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15.01.2012

"Nicht zu viel versprechen." - Interview mit der Hersfelder Zeitung

"Nicht zu viel versprechen." - Interview mit der Hersfelder Zeitung

 

Herr Scholz, das Hamburger Abendblatt schreibt, noch nie war ein Bürgermeister so mächtig wie Sie. Die Welt spricht gar von einer One-Man-Show. Früher hingegen wurden Sie schon mal als Scholzomat abgetan. Was ist Ihr neues Erfolgsrezept?

 

Olaf Scholz: Ich bemühe mich, ordentliche Politik zu machen. Die meisten Bürgerinnen und Bürger vertrauen darauf, dass alles, was wir für die Stadt tun, vernünftig und durchdacht ist. Genau das haben sie in Hamburg lange vermisst.

 

 

Was sind die Kernpunkte Ihrer Metropolen-Politik?

 

Scholz: Neben ordentlicher Regierungsführung setzen wir auf die Konsolidierung der Finanzen. Das Ausgabenwachstum des öffentlichen Haushalts wird auf ein Prozent pro Jahr begrenzt. Außerdem kümmern wir uns um die Wirtschaft, was für einen Handels- und Industriestandort wie Hamburg unverzichtbar ist. Die Stadt hat es immer geschafft, neue Wege zu finden, um weiterzuwachsen und neue Branchen herauszubilden. Diese Mentalität findet in Hamburg viel Unterstützung. Wirtschaftliche Kraft und sozialer Zusammenhalt bestimmen seit jeher das hanseatische Selbstbild.

 

 

Sie behaupten, keine Wahlversprechen zu machen, die nicht zu halten sind. Geht das?

 

Scholz: Die Bürgerinnen und Bürger wollen, dass man seine Versprechen hält, deshalb sollte man aber nicht zu viel versprechen. Es geht darum, realistisch zu bleiben, denn die Bürger sind es ja auch. Das kommt gut an.

 

 

Liegen die SPD-Wahlerfolge in den Großstädten und Stadtstaaten vielleicht auch daran, dass dort die sozialen Probleme am größten sind?

 

Scholz: In die Städte kommen viele, die dort ein besseres Leben suchen. Genau dieses bessere Leben ist der historische Auftrag der Sozialdemokratischen Partei. Außerdem findet in den großen Städten viel wirtschaftliches Wachstum statt. Es wäre also falsch, zu sagen, dass die Sozialdemokraten dort erfolgreich sind, weil es in den Städten so viele Probleme gibt. Wir sind erfolgreich, weil wir sie lösen und die Zukunft im Blick haben.

 

 

Das klingt wie der amerikanische Traum vom Tellerwäscher zum Millionär ...

 

Scholz: Das ist kein amerikanischer Traum. Der Traum jedes Menschen ist es, ein unabhängiges Leben zu führen und nicht auf öffentliche Hilfe angewiesen zu sein. Deshalb müssen wir zum Beispiel mehr für die Bildung tun: Also flächendeckend Krippen und Kitas anbieten, kleine Schulklassen und einen Schulabschluss sowie eine Ausbildung für jeden ermöglichen.

 

 

Kann man diese Konzepte auf den ländlichen Raum, etwa auf Nordhessen, übertragen?

 

Scholz: Es geht nicht nur um die Metropolen. In den großen Wirtschaftsräumen wachsen Stadt und Land längst zusammen. Auch Nordhessen hat viele industrielle Arbeitsplätze. Da sind die Unterschiede gar nicht so groß.

 

 

Ein wichtiger Wirtschaftsraum für Hamburg ist Schleswig-Holstein, wo in diesem Jahr die einzige Landtagswahl stattfindet. Können Ihre Parteifreunde dort mit auf der Hamburger Erfolgswelle surfen?

 

Scholz: Torsten Albig ist ein erfolgreicher Kieler Bürgermeister, von dem viele denken, dass er auch ein guter Ministerpräsident werden könnte. Unser 48-Prozent-Erfolg in Hamburg hat vielen Mut gemacht. Das hat der SPD überall geholfen und hilft auch in Schleswig-Holstein. Aber jedes Land hat seine eigenen Themen.

 

 

Das gilt auch fürs Saarland. Wie ist Ihre Empfehlung für die Parteifreunde dort: Neuwahlen oder große Koalition?

 

 Scholz: Nicht die Taktik, sondern das Interesse des Landes sollte im Vordergrund stehen. Deshalb ist es richtig, wenn die SPD erst einmal schaut, ob eine Koalition mit der CDU gelingen kann. Erst dann entscheidet sich, ob es zu Neuwahlen kommt oder nicht.

 

 

Als Hamburger sind Sie von Haus aus Experte im Umgang mit Piraten, schließlich haben Sie einst Störtebeker zur Strecke gebracht. Welche Konzepte haben Sie gegen die Piratenpartei?

 

 Scholz: (lacht) Ausdrücklich rate ich nicht zu historischen Hamburger Lösungen, obwohl es den Grasbrook (Dort wurde Störtebeker hingerichtet. Die Redaktion.) noch gibt. Ich empfehle Gelassenheit. Ich freue mich, dass viele, die früher vielleicht weniger über politische Fragen nachgedacht haben, das jetzt tun. Es ist gut, wenn sich Politik auch am Leben orientiert und neue Vorstellungen entwickelt. Wer sich eine Regierung wünscht, die solide und ordentlich arbeitet, dem empfehle ich trotzdem die SPD.