Sehr geehrter Herr Madsen,
sehr geehrter Herr Behrendt,
meine sehr geehrten Damen und Herren,
150 Jahre, sechshundertfünfzig Gäste, sieben Meere es sind große Zahlen, die über der heutigen Jubiläumsveranstaltung schweben. Wie die Seevögel draußen, auch wenn deren Sinn für die maritime Wirtschaft wahrscheinlich auf das Fischen beschränkt ist.
Aber Herr Madsen hat ja zu Beginn seiner Rede nicht von ungefähr auf das Jahr 1867 angespielt, als der Germanische Lloyd gegründet wurde drei Jahre nach Det Norske Veritas. Schon im Jahr davor war in Altona dieses Gebäude, in dem wir uns befinden, erstmals fertiggestellt worden und das hatte mit der alten Konkurrenz zwischen den Nachbarstädten Altona und Hamburg zu tun. In einer Zeit, in der auch schon der maritime Welthandel die Nationen bewegte die trotzdem nicht vergaßen, die Weltmeere als Nahrungsquelle zu nutzen. Von daher ist es sehr passend, dass diese bedeutende Jubiläumsfeier in einer Fischauktionshalle, und zwar dieser sehr schönen, begangen wird.
Ich freue mich sehr, hier bei Ihnen zu sein, und will gern etwas zur Bedeutung der maritimen Wirtschaft in und für Hamburg und seine Metropolregion sagen. Dass die maritimen Headquarters der DNV GL Group hier in unserer Stadt sind und bleiben, ist von hoher Bedeutung für die 1.600 damit verbundenen Arbeitsplätze und weit darüber hinaus für die Wirtschaft der Region.
Nicht weniger freut es mich, dass der Unternehmenschef in seiner Rede wie auch in Interviews aus jüngerer Zeit den Aspekt der Nachhaltigkeit so ausdrücklich hervorhebt. Zwar liegt es in der Natur der Sache, dass ein Prüf- und Zertifizierungsunternehmen sich um die Sicherheit und Seetüchtigkeit von Tankern und Schiffen aller anderen Art kümmert. Aber richtig ist darüber hinaus, dass auf verschmutzten, verölten, übrigens auch: überfischten Weltmeeren, in einigen Regionen, dass darauf gar keine Zukunft liegen, oder schwimmen kann. Dass es deshalb ganz wichtig ist, Themen wie Energieeffizienz und saubere, sparsame Antriebe im Blick zu haben.
Und natürlich sind das zentrale Herausforderungen für die Schifffahrtsbranche. Der Wettbewerb zwingt zur Kostenoptimierung und das ist allemal ein sehr wesentliches Motiv, auf die Steigerung der Energieeffizienz einen Schwerpunkt zu setzen. Viel ist schon erreicht worden und die DNV Gl Group hat wichtige Beiträge geleistet.
In den kommenden Jahren steigen aufgrund europäischer und internationaler Vorgaben die Anforderungen an Umweltverträglichkeit. Ab dem 1. Januar 2015 gilt der Grenzwert von 0,1 Prozent für den Schwefelgehalt im Schiffstreibstoff in den Emissionssondergebieten der Nord- und Ostsee. Der Einsatz von Liquid Natural Gas (LNG) ist eine der möglichen Alternativen.
Die Hamburg Port Authority arbeitet mit verschiedenen Partnern an einer Machbarkeitsstudie zum Aufbau einer Infrastruktur für die LNG-Versorgung im Hamburger Hafen. Unter den Vorzeichen der smartPORT Energy werden derzeit die letzten planerischen Vorbereitungen getroffen. Im Anschluss wird Bomin Linde LNG die notwendigen Anlagenteile fertigen lassen und das Terminal errichten.
An der Stelle will ich auch den Landstrom zur Luftreinhaltung erwähnen. Derzeit treibt die HPA zwei Vorhaben für Kreuzfahrtschiffe voran einen festen Anschluss am Cruise Center Altona und eine Infrastruktur für den Einsatz von Power-Bargen am Cruise Center HafenCity.
Meine Damen und Herren,
all das ist kein nice to have, denn nur so bleiben die Schifffahrt und die Häfen auf Wachstumskurs. Mit einer klugen Kombination aus Ingenieurskunst, über den Tag hinausblickenden Investitionsentscheidungen und gesetzgeberischen Entscheidungshilfen. Unsere Länder, auch diese Stadt Hamburg haben eine lange Innovationsgeschichte des Erfindergeistes, der Qualität und Kreativität. Das hat uns oft einen Wettbewerbsvorteil verschafft und sollte uns nun auch in die Lage versetzen, zukunftsfähiges Wachstum für andere mitzudenken und ohne Vermessenheit anderen beispielhaft vorzumachen.
So dass auch in unserer Region Zahlen wie diese, nicht so magisch wie die eingangs genannten, aber beflügelnd für den ganzen Norden, Realität bleiben:
Mit Umsätzen von 24 ½ Milliarden Euro und 66.600 Mitarbeitern in mehr als 2.000 Unternehmen ist die Metropolregion Hamburg der weithin bedeutendste Standort der maritimen Wirtschaft in Deutschland. Die maritime Industrie als Teil derselben zählt rund 26.600 Beschäftigte und steht allein für über 30 Prozent des Gesamtumsatzes der Branche. Hinzu kommen die fast 2.500 Beschäftigten in den 53 Bildungs- und Forschungseinrichtungen. Größte industrielle Einzelbranche der maritimen Industrie ist die Schiffbauzulieferindustrie.
Intensiv unterstützt der Senat die maritime Wertschöpfung am Standort, und das gilt immer mehr gerade für diejenige, die an die Entwicklung von nachhaltigen Technologien gebunden ist. Namentlich die Windkraft ist ja nicht nur ein entscheidender Bestandteil der Energiewende, die Deutschland anstrebt, sondern hier im Norden unseres Landes auch eine relativ neue Säule der maritimen Wirtschaft, auf der große Hoffnungen ruhen.
Relativ neu! Bei den technischen und Beratungsdienstleistungen für Erneuerbare Energien galt ja schon der alte GL-Geschäftsbereich mit 750 Experten in über 40 Niederlassungen als führend. Die technisch anspruchsvolle Installation von Offshore-Windenergieanlagen war zunehmend im Fokus.
Inzwischen wird die Offshore-Windenergie für fast grundlastfähig in der Stromversorgung gehalten. Die Kapazität von Offshore-Windparks ist vergleichbar mit der von konventionellen Großkraftwerken, bei hoher Volllaststundenzahl.
Das Energiekonzept der jetzigen Bundesregierung trägt dem Rechnung und besagt, dass bis Ende des nächsten Jahrzehnts 15 Gigawatt Offshore-Windstrom ins Netz eingespeist werden sollen.
Für unsere Region und für Hamburg ist das die Riesenchance, dass wir eine zentrale Relaisstation der Energiegewinnung, -speicherung und -verteilung in Deutschland werden. Eine Chance, die wir nur im Verbund mit starken Partnern nutzen werden.
Wenn wir sie nutzen und wenn die erforderlichen Übertragungsnetze stehen, sind die Aussichten glänzend, auch für die Küstenregion. Enorme Arbeitsplatz- und Wertschöpfungsvorteile kann man in Hamburg und den Küstenstandorten in Schleswig-Holstein und Niedersachsen erwarten, die sich als Offshore-Häfen und
-Produktionsstätten entwickeln.
Da schließt sich der Kreis und deshalb sind effiziente Hafen- und Logistikwirtschaft, Landstromanbindung für Kreuzfahrtschiffe, Elektromobilität, und eben schon erwähnt: der Einsatz von LNG weitere Forschungs- und Entwicklungsfelder für den Innovationsstandort Hamburg.
Durch Clusterinitiativen unterstützen wir die Vernetzung derjenigen, die in diesen Innovationsfluss eingetaucht sind. Nennen will ich vor allem das trilaterale Maritime Cluster Norddeutschland (MCN), das Logistik-Cluster sowie das Cluster Erneuerbare Energien.
Meine Damen und Herren,
bei all dem beruht der langfristige Erfolg des Hamburger Hafens nach wie vor auf seinen traditionellen Stärken und Geschäftsfeldern. Der natürliche Vorteil besteht in seiner hervorragenden verkehrsgeographischen Lage zwischen Nord- und Ostsee, in der insgesamt großen Wirtschaftskraft der Metropolregion und der hohen Qualität der Hafen- und Verkehrsinfrastruktur.
Weshalb wir auch nicht müde werden, auf den dringend notwendigen weiteren Ausbau der so genannten Hinterlandverbindungen, Schiene und Straße betreffend, hinzuweisen und zu drängen. Nicht zu vergessen: die Fahrrinnenanpassung der Elbe, und die Ertüchtigung des Nord-Ostsee-Kanals.
Ich will mich bei dem heutigen Anlass bremsen, was die einzelnen Punkte betrifft, und lieber betonen, dass es gerade in jüngster Zeit sehr positive Signale gegeben hat. Nennt uns doch das Bundesverkehrsministerium ganz ausdrücklich das Einfallstor der Globalisierung für Deutschland und sagt zu, dass Hamburg im neuen Bundesverkehrswegeplan ein Investitions-schwerpunkt sein wird.
Dessen sind wir auch würdig, denn alles spricht dafür, dass die internationale Arbeitsteilung und der Welthandel weiter zunehmen werden. Hamburgs Hafen wird durch weiteres Wachstum davon profitieren und, wenn die Voraussetzungen einer guten Anbindung erfüllt sind, auch in Zukunft ein wichtiger Wachstumstreiber in der Metropolregion mit ihren fünf Millionen Einwohnern bleiben. Bundesweit ist der Hamburger Hafen Garant für mehr als 260.000 Arbeitsplätze. Auch seine nationale Bedeutung nimmt zu; die deutsche Volkswirtschaft und die unserer Nachbarländer flussaufwärts profitiert von ihm.
Im laufenden Jahr hat der Hafen mit einem Umschlagszuwachs von rund sechs Prozent überdurchschnittlich gut abgeschnitten und er konnte seine Marktposition gegenüber anderen nordeuropäischen Häfen, insbesondere gegenüber Rotterdam, ausbauen.
Wir tun übrigens das unsere: Für den Ausbau und den Unterhalt der allgemeinen Hafeninfrastruktur sind im Zeitraum 2013 bis 2018 rund 900 Millionen Euro vorgesehen.
Meine Damen und Herren,
niemand ist mehr auf einen freien Zugang zu den Weltmärkten angewiesen als die Außenhandelsnation Deutschland jeder dritte deutsche Arbeitsplatz hängt vom Außenhandel ab. Insgesamt sind über 500.000 Arbeitsplätze in unserem Land direkt und indirekt von den deutschen Seehäfen abhängig.
In der Summe beträgt deren Bruttowertschöpfung rund 29 Milliarden Euro jährlich. Die deutsche Handelsflotte ist zwar geschrumpft, aber sie hat noch immer den viertgrößten Anteil an der Welthandelsflotte und umfasst aktuell 3.234 Schiffe mit einem Gesamtvolumen von gut 80 Millionen BRZ. In der Containerschifffahrt nimmt Deutschland mit knapp 1.600 Schiffen, das sind etwa 35 Prozent der Weltcontainerflotte, eine herausragende Stellung ein. Viele dieser Schiffe laufen regelmäßig den Hamburger Hafen an und nutzen seine Kapazitäten.
Der Anteil der Waren, die im internationalen Handel über den Seeweg ausgetauscht werden, liegt heute bei 95 Prozent, Tendenz steigend. Die Seehäfen sind also die entscheidenden Drehscheiben internationaler Logistikströme und stellen die Verbindung zu den Weltmärkten her.
Meine Damen und Herren,
lassen Sie mich noch etwas zu einem Thema sagen, das traditionell zu Hamburg gehört wie die Schifffahrt, und der schon erwähnte Fischfang. Mag auch die Werftarbeiter-Romantik früherer Zeiten Vergangenheit sein eine Romantik übrigens, hinter der harte und oft gefahrvolle Arbeit stand , so ist doch der Schiffbau nach wie vor ein wichtiges Innovationsfeld in Hamburg, und Teil der guten wirtschaftlichen Entwicklung.
Die Docks der Blohm und Voss Werft bieten Kapazitäten für Schiffe bis 320.000 dwt (dead weight tonnage; Tragfähigkeit). Darunter befindet sich auch Europas größtes Trockendock mit einer Länge von 352 Metern. Zuletzt befand sich das Kreuzfahrtschiff Queen Elisabeth in Hamburg zur Nachrüstung neuester Umwelttechnik.
Nur auf Hamburg bezogen erwirtschaften Schiffbau- und Zuliefererindustrie circa drei Milliarden Euro. Im Bereich der Schiffbau-zulieferindustrie ist Deutschland Weltmarktführer. Das in Hamburg vorhandene Know-how sichert auch beim Bau von Spezialschiffen wie Windparkerrichterschiffen, eistauglichen Schiffen, Fregatten oder Forschungsschiffen den Technologievorsprung.
Meine Damen und Herren,
Schiffbau und Klassifikationsgesellschaften sind untrennbar miteinander verbunden. So untrennbar wie Det Norske Veritas und der Germanische Lloyd, wir haben es eben vernommen. Heute spricht die hohe Wertschöpfung durch die Arbeit der DNV-GL-Gruppe in Hamburg für sich: Ungefähr 500 Millionen Euro des Gesamtumsatzes werden hier erzielt.
Die Stadt Hamburg sieht, dass durch den erfolgreichen Zusammenschluss ein weltweiter Major Player entstanden ist, der mit dem maritimen Geschäftsfeld ein wesentliches Standbein in Hamburg hat. DNV und GL weisen zusammen nahezu 300 Jahre betriebliche Erfahrung und technisches Know-how vor. Umso beherzter können wichtige Aufgaben für die Entwicklung benötigter technischer Lösungen in Hamburg angegangen werden.
Und doch werden Seefahrt und Hafen, und alles was daran hängt, nie ein bloßes strategisches Zahlenwerk sein.
In seinem Werk Seefahrt ist Not lässt Gorch Fock Schriftsteller aus Hamburg-Finkenwärder und Namensgeber für ein berühmtes Schulschiff einen jungen Seefahrer für dessen halbwüchsigen Sohn eine Trockenübung im Obstgarten ausdenken, mit zwei Bäumen als Großmast und Besanmast, mit folgendem Auftrag:
Der Kompass läge Nordwest an: Er solle darauf achten, dass er nicht aus dem Kurs komme, solle aufpassen, dass die Segel immer voll Wind seien und nicht klapperten, und guten Ausguck halten, damit er keine Haverie mit anderen Schiffen habe.
Mir scheint das eine ebenso schlichte wie erschöpfende Handlungsanweisung an alle zu sein, die auf den sieben Weltmeeren, aber auch über den Untiefen von Wirtschaft und Politik unterwegs sind. Der DNV GL Group wünsche ich allzeit klare Sicht.
Es gilt das gesprochene Wort.