Editorial für die Neue Juristische Wochenschrift (45/2008)
Hinter unscheinbaren Namen verbergen sich bisweilen große Ideen. So ist es auch im Fall des Gesetzes zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Absicherung flexibler Arbeitszeitregelungen, das Ende September 2008 in erster Lesung im Bundestag beraten wurde. Mit diesem Vorhaben soll die Attraktivität und Verlässlichkeit der Langzeitarbeitskonten gesteigert werden, auf denen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer langfristig für berufliche Freistellungsphasen ansparen können. Das Gesetzesvorhaben stärkt die Zeitsouveränität und damit die Möglichkeiten einer individuelleren Lebens- und Arbeitsplanung. Das Gesetz kommt genau zehn Jahre nach dem ersten Gesetz zur sozialrechtlichen Absicherung flexibler Arbeitszeitregelungen, das in der betrieblichen Praxis gerne griffig als Flexigesetz bezeichnet wird. Die Idee dieses Gesetzes hat sich in der Arbeitswelt bewährt. Langzeitkonten haben inzwischen eine respektable Verbreitung gefunden. Grundlage für diese Möglichkeiten ist allerdings zunächst eine vertragliche Vereinbarung, vorzugsweise auf der Ebene der Tarif- und Sozialpartner.
Leider haben die Sozialpartner zwar seit zehn Jahren über zahlreiche mögliche Lösungen verhandelt, aber abgesehen von wenigen Einzelfällen keine wirklich durchgreifende und innovative Einigung erzielt. Das beginnt bereits bei der Frage, welche Formen von Arbeitszeitflexibilisierungen eigentlich unter den Wertguthabenbegriff zu subsumieren sind. Außerdem wird die Attraktivität von Langzeitkonten dadurch eingeschränkt, dass sie bei einem Arbeitgeberwechsel nicht mitgenommen werden können. Das macht individuelle Lebensarbeitszeitplanungen regelmäßig obsolet.
Ein weiteres Problem der bestehenden Regelung ist, dass dem derzeit gesetzlich vorgeschriebenen Insolvenzschutz in der Praxis nur eine meist wirkungslose Appellfunktion zukommt. Außerdem gibt es keinerlei Regeln für die Kapitalanlage der Wertguthaben in chancenreiche, aber eben auch riskante Papiere am Aktienmarkt, die heute vielfach praktiziert wird. Das ist gerade aktuell angesichts der globalen Finanzmarktkrise überraschend leichtfertig.
Der aktuelle Gesetzentwurf soll deshalb den Schutz von Wertguthaben dauerhaft gewährleisten und sieht in den Kernbereichen Definition, Insolvenzschutz, Portabilität und Kapitalanlage notwendige Verbesserungen vor.
Künftig wird die Deutsche Rentenversicherung Bund den gesetzlich vorgeschriebenen Insolvenzschutz bei der Betriebsprüfung der Arbeitgeber kontrollieren. Ist er völlig unzureichend oder fehlt er sogar ganz, dann ist der Vertrag über das Wertguthaben unwirksam. Außerdem bekommen die Beschäftigten ein Kündigungsrecht und einen Anspruch auf Schadensersatz. Und wir erhöhen die Sicherheit der Wertguthaben dadurch, dass wir hochspekulative Anlagen ausschließen und den Aktienanteil im Regelfall auf 20 Prozent deckeln. Zudem regeln wir die Portabilität neu: Künftig wird es möglich sein, ein angespartes Wertguthaben entweder bei einem Arbeitgeberwechsel mitzunehmen oder aber bei der Deutschen Rentenversicherung Bund treuhänderisch verwalten zu lassen. Damit ist erstmals eine Lebensarbeitszeitplanung über ein ganzes Berufsleben hinweg möglich.
Mein Ziel ist es, bis Ende des Jahres die Bildung, Führung und Verwendung von Wertguthaben dauerhaft wetterfest zu machen und Verluste und Einbußen von Lebensarbeitszeit künftig weitgehend auszuschließen.