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30.06.2003

Perspektiven sozialdemokratischer Hochschulpolitik für Hamburg - Rede zur Eröffnung der Fachtagung Zukunft der Hochschule am Montag, 30. Juni 2003 in Hamburg

Perspektiven sozialdemokratischer Hochschulpolitik für Hamburg - Rede zur Eröffnung der Fachtagung Zukunft der Hochschule am Montag, 30. Juni 2003 in Hamburg

Liebe Genossinnen und Genossen, liebe Freundinnen und Freunde,

ich begrüße Euch und Sie herzlich zu unserer Fachtagung über die Zukunft der Hamburger Hochschulen. Am Anfang einer solchen Tagung und als Eröffnungsredner muss man in der Regel sagen, warum man diese Tagung organisiert hat und warum sie stattfindet. Ich glaube aber, es ist uns allen klar, warum wir uns hier und heute im Kurt-Schumacher-Haus zusammengesetzt haben. Es geht der Titel der Tagung sagt es um die Zukunft unserer Hochschulen und um all das, was mit der Reformierung des Hochschulwesens zu tun hat. 

Es gibt viele Umbrüche in der Wissenschafts- und Forschungslandschaft Deutschlands. Diese Umbrüche sind nötig, denn Deutschland muss viel tun, um im internationalen Wettbewerb mithalten zu können. Mithalten müssen wir aber auch mit dem, was überall in der Welt im Hochschulbereich bereits passiert ist. Die Zukunft Deutschlands hängt in besonderem Maße davon ab, ob es uns gelingt, führend bei dem zu sein, was an Reformen in der Bildung allgemein und in den Hochschulen im Besonderen stattfindet. Davon, ob wir die nötige Quantität und die nötige Qualität an Hochschul-Leistung zustande bringen. Das ist wichtig für diejenigen, die an den Hochschulen und Universitäten arbeiten als wissenschaftliche Mitarbeiter, als Professorinnen und Professoren - aber auch für die Studierenden. Denn die Zukunft all dieser Menschen, die Zukunft unserer Gesellschaft, die Zukunft ganzer Regionen wie Hamburg eine ist - hängt in entscheidendem Maße von den Entwicklungen ab, die im Hochschulwesen ablaufen.

Ich gebe zu: Das alles sind Binsenweisheiten. Und obwohl diese Weisheiten bekannt sind, sind wir noch lange nicht so weit, dass die entsprechenden und notwendigen Konsequenzen auch gezogen worden sind. Deshalb ist wichtig, dass wir jetzt als Hamburger Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten darüber diskutieren, was wir uns vorstellen und was wir wollen. Wir wollen nicht nur an der Diskussion um die Reformen im Hochschulbereich teilnehmen. Wir wollen der Motor dieser Diskussion sein. Und es gibt eine ganze Reihe von Anzeichen dafür, dass wir hier in Hamburg bereits heute die treibende Kraft in dieser Angelegenheit sind. Ich komme darauf noch zu sprechen.

Diese Tagung Zukunft der Hochschule ist auch deshalb wichtig, weil wir als sozialdemokratische Partei lange nicht mehr über diese Thematik diskutiert haben. Sicher, in der laufenden Hochschuldiskussion ist die SPD-Fraktion in der Hamburger Bürgerschaft aktiv gewesen. Sozialdemokraten haben in dieser Stadt als politisch aktive Kräfte Hochschulpolitik mitgestaltet - aus den Distrikten und Arbeitsgemeinschaften heraus bis zu den Senatoren, die hier für Bildung und Hochschulen Verantwortung hatten. Trotzdem: Eine wirkliche Verständigung unter den in der SPD Aktiven hat bislang nicht stattgefunden. Und es hat auch keine Debatte gegeben, die etwa einen Parteitag erreicht hätte oder auf andere Weise dazu geführt hätte, dass wir klar festgelegt haben, was wir wollen. Ich glaube, es ist deshalb wichtig, dass wir jetzt diese Diskussion führen und dass wir uns als Hamburger SPD eine Position erarbeiten. Eine Position, die klar ist und die wir auch offensiv in der politischen Auseinandersetzung vertreten. 

Aus meiner Sicht hat dieses offensive Vertreten unserer Position auch etwas zu tun mit der Frage, wie es im Jahr 2005 in Hamburg weiter geht wenn nämlich neu gewählt wird in dieser Stadt. Auch vor diesem Hintergrund brauchen wir eine klare Antwort darauf, wie es mit den Hochschulen weitergeht. Diese Frage ist eine zentrale, eine wichtige Zukunftsfrage. Und die Antwort auf diese Frage muss klar und unmissverständlich sein. Es muss eine Antwort sein, an die wir nicht nur selbst glauben, sondern eine, an die auch die anderen Menschen in Hamburg glauben. Die Frage nach der Zukunft der Hochschulen, der Bildung in Hamburg, ist eine ganz wichtige, wenn es darum geht, sich bei der Wahl für eine Partei und gegen andere zu entscheiden. Deshalb freue ich mich auch auf diese Debatte, und ich hoffe, dass sie nicht in Allgemeinplätzen stecken bleibt sondern mit ernsthaften Aussagen, mit Stellungnahmen, mit Positionen auch mit konträren! endet.

Wir haben vor wenigen Wochen eine spürbare Belebung der aktuellen Hochschuldiskussion erfahren. Diese Belebung ist Resultat der Vorschläge, die die  sogenannten Dohnanyi-Kommission eingebracht hat. Diese Kommission ist eine Hamburger Besonderheit. Und ich finde, man darf auch als Hamburger Oppositionspartei SPD stolz darauf sein, wenn denjenigen, die gerade regieren, nichts anderes einfällt, als den ehemaligen sozialdemokratischen Bürgermeister Klaus von Dohnanyi um Rat zu fragen. Die derzeitige Hamburger Regierung hat den ehemaligen sozialdemokratischen Bürgermeister von Dohnanyi gebeten, Vorschläge für die Reformen der Hamburger Hochschulen zu machen das heißt doch, dass man auch von Senatsseite der SPD und dem ehemaligen Bürgermeister und Wissenschaftsminister in Bonn eine hohe Kompetenz in Hochschulfragen zugesteht. Wenn es darum geht, Vorschläge für die Zukunft Hamburgs zu entwickeln und zu unterbreiten, sind wir also immer noch eine gute Adresse.

Wie mit den Vorschlägen der Dohnanyi-Kommission weiter umgegangen wird, wie es mit der konkreten Umsetzung aussieht, werden wir sehen. Wir werden dann auch urteilen, ob wird diese Schritte gut oder schlecht, nützlich oder kontraproduktiv finden. Wir werden deutlich sagen, wo etwas geändert oder ergänzt werden muss. Auch mit dem Ziel, diese fundierte Beurteilung schnell vornehmen können, haben wir uns heute hier versammelt.

Ich glaube aber, dass sich jetzt schon eines abzeichnet: Wir glauben, dass es falsch ist, eine Hamburger Hochschule besonders zu loben, weil sie sich nach einhelliger Ansicht innovativ und modern mit Zukunftsfragen auseinandersetzt. Weil sie ihr Profil ständig schärft, und weil sie immer wieder auf neue Prozesse und veränderte Bedingungen eingeht ich meine die Hamburger Hochschule für Wirtschaft und Politik. Wenn diese Hochschule von der Dohnanyi-Kommission auf der einen Seite so gelobt und gewürdigt wird, dann es kein Zeichen von Weitblick und Konsequenz, dass sie auf der anderen Seite de facto aufgelöst werden soll. Das ist ein Beispiel dafür, dass es Nachbesserungsbedarf gibt, dass man an das eine oder andere noch einmal herangehen muss. Und zwar in aller Konsequenz. Wir werden als Hamburger Sozialdemokraten bei der künftigen Debatte dafür sorgen, dass die guten Ideen für eine Neuordnung aufgegriffen werden. Wir werden aber auch dafür sorgen, dass nichts zerschlagen wird, was vernünftig ist und sich bewährt hat. Denn diese Einrichtungen sind Motoren für die notwendige Hochschul- und Bildungsmodernisierung.

Eines ist ganz sicher: Hochschulen brauchen mehr Eigenverantwortung. Das ist eine Linie, die wir in Hamburg schon seit längerem verfolgen. Als wir noch Regierungsverantwortung in Hamburg hatten, haben wir Schritte eingeleitet, die in diese Richtung gingen zum Beispiel über die Einrichtung von Globalbudgets. Auf diesem Weg zu mehr Verantwortung - das befürchte ich zumindest - soll jetzt nicht weiter gegangen werden. Wir müssen jetzt sehr genau darauf achten, dass die von unterschiedlichen Seiten angestoßenen Reformprozesse sich nicht gegenseitig blockieren. Wir müssen aufpassen, dass der eine Reformprozess jetzt nicht vom anderen überholt wird - mit der Folge, dass sich am Ende überhaupt nichts mehr bewegt.
Es ist wichtig, dass bei allen Reformen, die jetzt angeschoben werden, die Hochschulen genügend Eigenverantwortung haben. Dass sie ihre eigenen Strategien entwickeln und umsetzen können, mit denen sie den Wettbewerb auch untereinander bestreiten können. Das ist ein Wettbewerb, in dem sich die Hochschulen durchaus auch selbst weiterentwickeln können. Diese Erkenntnis teilen die meisten von uns: dass Leistungswettbewerb und Qualitätswettbewerb etwas ist, das nicht schädlich ist. Das betrifft den Wettbewerb in den Hochschulen, das betrifft auch den Wettbewerb zwischen den einzelnen Hochschulen. Und die Erkenntnis hat sich auch durchgesetzt, dass es durchaus förderlich sein kann, wenn man sich mit dem, was man besonders gut macht, auch durchsetzen kann und dass man sich damit auch hervortut. Ich glaube, hier entwickelt sich eine Dynamik, die wesentlich mehr Positives bewirken kann, als jede Wissenschaftsplanung, die von oben gemacht wird. Ich glaube jedenfalls, dass wir es nötig haben, immer neu zu sehen, wie wir Entwicklungen im Hochschulbereich fördern können. Reformwilligkeit, Reformfähigkeit und vor allem Reformbereitschaft sind die Begriffe der Stunde und diese Begriffe kennen wir ja auch aus anderen aktuellen politischen Zusammenhängen.

Wir wollen, dass sich manches ändert auch im Hochschulbereich. Das haben die Dienstrechtsreformen der Vergangenheit gezeigt. Wir wollen auch darüber reden, was Bachelor- und Masterstudiengänge für die Zukunft  der Universitäten bedeuten und das alles in einer Welt, die immer mehr von Internationalisierung und Globalisierung geprägt ist. In dieser Welt muss es möglich sein, dass Studentinnen und Studenten miteinander vergleichbar sind, dass die beruflichen Biographien und Hochschulbiographien sich einander annähern. Und insofern müssen diese Aspekte unsere Diskussion bestimmen. Allerdings das haben alle Debatten jetzt schon gezeigt reicht nicht das markante Schlagwort oder die gute Überschrift. Nein, es muss sich hinter unseren Aussagen auch etwas qualitativ hochwertiges verbergen. Und da ist sicherlich noch das eine oder andere zu tun. Aber eines steht für mich fest: Die Diskussion um die notwendigen Reformen im Hochschulwesen ist keine Diskussion, vor der man sich fürchten muss. Denn wir profitieren von der Diskussion und ihren Ergebnissen. Wir wollen, dass Hamburger Studierende überall auf der Welt ihre Studien fortsetzten oder beenden können. Wir wollen, dass es viel Austausch gibt, sowohl in Wissenschaft als auch in beruflicher Hinsicht. Und wir wollen umgekehrt auch, dass viele Menschen zu uns nach Hamburg kommen und zumindest einen Teil ihrer wissenschaftlichen Laufbahn hier absolvieren auch das ist Bestandteil einer zukunftsgerichteten Politik.
 
All das wollen wir diskutieren: die Innere Hochschulorganisation und die Arbeit sowie die Ergebnisse der Dohnanyi-Kommission. Wir wollen über die  Umsetzung der Kommissions-Empfehlungen sprechen und über die  Konsequenzen für den Hochschulstandort Hamburg. Wir wollen über Kooperation der norddeutschen Hochschulen und Universitäten reden, über die zukünftige Rolle der Kultur- und Geisteswissenschaften und über das wichtige Thema Lehrerbildung. Wir werden uns mit diesen Dingen beschäftigen aus verschiedenen Blickwinkeln und mit unterschiedlichen Fragestellungen.

Einen besonderen Blickwinkel hat dabei sicherlich ein Experte, der gleich zu uns sprechen wird. Es ist der rheinland-pfälzische Wissenschaftsminister Prof. Dr. E. Jürgen Zöllner. Ich begrüße Sie hier ganz herzlich,  und das gilt in gleichem Maße für die Präsidentin der Hochschule für Wirtschaft und Politik, Dr. Dorothee Bittscheidt, für Prof. Dr. Barbara Vogel vom Fachbereich Philosophie und Geschichtswissenschaft und für Prof. Dr. Meinert Meyer vom Fachbereich Erziehungswissenschaft der Universität Hamburg und darüber hinaus für alle, die heute hierher ins Hamburger Kurt-Schumacher-Haus gekommen sind.  

Ich wünsche dieser Tagung einen guten Verlauf.