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30.09.2011

Rede auf der 887. Sitzung des Bundesrates

 

 

Herr Präsident,

meine Damen und Herren,

 

es gibt wenige Projekte, die politisch und auch moralisch so sehr aufgeladen sind, wie der Euro.

 

Als vorläufiger Schlussstein der europäischen Integration steht er für weit mehr als nur eine gemeinsame europäische Währung und das Bekenntnis zu einem gemeinsamen Wirtschaftsraum innerhalb der Europäischen Union.

 

Zugleich soll der Euro auch Garant der sozialen Kooperation und der gemeinsamen Friedenspolitik sein. Er soll Identität schaffen und für Legitimation europäischer Politik sorgen. Was die starke D-Mark für die Bundesrepublik in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts geleistet hatte, soll nun der Euro für ganz Europa schaffen.

 

Die gemeinsame Währung und der Stabilitätspakt sollen den Korridor definieren, in dem die Mitgliedstaaten der Europäischen Union zu einer vertieften Kooperation finden.

 

Das ist bislang noch nicht wirklich gelungen. Zugleich aber bietet die aktuelle europäische Krise die Gelegenheit, diesen Prozess der europäischen Einigung endlich voranzubringen.

 

Dabei ist Augenmaß wichtig. Denn bei allem verständlichen europäischen Pathos kann man ein Projekt mit zu großen Erwartungen leicht überfordern und letztlich erdrücken. Wir müssen uns Schritt für Schritt vorwärts bewegen.

 

Mancher aktuellen Einlassung zur aktuellen Krise, die in den Medien immer wieder als Euro-Krise apostrophiert wird, möchte man deshalb  entgegnen: Geht’s nicht auch eine Nummer kleiner? Groß genug sind die Probleme dann immer noch.

 

Europa ist aktuell nicht in Gefahr. Aber wir wissen mittlerweile sehr genau, wie die Mechanismen funktionieren: Eine Finanzkrise wird schnell zu einer Wirtschaftskrise, die wiederum ganze Gesellschaften in soziale Probleme stürzen und am Ende die Demokratie in Bedrängnis bringen kann. Weniger durch aktive Proteste als vielmehr durch resignative Apathie gegenüber einer Politik, die das Heft des Handelns aus der Hand gegeben hat.

 

Das nämlich ist der tieferliegende und eigentlich gefährliche Kern der aktuellen Turbulenzen auf den Finanzmärkten: Sie treffen politische Systeme, in denen sich Regierungen übernommen und dann zu spät gegengesteuert haben betäubt vom süßen Gift des Schuldenmachens. Jetzt folgen der Kater und die Erkenntnis, dass sie handlungsunfähig dastehen und gezwungen sind, sich dem Diktat anderer zu unterwerfen.

 

Länder, denen die Staatsschulden entglitten sind, spüren heute einen fiskalischen Druck, der ihnen buchstäblich den gestalterischen Atem raubt. Ihnen fehlen die Spielräume, um demokratisch gewünschte Projekte umzusetzen und damit die Bedürfnisse ihrer Bürgerinnen und Bürger zu befriedigen.

 

Man stelle sich nur einmal vor, wir würden in Deutschland Sparprogramme im Ausmaß dessen fahren, was die Griechen gerade erleben: Rentenkürzungen, Steuererhöhungen, Entlassung zigtausender Beamter. Was wäre hier auf den Straßen los? Das sollte sich jeder gut überlegen, bevor er vorschnell fordert, dass die Griechen noch drastischer, noch härter und noch konsequenter sparen müssten. Solche kraftmeierische Rhethorik lenkt nur davon ab, dass wir in ganz Europa vor großen Anstrengungen stehen.

 

Die harten Konsolidierungsanstrengungen Griechenlands sind dann sinnvoll, wenn sie mit klugen europäischen Initiativen korrespondieren. Denn bevor die Schuldenberge nicht abgebaut sind, werden die betroffenen Staaten ihre politischen Handlungsräume nicht zurückgewinnen können. Erst im Verbund mit dieser strukturellen Sanierung können auch konjunkturelle Impulse Wirkung entfalten.

 

Meine Damen und Herren,

 

 

zu hohe Staatsschulden bedeuten am Ende immer auch ein Demokratieproblem, das ohne Haushaltsdisziplin nicht in den Griff zu bekommen ist.  Auch in Deutschland müssen wir darauf achten, dass wir nicht auf diese schiefe Ebene geraten. Das Instrumentarium der Schuldenbremse haben wir aber es einzusetzen wird nicht leicht. Das muss sich jeder klar machen, der der heute hier zur Besprechung stehenden Aufstockung der European Financial Stability Facility (EFSF), des Europäischen Stabilitätsfonds‘ zustimmt.

 

Dieser Mechanismus soll den Euro stabilisieren. Er schafft damit für manche unserer europäischen Nachbarn überhaupt erst wieder die Gelegenheit, sich um vernünftige Staatsfinanzen zu kümmern.

 

Er ist deshalb letztlich nicht  weniger als die unverzichtbare Bedingung der künftigen Möglichkeit politischer Gestaltung.

 

Zugegebener Maßen eine Bedingung, die uns hier in Deutschland einiges abverlangt und die Konsolidierung unserer eigenen Haushalte nicht erleichtern wird.

 

Wenn ich hier heute dennoch vehement für eine Unterstützung werbe, dann hat das erstens

etwas mit den grundsätzlichen demokratiepolitischen Erwägungen zu tun, die ich angesprochen habe.

 

Und zweitens sind dafür natürlich  auch makroökonomische und geldpolitische Überlegungen relevant.

 

Wenn wir über den Euro reden, dann müssen alle wissen: Der Euro ist nicht nur eine europäische Währung; er ist zugleich die nationale Währung mehrerer Mitgliedsstaaten der Europäischen Union. Darum ist der Euro auch unsere Währung hier in Deutschland.

 

Wir täten gut daran, ein wenig des früher viel beschworenen D-Mark-Patriotismus heute auf den Euro zu übertragen. Der Euro ist nicht bloß ein Symbol, er ist nicht irgendeine abstrakte europäische Erfindung, die derzeit in Schwierigkeiten steckt, sondern er ist unsere Währung. Der Euro ist nach dem Vorbild der D-Mark geschaffen worden, wenn ich mir das EZB-System und die Verpflichtung auf Preisstabilität ansehe. Und er ist Grundlage unseres Wohlstands mit einem stabilen Außenwert und einer Inflation, die seit Jahren unter drei Prozent liegt.

 

Mehrere der Mitgliedsstaaten der Europäischen Union haben zurzeit erhebliche Probleme, ihre Staatsschulden zu refinanzieren. Weil ihre Währung auch die unsere ist, kann uns die Schuldenkrise dieser Länder nicht gleichgültig lassen. Wir müssen ihnen helfen und uns so auch um den Euro kümmern. Denn: Wenn wir ihnen helfen, helfen wir auch uns selbst.

 

Dazu müssen wir Mechanismen schaffen, die es diesen Staaten ermöglichen, ihre Staatsschulden so zu refinanzieren, dass sie nicht an den Rand eines fiskalischen Infarkts kommen, sondern die Chance auf eine gute wirtschaftliche Entwicklung erhalten.  Das soll der vorläufige europäische Rettungsschirm leisten, über den wir heute hier zu entscheiden haben.

 

Meine Damen und Herren,

 

 

die Zahlen, die in diesem Zusammenhang aufgerufen werden, müssen auf jeden Bürger und jede Bürgerin nachgerade monströs wirken. Es ist im Wortsinne unfassbar, wenn dreistellige Milliardenbeträge benötigt werden, um eine Volkswirtschaft zu retten.

 

Kein Wunder, dass mancher sich in diesen Tagen fragt, ob es richtig ist, Griechenland und potenziell weiteren Schuldenstaaten in der vereinbarten Art und Weise zu helfen.

 

Worum geht es? Die europäischen Staaten stellen einen Rettungsschirm zur Verfügung und im Gegenzug ergreifen die Griechen harte Konsolidierungsmaßnahmen. Die Europäische Union kontrolliert, ob diese Vereinbarung von der griechischen Regierung und dem griechischen Parlament auch eingehalten wird.

 

Aus meiner Sicht ist das ein vernünftiger und plausibler Weg, denn niemand weiß wirklich, was geschehen würde, wenn der griechische Staat nicht mehr in der Lage wäre, seine Staatsschulden zu bedienen. Niemand könnte garantieren, dass das nicht unmittelbar Folgen zum Beispiel für Italien, Spanien, Portugal oder Irland hätte.

 

Zwar spricht manches dafür, dass diese Staaten auch in Zukunft in der Lage sein werden, ihre Staatsschulden zu refinanzieren. Ob das aber auch noch stimmte, wenn die griechischen Restrukturierungsbemühungen scheiterten, kann keiner sicher vorhersagen. Ob in solch einem Fall alle Käufer von Staatsanleihen ausreichendes Vertrauen in diese Volkswirtschaften behalten ist nicht zu prognostizieren.

 

Deshalb wäre es sehr unverantwortlich, es einfach darauf ankommen zu lassen. Darauf liefe ja letztlich der eine oder andere Ratschlag hinaus, den wir in diesen Tagen und Wochen und Monaten hören mussten. Zur Unzeit wurde von einer Insolvenz Griechenlands gesprochen. Mit einer vergleichbaren Argumentation sind Lehman Brothers in die Pleite geschickt worden wir alle wissen, mit welchem Ergebnis…

 

Auch im aktuellen Fall drohte eine Kettenreaktion, die weder zu kalkulieren noch zu beherrschen wäre. Wenn nämlich nicht nur Griechenland mit seinen rund 2,5 Prozent Anteil am Sozialprodukt des Euroraums in Schwierigkeiten wäre, sondern weitere Euro-Länder eine dramatische wirtschaftliche Krise durchzustehen hätten, weil die Staatsschulden nicht refinanziert werden können, hätte das unmittelbare Folgen nicht nur für die Entwicklung der europäischen Wirtschaft. Es würde die Weltwirtschaft ins Trudeln bringen.

 

Eines ist ganz klar, Deutschland als exportstarke und europäisch verflochtene Volkswirtschaft wäre davon betroffen und damit auch die Sicherheit von Arbeitsplätzen und Unternehmen.

 

Deshalb geht die aktuelle Situation uns alle an. Und deswegen erfordern die Zeiten sorgfältiges und unaufgeregtes politisches Handeln. Das ist das Gegenteil der parteipolitischen Manöver, die das Wasser der Euro-Debatte in den letzten Wochen manches Mal kabbelig gemacht haben.

 

Wer suggeriert, dass ein Ausscheiden Griechenlands aus der Euro-Zone wieder in selige alte Zeiten zurückführte, der täuscht die Bürgerinnen und Bürger. Die aktuelle Schuldenkrise ändert die europäischen Geschäftsbedingungen grundlegend und unumkehrbar. Nichts wird sein, wie es war. Wer anderes behauptet, hat um es höflich zu formulieren ein zu entspanntes Verhältnis zur Realität.

 

Das gilt auch für alle D-Mark-Phantasien. Deutschland ist für eine Weltwährung zu klein. Selbst der Euroraum ist es ja manchmal noch.

 

Es gibt keine einfachen Lösungen in der jetzigen Situation. Wir werden uns anstrengen müssen.

 

Wir müssen neue Regularien für Europa entwickeln gemeinsam mit den derzeit unter Druck stehenden Ländern.

 

Populistische hausgemachte Turbulenzen können sich Deutschland und Europa dabei nicht leisten. Wir haben jede Menge Arbeit vor uns.

 

Meine Damen und Herren,

 

 

wichtig ist, dass es nicht reicht, Krisen nur gut zu managen, nachdem sie entstanden sind. Wir müssen zu klaren gemeinsamen Projekten kommen, mit denen wir die europäische Wirtschafts- und Finanzordnung dauerhaft stabilisieren. Ich will die drei aus meiner Sicht wichtigsten Punkte kurz skizzieren:

 

Erstens: Wir brauchen in der Euro-Zone ein gemeinsames Verständnis für den Umgang mit den öffentlichen Haushalten. Das ist die Grundlage der Solidarität, die sich jetzt im EFSF und später im ESM ausdrücken soll.

 

Ich habe nie einen Zweifel daran gelassen, dass ich ein entschiedener Anhänger der Schuldenbremse des Grundgesetzes bin.

 

Wir müssen auch in Europa darüber einig werden, dass die historische und über Jahrzehnte gewachsene Staatsverschuldung nicht mehr weiter anwachsen darf. Deshalb ist es richtig, wenn jetzt auch in anderen Ländern über eine konstitutionelle Schuldenbremse und eine daran geknüpfte Verpflichtung zu zukünftig ausgeglichenen Budgets geredet wird. Daraus sollte ein gemeinsames Verständnis über die Haushaltspolitik der verschiedenen Länder wachsen.

 

Dieser Konsens ist auch erreichbar, leichter erreichbar jedenfalls als ein Konsens über alle Fragen der Wirtschafts-, Finanz- und Sozialpolitik.

 

Wenn wir einen solchen Konsens über ausgeglichene Budgets als Verfassungsprinzip haben, dann ist der Spielraum für unterschiedliche politische Strategien innerhalb der Euro-Zone da. Viele Wege führen zu einem gesunden Haushalt.

 

Letztendlich müssen sich die einzelnen Länder demokratisch selbst entscheiden, ob sie für zusätzliche Ausgaben höhere Steuern verlangen wollen oder wegen geringerer Steuern geringere Ausgaben akzeptieren.

 

Diese demokratischen Entscheidungen werden aber überhaupt erst möglich, wenn das Maßhalten beim Schuldenmachen allgemein akzeptiert ist.

 

Zweitens: Wir brauchen eine Strategie, wie die Europäische Union die Einhaltung der Schuldenbremse in den einzelnen Mitgliedstaaten im Zweifel durchsetzen kann.

 

Das kann angesichts der Vielfalt Europas nicht dadurch geschehen, dass alle Fragen des wirtschaftlichen und sozialen Lebens einheitlich geregelt werden. Andererseits reicht die Koordinierung in gemeinsamen Treffen zu Wirtschaftsfragen auch nicht aus.

 

Allerdings: Was eine europäische Wirtschaftsregierung können soll und was nicht, ist noch längst nicht klar. Mit der richtigen Idee verfolgen nicht Wenige auch problematische Konzepte. Vorstellungen, wonach eine solche Wirtschaftsregierung auch die Möglichkeit haben sollte, Exportquoten für einzelne Länder festzulegen, sind jedenfalls gefährlicher Unsinn.

 

Und in dieser Hinsicht wird über das in dieser Woche vom Europäischen Parlament beschlossene sogenannte Six-Pack noch zu reden sein.

 

Im Stabilitäts- und Wachstumspakt gibt es auch konkrete Vorschriften, die sich bislang als nicht handhabbar erwiesen haben. Wir brauchen vor allem intelligentere Reaktionsmöglichkeiten im Krisenfall. Dazu gehört, dass wir insbesondere die bisherige Sanktionslogik aufgeben. Es ist nicht vernünftig, einem Land das ohnehin schon Budgetschwierigkeiten hat, auch noch zusätzliche Strafzahlungen vorzuschreiben, wie es heute der Fall ist.

 

Vielmehr sollte der Kommission künftig das Recht eingeräumt werden, den Ländern, die gegen die Stabilitätskriterien und die Zielsetzung eines ausgeglichenen Budgets verstoßen, verbindliche Regeln hinsichtlich ihrer zu erhebenden Steuern zu setzen. Das ist die notwendige Konsequenz einer veränderten Finanzverfassung in der EU. Eine entsprechende Änderung der europäischen Verträge hätte meines Erachtens großen Sinn.

 

Ausgabenkürzungen sind Sache der nationalen Parlamente. Die kann man nicht vorschreiben. Das wäre ein Fehler. Aber für ausgeglichene Budgets muss die Europäische Union sorgen können, wenn die Staaten das nicht schaffen.

 

Die einzelnen Staaten können dann ja auch dadurch reagieren, dass sie ihre Ausgaben reduzieren, statt die Steuern zu erhöhen.

 

Diese zusätzliche Kompetenz der EU würde die Glaubwürdigkeit des gemeinsamen europäischen Ziels ausbalancierter Budgets erheblich erhöhen. Sie würde zugleich keinen zu weit reichenden Eingriff in die nationale Souveränität in ganz existenziellen Fragen darstellen.

 

Drittens: Wir brauchen weitere Fortschritte in der Koordinierung der Finanz-, Wirtschafts- und Sozialpolitik in Europa, zum Beispiel durch Verabredungen über gemeinsame Bemessungsgrundlagen oder durch gemeinsame regulatorische Initiativen.

 

Vielleicht sollten einige Mitgliedsstaaten vorangehen. Die Absicht des französischen Präsidenten und der deutschen Bundeskanzlerin, gemeinsame Grundlagen für die Besteuerung von Körperschaften zu entwickeln, ist ein solcher Schritt. Ich bin überzeugt, dass sich kluge Lösungen durchsetzen würden. Und es gibt bereits Wege:

 

Der EU-Vertrag sieht ausdrücklich die Möglichkeit für einzelne Mitgliedstaaten vor, verstärkt zusammenzuarbeiten. Dazu müssen mindestens neun Länder zusammenkommen, im Idealfall natürlich alle Mitglieder der Euro-Zone. Sie müssten sich auf Vorschlag der Kommission eine Ermächtigung durch den Rat holen und könnten dann vorexerzieren, wie der künftige Pfad gemeinsamer Rechtsetzung aussehen könnte. Das ist bislang noch kaum ausprobiert worden, weil es viele es für recht mühsam halten. Ich bin mir aber sicher, dass solche Pfadfinder-Projekte keine Abkehr von der gemeinsamen Europa-Idee bringen werden, sondern neue Impulse und eine dynamischere Entwicklung.

 

Hinzu kommt auf europäischer Ebene die notwendige Debatte über die Regulierung der Finanzmärkte. Nicht erst seit 2008 wissen wir, dass den internationalen Finanzströmen, die kulturelle, soziale und auch politische Einbettung fehlt. Ohne diese Rahmenbedingungen aber verselbstständigen sich Marktmechanismen und zielen nicht mehr auf gesellschaftliche Mehrwerte, sondern auf bloße, quasi autologische Erfüllung ihres Zwecks.

 

Wer eine neue Prosperitätskonstellation in Europa schaffen will, der muss auch über die Instrumente reden, die die Finanzmärkte im Rahmen halten. Die viel beschworene Finanztransaktionssteuer ist da nur die Spitze des regulatorischen Eisbergs. Wir brauchen insgesamt mehr kluge financial governance in Deutschland und in Europa.

 

Dazu gehört auch, dass wir die Selbstregulierungskräfte der Finanzmärkte als unverzichtbares Korrektiv nutzen. Wir beklagen uns heute zwar häufig und zu Recht darüber, dass Ratingagenturen einzelne Staaten schlecht oder verzerrt bewerten. Das darf aber nicht zu dem Schluss führen, dass solche Bewertungen an sich nicht notwendig wären. Mit Spreads lässt sich gut arbeiten, weil sie Risiken in der Bonität klar benennen und für Transparenz auf den Finanzmärkten sorgen.

 

Meine Damen und Herren,

 

 

wie weit man in der europäischen Zusammenarbeit letztlich gehen kann, ist eine Frage, die sich abstrakt nur schwerlich beantworten lässt. Wie Sie vielleicht wissen, hat die SPD 1925 bereits die Bildung der Vereinigten Staaten von Europa  gefordert.  Zugleich haben wir erkennen müssen, dass die Harmonisierung sozialer Standards oder Schutzvorschriften in einem zusammenwachsenden Europa bislang meist unterhalb des deutschen Niveaus erfolgt ist.

 

Dieses Spannungsfeld müssen wir aushalten und immer wieder aufs Neue konkret austarieren.

 

Meine Damen und Herren,

 

 

im klugen Mix dieser drei Vorhaben Schuldenbremse, wirkungsvolle Kontroll- und Sanktionsmechanismen sowie vertiefte europäische Koordinierung der Finanz-, Wirtschafts- und Sozialpolitik liegt ein Schlüssel, um politische Handlungsfähigkeit in Europa zu sichern.

 

Ein Staat kann nur dann seinen demokratisch verlangten Grundfunktionen nachkommen, wenn ihm dafür die notwendigen auch fiskalischen Ressourcen zur Verfügung stehen.

 

Deshalb haben wir uns auch in Hamburg auf den Weg gemacht, bis 2020 die Kriterien der Schuldenbremse in Deutschland zu halten. Nicht mit symbolischen Sparaktionen und Kraftanstrengungen, sondern durch maßvolle Ausgabenentwicklung.

 

Ich hoffe natürlich auch im Interesse der Hafen- und Handelsmetropole Hamburg , dass dieses Beispiel viele Nachahmer findet. Wir brauchen starke Partner und Märkte sowie eine starke Währung in Europa, um weltweit wirtschaftlich bestehen zu können.

 

Dafür, dass das gelingt, können wir heute eine wichtige Grundlage legen.

 

 Schönen Dank!

 

Es gilt das gesprochene Wort.