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08.05.2009

Interview mit Klarer Kurs und Schwindelfrei

Sie wohnen in Hamburg und arbeiten in Berlin. Wie schaffen Sie das?

 

Es ist schwer, wenn man an zwei Orten arbeitet und wohnt und man muss sehr viel Zeit für die Fahrten aufwenden. Aber mir ist es wichtig, dass ich möglichst oft auch in Hamburg bin, um mit meiner Frau zusammen zu sein.  

 

Was halten Sie von Barack Obama?

 

Präsident Obama macht seine Sache gut: Ich bin froh, dass er der amerikanische Präsident ist. Er versteht, dass man nicht alleine auf der Welt handeln kann, sondern sich mit vielen anderen Ländern einigen muss. Das ist gut. Gut für die USA, aber auch gut für die Welt.

 

Wie finden Sie die Kanzlerin? Würden Sie sagen, sie macht ihre Arbeit gut oder nicht so gut und es könnte jemand anders besser machen, z.B. der Steinmeier?

 

Die Regierung arbeitet ganz ordentlich. Aber ich würde sagen, Steinmeier wäre der beste Kanzler, den man im Augenblick haben kann. Das wird keinen verwundern, das ist ja mein Freund und er ist mit mir in der SPD.

 

Was essen und trinken Sie zum Frühstück?

 

Ganz unterschiedliche Dinge. Oft gar nichts, weil ich nicht dazu komme und das erste Mal esse, wenn ich schon in einem Termin bin. Dann bin ich darauf angewiesen, was da steht. Wenn es nach mir ginge, würde ich gerne ein Brötchen essen, z.B. mit Honig oder Käse. Dazu Schwarzen Tee.  

 

Haben Sie einen Lieblingspolitiker, jemanden, den Sie besonders schätzen?

 

Es gibt viele Politiker, die ich sehr bewundert habe. Unter den Deutschen Helmut Schmidt. Der war immer sehr klar und sehr klug und er hat Mut bewiesen, als es auf Mut ankam.  

 

Würden Sie sagen, was der Schmidt getan hat, das könnte ich auch?

 

Ich will mich da gar nicht vergleichen. Ich mache meine Arbeit.  

 

Haben Sie schon einmal als Gaststar in einer Serie mitgewirkt?

 

Nein.  

 

Möchten Sie’s?

 

Ich weiß nicht, wie mein schauspielerisches Talent ist.  

 

Das könnte man ja mal ausprobieren.

 

Vielleicht käme ich ja gar nicht durchs Casting.  

 

Wollten Sie immer Politiker werden?

 

Ich bin schon mit 17 in die SPD eingetreten, weil ich etwas für die Gerechtigkeit tun wollte. Aber ich wollte nicht immer Politiker werden. Mein Berufswunsch war Rechtsanwalt und das bin ich auch geworden. Ich habe 13 Jahre lang als Rechtsanwalt gearbeitet, bevor ich mit 40 zum Bundestagsabgeordneten gewählt worden bin.  

 

Machen Sie auch Autogrammstunden?

 

Wenn ich gefragt werde, gebe ich auch Autogramme, aber ich mache keine Autogrammstunde.  

 

Ich kann mir auch vorstellen, dass Sie auch mal ein anderes Ressort übernehmen könnten nach der Wahl. Gesundheitsminister, Umwelt oder so etwas.

 

Schönen Dank, dass Sie mir das alles zutrauen, aber ich würde gerne Arbeitsminister bleiben.

 

Schreiben Sie alle Ihre Reden selber?

 

Einen Teil meiner Reden schreiben Mitarbeiter, die sich in die Sache vertiefen und es vorbereiten. Aber die meisten Reden, die ich halte, halte ich frei.  

 

Sind Sie auch schon in Werkstätten gewesen?

 

Doch, ich bin ganz oft in Werkstätten gewesen, überall in Deutschland. Ich schau mir an, was da gemacht wird, unterhalte mich mit den Beschäftigten. Ich halte es für eine wichtige Aufgabe, die zu meinem Verantwortungsbereich gehört.  

 

Was möchten Sie ändern?

 

Für mich ist das Wichtigste, dass wir dazu beitragen, dass in Deutschland behinderte und nicht behinderte Kinder miteinander zur Schule gehen.  

 

Und in der Arbeitswelt? Viele Behinderte könnten doch auch draußen arbeiten, oder?

 

Viele können tatsächlich in der Arbeitswelt arbeiten. Da sind mehr Dinge möglich, als wir das heute erleben. Darum habe ich dafür gesorgt, dass es jetzt die "Unterstützte Beschäftigung" gibt. Das soll dazu beitragen, dass jemand trotz seiner Behinderung in einer Firma oder Fabrik arbeiten kann. Wir hoffen, dass das viel Verbreitung findet.

 

Kennen Sie die Elbe-Werkstätten von innen?

 

Ich kenne die Elbe-Werkstätten. Ich habe sie mir schon mal angeguckt in den letzten Jahren. Ich bin ja schon ganz lange dabei und deshalb weiß ich auch, was da gemacht wird.  

 

Sind Sie ein Frühaufsteher oder ein Morgenmuffel?

 

Ich persönlich bin ein Morgenmuffel und komme eigentlich nicht aus dem Bett. Aber das hilft mir überhaupt nichts, weil ich seit Langem ganz früh aufstehen muss. An vielen Tagen schon um vier Uhr. Zum Glück nicht jeden Tag, aber in jeder Woche ein- oder zweimal und an den anderen Tagen nicht später als sieben.

 

Werden Sie lieber im Fernsehen interviewt als von einer Zeitung?

 

Am liebsten mag ich Live-Sendungen im Fernsehen. Wenn man live im Studio sitzt, dann sieht jeder, wie man ist und keiner kann hinterher etwas zurechtschneiden. Bei Aufzeichnungen kann es passieren, dass man 20 Minuten geredet hat, irgendjemand sucht sich ein paar Sätze aus und fügt sie in einen Zusammenhang, in den sie gar nicht passen. Wenn es bei Live-Sendungen schief geht, bin ich Schuld und wenn es gut läuft, bin ich’s auch.  

 

Wenn ich im Fernsehen sehe, wenn Ihr da alle im Kabinett sitzt, dann denk ich, ach ja, jetzt ist die Kamera da. Also: Guten Morgen, Händchen schütteln Aber dann geht die Tür zu und alle haben sich in der Wolle, dann geht’s knall auf hart. Und die Kanzlerin sitzt da und klingelt die große Glocke. Ist das nicht so?

 

Im Kabinett ist es meistens friedlich. Im Wesentlichen streiten sich die Minister, wenn sie die Gesetze vorbereiten also bevor sie im Kabinett beraten werden.  

 

Wenn Sie sich mal nicht über Politik reden, was ist dann für Sie das schönste Thema?

 

Dann rede ich über das, was mich sonst so interessiert: Über Sport, über Bücher. Es gibt viele Dinge, über die ich mit meiner Frau rede und die uns interessieren.  

 

Was fahren Sie für ein Auto?

 

Als Minister einen Audi A8, als Privatmann einen 17 Jahre alten 3er BMW.  

 

Trinken Sie auch mal, wenn Sie fahren?

 

Nein.

 

Haben Sie Punkte in Flensburg?

 

Keine Punkte, nein.

 

Aber Sie fahren selten, denke ich. Ist doch so, wenn man Ihren Job hat, oder?

 

Einmal pro Woche fahre ich sicher mit meinem eigenen Auto durch die Gegend.                  

 

Wie viel Urlaub haben Sie eigentlich?

 

Das steht gar nicht im Gesetz, ich muss mir meinen Urlaub selber nehmen. Aber da ich viel zu tun habe, ist das immer nicht so üppig.  

 

Was tun Sie, wenn Sie nicht erkannt werden wollen? Brille aufsetzen? Perücke auf? Oder sind Sie jemand, der sagt: Gut, das ist nun mal so, ich bin halt berühmt?

 

Ich verkleide mich da nicht. Meine Erfahrung ist, die meisten Menschen sind nett.  

 

Kommt es Ihnen vielleicht sogar komisch vor, wenn Sie nicht erkannt werden? Wenn ich an Ihnen vorbeiginge und keine Notiz von Ihnen nehmen würde, wären Sie doch traurig, oder?

 

Ach nein, es ist sehr anstrengend, auf 10 Metern 100mal guten Tag sagen zu müssen.

 

Ist es für Sie ein Problem, berühmt zu sein?

 

Es gibt mal Momente, wo man sich am Kopf  kratzen möchte und denkt, hoffentlich guckt gerade keiner. Manchmal ist man ganz froh, wenn man mal für sich ist. Aber die meisten Leute respektieren das und sind sehr zurückhaltend.

 

Sind Sie Hamburger?

 

Ich habe mein ganzes Leben lang in Hamburg gewohnt. Meine Eltern sind Hamburger, meine Großeltern auch, alle sogar aus Hamburg Altona. Aber genau in den drei Jahren, in denen ich und meine beiden Brüder geboren wurden, haben sie ganz zufällig in Osnabrück gelebt. Deshalb steht in unseren Pässen, dass wir in Osnabrück geboren sind.

 

Gibt es jemand, der Sie einmal ganz hart kritisiert hat?

 

Ja, es gibt viele, die mich mal kritisiert haben, sonst wären wir nicht in einer Demokratie.

 

Kritisieren Sie denn auch andere, macht Ihnen das Spaß?

 

Ich bin nicht mit jedem einer Meinung, aber ich möchte mich gerne mit anderen verständigen. Ich finde, ein guter Politiker muss fähig sein, Kompromisse zu schließen. Ich versuche, mich mit allen einigen zu können.

 

Können Sie auch mal auf den Tisch knallen, und sagen: So läuft das jetzt nicht, meine Lieben?

 

 
Man kann auch mal auf den Tisch hauen, das muss man manchmal auch. Aber man sollte es sich für die wirklich wichtigen Momente aufsparen.  

 

Erzählen Sie uns noch was über die Fahne, die hier im Hintergrund steht.

 

Die ist ganz alt, schon über 100 Jahre. Das ist eine alte Fahne der SPD, damals hieß sie noch Arbeiterverein. Als hier eine Diktatur geherrscht hat und wir ganz schlimme Zeiten hatten, da haben einige Leute die versteckt, haben sie bei sich im Garten vergraben, damit sie keiner findet. Und als die Zeit wieder besser geworden ist und wir in Deutschland wieder eine Demokratie hatten, ist sie wieder ausgebuddelt worden.

 

Vielen Dank, Herr Scholz. Uns hat’s Spaß gemacht, Ihnen auch?

 

Ja, das hat es. Ich bedanke mich auch für Ihre vielen Fragen. Für mich war das ein sehr schönes Interview.