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23.01.2014

Interview mit Radio Hamburg

 

 

Radio Hamburg: Der SPD-Senat plant verkehrspolitisch jetzt unterirdisch den großen Wurf in den kommenden 20 Jahren soll das Hamburger U-Bahnnetz auf Weltstadtgröße ausgebaut werden -  keine oberirdischen Straßenbahnen, die die Anwohner gängeln, keine Vernichtung von Parkplätzen , kein Gängeln von Autofahrern, sondern einfach der unterirdische Ausbau des U-Bahnnetzes wie sieht da jetzt das weitere Vorgehen aus?

Olaf Scholz: Wir haben, was dieses Jahrzehnt betrifft, weitreichende Entscheidungen getroffen. Wir haben uns auf den Weg gemacht, eine neue S-Bahn-Linie zu bauen, wir planen mit Schleswig-Holstein zusammen auch die Veränderung der AKN-Strecke Richtung S21. Da wird gegenwärtig dran gearbeitet, die Voraussetzungen dafür zu ermitteln. Wir bauen die Kapazitäten der Busse aus und sanieren Straßen und Fahrradwege. Außerdem haben wir sehr viel Geld in die Hand genommen, um alle Schnellbahnstation behindertengerecht umzubauen. Aber jetzt müssen wir uns auch überlegen, was im nächsten und übernächsten Jahrzehnt sein wird. Deshalb überlegen wir, wie wir die Stadt in den 20er und 30er Jahren dieses Jahrhunderts entwickeln können. Dazu wird es leistungsfähige Verkehrsmittel brauchen, die in der Lage sind, eine so große Stadt mit so großen Distanzen auch gut zu erschließen und insbesondere die Gegenden zu erschließen, die heute noch nicht so richtig am Schnellbahnnetz dran hängen. Dabei hat sich herausgestellt, dass das leistungsfähigste Verkehrsmittel die U-Bahn ist. Wir haben als Hochbahn einen Hochbahnring vor hundert Jahren gebaut und die U-Bahn hat dann weiter expandiert über viele Jahre. Es kann nicht sein, dass wir uns jetzt nicht mehr zutrauen, sowas in den nächsten Jahrzehnten auch zustande zu bringen und zum Beispiel für Steilshoop, Lurup-Osdorf oder den Süden und Südosten Hamburgs bessere Verkehrsverbindung zu ermöglichen. Im Übrigen ist das auch notwendig, um den wachsenden Verkehr zu bewältigen und auch neue Wohngebiete zu erschließen, damit wir zusätzlich Wohnungen in Hamburg bauen können.

 

Radio Hamburg: Wie weit werden diese Pläne durch Bundesgelder unterstützt oder durch CSU-Bundesverkehrsminister behindert?

Olaf Scholz: Wenn wir sagen, wie planen in diesem Jahrzehnt für die nächsten beiden, ist es schwer vorherzusagen, wer in den 20er und 30er Jahren Verkehrsminister sein wird. Klar ist, dass alle Länder zusammen mit Hamburg wollen, dass auch in Zukunft der Bund sich an der Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur und auch von solchen Nah-Verkehrsinvestitionen wie U-Bahnen beteiligt, so dass die Last für Hamburg dann geringer würde. Und natürlich muss man auch wissen, dass wir nicht für ein Jahr planen, sondern für zehn, zwanzig Jahre.

 

Radio Hamburg: Es gab jetzt schon aus Berlin, was die S4 angeht, Störgeräusche. Wie haben Sie das wahrgenommen?

Olaf Scholz: Ich bin ganz optimistisch, dass wir die Finanzierung für die S4 zusammen mit Schleswig-Holstein, genauso hinbekommen werden, wie wir die Finanzierung für die Verlängerung der U4 zu den Elbbrücken jetzt ja schon hinbekommen haben. Wir planen mit der Bahn zusammen eine zusätzliche S-Bahn Station an den Elbbrücken und wir planen auch mit der Bahn zusammen die S4. Das ist auch notwendig, denn wenn die Fehmarnbeltquerung kommt, dann müssen wir dafür sorgen, dass Regionalverkehre nicht auf den Strecken sind, die für den Fernverkehr notwendig sind. Und das geht nur mit einer zusätzlichen Linie. Gerade hat die Europäische Union zusätzliche Mittel bewilligt, damit wir das planen können. Das spricht dafür, dass wir das auch allen erläutern können.

 

Radio Hamburg: Wir Hamburger besitzen jetzt wieder das Stromnetz ob die Stadt es auch betreiben darf wird erst noch entschieden -  wenn es dann an Alliander oder EON geht, was hat der Volksentscheid dann gebracht?

Olaf Scholz: Es hat eine Diskussion vor dem Volksentscheid gegeben, ob es sinnvoll ist, so viel Geld in die Hand zu nehmen, um das Stromnetz und das Fernwärmenetz zu kaufen. Alle wissen, dass ich davor gewarnt habe und gesagt habe, das ist sehr teuer und wer weiß wie die Zeiten werden. Jetzt hat die Stadt aber mit knapper Mehrheit entschieden, sie will kaufen. Das haben wir jetzt gemacht. Ich bin ganz optimistisch, dass wir mit dem, was wir selbst in Vorbereitung getan haben und was Vattenfall für das Stromnetz bisher an Vorbereitung unternommen hat, es uns gelingen wird, die beste Bewerbung für das Stromnetz abzugeben. Und das deshalb die Umweltbehörde als Konzessionsbehörde der städtischen Gesellschaft auch den Zuschlag für das Stromnetz geben kann, weil sie die beste Bewerbung abgegeben hat.

 

Radio Hamburg: Die Opposition behauptet, dass wenn andere als die Stadt die Konzession erhalten, die Stadt dann ein Minusgeschäft macht - stimmt das?

Olaf Scholz: Wir gehen davon aus, dass es immer das Gleiche ist. Wer die Konzession bekommt, muss dann ja noch das Stromnetz kaufen. Und wie der Kaufpreis ermittelt wird, steht auch fest, nämlich nach den Kriterien, die in dem Vertrag zwischen der Stadt und Vattenfall auch festgelegt sind. Deshalb ist der Vertrag auch richtig günstig. Wir haben jetzt alle Sachen so entschieden, wie die Bürgerinnen und Bürger es mit knapper Mehrheit wollten, aber die Preisfestsetzung findet so statt, wie es gewesen wäre, wenn wir es ohne Verhandlungen durch Entscheidungen von Behörden und Gerichten durchgesetzt hätten. Nämlich ein Gutachter stellt fest, was ist das Unternehmen wert und was muss man dafür zahlen. Das ist immer die gleiche Lage.

 

Radio Hamburg: Wenn Alliander oder EON zum Zuge kommen, was heißt das dann für die über tausend Vattenfall-Beschäftigten?

Olaf Scholz: Die Beschäftigten machen sich Sorgen, dass sie diejenigen sind, die darunter zu leiden haben, dass jetzt der Eigentümer wechselt. Jetzt von Vattenfall zur Stadt und dann ja auch unklar ist, was in den nächsten Jahren passiert. Unsere Aufgabe ist dafür zu sorgen, dass die Beschäftigten nicht darunter zu leiden haben. Deshalb haben wir auch gesagt, wir garantieren denjenigen, die bisher dafür gesorgt haben, dass das Stromnetz und die Fernwärmeversorgung in Hamburg funktionieren, dass sie sich keine Sorgen um ihr Einkommen und ihren sicheren Arbeitsplatz machen müssen.

 

Radio Hamburg: Stichwort Rote Flora: wie kommen die Verhandlungen mit Klausmartin Kretschmer voran?

Olaf Scholz: Die Stadt hat Herrn Kretschmer, seitdem er das Gebäude Flora, das er von der Stadt gekauft hat und nicht mehr besitzen möchte, schon lange angeboten, es zurück zu kaufen. Er hat nie eingeschlagen, weil er ganz offenbar sehr weitgehende Vorstellungen davon hat, was er dafür kriegen möchte. Man darf nie vergessen, er hat das Gebäude mal für 190.000 Euro gekauft. Wir haben ein Gutachten, wonach es um die 500.000 bis 600.000 Euro wert ist. Viel mehr können wir nicht zahlen. Da darf niemand drauf spekulieren, sonst wird aus einem Kulturinvestor ein Spekulant und das wird die Stadt nicht mit sich machen lassen.

 

Radio Hamburg: Wie bewerten Sie sein momentanes Verhalten?

Olaf Scholz: Es ist schon sehr merkwürdig und das hat ja auch ein Kommentar gegeben bei der doch sehr angesehenen Versammlung des ehrbaren Kaufmanns zu Hamburg am Ende des Jahres. Da hat der Sprecher der Versammlung gesagt, dass sei nicht genau das, was man sich unter einem ehrbaren Kaufmann vorstellt. Das man ein Gebäude kauft, von dem man weiß, dass da die heutigen Nutzer schon damals drin waren und sagt, wenn ich das kaufe, gibt's keinen großen Stress mehr. Und Jahre später möchte man einfach damit ein sehr gutes Geschäft machen. Das war am Anfang ganz anders geplant und man muss sich als Kaufmann an seine Worte halten.


Radio Hamburg: Das große Gefahrengebiet ist in Hamburg möglicherweise nur deshalb eingerichtet worden, weil die Entscheider von falschen Tatsachen ausgegangen sind  und es bislang keine außerpolizeiliche Prüfung der Sachlage vor Einrichtung eines Gefahrengebietes gibt -  die gesetzlichen Rahmenbedingungen dazu können Sie ändern wollen Sie das?

 

Die Antworten zu diesem Fragenkomplex finden Sie im kompletten Interview bei Radio Hamburg als Sound-Datei.

 

Radio Hamburg: Wie wollen Sie die Schanze befrieden?


Olaf Scholz: Es ist mir sehr wichtig, dass keine falschen Zusammenhänge aufgemacht werden. Die Gewalt, die zum Beispiel bei der Demonstration unmittelbar vor Weihnachten sichtbar geworden ist von vielen, vielen und auch der Mehrheit der dort Demonstrierenden war eine die lange vorbereitet war, nach allem was man annehmen kann. Da sind einige aus Deutschland und weiter her sogar angereist und das ist schon etwas ganz besonderes.

Es gibt viele Demonstrationen in unserer Stadt. Ich habe auch selbst schon an vielen im Laufe meines Lebens teilgenommen und weiß deshalb als Teilnehmer und natürlich auch Politiker: da sind immer welche dabei, die haben ganz andere Pläne und wollen zum Beispiel auch mal gewalttätig werden. Aber eine Mehrheit der Demonstrierenden kann zusammen mit der Polizei das immer verhindern. Das war damals unmittelbar vor Weihnachten völlig andersherum. Die Mehrheit wollte sichtbar keine friedliche Demonstration. Sowas kommt nur sehr selten vor und ich habe die Hoffnung, dass das auch in Zukunft nicht so schnell wieder auftreten wird.

Wichtig ist, dass denjenigen, die mit Steinen werfen, die zur Demonstration mit Mitteln kommen, die nicht mit friedlichen Dingen zu tun haben und friedlichen Absichten, dass die nicht geadelt werden, indem man ihnen unterstellt, es ginge ihnen um Politik und hier ist ja eins ganz sichtbar: Das was da herangeführt worden ist, zum Beispiel mit der Fragestellung, wie geht es weiter mit der Flora, ist ja ein Thema, das für Kritik an dem politisch Verantwortlichen wenig geeignet ist.

Der Bezirk Hamburg Altona hat mit Rückendeckung des Senats gerade einen Bebauungsplan beschlossen, der sogar jetzt im Gesetzblatt verkündet worden ist, in dem drinsteht, dass es keine Veränderung bei diesem Gebäude Flora und seiner Nutzung geben darf und um das nochmal zu sagen: Das ist mit Stimmen von SPD CDU, Grünen, FDP und der Partei Die Linken passiert. Gegen wen wird da eigentlich demonstriert, ist da eigentlich die Frage.

 

Radio Hamburg: Worauf können die Hamburger sich bei Ihnen verlassen?

Olaf Scholz: Die Hamburger und Hamburgerinnen können sich erst einmal darauf verlassen, dass ich, wie versprochen, zur Bürgerschaftswahl antrete und dass ich mich darum bewerbe erneut Bürgermeister zu werden und das auch für sehr lange Zeit zu bleiben, weil das ist ein tolles Amt. Die Bürgerschaft hat ja sogar beschlossen, dass die nächste Legislaturperiode fünf Jahre dauert und das gefällt mir sehr.

Im Übrigen gibt es natürlich Aufgaben zu lösen, die wir angepackt haben und die auch in Zukunft eine Aufgabe bleiben. Ich will mal ein Thema ansprechen, das ist der Wohnungsbau. Viele wissen, dass wir eine wachsende Bevölkerung haben, dass die Zahl derjenigen, die Wohnungen suchen ständig zunimmt und dass wir ja über viele Jahre einen viel zu geringen Wohnungsbau hatten. Zehn jahrelang bevor ich von den Hamburgern und Hamburgerinnen zum Bürgermeister gewählt wurde, ist der Wohnungsbau sehr, sehr weit heruntergefahren worden.

Wir haben jetzt richtig eine Trendwende geschafft. Mittlerweile ist es uns gelungen 25.000 Baugenehmigungen zu erteilen. Im letzten Jahr alleine 10.000. Das ist eine richtige Menge und wir wissen auch, weil wir nachgeschaut haben, dass innerhalb von zwei, drei Jahren aus all diesen Baugenehmigungen auch Wohnungen werden und wir deshalb richtig etwas tun können gegen den Mangel, den wir vorgefunden haben. Vielleicht werden es am Ende dieses Jahres dann über 30.000 Wohnungen sein, die genehmigt worden sind. Das ist ungefähr die Zahl der Wohnungen, die als fehlend bemerkt worden sind, 2011 als ich Bürgermeister wurde. Da habe ich gesagt, dieses Problem lösen wir.

Aber weil es weitergeht, müssen wir mit dem Wohnungsbau auch immer weiter machen und für gilt deshalb nach wie vor der Grundsatz: In Hamburg müssen Wohnungen gebaut werden. Überall. Es müssen bezahlbare Wohnungen sein. Deshalb geben wir fast 200 Millionen Euro für die Förderung des sozialen Wohnungsbaus aus. Deshalb stellen wir sicher, dass nicht nur irgendwo am Stadtrand, sondern überall in der Stadt immer Sozialwohnungen mit gebaut werden. Wenn neue Wohnungsprojekte in der Stadt auf den Weg gebracht werden, verlangen wir, dass ein Drittel davon geförderter Wohnraum sind und bringen somit die Investoren dazu das mitzumachen, die das ja meistens gar nicht wollen.

 

Radio Hamburg: Was ist für Hamburg wirtschaftlich in den kommenden Jahren unerlässlich?

Olaf Scholz: Hamburg boomt. Das merken wir in alle n Branchen die hier eine Rolle spielen. Ganz klassisch der Handel, die Logistik mit dem Hafen und der Hafenwirtschaft. Das gilt aber für die vielen industriellen Bereiche auch mit den ganz modernen Industrien, die in letzter Zeit dazugekommen sind. Luftfahrtindustrie ist in Hamburg sehr wichtig. Nicht nur mit Airbus und der Lufthansa Technik sondern vielen, vielen anderen Unternehmen. Das sind mehrere 10.000 Arbeitsplätze, die darüber entstanden sind. Und eine neue Chance in dieser Frage bietet zum Beispiel die Energiewende. Hamburg ist das Zentrum, wo viele Unternehmenssitze sind, die sich mit Windenergie an Land und Offshore, also auf der See, beschäftigen. Da können wir, nachdem das uns bei der Luftfahrt gelungen ist, möglicherweise der Platz sein, an dem die fortschrittlichste Zukunftsindustrie Deutschlands mit entsteht.

 

Radio Hamburg: Was halten Sie vom Projekt Fernsehturm?

Olaf Scholz: Der Fernsehturm gehört ja einer Tochtergesellschaft der Telekom, die dafür zuständig ist ihn zu betreiben und zu unterhalten. Ich fände es sehr schön, wenn man da auf diesen Fernsehturm draufgehen könnte. Ich weiß sogar wann ich das letzte Mal drauf war, weil das für mich ein wichtiger Tag war, nämlich 1998 bei der Bundestagswahl als ich das ersten Mal direkt zum Abgeordneten des Wahlkreises Hamburg Altona gewählt worden bin. Da bin ich mit den Kindern eines befreundeten Paares oben auf dem Fernsehturm gewesen, habe denen Hamburg gezeigt, weil ich mich selbst ein bisschen beruhigt, weil ich ja noch hoffen musste, dass das in dem Wahlkreis wirklich klappt. Also ich bin mit all denen einverstanden, die sagen, Wäre schön, wenn man da wieder rauf kann. Ich weiß aber, dass das nicht wenig Geld kostet. Also das sind viele Millionen, die investiert werden müssen, weil man heute ganz neue Sicherheitstechnik braucht, andere Fahrstühle, anderen Brandschutz und, und, und. Und bisher war die Telekom nicht bereit dieses Geld zu investieren, weil klar ist wiederkriegen und wiederverdienen kann sie das mit keinem Eintrittsgebühr und keiner Vermietung irgendeiner Plattform verdienen. Insofern ist da ein bisschen Altruismus gefragt.

 

Zum kompletten Interview bei Radio Hamburg