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24.10.2011

Meisterfeier der Handwerkskammer

 

Sehr geehrter Herr Präsident Katzer,

sehr geehrter Herr Hauptpastor Röder,

meine sehr geehrten Damen und Herren,


nach drei Jahren habe ich wieder die angenehme Aufgabe,  die frisch gebackenen Meisterinnen und Meister des Hamburger Handwerks zu begrüßen, und mit ihnen ihre zahlreichen Angehörigen.


Auch 2008 waren wir hier im Michel. Ich weiß nicht, ob man das schon eine Tradition nennen darf. Wenn ja, ist es noch eine sehr kurze, verglichen mit der enormen Geschichte, die mich umgibt: Seit 350 Jahren steht hier die große Michaeliskirche, inzwischen ist es die dritte, und seit 1.200 Jahren arbeitet das Handwerk am Aufbau Hamburgs.

   

Natürlich habe ich Ihr Plakat ständig vor Augen: Zugegeben, Hamburg ist uns gut gelungen. Aber wir hatten ja auch 1.200 Jahre Zeit. Erstens ist das ein sehr einprägsamer Slogan, eine gute Idee, die auch handwerklich gut umgesetzt wurde. Zweitens ist Ihnen Hamburg gut gelungen, und das mehr als einmal. Es hat ja viele Rückschläge gegeben im Laufe der Jahrhunderte: Kriege, große Brände, auch andere Zerstörungen, an denen der Zahn der Zeit schuld war.


Für all das steht auch die Michaeliskirche selbst. Beim erwähnten vorigen Mal, 2008, war der Turm noch eingerüstet. Heute ist er wieder in voller Pracht zu bewundern. Wie viele Male in 350 Jahren musste an diesem Wahrzeichen Hamburgs gearbeitet werden, wie viele Baumeister haben sich daran abgearbeitet, wie viele Millionen Arbeitsstunden von Handwerkern sind hineingeflossen? Die rhetorische Frage genügt. Und mir scheint darf ich das sagen? Es ist eine segensreiche Arbeit gewesen.

 

Das waren erstens und zweitens. Ein drittens bietet sich auch an, nämlich der Hinweis, dass von Politikern ja auch immer wieder gutes Regierungshandwerk verlangt wird. Mit Recht!


Der vor einem halben Jahr neu gewählte Hamburger Senat hat genau das versprochen und er steht dafür: für eine pragmatische Politik, für ordentliche Politik, für seriöse Politik, für solide Handwerksarbeit im Regierungshandeln. Und wir wissen: Wer das verspricht, auf den warten Prüfungen. Die Meisterprüfung haben wir noch nicht bestanden das zu behaupten, wäre verfrüht. Und Ihnen, die Sie hier versammelt sind, muss ich nicht erzählen, was eine Meisterprüfung ist und was sie den Gesellen abverlangt.


Ich gratuliere Ihnen sehr herzlich zur bestandenen Abschlussprüfung und wünsche Ihnen viel Erfolg auf Ihrem weiteren beruflichen Weg. 523 Meisterinnen und Meister, von denen weit mehr als 300 heute anwesend sind Sie alle haben bewiesen, welches Potenzial an Fähigkeiten wir in Deutschland und in dieser Stadt haben. Heute sehen Sie mit Vorfreude einem neuen, wichtigen Lebensabschnitt entgegen. Und Sie können das mit Zuversicht tun, weil Sie etwas können.


Dass Sie sich trotzdem fragen, was genau die nähere und fernere Zukunft bringen wird, liegt nahe. Und in der Sicherheit früherer Jahre können wir uns zurzeit nicht wiegen, vor allem was die finanzwirtschaftlichen Rahmenbedingungen dessen betrifft, was wir tun.


Das konnten wir vor drei Jahren auch schon nicht. Damals habe ich an dieser Stelle etwas gesagt, das ich leider fast unverändert wiederholen kann. Nämlich dies: In den vergangenen Wochen haben wir erleben müssen, wohin allzu große Gier und Verantwortungslosigkeit führen können. Jeder konnte sehen, dass die internationalen Finanzmärkte tatsächlich zu einem Casino geworden sind. Viele erfahrene Politiker und Ökonomen allen voran Helmut Schmidt haben das immer wieder kritisiert und zur Räson gerufen vergeblich.


Und so weiter. Setzen wir Monate statt Wochen ein, dann stimmt der Satz im Prinzip noch, auch wenn die europäische Schuldenkrise diverse Ursachen hat und man sie nicht allein auf die Stichworte Gier und Verantwortungslosigkeit reduzieren kann. Aber auf zwei Tatsachen möchte ich auch an dieser Stelle hinweisen.


Wenn Hamburg heute der Wirtschaftsraum mit den besten Aussichten in Deutschland ist und das ist der Fall woran liegt es? Hamburg hat einen guten Branchenmix und eine gesunde wirtschaftliche Basis. Industrie, Handwerk, Handel,  Dienstleistungen, der Finanzplatz und der Hafen sind Stabilitätsanker realer Wertschöpfung. Damit sind die Stadt und die Metropolregion vergleichsweise unbeschadet durch die vorige Krise gekommen.

Damit, und mit einer vernünftigen und solidarischen Politik in der Krise. Unternehmer und Belegschaften haben in den Betrieben kooperiert, um den Fortbestand der Unternehmen zu sichern. Der Staat hat mit der Kurzarbeit diese Bemühungen unterstützt. Viele hunderttausend Arbeitsplätze konnten gerettet werden, und den Firmen blieb dringend benötigtes Fachpersonal erhalten.


Reale Wertschöpfung. Das ist das alltägliche Handwerk, zum Beispiel, des Handwerks. Hamburg ist auch weiterhin gut beraten, und Deutschland insgesamt, wenn es wesentlich auf die Stärken der Realwirtschaft setzt und nicht zulässt, dass immaterielle Bereiche, allen voran der Finanzsektor, für die Volkswirtschaft bestimmend werden. Was macht denn die Stärke unseres Standortes aus? Starke industrielle Kerne, leistungsfähige soziale Systeme und eine belastbare Sozialpartnerschaft.


Und die andere Tatsache: Der Sinn und die Aufgabe der Banken besteht darin, die reale Wirtschaft mit Finanzierungen zu unterstützen. Und nicht darin, auf irgendwelche unerfreulichen Entwicklungen, zum Beispiel steigende Nahrungsmittelpreise zu wetten. Wenn auf den weltweiten Finanzmärkten ständig mit hochriskanten Manövern Tausende von Anlegern und Sparern um die Früchte ihrer Arbeit betrogen und möglicherweise eine große Zahl von Arbeitsplätzen in Gefahr gebracht werden;


wenn bei allem Überfluss Kinder in anderen Teilen der Welt hungern müssen, weil jemand solche Folgen seiner spekulativen Mausklicks nicht bedacht hat, dann haben diejenigen völlig Recht, deren Protest dagegen lauter wird.

Ich denke, der Michel ist ein durchaus passender Ort, um zu sagen: Ein Gemeinwesen funktioniert nur mit Fairness, Gerechtigkeit und Solidarität. Auch Finanzmärkte brauchen eine politische und kulturelle Ordnung, um wirtschaftlich und sozial verträglich zu sein. Sie brauchen Aufsicht und Realitätsbezug.
 

Insofern ist der Protest gerade jüngerer Leute gegen falsche Entwicklungen des weltweiten Finanzsystems in vielen Punkten berechtigt.


Er ist ungerecht, wenn alle im Bankengewerbe Beschäftigten unter den Pauschalverdacht der Raffgier und Unfähigkeit gestellt werden. Der Bankenplatz Hamburg hat verantwortungsvolle Geldinstitute, die wissen, dass das Funktionieren mit ihren Finanzierungsbedingungen steht und fällt. Sie haben dafür gesorgt, dass die Wirtschaft der Stadt auch in der Krise mit Krediten versorgt wurde. Aber es gibt auch andere auf der Welt. Und die Sorgen von Unternehmern sind nicht zu überhören, ganz besonders von mittelständischen und kleinen Betrieben, die mit ihrer Belegschaft auf Erfolgskurs bleiben wollen und dazu genug Wasser unter dem Kiel brauchen.

Meine Damen und Herren,

Vieles haben Politik und Wirtschaft in Hamburg richtig gemacht. Ich setze auf Pragmatismus in wirtschaftlichen Fragen. Ich bin kein Handwerker und trotzdem weiß ich: Wenn beim Ausmessen und Zuschneiden gepfuscht wird, nützt am Ende auch ein farbenfroher Anstrich nichts. Bildung und Wissenschaft, Wohnungsbau und Wirtschaft, das sind die wichtigsten Zukunftsthemen, um die wir uns in erster Linie zu kümmern haben.

Mehr als 15.000 Handwerksbetriebe hat Hamburg. Sie sind ein unverzichtbarer T-Träger unserer Stadt und ihres Wirtschaftslebens und einer der größten Arbeitgeber. Sie brauchen und verdienen verlässliche, attraktive Rahmenbedingungen und dem dient der neue Masterplan.

Vor einigen Wochen haben mit Ihnen, Herr Katzer, als Präsidenten der Handwerkskammer Hamburg, und mit dem Hauptgeschäftsführer, Herrn Glücklich, der Wirtschaftssenator und ich im Rathaus den Masterplan Handwerk 2020 unterzeichnet. Das war ein wichtiger Schritt für Hamburg, denn darin kommt eine Strategie zur Stärkung des Hamburger Handwerks zum Tragen.


Sie kennen die Bereiche, und welches Fundament wir legen wollen: Qualitätspolitik, Fachkräfte, Ausbildung, Gewerbeflächen für Handwerksbetriebe, Umwelt, Vergabe, Förderprogramme für das Handwerk, Existenzgründung und Betriebsnachfolge.

Mich freut dieser Fortschritt sehr. Mit dem Masterplan haben wir das Versprechen eingelöst, dem Handwerk eine zentrale Bedeutung im Rahmen unserer Mittelstandspolitik zu geben.


Herausgreifen will ich nur den Punkt Ausbildung. Wie wichtig die Nachwuchsqualifizierung ist, wissen Sie am besten. Man sieht es übrigens auch daran, dass das Hamburger Handwerk zurzeit so gut ausgelastet ist, dass manche Kunden schon wieder ordentlich Geduld haben müssen, bis ihr Auftrag erledigt werden kann. Nachwuchsprobleme sollte man gar nicht erst entstehen lassen. Der Senat stellt 400.000 Euro aus dem Europäischen Sozialfonds und dem eigenen Haushalt bereit, um an Stadtteilschulen und Gymnasien handwerkliche Praxiskurse bis Ende nächsten Jahres zu finanzieren. 80 Schulen und 3.000 Handwerksbetriebe machen beim Projekt Serviceagentur Anschluss Handwerk mit.


Auch und besonders wollen wir leistungsschwächere Jugendliche unterstützen und fördern, damit niemand seine Ausbildung abbrechen muss, obwohl er eigentlich das Zeug zum Handwerker hat. Hier hinein wird eine Viertelmillion Euro fließen.

Bis 2020 sollen die einzelnen Maßnahmen in die Tat umgesetzt sein und Wirkung zeigen. Pfusch hat auch hier keine Chance: Jedes Jahr zum Tag des Handwerks wird ein Zwischenstand vorgelegt und werden die Vorhaben für das kommende Jahr vorgestellt. Viele künftige Meisterfeiern sind gesichert.

 
Bildung und Ausbildung: Das, was Sie als Meisterinnen und Meister jetzt als Rüstzeug haben, das zu erwerben, müssen wir in Hamburg Jeder und Jedem ermöglichen. Niemand darf ohne ordentlichen Schul- und Berufsabschluss zurückbleiben. Wir wollen dafür sorgen, dass jeder die Chance auf einen solchen Abschluss hat und damit die Chance, auf eigenen Füßen zu stehen und beruflichen Erfolg zu haben. Das ist ein wesentlicher Bestandteil solidarischer Politik und es ist der beste Weg dahin, dass die Betriebe gute Auszubildende zum Beispiel zu guten Meisterinnen und Meistern machen können.


Hamburg zählt mit 1,8 Millionen Einwohnern im Stadtgebiet und fast 5 Millionen in der Metropolregion zu den großen Wirtschaftszentren in Europa. Die große Stadt hat Zukunft, wenn sie an dieser Zukunft arbeitet. So wie Sie, so wie das Handwerk seit 1.200 Jahren am Aufbau der Stadt mitarbeitet.


Ich hoffe, Sie packen weiterhin an und machen mit. Alles Gute auf Ihren weiteren Berufswegen. 

 

 

Es gilt das gesprochene Wort.