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26.03.2012

Karl-Klasen-Journalistenpreis

 

Sehr geehrter Herr Klasen,

sehr geehrter Herr Abgeordneter (Steinbrück),

sehr geehrte Frau Vizepräsidentin der

Hamburgischen Bürgerschaft (Duden),

sehr geehrter Preisträger Herr Wernicke,

meine Damen und Herren,

 

den Karl-Klasen-Journalistenpreis mit zu verleihen, ist eine inzwischen traditionelle Amtshandlung hamburgischer Bürgermeister seit zwanzig Jahren. Ganz korrekt: seit 18 Jahren, denn der erste ist ja 1992 in Frankfurt überreicht worden, die folgenden dann regelmäßig hier in Hamburg.

 

Sehr gern setze ich diese Tradition heute fort und natürlich freut es mich besonders, dass der Preis diesmal an einen gebürtigen Hamburger geht. Auch wenn er seinen Journalistenblick bald sehr viel weiter hat schweifen lassen. Wie es der Karl-Klasen-Preis voraussetzt, denn verliehen wird er an Personen, die sich intensiv und ergebnisreich mit dem transatlantischen Verhältnis befasst haben.

 

So ist es der Wille der Karl Klasen-Stiftung, benannt nach dem früheren Bundesbankpräsidenten, dem ehemaligen Vorstandssprecher der Deutschen Bank und  Präsidenten der Hamburger Landeszentralbank, der 1991 verstorben ist.

 

Karl Klasen, gebürtiger Hamburger, war durch und durch Hanseat und dachte stets in globalen Zusammenhängen. Bei seiner Verabschiedung als Bundesbankpräsident wies er auf die Bedeutung der Zusammenarbeit mit den USA hin und sagte: Unseren Wohlstand und unsere Freiheit verdanken wir in ganz großem Umfang den Vereinigten Staaten von Amerika.

 

Das gilt unverändert und doch sind es gerade die Veränderungen die kleinen und großen, die allmählichen und manchmal auch die schneller sich vollziehenden im Verhältnis zwischen den USA und dem vereinten Europa, denen es nachzuspüren gilt.

 

Christian Wernicke, der heutige Preisträger, tut das. Er ist mit Reymer Klüver Autor des jüngst erschienenen Buches Amerikas letzte Chance Warum sich die Weltmacht neu erfinden muss. Ein, wie man vermuten darf, bewusst provokativ formulierter Titel, den nur jemand riskieren darf, der sich auskennt. Über Transatlantische Störungen mit Fragezeichen wird gleich Peer Steinbrück sprechen. Da gilt dasselbe. Die Zukunft der amerikanisch-europäischen Beziehungen ist zu wichtig, als dass man den Mantel eines voreiligen Wird-schon-werden darüber decken darf.

 

Nicht von ungefähr nehmen wir auch in Deutschland so intensiv Anteil an der diesjährigen Präsidentenwahl. Wir tun das, weil die Freundschaft und Solidarität mit Amerika so tief in den Fundamenten unserer Demokratie verankert ist und wir auch nach 67 Jahren wissen, dass wir ohne das entschlossene Eingreifen Amerikas und seine Hilfe beim Wiederaufbau die Erfolgsgeschichte von Freiheit, Demokratie und Frieden in der Mitte Europas nicht erzählen könnten.

 

Christian Wernicke fällt als Korrespondenten der Süddeutschen Zeitung in Washington sein diesjähriges Thema Nr. 1 automatisch zu. Ich bin heute nicht als Laudator hier, sondern meinerseits gespannt auf die eigenen Reflexionen des Preisträgers. Trotzdem will ich nicht verhehlen, dass mich die so unterschiedlichen politisch-journalistischen Stationen in ihrer Gesamtheit sehr beeindrucken, die Sie, Herr Wernicke, zurückgelegt haben:

 

von der Rhein-Ruhr-Region und der gleichnamigen Zeitung über Köln und Penn State, wo Sie studiert haben; die DDR, aus der die Neuen Bundesländer hervorgingen, während Sie für die Hamburger Zeit von dort berichteten;

 

über Reportagen aus Süd- und Mittelamerika und die Tätigkeit in Brüssel, von wo aus Sie Ihren Lesern die nicht minder harten Themen der Sicherheitspolitik, der Europäischen Verfassung und der Euro-Rettung vermittelt haben; schließlich nach Washington.

 

Das scheint mir bis jetzt schon ein prall gefülltes Journalistenleben zu sein. Für die Qualität Ihrer Artikel sprechen abgesehen vom heutigen bereits mehrere Preise, zuletzt der George-F.-Kennan-Kommentarpreis vom Juni 2011 für einen Leitartikel in der SZ.

 

Damit sind wir wieder bei der US-Präsidentenwahl, denn in jenem Text haben Sie sich in dem für Deutsche oft schwer verständlichen Verdruss vieler US-Amerikaner mit ihrem Präsidenten Barack Obama auseinander gesetzt.

 

Meine Damen und Herren,

Journalistenpreise sind Lohn und Ansporn für die Preisträger, aber sie unterstreichen ebenso die hohe Bedeutung des Qualitätsjournalismus insgesamt. Auf dessen Präsenz muss auch die Medienstadt Hamburg großen Wert legen. Ich möchte fast behaupten: mehr denn je.

 

Dass sich die Medienbranche in einer Umbruchphase befindet, mag eine Binsenwahrheit  sein. Es ist übrigens keineswegs ihre erste. Und wenn man wollte, könnte man kalauern: In einer Zeitungsredaktion gehört der Umbruch zum Tagesgeschäft. Aber im Ernst, wer die engagierten und hitzigen Debatten verfolgt, die gerade in den USA um die Zukunft der Branche derzeit geführt werden, weiß, wie unübersichtlich die Lage ist.

 

Newspapers will disappear in less than 10 years unless their biz model is changed now, mit dieser Voraussage hat der neu ernannte Chef des zweitgrößten Zeitungsverlages der USA, John Paton, voriges Jahr die Branche aufgerüttelt. Als runderneuertes Geschäftsmodell schwebt ihm die Konzentration auf mehr Anzeigenerlöse aus dem digitalen Bereich vor, so gering diese im Einzelfall scheinen; er spricht von digital dimes an Stelle der ausbleibenden print dollars, was man übersetzen könnte mit: Ehren wir den Pfennig, wenn wir viele davon einnehmen, werden Taler daraus. Mehr redaktionellen Inhalt bezahlpflichtig zu machen, auch das ist für den Verleger des Jahres 2009 kein Tabu.  

 

In Deutschland und Europa gehen viele Uhren noch anders, aber die Medienstadt Hamburg können solche Entwicklungen und Debatten nicht kalt lassen. Es ist unserer Stadt gelungen, sich zu einem europaweit anerkannten Standort einer vielgestaltigen Kommunikationsindustrie zu entwickeln. Alle Medienzweige sind mit wirtschaftlich starken Anbietern in Hamburg vertreten, das ist unser Alleinstellungsmerkmal. Weit über 100.000 Medienschaffende sind in mehr als 21.000 Unternehmen hier tätig. Deren Rahmenbedingungen weiter zu verbessern, ist seit Beginn ein Schwerpunkt des von mir geführten Senats und des neu eingerichteten Amtes Medien.

 

Und schon gilt es die nächste Binse zu vermeiden, die in Wahrheit keine ist: dass bei alledem der Umgang mit dem gesprochenen, gedruckten, getwitterten oder sonstwie versendeten Wort viel größeren Wert hat als nur den, der sich in Auflagen-, Umsatz- und Gefälltmirzahlen ausdrücken lässt.

 

Qualitätsjournalismus, der wird in unseren und in künftigen Tagen nicht bloß weiterhin gebraucht, er wird mehr denn je gebraucht. Gerade im World Wide Web laufen weit mehr Nutzer Gefahr, sich zu verheddern, als viele von uns denken.

 

Ganz abgesehen von all den ungelösten Fragen des Verhältnisses von Meinungsfreiheit und Persönlichkeitsschutz, von Informationsfreiheit und Schutz des Copyrights, von Anonymität und Verantwortung, Datenklau und Abofallen,

 

ganz abgesehen von all dem ist es nach meinem Eindruck ein fataler Irrtum zu glauben, man könne mit Hilfe einiger Maus- oder Handyclicks jederzeit selber in der globalen Rohdatenflut den Kopf über Wasser behalten und die ordnende, strukturierende, auch kommentierende Funktion gelernter Journalisten sei verzichtbar.

 

Das ist sie nicht, sondern die Medien- und Kreativwirtschaft muss ihrer Verantwortung gerecht werden können und es auch tun. Seriöse, verlässliche, verantwortungsbewusste und ich füge hinzu: altersgerechte Angebote der Medien sind für eine funktionierende Demokratie unverzichtbar.

 

Bei altersgerecht denke ich übrigens auch an die Augen- und überhaupt Bedienfreundlichkeit von Multifunktionsgeräten in einer Gesellschaft mit steigendem Altersdurchschnitt. Aber das hier nur nebenbei.

 

Sachkundige, qualitativ erstklassige journalistische Arbeit, namentlich Auseinandersetzung mit der deutsch-amerikanischen Freundschaft auszuzeichnen, ist das vordergründige Anliegen des Karl-Klasen-Journalistenpreises. 

 

Mitzuhelfen, dass auch kommenden Lesergenerationen der Service hochklassigen Journalismus´ zur Verfügung steht, scheint mir ein hintergründiges weiteres Anliegen zu sein. Ich gratuliere dem Preisträger und der Stiftung gleichermaßen. 

 

Vielen Dank.

 

Es gilt das gesprochene Wort.