"Politik mache ich, damit das Leben besser wird" "Bild"-Interview Teil 2
"Bild": Herr Bürgermeister, Ihr Parteichef Sigmar Gabriel hat Sie als potenziellen Kanzlerkandidaten ins Spiel gebracht ...
Olaf Scholz: Na ja, bald ist die Zeit des Wartens ja vorbei. Der Parteivorsitzende wird im Januar einen Vorschlag machen. Und alle wissen: Parteivorsitzende sind auch immer gute Kanzlerkandidaten.
"Bild": Wir übersetzen dann mal: Sie gehen davon aus, dass Gabriel antritt.
Olaf Scholz: Sigmar Gabriel macht seinen Job sehr gut. Das ist die Grundlage für eine kluge Entscheidung.
"Bild": Hat er denn mit Ihnen gesprochen, bevor er Ihren Namen genannt hat?
Olaf Scholz: Wir reden regelmäßig miteinander.
"Bild": Allgemein gilt Ihre Nennung als Trick Gabriels, um Parteifreund Martin Schulz über Eck in die Schranken zu weisen. Ist das der neue Umgang unter Sozialdemokraten?
Olaf Scholz: Das ist mindestens einmal zu viel um die Ecke gedacht. Wir bleiben alle entspannt. Und bald ist Weihnachten.
"Bild": Trotzdem: Es ist kein Wunder, wenn immer wieder über eine Zukunft von Ihnen in Berlin spekuliert wird. Selbst Senatsmitglieder sagen hinter vorgehaltener Hand: Hamburg wird Scholz langsam zu klein ...
Olaf Scholz: Hamburg ist die größte Stadt Europas, die nicht Hauptstadt ist. Es ist etwas sehr Besonderes, Bürgermeister dieser Stadt zu sein. Wir haben ein erfolgreiches Wohnungsbauprogramm zum Laufen gebracht. Dieses Jahr kommen wir wahrscheinlich auf mehr als 12.000 Baugenehmigungen. Die Elbphilharmonie ist fertig. Wir schauen mit Optimismus in die Zukunft.
"Bild": Aber sind Sauberkeitskonzepte, Busbeschleunigung und Fahrradstadt eigentlich noch Ihre Kragenweite?
Olaf Scholz: Diese Dinge sind für Hamburg wichtig. Und Politik mache ich, damit das Leben besser wird.
"Bild": Halten Sie es für richtig, dass Gabriel sich bis Januar zurückhält, bevor er sich bekennt und seine Kandidatur bekannt gibt? Das wirkt doch jetzt wie eine Hängepartie ...
Olaf Scholz: Es ist richtig, dass wir bei unserem Plan bleiben. 1998, als die SPD die Wahl im Herbst gewann, wurde der Kandidat übrigens erst im Frühjahr bestimmt.
"Bild": Was halten Sie von Rot-Rot-Grün?
Olaf Scholz: Wer Deutschland regieren will, muss ein klares Bekenntnis zu Europa und zur Nato abgeben. Das ist bei der Partei ,Die Linke nicht der Fall. Und: So etwas darf auch nicht erst in der Regierung gelernt werden.
"Bild": Also wieder GroKo?
Olaf Scholz: Keine Partei wird eine Koalitionsaussage machen. Die SPD nicht, alle anderen auch nicht. Das ist realistisch, weil viel mehr Parteien im Parlament sitzen werden als in den 60er- bis 80er-Jahren.
Das Interview führten Markus Arndt und Nadja Aswad.