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Symbolfoto: Olaf Scholz
Photothek
31.05.2024 | Hamburg

Rede anlässlich der Aktivierung eines Quantencomputerprototyps bei NXP

Sehr geehrter Herr Reger,
sehr geehrte Geschäftsführung von NXP,
sehr geehrte Vertreterinnen und Vertreter der Start-ups eleQtron und Parity Quantum Computing Germany,
sehr geehrter Herr Tschentscher, lieber Peter,
verehrte Abgeordnete,
liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter,
meine Damen und Herren!

Es freut mich ganz besonders, heute wieder bei NXP in Hamburg sein; es wurde schon darüber geredet. Zuletzt war ich hier eben im Februar 2015, damals noch als Erster Bürgermeister, um den Spatenstich für das Gebäude zu setzen, vor dem wir da stehen. Jetzt bin ich zurück, weil heute hier der Quantencomputer QSea I eingeweiht werden soll. Das ist ein bahnbrechendes und auch aufregendes Ereignis!

Ich bin froh, dass ich dabei sein kann, vor allem aus zwei Gründen. Erstens erlebe ich hier und jetzt ganz praktisch, was sich an dieser Stelle seit dem Spatenstich vor neun Jahren getan hat. Dieser Standort hat sich weiterentwickelt, von einem Ort der Produktion zu einem Ort mit vielen, vielen Innovationen. Als Hersteller von Halbleitern treibt NXP die Entwicklung voran. Sichere Kommunikation, Sensor- und Halbleitertechnologien, vernetzte Geräte, digitale Infrastrukturen – darum geht es, gerade auch hier in Hamburg.

NXP und Hamburg stehen damit beispielhaft für Innovation in Deutschland, beispielhaft auch für Entwicklungen der jüngsten Zeit, die die Bundesregierung aktiv vorantreibt. Nur einige Punkte will ich schlaglichthaft hervorheben: Da sind unsere Erfolge bei der Stärkung der Mikroelektronik in Deutschland, etwa das Joint Venture von TSMC mit Infineon, Bosch und NXP in Dresden – ESMC soll daraus werden – und weitere riesige Investitionsprojekte, die wir im Rahmen des European Chips Act fördern. Da ist das Important Project of Common European Interest für Mikroelektronik und Kommunikationstechnologie, ebenfalls mit Beteiligung von NXP. Allein in Deutschland lösen wir so Investitionen von mehr als zehn Milliarden Euro aus.

Das alles kriegen wir hin, weil wir hier bei uns in Deutschland großartige Unternehmen haben und übrigens immer schon hatten. NXP ist eines davon, als niederländisches Unternehmen hervorgegangen aus Philips und noch früher – hier am Standort Hamburg – aus der vor genau 100 Jahren gegründeten Firma Valvo. Peter Tschentscher hat davon gesprochen. Auch Bosch und Infineon gehören dazu. Mit diesen und weiteren Unternehmen wird Deutschland jetzt das Zentrum der Halbleiterindustrie in Europa.

Dafür haben wir uns bewusst entschieden. Dafür haben wir viel getan. Daran arbeiten wir. Das ist eine richtige, eine strategische Weichenstellung für die Zukunft unseres Landes. Denn Halbleiter sind der Rohstoff des 21. Jahrhunderts. Ohne Halbleiter keine Autoindustrie, kein Maschinenbau, keine Elektronik. Die eigenständige Halbleiterproduktion in Deutschland sichert unsere Zukunft als Industrieland.

Dabei hilft auch unser neues Fachkräfteeinwanderungsgesetz – seine Regelungen werden massiv dazu beitragen, dass wir in Deutschland auch in Zukunft die Arbeitskräfte haben, die wir brauchen –, dabei hilft unser beharrlicher Einsatz für die Verbesserung der Bedingungen für Start-ups in Deutschland, und dabei hilft nicht zuletzt unsere Förderung von Quantentechnologien; dazu gleich mehr. Das alles brauchen wir für die Modernisierung unseres Landes.

Das Thema Quanten führt zum zweiten Grund dafür, dass der heutige Anlass für mich so erfreulich ist. Ich habe während der Pandemie vor fast genau vier Jahren gesagt: „Wir wollen mit Wumms aus der Krise kommen!“ Damals hatte die Bundesregierung gerade ihr großes Konjunktur- und Zukunftspaket beschlossen. Wir haben die Gunst der Stunde genutzt, in diesem Paket auch die Förderung der Quantentechnologien vorzusehen, Milliarden von Euro für die Entwicklung von Quantencomputing, Quantensensorik und Quantenkommunikation.

Verwendet werden die Mittel auf zwei Wegen, erstens über die Forschungsförderung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung, zweitens über das Bundeswirtschaftsministerium und das Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt mit ihrer Quantencomputing-Initiative. Frau Christmann als Beauftragte des BMWK und Frau Kaysser-Pyzalla als Präsidentin des DLR sind heute ja ebenfalls hier, um den erzielten Fortschritt zu würdigen.

Denn der Prototyp, der hier heute aktiviert wird, ist im Rahmen genau dieser Initiative entstanden. NXP hat sich gemeinsam mit der eleQtron GmbH und der Parity Quantum Computing Germany GmbH in einem offenen Wettbewerb durchgesetzt und den Auftrag des DLR erhalten, einen 10-Qubit-Ionenfallen-Prototyp zu entwickeln. Projektbeginn war im März 2023. Heute wird er eingeweiht und dann ins DLR-Netzwerk zur Nutzung eingebunden.

Dieser Auftrag fügt sich in weitere Aufträge des DLR ein, die auch weitere Technologien abdecken, die in Zukunft für Quantencomputing wichtig werden können, zum Beispiel Neutralatome und photonische Systeme. Besonders bemerkenswert ist hierbei die Förderung über Aufträge. Denn damit wird von Anfang an befördert, was wir bei den Quantentechnologien erreichen wollen: dass dafür hier in Deutschland ein unternehmerisches Ökosystem wächst. Das konkrete Projektbeispiel hier zeigt: Die Impulse, die wir für Wissenschaft und Wirtschaft gesetzt haben, tragen erste Früchte.

Zudem zeigt sich: Wir in Deutschland können uns mit unseren Anstrengungen im internationalen Vergleich sehen lassen. In einer aktuellen Studie schreibt die Unternehmensberatung McKinsey, dass vom Quantencomputing besonders die Sektoren Chemie, Biowissenschaften, Finanzen und Mobilität profitieren werden. Möglich seien hier, so McKinsey, Wertschöpfungspotenziale von zwei Billionen Dollar in den nächsten zehn Jahren. Das heißt, gerade diejenigen Branchen, die bei uns in Deutschland besonders stark vertreten sind, werden besonders stark profitieren. Schon deshalb müssen wir allergrößtes Interesse an der Entwicklung und Anwendung von Quantencomputing haben, und unsere Ausgangsposition ist alles andere als schlecht: In der Forschung sind wir ganz vorne dabei. Auch bei den Patenten im Quantencomputing sieht es für Deutschland im internationalen Vergleich gut aus. Die deutsche Wirtschaft arbeitet an diesem Thema, etwa im Quantum Technology & Application Consortium, in dem 13 große deutsche Unternehmen kooperieren. Auch Start-ups und Ausgründungen aus der Wissenschaft sind dabei, wissenschaftliche Erkenntnisse in Geschäftsmodelle zu verwandeln, auch mit Hilfe von Aufträgen des DLR.

Wichtig ist, dass wir diesen unternehmerischen Ansatz weiterverfolgen, so wie er in der Quantencomputing-Initiative eben zum Ausdruck kommt. Entscheidend wird sein, dass der Transfer von der Forschung in die Anwendung und in Geschäftsmodelle zügig gelingt, und zwar nicht irgendwo auf der Welt, sondern hier bei uns in Deutschland.

Zum Gelingen tragen auch andere Faktoren bei, ein starkes Start-up-Ökosystem etwa und gute Finanzierungsbedingungen für Start-ups. Mit dem Zukunftsfonds stellt die Bundesregierung bis 2030 zehn Milliarden Euro zur Verfügung und stärkt damit die Wachstumsfinanzierung in Deutschland. Die meisten Instrumente des Zukunftsfonds sind mittlerweile am Markt und senden innovationsfördernde Signale. So finanziert etwa der Deep Tech & Climate Fonds ein Start-up, das komprimierte Algorithmen für den Betrieb von Quantencomputern entwickelt.

Wir geben dafür Impulse. Am Ende aber kommt es auf das Engagement privater und institutioneller Investoren an, und da muss Europa dringend aufholen, gerade auch gegenüber den Vereinigten Staaten, die einen viel größeren Kapitalmarkt haben. Deshalb sind Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und ich fest entschlossen, beim Thema Kapitalmarktunion endlich Nägel mit Köpfen zu machen.

Das Ziel ist klar. Es geht darum, dass unser Land und Europa bei allen entscheidenden Zukunftstechnologien – bei allen entscheidenden Zukunftstechnologien! – im globalen Maßstab vorne dabei sind. Dazu gehören etwa Quantentechnologien, künstliche Intelligenz, Biotechnologie und Kernfusion. Nur wenn wir überall auf der Höhe der Zeit sind, können wir Einfluss darauf nehmen, wohin die Reise geht.

In diesem Sinne stehen NXP und Halbleiter, DLR und Quantencomputing für Innovation und Technologie made in Germany. Dieses Projekt hier trägt dazu bei, dass in Deutschland Zukunft und Zuversicht zusammengehören. Ganz herzlichen Dank an alle, die dazu beigetragen haben!

Jetzt bin ich gespannt auf Ihren Quantencomputer. Ich hoffe, wir können den Prototyp jetzt bald einweihen. Schönen Dank!