Meine sehr geehrten Damen und Herren,
ich freue mich, dass ich hier sein kann. Einige fragen sich wahrscheinlich auch, warum ich hier bin. Die Antwort ist eben schon ein bisschen gegeben worden: weil ich eingeladen wurde.
Das ist oft eine Ursache für solche Ereignisse, aber in diesem Fall hat natürlich auch Folgendes ein bisschen damit zu tun, dass ich hier bin: Tatsächlich hat sich irgendwie herumgesprochen, dass ich mich für die Architektur der Moderne und für das Bauhaus ganz besonders schon sehr früh in meinem Leben interessiert habe. Wer das in meinen Bücherwänden nachvollziehen will, wird viele Kataloge finden. Und es finden sich auch einige Bauhausmöbel in meinen Wohnungen. Also insofern ist das etwas, was mich immer begleitet hat und mit dem ich mich auseinandergesetzt habe.
Weil man sich selbst ja auch auf die Schippe nehmen muss, habe ich mir irgendwann einmal bei einer Documenta-Ausstellung eine Fotografie eines amerikanischen Fotografen des Barcelona-Pavillons in der dort gezeigten Schönheit besorgt, aber vor allem mit einem Putzmann, der dort aufräumte. Ich glaube, das ist auch die richtige Einstellung zur Architektur, mit der man im Alltag immer auch umgehen muss: dass sie von sich aus wirken muss, also nicht als etwas, was man eben irgendwie ausstellt und das besonders wirkt, sondern das über den täglichen Gebrauch auch zeigt, ob die Architektinnen und Architekten was können – oder eben nicht.
In diesem Fall sehen wir – das ist uns schon gezeigt worden und habe ich eben auch bei der sehr sympathischen Einführung hier mitbekommen –, dass hier schon etwas entstanden ist, womit man gut leben kann und offenbar auch das Bauherren- und Baufrauenehepaar gern gelebt hat; man kann das auch bis heute nachempfinden. Ich jedenfalls bin ganz beeindruckt, und freue mich, dass ich die Gelegenheit, hierher eingeladen zu werden, auch wahrgenommen habe und jetzt hier sprechen kann.
Es gibt auch Dinge, die uns sehr ernsthaft beschäftigen müssen. Das Haus Lemke ist natürlich immer auch eine Erinnerung daran, dass Kunst Freiheit braucht, denn tatsächlich ist es das letzte Haus, das Mies van der Rohe vor der Machtergreifung der Nationalsozialisten gebaut hat. Er ist ja dann noch in Berlin, in Deutschland gewesen und hat auch weiter versucht, irgendwie Architektur zu machen, die dann nicht mehr ganz den Traditionen und Ideen folgte, zu denen er sich vorgearbeitet hatte. Das ist auch anderen so gegangen in dieser Zeit, und es gibt ja auch gerade eine Ausstellung zu besichtigen, in der damit auch ein bisschen kritisch umgegangen wird, was ich völlig richtig finde. Aber es ist eben auch immer ein klares Zeichen, was passiert, wenn mit politischer Ideologie und auch politischer Macht versucht wird, auf solche Fragen, wie wir leben wollen, wie wir uns auf die Zukunft vorbereiten wollen, was wir gut und was wir schön finden, Einfluss genommen wird. Und das ist gegenwärtig überall unterwegs. In den USA erleben wir, dass jetzt Bücher nicht nur aus Schulbibliotheken verbannt werden, sondern manchmal auch aus üblichen Bibliotheken. Man fragt sich: Was ist da los?
Und es gibt auch viele andere, die jetzt über richtigen und falschen Geschmack richten wollen und versuchen, mit ganz politischen Motiven auf das, was wir als Kunstfreiheit, als Kunstarchitektur, als Freiheit überhaupt begreifen müssen, Einfluss zu nehmen. Ich finde, das ist etwas, was man nicht vergessen darf, und deswegen ist dieses Haus nicht nur ein sehr gelungenes Stück Architektur, sondern es ist eben auch ein Zeichen dafür, wie sehr wir die Freiheit benötigen – und dass wir sie auch verteidigen müssen.
Erst in den USA ist es ihm wieder gelungen, Entwürfe zu verfertigen, die an die Tradition des Bauhauses anknüpfen, und das hat ja noch einmal zu seiner Berühmtheit und seinem Ruf als Architekt und auch zu vielen anderen Dingen beigetragen, die in der Zeit dann entstanden sind. Aber auch das ist ein Zeichen dafür, wie sehr wir darauf angewiesen sind, dass es diese Gestaltungsmöglichkeiten und diese Freiheiten auch gibt.
Dieses Haus steht auch für Engagement. Das ist jetzt schon mehrfach gesagt worden; deswegen will ich es nicht in aller Ausführlichkeit sagen, aber mich gerade bei all den Engagierten bedanken. Denn natürlich müssen ja welche darauf kommen, dass hier etwas zu schützen ist und man es entdecken kann. Und wir müssen politisch Verantwortliche davon überzeugen – Leute, die ein bisschen Geld geben, auch –, dass das funktioniert, und das immer wieder neu machen. Insofern bin ich beeindruckt von Ihrem Engagement, das ja sicherlich nicht aufhören wird. Aber es ist eben auch so, wie es hier schon geschildert wurde: Wir werden vieles von dem, was wir an Architektur haben, nur dann erhalten können, wenn sich irgendjemand dafür einsetzt, und auch das, was dahinter steht, entdeckt und weitergibt, damit es auch erzählt wird. Ich glaube, das können wir gar nicht von Staates wegen, sondern das geht nur durch das Engagement. Insofern dafür danke!
Und nachdem das Haus nun schon so lange steht, kann man sagen: Das ist ein Haus, das bleibt – und das ja auch jetzt schon viele Besucher anzieht. Deswegen wünsche ich auch allen viel Glück bei dem Engagement, dafür zu sorgen, dass es eine bessere Umgebung gibt, und das auch möglich zu machen.
Es ist zugleich eine Erinnerung daran, dass es Brüche in unserer Geschichte gibt, die wir nicht vergessen dürfen, weil sie uns mahnen, zu verhindern, dass auf gleiche Weise Freiheit und Zusammenhalt bedroht werden. Und ich bin deshalb ganz dankbar dafür, dass wir hier zusammenstehen können.
Aber ich bin sicher, dass eines hier auch gesagt werden kann: Diejenigen, die sich als Bauhäusler begriffen haben, weil sie dabei waren, würden sich sicherlich sehr freuen, wenn sie jetzt mitkriegten, wie ihrer gedacht wird und wie hier auch die Tradition aufrechterhalten wird. In diesem Sinne: Schönen Dank!