländern an diesem Instrument.

 

Die Rheinpfalz: In der Kurzarbeit besteht für die Unternehmen auch die Möglichkeit, ihre Mitarbeiter zu qualifizieren, was wiederum gefördert wird. Wie wird dieses Angebot angenommen? 

 

Scholz: Was die Qualifizierung betrifft, so gibt es mehrere Angebote. Wir wollten den Unternehmen und ihren Mitarbeitern die Möglichkeit geben, freie Zeit während der Krise sinnvoll zu nutzen. Es gibt einige gute Beispiele, aber wir haben das Potential noch längst nicht ausgeschöpft. Ich hoffe, dass Personalleitungen und Betriebsräte gemeinsam nach Wegen suchen, um das noch auszubauen.

 

Die Rheinpfalz: Was passiert, wenn die Krise doch noch länger andauert? Haben Sie noch weitere Pfeile im Köcher? 

 

Scholz: Wir haben noch weitere Handlungsmöglichkeiten. Am Ende kommt es aber vor allem darauf an, dass es mit der Wirtschaft wieder aufwärts geht. Dafür ist Deutschland gut aufgestellt. Wir können froh sein, dass wir über eine starke industrielle Struktur verfügen. Wichtig ist, dass wir in der Krise nicht tatenlos zusehen, wie Arbeitsplätze, die eigentlich eine Zukunft haben, in Gefahr geraten. Das ist auch eine Aufgabe der Politik.  

 

Die Rheinpfalz: Können Sie die erwähnten Handlungsmöglichkeiten konkretisieren?

 

Scholz: Nein aber ich schärfe meine Pfeile.