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21.10.2013

Jahresempfang des Hans-Bredow-Instituts

 

 

Sehr geehrter Professor Hasebrink,
sehr geehrter Professor Schulz,
meine Damen und Herren,

 

ich freue mich, dass Sie mich zum ersten Jahresempfang des Hans-Bredow-Instituts in den neuen Räumlichkeiten an der Rothenbaumchaussee eingeladen haben.
Es wurde bereits darauf hingewiesen, dass die Stadt an diesem Umzug nicht unbeteiligt war. Ein gemeinsamer Standort, mehr Platz für Gast-Wissenschaftler und die Nähe zur Uni das sind drei der Argumente, die für den Umzug sprachen.
Wer herausragende Arbeit leistet, der braucht dafür auch gute Bedingungen. Ich bin mir sicher, dass der neue Standort die Grundlage für die positive weitere Entwicklung des Instituts sein wird.
Für Hamburg ist es jedenfalls eine Besonderheit, dass wir das Hans-Bredow-Institut bei uns haben. Wir wollen es nicht missen.
Zu einer selbstbewussten Medienstadt gehören schließlich auch die selbstbewusste Analyse und die anregende wissenschaftliche Begleitung der Praxis dazu.
Das Hans-Bredow-Institut ist zu einer eigenen Marke geworden und repräsentiert die kritisch-solidarische Begleitung all derjenigen, die sich um die Medien kümmern und mit ihnen Geld verdienen und Öffentlichkeit herstellen wollen.
Wir wollen auch künftig helfen, dass das so bleibt und weitergeht. Deshalb hat sich der Senat vorgenommen, das Hans-Bredow-Institut in die Leibniz-Gesellschaft zu bringen. Darüber entscheidet Hamburg nicht alleine. Aber mit den positiven Beurteilungen des Wissenschaftsrates und dem finanziellen Engagement der Stadt sind wichtige Weichen gestellt.
Berechtigt wäre die Aufnahme allemal: Ein international renommiertes Institut, das

  • interdisziplinär,mit langem Atem,
  • auf hohem wissenschaftlichem Niveau
  • und dennoch mit klarem Blick für die Herausforderungen der Redaktionen und Medienhäuser

arbeitet, erfüllt alle Voraussetzungen.
Das Institut liefert von Hamburg aus Beiträge und Forschungsergebnisse von nationalem, europäischem und internationalem Rang. Das trägt auch dazu bei, dass Hamburg als ein Kraftzentrum der Mediendebatte des Landes gesehen wird.
Das zeigt Jahr für Jahr auch der Erfolg des Mediendialogs Hamburg, an dem sich das Institut aktiv und gestaltend beteiligt.

Meine Damen und Herren,
der Senat hat vielfältige Berührungspunkte mit dem Hans-Bredow-Institut. Uns gemeinsam liegen die Medien am Herzen und gemeinsam haben wir auch eine Vorstellung davon, was sich ändern muss, damit sie künftig ihrer gesellschaftlichen Aufgabe nachkommen können.
Niemandem hier im Saal erzähle ich etwas Neues, wenn ich darauf hinweise, dass sich die Medien tiefgreifend verändern.
Schließlich wissen wir alle, dass sich angesichts der Konvergenz plötzlich Konkurrenten begegnen, die niemals damit gerechnet haben, sich miteinander auseinandersetzen zu müssen.
Das erinnert an ein Fußballfeld, auf das wir zwei Mannschaften zum Spiel schicken, denen wir jeweils unterschiedliche Regelbücher in die Tasche gesteckt haben. Das ist für die Beteiligten nicht einfach. Und es ist nicht schön anzusehen. Deshalb müssen wir neue Regeln erarbeiten.
Auch das sagen Medienpolitiker schon länger ohne dass sich viel verändert hat an der Gesetzeslage. Das liegt vielleicht daran, dass der Druck bislang gar nicht so groß war, wie gemeinhin angenommen, weil die technischen Umwälzungen länger dauern, als zunächst prognostiziert.
Darauf hatte Peter Glotz schon 1999 hingewiesen.
Er hat damals aber auch hinzugefügt, dass die Veränderungen am Ende tiefgreifender sein werden als zunächst angenommen. Langsam dämmert vielen, wie Recht er damit hatte.
Die Zeit des Abwartens und Räsonierens ist jedenfalls endgültig vorbei.
Wir stehen vor der Aufgabe, Medienpolitik als Media Governance neu zu denken.
Dieser Satz sagt sich leicht, aber seine Konsequenzen sind tiefgreifend. Er bedeutet nicht weniger als den Abschied von den klassischen Regulierungs- und Steuerungsfiktionen der Medienpolitik. Er bedeutet vielmehr das Bekenntnis, dass wir nur gemeinsam mit der Branche die Medienordnung des digitalen Zeitalters schreiben können.
Die Konsequenzen dieses Ansatzes mögen manchen außerhalb dieses Instituts, hoffe ich ein wenig verkopft vorkommen, weil Governance zunächst nicht direkt auf die zahlreichen Probleme zielt, sondern erst einmal eine weitere, wichtige Ebene einzieht. Governance klingt damit zunächst schwierig.
Das ist politisch kontraintuitiv. Der klassische politische Reflex auf eine komplexer werdende Situation ist nämlich die verbale Vereinfachung, das Denken in scheinbaren Alternativen.
Governance ist das Gegenteil davon. Sie ist vielmehr die Anerkenntnis, dass wir einer komplexer werdenden Medienlandschaft nur gerecht werden, wenn auch unsere eigenen Vorstellungen komplexer werden.
Dafür brauchen wir diese neue medienpolitische Governance-Ebene, auf der wir über Ziele, Prozesse und Instrumente reden, bevor wir zum wie des Interessenausgleichs gelangen.
Ohne diese prozedurale Verständigung wird es uns nicht gelingen, allseitig akzeptierte Vorschläge dafür zu entwickeln, wie wir künftig eine Balance zwischen alten und neuen Medien oder zwischen Infrastrukturanbietern und Plattformbetreibern hinbekommen werden.
Wer möchte, dass journalistische Medien auch künftig das gesellschaftliche Gespräch zur Zeit gewährleisten, der darf nicht glauben, dass er das durch politischen Dezisionismus herbeiregulieren kann. Wir müssen vielmehr einen politischen Grundkonsens in dieser Frage erneuern, auf dem dann gemeinsam Vereinbarungen getroffen und Rahmenbedingungen festgelegt werden können.
Das Wissen der Branche ist dazu unerlässlich angesichts der Innovationsgeschwindigkeiten und der Veränderungstiefe, die wir erleben.
Sonst laufen wir Gefahr, an den Problemen vorbei ganz viel Wind zu machen. Sie alle kennen das. Das mag manchmal politisch taktisch klug sein, der Sache dient es nie.
Wir machen aber umgekehrt heute bisweilen den Fehler, dass wir Governance auf Prozesse schreiben, mit denen wir deren Idee letztlich diskreditieren.
Wenn Politikerinnen und Politiker Branchenbeteiligte einladen, einen Streitfall zu diskutieren, nur um alle damit beschäftigt zu halten, dann ist das keine gelingende Governance.
Wenn auf der Arbeitsebene Papiere mit Maximalforderungen nebeneinander gelegt werden, dann ist das keine gelingende Governance.
Und wenn versucht wird, Einigkeit über ein Instrument zu erzielen, ohne dass vorher die Situation, der Werterahmen oder das Zielsystem geklärt wären, dann ist das auch keine gelingende Governance.
Politiker, die von Governance reden, stehen angesichts dieser Erfahrungen unter dem Verdacht, sich vor eigenen Entscheidungen drücken zu wollen. Darum geht es ausdrücklich nicht. Governance kann nur funktionieren, wenn am Ende jemand entscheidet und festlegt, was verbindlich ist und das dann auch durchsetzt.
Wir müssen Governance nutzen, um die Debatten von den vielen Glaubensfragen auf allen Seiten zu emanzipieren und ihnen festen Boden unter den Füßen zu verschaffen.
Dabei ist Wissenschaft außerordentlich wichtig. Es ist kein Wunder, dass das Hans-Bredow-Institut in unseren medienpolitischen Erwägungen eine herausragende Rolle spielt.
Wir brauchen Wissenschaft, um mit der Unübersichtlichkeit moderner Gesellschaften fertig zu werden. Sie kann Komplexität bearbeiten,  empirisch analysieren und normativ-praktisch verstehen. Das brauchen Politik, Gesellschaft und Wirtschaft.
Die Arbeiten des Hans-Bredow-Instituts beispielsweise zur Bedeutung einzelner Medien für die politische Meinungsbildung oder zu Systemen des Jugendmedienschutzes zeigen exemplarisch, wie neue Erkenntnisse in den politischen Prozess eingebracht werden können und dann auch Folgen haben.
Das ist aktuell nicht anders in der Debatte über einen Medienstaatsvertrag, der einer konvergenten Medienwelt durch eine zumindest konvergentere Regulierung gerecht werden soll.
Wir reden hier über gemeinsame Regulierungsziele, über Schnittstellenprobleme zwischen unterschiedlichen Regulierungsregimen und über neue Instrumente der Verständigung.
Die Debatte hat einen bundesweit wahrnehmbaren Schwerpunkt hier in Hamburg.
Das steht uns als Medienstandort gut an und hat etwas damit zu tun, dass die hiesigen Medien aber eben auch die hiesigen wissenschaftlichen Institutionen dafür gute Kooperationspartner sind.
Es geht nur gemeinsam: Eine Governance ohne wissenschaftlichen Input würde weiter hinter Ihren Möglichkeiten zurückbleiben. Das gilt umgekehrt auch für eine Governance, die sich in ihren Vorschlägen auf wissenschaftlichen Input vollständig verlässt.
Es geht im Dialog auf Augenhöhe und mit Hinwendung und Leidenschaft für eine gemeinsame Sache.
In unserem Fall ist das die freiheitliche Medienordnung in Zeiten digitaler Veränderungen.
Ich freue mich auf die weitere Zusammenarbeit!
Schönen Dank!

 

Es gilt das gesprochene Wort.