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Symbolfoto: Olaf Scholz
Photothek
31.05.2023 | Hannover

Rede anlässlich des 27. Deutschen Sparkassentages

Sehr geehrter Herr Schleweis,
sehr geehrter Herr Mang,
sehr geehrter Herr Professor Reuter,
sehr geehrter Herr Ministerpräsident, lieber Stephan,
sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Onay,
meine Damen und Herren!

Ich freue mich, wieder beim Sparkassentag zu sein. Der letzte fand in Hamburg statt. Das ist für einen Hamburger natürlich schwer zu toppen. Seinerzeit war ich als Bundesfinanzminister dabei. Aber ich muss ganz offen sagen: Als Bundeskanzler hier beim Sparkassentag in Hannover bin ich mindestens genauso gern.

Apropos Hamburg: Die erste Sparkasse der Welt wurde, so wird gesagt, in Hamburg gegründet. Im Jahr 1778 war das. In der „Gesellschaft zur Beförderung der Künste und nützlichen Gewerbe“ hatte sich damals die städtische Oberschicht versammelt. Gemeinsam wollte sie mit bürgerschaftlichem Engagement die Probleme ihrer Zeit angehen.

Die Idee der ersten Sparkasse war die einer Versorgungsanstalt - aber nicht ür die wohlhabenden Bürgerinnen und Bürger, sondern gerade auch für die vielen anderen, für Dienstboten, Tagelöhner, Handarbeiterinnen und Seeleute, damit auch sie das wenige Geld, das sie hatten, mit Zinsen sparen konnten, damit auch sie fürs Alter vorsorgen konnten.

Diese Idee war damals neu. Im Kern besteht sie bis heute; denn sie hat sich bewährt. Die Sparkassen stehen auch heute an der Seite derer, die hart arbeiten in unserem Land, die unser Land voranbringen. Sie stehen an der Seite der Sparerinnen und Sparer, die etwas fürs Alter anlegen - übrigens auch, wenn es nicht um Millionensummen geht. Sie stehen an der Seite junger Familien, die in die eigenen vier Wände ziehen und ein Haus oder eine Wohnung finanzieren wollen. Sie sind der wichtigste Finanzierer unseres Mittelstands, der in den kommenden Jahren vor großen Investitionen in Digitalisierung und Nachhaltigkeit steht. Es ist dieser Mittelstand, der mit seiner Flexibilität und Innovationskraft unsere Wirtschaft am Laufen hält. 

Die Sparkassen stehen seit jeher für Stabilität und Sicherheit, für Vertrauen und Beständigkeit. Diese Werte werden weltweit mit unserem Land verbunden. Deshalb passen die Sparkassen auch so gut zu Deutschland.

Zugleich merken wir alle: In Zeiten wie diesen - wir leben in einer Zeit großer Umbrüche - ist es nicht leicht, dieses Versprechen von Stabilität und Vertrauen einzulösen.

Da ist zuallererst der furchtbare, menschenverachtende Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine. 

Ich freue mich sehr, dass Irina Scherbakowa heute hier ist. Im Dezember durfte ich ihr den Marion-Dönhoff-Preis mit verleihen und ihr dazu gratulieren. Mit ihm wurde zu Recht ihre mutige und wichtige Arbeit gewürdigt. Damals habe ich gesagt, sie erhalte diesen Preis auch stellvertretend für alle Russinnen und Russen, die sich eine bessere, eine hellere Zukunft Russlands vorstellen können. Die Zeit dafür wird kommen; denn Putins Imperialismus ist rückwärtsgewandt. Dieser Imperialismus wird nicht siegen. Im Gegenteil. Putin verfehlt jedes einzelne seiner Kriegsziele. Am Ende wird eine freie, demokratische, als Nation gefestigte Ukraine stehen, die Mitglied in der Europäischen Union werden wird.

Noch ist es leider nicht soweit. Noch dauert Russlands blutiger Krieg an. Noch müssen sich die Ukrainerinnen und Ukrainer Tag für Tag gegen die Aggression verteidigen. Sie tun das mit beeindruckendem Mut und mit mutmachendem Erfolg. Dabei unterstützen wir sie, so lange wie das nötig ist. Das haben wir gerade in Japan, beim Treffen der wirtschaftsstarken Demokratien, der G7, noch einmal bekräftigt.

Meine Damen und Herren, Sie haben die Hannoveraner Erklärung verfasst. Ganz vorn steht darin, dieser Krieg auf europäischem Boden, die Aufkündigung der europäischen Friedensordnung durch Russland, habe grundlegende Folgen auch für unser Land. Von einer Zeitenwende habe ich gesprochen.

Seither haben wir schon viel vorangebracht: Wir haben die Bundeswehr finanziell besser ausgestattet. Wir haben unsere europäischen und internationalen Partnerschaften und Bündnisse gestärkt. Wir haben unsere Energieversorgung umgestellt und in kürzester Zeit in einer neuen Deutschlandgeschwindigkeit, Flüssiggasterminals gebaut.

Trotzdem waren die hohen Energiepreise für die Bürgerinnen und Bürger eine enorme Belastung und sind es für viele immer noch. Das gilt gerade für diejenigen, die wenig in der Tasche haben oder wenig sparen könntn. Deshalb haben wir als Bundesregierung milliardenschwere Entlastungen auf den Weg gebracht. 

Völlig klar ist aber auch: Kein Staat der Welt kann Energie dauerhaft subventionieren. Deshalb müssen die Energiepreise in Deutschland weiter sinken. Das ist nur möglich, wenn wir auf jene Energien setzen, jene Energien nutzen, die günstig verfügbar sind, hier in Deutschland, in Europa und weltweit. Das sind die erneuerbaren Energien.

Für jene, die manchmal zweifeln, kann man sich ja ausrechnen lassen, was wohl der Strom an einigen Stellen Deutschlands kosten würde, wenn er nicht in den gesamten deutschen Strommarkt eingebunden wäre. Der Preis wäre außerordentlich gering. Deshalb lautet das Ziel, das wir erreichen müssen, dass das für unser ganzes Land gilt, und zwar innerhalb ganz kurzer Zeit. 

Für die Energieversorgung und für die Dekarbonisierung der Wirtschaft brauchen wir allerdings private Investitionen. Sie sind entscheidend. Um diese Investitionen zu mobilisieren, brauchen wir die Sparkassen als Finanzierer unseres Mittelstands, auch als Finanzierer der Energiewende.

Deshalb freut es mich, wenn Sie in Ihrer Hannoveraner Erklärung ganz unzweideutig festhalten: „Nur eine kraftvolle Energiewende sichert langfristig Wohlstand.“ - Genauso ist es.

Wir haben die vielen Bremsklötze gelöst, die es beim Ausbau von Wind- und Sonnenstrom bislang gab, mit neuen Flächenzielen und gesetzlichem Vorrang für die erneuerbaren Energien. Wir haben die Zeit für die Planung und Genehmigung etwa von Windkraftanlagen schon in den ersten Monaten unserer Regierungszeit im Schnitt nahezu halbiert. Und wir bleiben hier am Ball. Ein wichtiges Ziel ist es, noch in diesem Jahr gemeinsam mit den Bundesländern einen Pakt zu schließen, damit die Verfahren noch schneller laufen. 

Nach Jahren, in denen viel zu wenig passiert ist, sorgen solche Veränderungen nicht nur für Beifall. Manche machen sich auch Sorgen. Das muss uns klar sein.

Das gilt auch für die Frage, wie wir künftig heizen. Darüber wurde, glaube ich, schon gesprochen. Deshalb lautet eine ganz zentrale Botschaft an die Bürgerinnen und Bürger: Niemand wird überfordert von dem, was wir beschließen und umsetzen werden. Dafür werden wir Sorge tragen, und wir werden auch gezielt fördern.

Zur Wahrheit gehört auch: Die Preise fürs Heizen mit fossiler Energie werden weiter steigen. Davor dürfen wir die Augen nicht verschließen. Zugleich besteht in unserem Land ein breiter Konsens: Wir wollen bis 2045 klimaneutral werden, und wir wollen den nachfolgenden Generationen gute Lebenschancen bieten. Dafür werden wir unsere Industrie und auch unseren Verkehr dekarbonisieren. 

Ich bin Ihnen dankbar, wenn Sie Ihren Kundinnen und Kunden vermitteln: Das Geld, das wir heute investieren - zum Beispiel in eine moderne Heizung, in eine Solaranlage, in ein gut gedämmtes Dach -, sparen wir morgen.

Klimaneutral zu werden und ein starkes Industrieland zu bleiben, ist eine Generationenaufgabe. Wie gut sie uns gelingt, entscheidet sich ganz konkret vor Ort, in unseren 11 000 Städten und Gemeinden, dort, wo 359 Sparkassen mit ihren über 11 000 Geschäftsstellen fest verwurzelt sind. Für Ihre Kundinnen und Kunden bedeutet das kurze Wege. Manche können ihre Sparkasse immer noch zu Fuß erreichen. Nicht alle.

Ein großer Teil dieses engen Netzes ist bereits vor 60 bis 70 Jahren entstanden. Dann kam die digitale Revolution. Heute machen viele ihre Bankgeschäfte mit dem Smartphone. So wie sich die Welt verändert, so verändern sich auch Ihre Geschäftsmodelle. Die Sparkassen bieten innovative Lösungen an.

Doch auch wenn heute vieles im Online-Banking möglich ist, bleiben der persönliche Kontakt, das über Jahre gewachsene Vertrauen, die kurzen Wege wichtig. Oft sind das Alleinstellungsmerkmale der Sparkassen vor Ort. 
Ihre Kundinnen und Kunden kennen Sie, aber Sie, meine Damen und Herren, kennen auch Ihre Kundinnen und Kunden. Sie beurteilen sie eben nicht nur mit einem Algorithmus aus der Ferne, sondern können deren Lage vor Ort einschätzen. So können Sie bei wichtigen finanziellen Entscheidungen gezielt beraten.

Eine davon ist: Kann ich mir eine Immobilie leisten? Bezahlbares Wohnen ist eine, wenn nicht die zentrale Frage unserer Zeit.

Die Bundesregierung hat sich das Ziel gesetzt, jährlich 400 000 Wohnungen zu bauen. Selbst wenn die Zeiten, was dieses Ziel betrifft, gerade sehr stürmisch sind, lassen wir davon nicht ab, auch nicht angesichts der gestiegenen Zinsen. Natürlich machen es diese nicht leichter, unser Ziel zu erreichen. Richtig ist allerdings auch: Was wir derzeit erleben, ist eine ziemlich abrupte Anpassung, aber keine Systemkrise. Bauen ist grundsätzlich auch bei höheren Zinssätzen möglich. Das war jahrzehntelang der Fall. Anfang der 70er-Jahre haben wir in West und Ost zusammen über 800 000 Wohnungen gebaut, und das bei einem Zinsniveau, das damals um die 9 % lag - doppelt so hoch wie heute.

Hinzu kommt: Wir haben einige Stellschrauben, an denen Bund, Länder, Kommunen, Bauwirtschaft und Finanzinstitute gemeinsam ansetzen können, damit die Baukosten sinken: Mehr serielles und modulares Bauen, weniger Normen, die die Kosten in die Höhe treiben, schnellere Planung und Genehmigung, digitale Bauanträge, mehr Bauland in den Kommunen.

Als Bund haben wir von 2022 bis 2026 eine Förderung von 14,5 Milliarden Euro für den sozialen Wohnungsbau vorgesehen. Das ist eine Rekordsumme. Zugleich brauchen wir auch weiterhin private Investitionen. Deshalb bin ich Ihnen außerordentlich dankbar dafür, dass Sie sich seitens der Sparkassen hier in Hannover ganz ausdrücklich zur Finanzierung von Neubauten und auch von geförderten Wohnungen bekennen. Schönen Dank dafür. 

Sie haben sich auch zur Entwicklung geeigneter Flächen und zur Sanierung von Immobilien in Ihren Heimatregionen bekannt. Ja, das Zinsumfeld ist schwieriger geworden. Was wir deshalb umso mehr brauchen, sind Beharrlichkeit und eben Vertrauen.

Das gilt auch für die Finanzmärkte. Um es klar zu sagen: Die aktuelle Situation ist nicht mit den Jahren 2008 und 2009 vergleichbar. Gesetzgeber und Bankenaufsicht, aber auch Banken und Sparkassen haben aus der weltweiten Finanzkrise gelernt. Die Reformen waren weitreichend, und sie sind wirksam.

Anders als 2008 waren die Banken in den vergangenen Jahren nicht Teil des Problems, sondern Teil der Lösung. In der Corona-Pandemie haben sie Unternehmen und Betriebe, aber auch manchen Haushalt mit Liquidität versorgt. Sie haben geholfen, unsere Programme umzusetzen. In der Energiekrise im vergangenen Winter haben die Sparkassen ebenfalls eine stabilisierende Rolle gespielt. Auch dafür sage ich Ihnen heute herzlichen Dank.

Das alles war möglich, weil die Banken und ganz besonders auch die Sparkassen ihre Hausaufgaben gemacht haben. Höhere Eigenkapitalpuffer machen sie widerstandsfähiger. Weiteres zahlt sich jetzt aus: eine bessere Regulierung, eine effektivere Aufsicht und ein stringenteres Krisenmanagement.

Europa hat einen Großteil der neuen Baseler Standards bereits umgesetzt. Mir ist durchaus bewusst, dass manche Regelungen gerade für kleinere und mittlere Banken große Hürden darstellen können. Schon als Finanzminister - das wissen hier viele - habe ich mich daher für mehr Proportionalität, mehr Verhältnismäßigkeit, in der Bankenregulierung stark gemacht, und dies insbesondere mit Blick auf die deutschen Sparkassen und Volksbanken.

Das spiegelt sich in den Erleichterungen wider, die wir im Bankenpaket 2019 vereinbart haben und die besonders dem öffentlichen Bankensektor zugute kommen. Ich kann Ihnen zusagen: Auch in den laufenden Verhandlungen über das finale Basel III-Paket setzen wir uns für Proportionalität und für passgenaue Lösungen ein.

Bewährt hat sich auch die gemeinsame Bankenaufsicht im Euroraum. Sie stabilisiert den Finanzmarkt, und sie sorgt für hohe einheitliche Standards, für faire Beziehungen im Wettbewerb und für den Schutz der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler.

Bleibt die Frage, wie wir mit Banken umgehen, die trotz all dieser Sicherungssysteme womöglich in Schwierigkeiten geraten. In den vergangenen Jahren haben wir unseren Werkzeugkasten für solche Krisen gut gefüllt. Er sichert Einlagen, dämmt Ansteckungseffekte ein und schützt die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler.

Die Europäische Kommission hat jüngst einen Reformvorschlag vorgelegt, um Lücken im bestehenden Rechtsrahmen zu schließen. Dieses Ziel begrüßen wir. Schließlich unterstreichen die jüngsten Turbulenzen im amerikanischen und Schweizer Bankenmarkt, dass ein wirksames Krisenmanagement notwendig ist. Die Vorschläge der Kommission sehen allerdings eine sehr weitreichende und aus meiner Sicht an einigen Stellen zu weitreichende Umgestaltung des bestehenden Systems vor. In Deutschland und in anderen Mitgliedstaaten haben wir gut funktionierende Sicherungssysteme für kleinere Banken. Diese sollten wir nicht ohne Not über den Haufen werfen.

Deshalb haben wir uns im Koalitionsvertrag ganz klar zum Erhalt der Institutssicherung bekannt. Das bleibt unsere Richtschnur für die Verhandlungen in Brüssel. Die Sparkassen und Genossenschaftsbanken müssen und werden eine stabile Säule unseres deutschen Finanzsystems bleiben, meine Damen und Herren. Die Bundesregierung steht an Ihrer Seite - nicht zuletzt, weil Sie Garanten für Stabilität und Vertrauen sind.

Das ist die wichtigste Währung in einer Zeit, in der unser Land vor dem wohl größten Umbruch und Aufbruch seit Jahrzehnten steht. Viele sehen die Chance, die gerade für ein innovationsstarkes Industrieland wie Deutschland darin liegt. Dafür sprechen große Investitionen landauf und landab. Andere aber blicken eher skeptisch auf solche Veränderungen.

Wichtig ist, dass wir als Gesellschaft zusammenbleiben, dass wir alle mitnehmen. Auch dazu leisten die Sparkassen einen unverzichtbaren Beitrag. Seit im Jahr 1778 in Hamburg die erste Sparkasse gegründet wurde, eröffnen sie nicht allein wirtschaftliche Perspektiven, sondern auch soziale und kulturelle Möglichkeiten. Das Trikot-Sponsoring für den lokalen Fußballverein, die Förderung des Stadtfestes oder der Bürgerinitiative, die Kunstausstellung an einem Ort, der nicht die große Auswahl an Museen und Galerien hat wie Hannover, Hamburg oder Berlin - auch dafür stehen die Sparkassen, und auch darauf kommt es an, gerade jetzt.

Wer sich für den Zusammenhalt einsetzt, legt die Grundlage für eine gute Zukunft. Das tun wir. Dieses „Wir“ schließt die Sparkassen ein, und das seit rund 250 Jahren.

50 Jahre davon haben Sie sich, lieber Herr Schleweis, für die Sparkassen eingesetzt, die vergangenen fünf Jahre als Präsident des DSGV. Bevor Sie Ende dieses Jahres an Herrn Reuter übergeben, gilt deshalb mein herzlicher Dank besonders Ihnen.

Ich erinnere mich gern an die vielen vertraulichen Gespräche, die wir geführt haben, den guten Rat, den ich bekommen habe. Sie haben Ihrem Verband, den Sparkassen und damit unserem Land sehr wertvolle Dienste geleistet. 

Schon jetzt alles Gute und schönen Dank für die Einladung.