Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Ich war diese Woche in der Ukraine, in Kyjiw, und habe mit dem ukrainischen Präsidenten sehr lange und sehr ausführlich über die aktuelle Situation gesprochen, in der sich die Ukraine befindet. Unverändert hält der brutale Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine an. Er wird mit großer, großer Härte vorgetragen. Und bisher ist nicht sichtbar, dass Russland von seinen Plänen ablässt. Deshalb ist es wichtig, dass die Ukraine von uns allen – auch von mir – weiß, dass wir weiter zu ihr stehen, dass wir sie unterstützen bei ihrem Kampf um Unabhängigkeit und Souveränität und dass sie sich auch auf Deutschland verlassen kann als das Land, das am meisten Unterstützung in Europa für die Ukraine mobilisiert hat.
Ich will das noch mal sagen: Allein die Waffenhilfe, die wir bisher geleistet haben und die wir schon zugesagt haben, beläuft sich auf etwa 28 Milliarden Euro. Das ist ein erheblicher Betrag, aber auch ein ganz großes Zeichen der Solidarität Deutschlands mit der Ukraine.
Ich habe den Zeitpunkt dieser Reise bewusst jetzt gewählt, nachdem ich viele Gespräche führen konnte mit dem amerikanischen Präsidenten, mit dem künftigen Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika, mit den Vertretern der Quad, dem französischen Präsidenten, dem britischen Premierminister und dem Nato-Generalsekretär, aber auch mit vielen anderen, die hier eine Rolle spielen nach den amerikanischen Wahlen und nach dem G20-Treffen.
Für mich ist vor diesem Winter, der so große Gefahren für die Ukraine mit sich bringt, zentral, dass wir jetzt darüber sprechen: Was sind die Pläne, die die Ukraine hat? Das muss auch sehr ausführlich und intensiv geschehen. Zweieinhalb Stunden habe ich mich erneut mit dem ukrainischen Präsidenten unterhalten – das 17. Mal, wie er für die Pressekonferenz ausgerechnet hatte – und oft sehr lange und sehr ausführlich.
Jetzt geht es nämlich um einen Grundsatz, den wir in dieser Situation immer beachten und auch verteidigen müssen, nämlich den Grundsatz, dass nicht über die Köpfe der Ukrainer hinweg Entscheidungen getroffen werden, dass nicht Telefongespräche und Abmachungen von anderen dazu führen, wie es jetzt dort weitergehen soll, sondern dass sich die Ukraine selbst das überlegen kann im Gespräch mit den besten Freunden und Verbündeten. Genau danach habe ich gehandelt.
Gleichzeitig kommt es auch darauf an, einen kühlen Kopf zu bewahren – das will ich ausdrücklich dazu sagen –, denn auch wenn man das Land ist, das das meiste tut, muss man nicht alles, was irgendwo gefordert wird, tun. Und deshalb sage ich auch: Für mich gilt gleichzeitig, dass ich weiterhin alles dafür tun werde, dass es nicht zu einer Eskalation dieses Krieges – zu einem Krieg zwischen Russland und der Nato – kommt. Und deshalb ist auch meine Entscheidung aus meiner Sicht unverändert richtig zu sagen: Wir werden nicht erlauben, mit den gefährlichen Waffen, die wir geliefert haben, weit in das russische Hinterland hinein vorzugehen. Und das Gleiche gilt auch im Hinblick auf den Taurus-Marschflugkörper, worüber so oft diskutiert wird.
Insgesamt macht es aber eine vernünftige Strategie aus, denen nicht nachzugeben, die die Ukraine alleine lassen wollen, aber auch nicht denjenigen, die jetzt immer wieder weitere Forderungen erheben, statt die Konzepte mit der Ukraine zu entwickeln, wie der Krieg doch irgendwann einmal enden kann.
Ich werde hier im Deutschen Bundestag in Kürze die Vertrauensfrage stellen. Das wird dazu führen, dass der Bundestag aufgelöst werden kann. Und wir werden dann voraussichtlich Ende Februar wählen können. In der Zeit bis dahin sind aus meiner Sicht aber noch wichtige Dinge zu tun, denn das Leben geht ja weiter. Die Wirtschaft hat ihre Anforderungen. Viele Dinge müssen getan werden.
Deshalb werbe ich sehr dafür, dass wir es in diesem Bundestag noch hinbekommen, die Entlastungen der Bürgerinnen und Bürger zu beschließen, die bereits Gegenstand der hiesigen Beratungen sind. Das gilt zum Beispiel dafür, dass die kalte Progression die Bürgerinnen und Bürger nicht um ihr Einkommen bringt und das Nettoeinkommen schmälert. Das gilt für das Kindergeld und den Kinderzuschlag. Beides muss erhöht werden. Das gilt für das Deutschlandticket. Und ich werbe dafür, dass wir das alles noch machen. Seit vielen Jahren haben wir angesichts der angespannten Lage auf dem Wohnungsmarkt eine Mietpreisbremse. Und ich sage auch hier: Es wäre schlecht, wenn die Ende nächsten Jahres ausläuft. Deshalb bin ich sehr dafür, dass wir eine Regelung finden, die die Mietpreisbremse verlängert. Auch das ist gesetzgeberisch möglich und auf den Weg gebracht.
An dieser Stelle gilt auch: Wir müssen angesichts der Herausforderungen, denen unsere Wirtschaft in der Welt gegenübersteht, der vielen strukturellen Probleme, die unsere Wirtschaft seit vielen Jahrzehnten hat und die wir unverändert lösen müssen, aber auch der Frage der Energiepreise, die wegen des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine und der damit verbundenen Konsequenzen ein großes Thema geworden sind, etwas tun, damit die Investitionsbedingungen unserer Wirtschaft gut sind. Deshalb müssen wir Industriearbeitsplätze verteidigen. Und wir müssen zuallererst dafür sorgen, dass Sicherheit bei den Energiepreisen existiert.
Wir haben den Vorschlag gemacht, für das nächste Jahr mit den noch verfügbaren Mitteln einen Anstieg der Netzentgelte für die großen Überlandleitungen, die so wichtig sind und so viele Investitionen erfordern, weil der Strom jetzt woanders produziert wird, als er gebraucht wird, zu verhindern. Deshalb bitte ich, auch diesen Vorschlag für eine Entlastung noch in diesem Jahr in diesem Parlament zu beschließen.
In einer Demokratie wird immer wieder gewählt. Das ist das, worauf wir sehr viel Wert legen und was wir immer wieder verteidigen wollen. Deshalb will ich ausdrücklich sagen: Es ist sehr bedrückend, dass wir in dieser Situation hören, dass ein Land wie Südkorea, mit dem wir verbündet und befreundet sind, jetzt das Kriegsrecht ausgerufen hat. Mein Wunsch ist, dass das ganz schnell zurückgenommen wird, wie es das koreanische Parlament auch gefordert hat.
Aber bei uns sind Wahlen regelmäßig und selbstverständlich. Das haben wir uns in einer langen Demokratiegeschichte miteinander erkämpft. Aber die Zeit des Wahlkampfes ist nicht die Zeit des Stillstands. Man kann noch etwas tun. Ich bitte Sie, dabei mitzuwirken.