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Symbolfoto: Olaf Scholz
Photothek
05.06.2024 | Berlin

Rede anlässlich des Tags der Bauindustrie

Sehr geehrter Herr Hübner,
meine Damen und Herren,

es war mir sehr wichtig, heute zu Ihnen zu kommen. Ich weiß um die derzeitigen Schwierigkeiten Ihrer Branche, ich weiß um die Bedeutung für unsere Volkswirtschaft und den gesellschaftlichen Zusammenhalt.

Mit mehr als 350.000 Unternehmen mit 2,6 Millionen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, mit 370 Milliarden Euro Umsatz ist die Bauwirtschaft insgesamt im wahrsten Sinne des Wortes der Schlüsselsektor unseres Landes. Denn auf dem Weg in unsere Zukunft als klimaneutrales, erfolgreiches Industrieland mit lebenswerten Städten für alle Einkommensschichten müssen wir gemeinsam viele Türen öffnen.

Aber keine einzige von ihnen öffnet sich ohne die Arbeit der vielen hochmotivierten und fachlich hervorragend qualifizierten Frauen und Männer, die wissen, wie man Häuser, Straßen, Brücken, Fabrikhallen und Kraftwerke baut. Es sind die Ingenieurinnen, Beton- und Stahlbetonbauer, Fliesenlegerinnen, Industrieisolierer und Kranführerinnen, es sind die Tiefbau-, Straßen- und Gleisbauer und es sind die 40.000 Auszubildenden, es sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bauwirtschaft, ohne die sich in Deutschland nichts bewegen würde. Danke dafür!

Lassen Sie mich mit einer Nachricht einsteigen, die für unser Land, aber auch für Ihre Branche eine gute ist: Deutschlands Bevölkerung wächst. Nie hatte Deutschland so viele Einwohner wie heute, und anders als noch vor ein, zwei Jahrzehnten legen die Berechnungen der Experten nahe, dass wir noch mehr werden. In den Siebzigerjahren dieses Jahrhunderts könnte Deutschland nach heutigen Schätzungen bis zu 90 Millionen Einwohner haben.

Die schlechte Nachricht muss ich allerdings gleich anschließen: Daran haben wir zu lange nicht geglaubt. Immer wieder haben Planerinnen und Planer gedacht, dass unsere Städte und unser Land quasi zu Ende entwickelt seien und dass man es bei der Infrastruktur mit ein paar Ausbesserungsarbeiten bewenden lassen kann – und wie Sie gesagt haben, ist das auch nicht immer vollständig gemacht worden. So haben wir unsere Infrastruktur auf Verschleiß gefahren, anstatt sie auszubauen, und bezahlen für alle Einsparungen bei Schiene, Straße, Stromleitungen und Telekommunikationsnetz heute doppelt und dreifach, mit Zugverspätungen, Straßensperrungen und Funklöchern.

Bleiben wir zunächst beim Wohnungsbau: Dort hat man sich eingeredet, dass man neben ein wenig Innenverdichtung und Renovierung darauf setzen könnte, dass Wohnraum quasi zwischen den verschiedenen Generationen durchgewechselt wird. Wie wir aber sehen, funktioniert das nicht. Denn es wächst nicht nur die Bevölkerung: Seit Jahrzehnten schon wachsen die Bedürfnisse nach mehr Platz und damit auch die durchschnittlichen Wohnungsgrößen, ausgedrückt in Quadratmetern pro Person. Nun wird es aber keiner Planungsbehörde gelingen, den älteren Mietern einer 90-Quadratmeter-Wohnung einzureden, dass 50 Quadratmeter irgendwie auch reichen würden, zumal der heutige Mietpreis dort wahrscheinlich höher wäre als in der größeren Wohnung. Ebenso wenig wird man alle Familien von den Vorzügen hochverdichteter Innenstädte überzeugen können. Wie also weiter?

Ende Februar dieses Jahres habe ich am Spatenstich für einen komplett neuen Stadtteil in Freiburg teilgenommen. Dietenbach wird er heißen, und dort entstehen in einem der angespanntesten Wohnmärkte Deutschlands Wohnungen für 16.000 Personen – und zwar nicht irgendwelche Wohnungen, sondern solche, die die Wohnungsnot tatsächlich lindern, weil von Anfang an darauf geachtet wird, dass die Wohnungen günstig gebaut werden und bezahlbar bleiben.

In seinem Buch „The New Urban Crisis“ beschreibt der Stadtforscher Richard Florida, wie Wohnen in vielen amerikanischen Städten so teuer geworden ist, dass sich normale Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, Krankenschwestern, Polizisten, Arbeiter in einer Fabrik das nicht mehr leisten können. Während es in den Siebzigerjahren und sogar den Achtzigerjahren des letzten Jahrhunderts für einen Arbeiter in New York oder San Francisco noch möglich war, sich eine Wohnung zu mieten, ist das heute praktisch unvorstellbar. Schon diejenigen, die ein Durchschnittsgehalt haben, müssen in weniger attraktive Orte ziehen oder sehr große Pendlerdistanzen in Kauf nehmen. Die Gentrifizierung einzelner Stadtteile führte laut Richard Florida nach und nach zur „Plutokratisierung“ ganzer Städte.

Verstehen Sie mich nicht falsch: Ich freue mich über jede und jeden, die beziehungsweise der sich eine Neubauwohnung für 20 oder 22 Euro Miete pro Quadratmeter oder Kaufpreise jenseits einer Million leisten kann – nur zu! Aber das ist nicht das Gros der Familien in unserem Land, und ich möchte in Deutschland keine Verhältnisse, wo erst Einwohner mit niedrigen und dann immer mehr auch Frauen und Männern mit mittleren Einkommen regelrecht aus den Städten gedrückt werden. Jedem hier werden sicher einige Städte in Deutschland einfallen, bei denen solche Tendenzen erkennbar sind.

Wir müssen also handeln, und das heißt vor allem: Es müssen neue, bezahlbare Wohnungen geschaffen werden. Wir müssen mehr und anders bauen. Natürlich braucht es weiter Innenverdichtung, aber bitte mit vernünftigen Regeln und nicht mit den tausenden Vorschriften, die das Ganze wieder unglaublich teuer machen – dazu komme ich noch. Aber wir brauchen auch Neubau in großem Stil. Deswegen ist es richtig, dass in unserem Land schon mehr als 20 neue Stadtteile entstehen, auch auf der grünen Wiese, an den Orten, wo wirklich Nachfrage nach Wohnungen besteht – und zwar nicht als Satellitenstädte mit all den Problemen, die man damit so verbindet, sondern mit der nötigen Infrastruktur, Straßen, Schienen und Radwegen, aber genauso auch Geschäften, Grünflächen, Stromtrassen, Ladesäulen, Glasfaser und Mobilfunkabdeckung.

Das gemäß des Bedarfs hinzubekommen – Neubau von bezahlbarem Wohnraum im großen Stil in Verbindung mit der Erneuerung und dem Ausbau unserer Infrastruktur, in Verbindung mit der grundlegenden Modernisierung unseres Landes –, das ist eine der komplexesten Herausforderungen, vor denen wir derzeit stehen – wir als Team aus Staat und Privatwirtschaft. Deswegen brauchen wir alle Hände an Deck beziehungsweise auf der Baustelle.

Nach der Zinswende, nach der Inflation, nach den Kostensteigerungen der vergangenen Jahre sehen wir nicht nur im Gewerbebau und im Tiefbau, sondern inzwischen auch im Wohnungsbau Anzeichen für eine Stabilisierung. Die Bauzinsen sind genauso wie Preise für Baumaterialien zuletzt etwas gefallen. Das spiegeln uns auch die Hypothekenfinanzierer wider, die von wachsendem Interesse insbesondere bei privaten Bauherren berichten. Durch sind wir noch lange nicht, aber viele Expertinnen und Experten sehen dank der gesunkenen Inflation Spielräume für Zinssenkungen der Europäischen Zentralbank, und vielleicht hören wir ja auch bald entsprechende Nachrichten.

Parallel dazu haben wir seitens der Bundesregierung einiges auf den Weg gebracht, um die schwierige Lage auf dem Bau zu verändern. Wir sind endlich wieder mit Nachdruck in die soziale Wohnraumförderung eingestiegen. Insgesamt stellt der Bund den Ländern bis 2027 dafür mehr als 18 Milliarden Euro zur Verfügung. Wenn die Länder sich wie üblich beteiligen, werden 45 Milliarden daraus, und das ist dann ein Rekordniveau, eine Verdreifachung im Vergleich zum Beispiel zur letzten Legislaturperiode. Vielleicht darf ich das an dieser Stelle sagen, weil ja zu Recht auch immer nachgewiesen wird, dass viele Wohnungen nicht mehr als Sozialwohnungen geführt werden, weil sie aus der Förderbindung herausgefallen sind. Sie spielen trotzdem eine ganz zentrale Rolle.

Ich habe mir das einmal angeschaut: In den großen und mittleren Städten in Deutschland, in denen der geförderte Wohnungsbau in den letzten hundert Jahren eine Rolle gespielt hat, sind oft die Hälfte der Wohnungen irgendwann in dieser Zeit einmal als geförderte Wohnungen entstanden. Das hat diese Städte bis heute bezahlbar gehalten, das darf man nicht vergessen. Ganz oft sind die Wohnungen auch nicht sehr teuer geworden, wenn sie von kommunalen Wohnungsgesellschaften, von Genossenschaften oder von Vermietern, die eh nicht das Letzte aus allem herausholen, gehalten werden. Das ist aber etwas, was den Markt immer mitgeprägt hat, und deshalb ist die Tatsache, dass dafür wieder mehr Geld zur Verfügung steht, wichtig für den Wohnungsbau in Deutschland.

Erst heute haben wir in der Bundesregierung außerdem beschlossen, eine neue Wohngemeinnützigkeit einzuführen. So schaffen wir einen weiteren Anreiz, dass Sie mehr bezahlbaren Wohnraum herstellen können – dann im Wesentlichen privatwirtschaftlich initiiert, aber dafür schaffen wir einen Rahmen, und es gibt Frauen und Männer, die ihr Vermögen für diese Zwecke einsetzen wollen. Warum wollen wir ihnen nicht möglich machen, dass das in großer Zahl geschieht?

Übrigens kennen wir alle – wenn ich das bei dieser Gelegenheit einflechten darf ‑ auch noch die vielen Siedlungsteile, die einmal von Firmen errichtet worden sind. Das ist ja auch irgendwie ein wenig aus der Mode gekommen, und ich hoffe, dass es ein bisschen anders wird. Wir haben die steuerlichen Rahmenbedingungen dafür geschaffen. Jetzt müssen nur noch viele Unternehmen auf die Idee kommen, dass das vielleicht etwas mit HR zu tun haben könnte.

Hinzukommt ein großes Paket zur Stabilisierung der Bau- und Wohnungswirtschaft. Wir unterstützen bezahlbares, nachhaltiges Bauen durch zinsverbilligte Kredite mit insgesamt mehr als zwei Milliarden Euro für dieses und das vergangene Jahr. Wir verbessern die Wohneigentumsförderung für Familien mit insgesamt 700 Millionen Euro für 2023 und 2024. Zudem fördern wir den Umbau leerstehender Gewerbeimmobilien zu neuen Wohnungen und unterstützen mit dem Programm „Jung kauft Alt“ den Erwerb von älteren Bestandsgebäuden. Dafür haben wir in diesem Jahr fast 500 Millionen Euro eingeplant. Zusätzlich haben wir verbesserte Abschreibungsmöglichkeiten und Steueranreize für den Bau von bezahlbaren Wohnungen geschaffen.

Auch darüber hinaus – es geht ja nicht nur um Wohnungen – investieren wir wieder in unser Land – in diesem Jahr deutlich mehr als 100 Milliarden Euro. Sie haben ausgerechnet, dass die 100 Milliarden gar keine 100 Milliarden sind. Wir finden aber, es sind 100 Milliarden.

Die Investitionsquote des Bundes liegt in diesem Jahr bei fast 15 Prozent. Das sind 80 Prozent mehr als unter der Vorgängerregierung, trotz der Haushaltskonsolidierung, und ich will Ihnen, weil Sie es angesprochen haben, gerne zusagen: Wir werden auch weiter eine hohe Investitionsquote haben – für alles, was notwendig ist, aber ganz besonders auch für die Infrastruktur in unserem Land.

Wir investieren nicht mit der Gießkanne, sondern gezielt dort, wo das zusätzliches Wachstum verspricht – auch für die Bauindustrie. Es werden neue Windkraftanlagen und Glasfaserleitungen gebaut. Wir erneuern Schienen, wir bauen bessere Straßen und neue Brücken. Hersteller von Mikrochips, Batterien, Biotechnologie, IT und KI investieren Milliardensummen in Deutschland. Auch solche Investitionen tragen zur Stabilisierung Ihrer Branche bei und auch deshalb setze ich mich mit Nachdruck dafür ein.

Nur ein Beispiel: Ich war vor einigen Wochen in Alzey in Rheinland-Pfalz. Dort investiert der Pharmahersteller Eli Lilly 2,3 Milliarden Euro in ein hochmodernes Werk. 1.000 Arbeitsplätze entstehen dort dauerhaft, wurde mir gesagt, und noch einmal knapp 2.000 weitere in der Aufbauphase, vor allem in der Bauwirtschaft.

Eines muss aus meiner Sicht noch hinzukommen, damit es wieder richtig aufwärts geht in der Bauindustrie, und das hängt weder von Zinsentscheidungen noch von der internationalen Konjunktur ab, dafür brauchen wir weder Förderprogramme noch Abschreibungen noch Subventionen. Die Rede ist natürlich vom Bürokratieabbau und von schnelleren Verfahren – Sie haben das zu Recht ganz ausführlich dargelegt.

Von den über Jahre von Bund, Ländern und Kommunen und der Europäischen Union geschaffenen Zuständen muss ich Ihnen hier wahrscheinlich nicht viel erzählen. Mich hat vor kurzem aber doch wieder eine Zahl aus Brandenburg erschrocken. Bei der Vorstellung eines Beschleunigungsprogramms zum Netzausbau schilderte der brandenburgische Wirtschaftsminister die derzeitige Ausgangslage. Größere Projekte im Stromnetz seien dort aus Sorge um das letzte Promille Rechtssicherheit praktisch nicht mehr zu genehmigen. Man sei bei durchschnittlich zwölf Jahren Antragsdauer angekommen.

Wir brauchen nicht darum herumzureden: Wenn diese Zustände so bleiben – und die Geschichte aus Brandenburg ist definitiv kein Einzelfall –, dann haben wir nicht nur beim Bauen und bei der Energiewende, sondern dann haben wir als Land insgesamt ein riesiges Problem. Das muss sich ändern.

Dennoch haben viele frühere Regierungen davor kapituliert, dieses Bürokratiedickicht zu lichten. Aber damit ist – das will ich Ihnen sehr klar versprechen – jetzt Schluss. Deshalb haben wir uns auf den Deutschlandpakt geeinigt, um Planungs- und Genehmigungsverfahren schneller und einfacher zu machen. Mit den ersten Beschleunigungspaketen haben wir schon eine Trendwende zumindest bei den Ausbauzahlen und auch bei den Genehmigungsdauern für erneuerbare Energien erreicht. Erstmals sind wir fast „on track“, was unsere Ausbauziele angeht.

Jetzt machen wir mit der größten Reform des Immissionsschutzgesetzes seit 30 Jahren weiter. Vielen muss ich vielleicht erst einmal erklären, was sich dahinter verbirgt – Ihnen aber nicht, denn Sie wissen ja aus der Praxis, wie viele Aktenordner an Gutachten, Anträgen, Plänen und Zeichnungen Sie bislang in die Ämter tragen mussten. Da wird dann zum Beispiel geprüft, ob ein Windrad oder eine umweltfreundlichere, effizientere Industrieanlage negative Auswirkungen auf irgendeine Vogel- oder Blumenart hat. Da folgen dann Ortstermine und Expertengutachten, und darüber gehen Monate ins Land. Nicht falsch verstehen: Ich will den Blumen und den Vögeln gar nichts. Aber beim Bau neuer Leitungen, beim Aufbau einer neuen Energieversorgung oder klimafreundlicher Produktion, da geht es doch gerade um den Umwelt- und Klimaschutz und da geht es um Zeit. Deshalb wollen wir nicht mehr nur die einzelne Blume betrachten, sondern das „bigger picture“, die Empfindlichkeit des ganzen Gebiets.

Wir setzen zur weiteren Beschleunigung jetzt außerdem auf voll digitalisierte Verfahren mit mehr Möglichkeiten, diese abzukürzen, auf klarere Fristenregelungen und auf vorzeitigen Baubeginn. Zusätzlich werden wir im Bund noch in diesem Jahr eine umfassende Novelle des Baugesetzbuches auf den Weg bringen. Darin werden wir unter anderem die Bauplanung und den Wohnungsbau vereinfachen und beschleunigen und den Ausbau der Energieversorgung erleichtern.

Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang noch ein wichtiges Anliegen der Bauindustrie ansprechen: Wir haben uns im Koalitionsvertrag zum Ziel gesetzt, das Vergaberecht umfassend zu reformieren. Auch Sie haben das eben angesprochen, und ich will Ihnen hier die Antwort geben: Das passiert auch. Die Vorteile liegen nämlich ganz klar auf der Hand: Vereinfachung und Beschleunigung. Den Gesetzgebungsvorschlag dazu legen wir in Kürze vor. Vorgesehen ist zum Beispiel mehr Flexibilität beim Losgrundsatz, der größere Bauvorhaben aufteilt und bisher in die Länge gezogen hat. Ich weiß, das war und ist auch bei Ihnen durchaus umstritten und einigen gleichzeitig ein Dorn im Auge.

Wir schauen weiter, wo wir schneller und einfacher werden können und müssen, und zwar mit der Zielsetzung, dass unser Land modernisiert wird und wir gleichzeitig mehr erschwinglichen Wohnraum zum Beispiel schaffen, damit unsere Städte und Dörfer bezahlbar und lebenswert bleiben. Das ist unser Anspruch, und dabei will ich auch bleiben. Auch deshalb habe ich seinerzeit einmal gesagt ‑ ich muss es hier ansprechen –: Wir brauchen 400.000 neue Wohnungen im Jahr – wohl wissend, dass dies selbst unter normalen Bedingungen eine große Herausforderung werden würde. Durch die Tatsache, dass wir nun durch Krisen geschüttelt worden sind – mit der coronabedingten Lieferkettenkrise und den Folgen für Preise, mit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine und der Explosion der Energiepreise sowie der ganzen Kostenkonsequenz ganz besonders für die Bauwirtschaft und auch für viele andere – ist das schwerer geworden, als wir es uns gedacht haben. Weil das jetzt so schwer ist, dürfen wir uns aber nicht auf den immerhin erreichten knapp 300.000 Wohnungen ausruhen, sondern wir müssen sagen: Da muss etwas an Wachstum geschehen. Diese Botschaft möchte ich auch hier unbedingt sagen; denn Sie müssen als Unternehmen ja in Kapazitäten investieren, die in der Lage sind, diese Nachfrage auch zu bedienen. Wenn Sie nicht daran glauben, dann wird es nicht gelingen, genügend Produktionskapazität zu haben. Verlassen Sie sich deshalb darauf: Wir werden nicht aufhören, ehrgeizige Ziele zu setzen. Wir müssen die großen Herausforderungen unseres Landes bewältigen.

Zumal wir ja manche Potenziale noch gar nicht richtig nutzen – serielles Bauen zum Beispiel, Sie haben darüber geredet. Ich habe mich sehr früh damit auseinandergesetzt – auch in einem anderen Amt, das ich als Bürgermeister einer größeren Stadt hatte –, und es war ganz interessant, diese Diskussion zu führen. Ich darf vielleicht anekdotisch sagen, was mich als allererstes überzeugt hatte. In der Flucht- und Migrationskrise haben wir der städtischen Wohnungsbaugesellschaft irgendwann gesagt: Könnt ihr nicht diese Siedlung an anderer Stelle noch einmal bauen? Die hatte ja einen Preis für Architekten bekommen. Das haben die dann auch gemacht. Das hat keiner gesehen, weil die Stadt groß genug ist; man sieht dann nicht, dass da so ein ähnliches Haus steht. Das Ergebnis war aber eine erhebliche Kosteneinsparung – und zwar nur durch etwas, was gar nicht geplant war, nämlich einfach nur die Wiederholung einer Sache, die schon einmal gemacht worden war. Aber wenn man das jetzt macht, dann kann man da sehr viel einsparen – zum Beispiel, indem die Grundstruktur eines Hauses immer wieder gebaut werden kann, wenn sie einmal genehmigt worden ist.

Deshalb haben wir uns im Rahmen des Deutschlandpaktes – auf den ich schon zu sprechen gekommen war – vorgenommen, dass die Länder Typengenehmigungen gegenseitig anerkennen. Nun wissen Sie ja: Der erste Schritt ist, dass es die Möglichkeit der Typengenehmigung in jedem Land geben muss, und dann muss sie noch gegenseitig anerkannt werden. Wir wollen das aber unbedingt erreichen; denn das spart eine Menge Geld und Zeit. Außerdem macht das Industrialisierungsprozesse, Modernisierungsprozesse in der Bauwirtschaft überhaupt erst möglich; denn ansonsten kann das nur schwer gelingen. Ich finde, es ist wichtig, dass wir das versuchen, genauso wie noch Luft nach oben ist, wenn es um die Digitalisierung des Bauwesens geht. Sie haben alles gesagt, was dazu zu sagen ist. Wir wollen uns an die Arbeit machen, um das möglich zu machen, damit Planungen und Genehmigungen von Gebäuden schneller, effizienter und kostengünstiger möglich sind.

Insofern ist es gut, dass wir nun alle Länder verpflichtet haben, bis spätestens Mitte 2024 flächendeckend den digitalen Bauantrag einzuführen. Mitte 2024 – Sie alle haben ja einen Kalender bei sich. Ich glaube, wir fragen einmal nach. Es könnte aber klappen. Jedenfalls ist das ein Teil des Deutschlandpaktes, den wir miteinander vereinbart haben. Das kann – Sie haben darauf hingewiesen – auch nur der Beginn sein; denn wir müssen alle Vorteile nutzen, die die Digitalisierung und auch die Nutzung von KI für das Bauen mit sich bringen können.

Ich könnte jetzt noch eine Weile weitermachen – Sie wissen selbst am besten, wie weit das Feld ist, auf dem wir uns hier bewegen. Ich muss und will aber zum Schluss kommen und will deshalb mit dem Gedanken vom Anfang schließen, weil hier wirklich der Unterschied zur Herangehensweise der Vergangenheit herauskommt: Deutschland wächst. Das ist eine gute Nachricht. Und wir sind auf dem Weg, klimaneutral zu werden und ein erfolgreiches, lebenswertes Industrieland zu bleiben. Auch das ist positiv. Dafür aber reicht die jahrelange Verwaltung des Istzustandes nicht mehr aus. Vielmehr braucht es dafür einen Ausbau der Infrastruktur, mehr Wohnungen, mehr Tempo, mehr Investitionen und auch mehr Mut, einfach mal zu machen – im Team zwischen Staat und Privatwirtschaft. Das ist unsere Orientierung, das ist die Basis für unsere Baupolitik.

Schönen Dank!