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21.02.2013

Preisverleihung Mut zur Nachhaltigkeit

Preisverleihung Mut zur Nachhaltigkeit

 

Sehr geehrter Herr Dr. Esser,

sehr geehrter Herr Wiegandt, 

sehr geehrter Herr Prof. Töpfer,

meine sehr geehrten Damen und Herren,

 

Nachhaltigkeit, heißt es, sei Kompass und wesentlicher Innovationsmotor für einen kontinuierlichen Prozess zur Verbesserung der ökonomischen, ökologischen und sozialen Lebensbedingungen.

 

Das klingt gut und ist dennoch ein Auftrag, dessen schierer Umfang die Gefahr des Verzagens schon in sich trägt. Das heutige Motto heißt aber Mut zur Nachhaltigkeit. Woraus schöpfen wir den, angesichts eines weltweit ungebremsten Energiehungers, Verkehrswachstums und Flächenverbrauchs, um nur diese drei Stichworte zu nennen?  

 

Seit einem Vierteljahrhundert hat der Brundtland-Bericht nicht nur mehr als eine Million Leser gefunden, sondern er hat auch den Begriff Sustainable Development in unserem Bewusstsein implementiert und mehr als das: er hat sinnlich erfahrbar gemacht, wovon wir überhaupt reden. Und er hat Mut gemacht insofern, als er so global, wie es nötig war, und auch mit dem nötigen Pathos der Menschheit auferlegt hat, ihre Zukunft als eine gemeinsame zu begreifen und zu erkennen, dass Probleme zu Chancen werden können.

 

Die Industriestadt Hamburg, zweifellos nur ein Stecknadelkopf auf dem Globus, hat frühzeitig gelernt, in Kreisläufen zu denken. Eine Umweltpolitik schon in den 1980er und 90er Jahren zu machen, die das Vermeiden und Reduzieren von Energieverbräuchen und Stoffströmen, des Schließens von Kreisläufen, aktiv anging.

 

Die einen Schwerpunkt, neben der Entgiftung von Verbrennungsprozessen das Stichwort war damals Entschwefeln statt Schwafeln die einen Schwerpunkt auf Energieeffizienz gelegt hat. Denn darum ging es: sich unter veränderten Vorzeichen als Industriestadt und Industriegesellschaft zu behaupten. Es war mehr verlangt als sich einer folgenarmen Verzichtsrhetorik anzuschließen.  

 

Der niederländische Ökonom Johannes B. Opschoor (Ops-rohr) hat den Umweltraum als die Menge an Energie, Wasser, Land und Rohstoffen definiert, die genutzt werden kann, ohne die Tragfähigkeit der Ökosysteme überzustrapazieren.

 

Ich bin ein überzeugter Anhänger und Verfechter des ingenieursgetriebenen Umweltschutzes und ich bin entschlossen, an die damals gewonnenen Erkenntnisse anzuknüpfen: dass wir mehr Forschung, mehr Innovation, mehr Technik, mehr Veränderungsbereitschaft brauchen. 

 

Erst damit haben wir die Voraussetzung, wachsen zu können, als Industrieland und als Stadt. Denn, und jetzt relativiere ich das Bild vom Stecknadelkopf ein wenig: In den 30er Jahren dieses Jahrhunderts werden nach den heutigen Prognosen mehr als 1,9 Millionen Einwohner in Hamburg leben, vielleicht sogar mehr als zwei Millionen. Das wollen wir auch und darauf müssen wir eingestellt sein.

Um das Wachstum so zu gestalten, dass die wirtschaftliche, die soziale und die ökologische Qualität des Lebens in Hamburg weiter steigt dafür brauchen wir die Veränderungsbereitschaft, dafür müssen wir die neuen technologischen Entwicklungen nutzen, die wir schon jetzt oder in der Zukunft zur Verfügung haben.

Das erwartete Bevölkerungswachstum ist keine Bedrohung, sondern eine Chance. Und mit Forschung, Innovation, Technik hat auch wirtschaftliches Wachstum weiterhin eine Chance. 

Wenn der ökologische Umbau der Industriegesellschaft eine Zielformulierung, die ich zwanzig Jahre später keineswegs unzeitgemäß, sondern weiterhin zutreffend finde wenn dieser Umbau zum Beispiel in der Energiewende, die Hamburg hinbekommen will, ebenso einen Dreh- und Angelpunkt findet wie in dem kooperativen Umweltschutz, mit dem wir die Wirtschaft beim Ressourcenschutz und der CO2-Minderung begleiten.        

 

Meine Damen und Herren,

Mut zur Nachhaltigkeit braucht Ideen, braucht Input von vielen Seiten. Mut zu haben bedeutet, dass man sich traut und fähig ist, etwas zu wagen. Davon wird nachhaltige Entwicklung angetrieben: von Phantasie und Kreativität, ja vielleicht sogar von Visionen.

 

Die Metropole Hamburg ist in dieser Hinsicht ein hervorragender Ort, ein Zukunftslabor mit angebundener praktischer Anwendung.

 

Ein Beispiel von vielen, die ich Lust hätte zu nennen, ist hier der Wohnungsbau, den Hamburg jetzt sehr dringend und sehr zielstrebig voran treiben muss. Dort werden zum Beispiel über  den Um- und Neubau ganzer Stadtteile kürzere Arbeitswege möglich und es wird weniger Verkehr generiert. Im Zusammenhang damit bauen wir das bereits gute städtische ÖPNV-Netz zielgerichtet weiter aus. 

 

Die Energiewende habe ich schon genannt. Wir haben einen eigenen Kurs abgesteckt, wie wir Strom aus Atomkraftwerken ersetzen, den erneuerbaren Energien Vorrang geben und uns in die Lage versetzen, Energie in bedeutendem Umfang zu speichern und dann und dort verfügbar zu machen, wenn sie gebraucht wird. Mit der Forschung, die die Energiewende anstößt, und den in diesem Wachstumsmarkt  entstehenden Arbeitsplätzen folgen mehrere positive Effekte für unsere Stadt, wir gewinnen sozusagen mehrfach.

 

Wichtig sind auch Bereiche, die aus Sicht der Öffentlichkeit eher im Verborgenen blühen. Hamburg wird die komplette so genannte Beschaffung, vom Druckerpapier bis zur Fahrzeugflotte, künftig auch nach Kriterien wie Energieeffizienz und Umweltschutz vergeben. Bei den Produkten wird der gesamten Lebenszyklus bis zur Entsorgung betrachtet. Dabei reden wir über eine Vergabesumme von rund 600 Millionen Euro im Jahr. 

 

Nachhaltigkeit hat natürlich auch in anderen wesentlichen Bereichen einen hohen Rang, über den so wichtigen Schutz der Umwelt hinaus. Hamburg wird auf den leider immer noch fehlenden bundesgesetzlichen Mindestlohn weiterhin drängen aber die Stadt kann schon jetzt im eigenen Einflussbereich Vorbild sein. Deshalb haben wir im Oktober letzten Jahres das Hamburger Mindestlohngesetz verabschiedet. Damit verfolgt der Senat sein Ziel Gute Arbeit faire Löhne und er nutzt eigene Handlungsspielräume, um Existenz sichernde Bezahlung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, und damit eine selbstbestimmte Teilhabe am Leben in der Stadt durchzusetzen.

 

Meine Damen und Herren,

Mut zur Nachhaltigkeit wird durch Partizipation erst real. Hamburg hat mit der Stadtwerkstatt eine Dialogplattform für Bürgerinnen und Bürger eingerichtet, um über die aktuellen und brennenden Themen der zukünftigen Stadtentwicklung und des Umweltschutzes zu diskutieren und daran mitzuwirken.

 

Nachhaltiges Handeln hat auch für den Hamburger Senat außerordentliche Priorität und jeder kann sicher sein, dass der Hamburger Senat Nachhaltigkeit in seiner Regierungspolitik stets mitdenkt, übrigens in der Haushaltspolitik zu allererst, in der wir der Schuldenbremse bis 2020 einen eigenen Verfassungsrang in Hamburg gegeben haben.  

 

Sie sehen und Sie wussten es längst dass Nachhaltigkeit ein sehr komplexes Thema ist. Eine große Herausforderung besteht darin, die Zusammenhänge begreifbar darzustellen.

Bildung spielt dabei eine herausragende Rolle und besonders stolz sind wir deshalb darauf, dass

Hamburg für seine Initiative Bildung für nachhaltige Entwicklung zum dritten Mal als Stadt der UN-Dekade Bildung für Nachhaltige Entwicklung ausgezeichnet worden ist.

 

Meine Damen und  Herren,

Nachhaltigkeit bleibt solange ein abstrakter Begriff, bis er mit guten Beispielen konkret und begreifbar gemacht wird. Die Nominierten für die heute zu vergebenden Preise stehen dafür. Sie als Preis-Verleiher fördern somit direkt das Eintreten für die Ideen der Nachhaltigkeit und beweisen damit auch selbst den erforderlichen Mut. 

 

Von Ihnen, lieber Prof. Töpfer, ist das Zitat überliefert: Wenn einem nichts anderes mehr einfällt, spricht man von einer nachhaltigen Entwicklung. Niemand, denke ich, wäre begeisterter als Sie, am heutigen Tage mutig widerlegt zu werden. Allen Nominierten und besonders denjenigen, die mit Preisen bedacht werden, gratuliere ich schon vorab. 

 

Vielen Dank!

 

Es gilt das gesprochene Wort.