Sehr geehrter Herr Bezirksamtsleiter,
sehr geehrter Herr Vorsitzender der Bezirksversammlung Mitte,
meine sehr geehrten Damen und Herren,
zuerst einmal herzlichen Dank für die Einladung zum Jahresempfang in diesem historischen Gebäude. Der Name ist heute Programm, denn der Bezirk Mitte ist das Herzstück Hamburgs gerade in seiner Vielfalt und Verschiedenartigkeit. Das kann man ruhig so hervorheben, ohne die Vielfalt und Verschiedenartigkeit der anderen sechs Bezirke in den Schatten zu stellen.
In Hamburg ist die Welt zuhause, es ist eine internationale Stadt. Das kann man auf ihre Bewohner genauso beziehen wie auf die große Zahl von Touristen, die unsere Stadt bevölkern, und nirgends sind wir internationaler als in Mitte. Das gilt für den Rathausmarkt und für den Öjendorfer See, für die HafenCity und Wilhelmsburg. Insgesamt sind das 107 starke Quadratkilometer Hamburg.
In Mitte gibt es mehr Programmgebiete der Stadtteilentwicklung als in allen anderen Bezirken. Es gibt mehr Problemlagen als anderswo, aber es gibt auch besonders viele Möglichkeiten der Entwicklung.
Wie viele es sind, hängt von den Menschen ab. Damit meine ich heute zu allererst diejenigen, die im Bezirksamt und in den Kundenzentren arbeiten. Ein Jahresempfang ist ja auch ein Anlass für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, auf die geleistete erfolgreiche Arbeit des zurückliegenden Jahres zurückzublicken. Sofern dazu die Zeit ist, denn die meisten arbeiten auch zu dieser Stunde für ihren Bezirk und die Stadt. Es ist ein Anlass, einmal ausdrücklich und öffentlich gewürdigt zu werden für die wichtige, oft schwierige, herausfordernde Arbeit, die Tag für Tag geleistet wird. Wobei die Bedingungen oft nicht einfach sind.
Die Personalsituation in den Bezirksämtern zu verbessern, ist das Ziel intensiver Gespräche, die wir zurzeit führen. Erste Schritte hat der Senat getan, zum Beispiel sind zurückkehrende Beschäftigte der City BKK vorrangig in die Kundenzentren sowie die Job-Center vermittelt worden. Die Verstetigung der Ausbildung ist ein Schritt hin zu einer demografisch zukunftsfähigen Personalstruktur. Fortgesetzt wird die interkulturelle Öffnung der Verwaltung. Es ist trotz unserer schwierigen Haushaltslage ein wichtiges Ziel, personelle Engpässe abzubauen und lange Wartezeiten für die Kunden zu vermeiden.
Meine Damen und Herren,
in den Gebieten der Stadtteilentwicklung leben insgesamt über 200.000 Menschen. Das größte Gebiet ist der Entwicklungsraum Billstedt/Horn mit allein 105.000 Einwohnern inklusive Mümmelmannsberg. Hier hat die SAGA GWG umfangreiche Investitionen zugesagt.
Wilhelmsburg ist Sonderfördergebiet im Zuge der Internationalen Bauausstellung IBA und der Internationalen Gartenschau IGS; es ist der zweitgrößte Hamburger Entwicklungsraum. Dort leben knapp 50.000 Menschen. Von der IBA und den Sanierungen, die sie in zwei Sanierungsgebieten begleiten, erwarten wir Impulse für eine positive Entwicklung des für ganz Hamburg so wichtigen Gebietes.
Wilhelmsburg und Billstedt sind auch die Gebiete mit dem höchsten Kinderanteil, während die Entwicklung in den Innenstadtgebieten eher gegenteilig verläuft und dort immer weniger Kinder aufwachsen.
Die auslaufenden oder schon ausgelaufenen Sanierungsgebiete in St. Georg und St. Pauli sind von teilweise heftigem Aufwertungs- und Preisdruck betroffen. Hier sind soziale Erhaltungsverordnungen in Vorbereitung, um die Entwicklung sozial besser verträglich zu machen.
Worauf es ankommt, ist: mehr bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, die innerstädtischen Quartiere lebendiger zu machen, so dass wieder mehr Menschen die Möglichkeit haben, in diesen Stadtteilen zu leben und Kinder großzuziehen.
Der Hamburger Senat hat das Planrecht in der Innenstadt geändert, damit dort künftig mehr Wohnraum entstehen kann. Dies betrifft den Bezirk Mitte sehr unmittelbar, denn innerhalb des Wallrings waren bislang noch in weiten Bereichen Geschäftsgebiete nach einer uralten Baupolizeiverordnung festgesetzt, die das Wohnen ausschloss. Das haben wir geändert. Jetzt können Grundeigentümer beim Umbau oder der Modernisierung ihrer Gebäude oder bei Neubauprojekten auch Wohnungen realisieren.
Meine Damen und Herren,
die Auseinandersetzungen um die zukünftige Gestalt der Stadt sind in ihrer Mitte besonders heftig. Ich nenne als Stichworte die Esso-Häuser, die tanzenden Türme, No BNQ, das Gängeviertel, oder das Gelände des ehemaligen Realmarktes, beziehungsweise der Rindermarkthalle. Eine Hamburger Zeitung hat in jüngerer Zeit regelmäßig Gastautoren die Gelegenheit gegeben, ihre Vorstellungen zu äußern und eigene Visionen vorzustellen. Der Bezirksamtsleiter hat sich eingereiht und es sind hochspannende Vorschläge ans Licht gekommen. Ich finde das gut. Lebendige und beteiligende Stadtgestaltung fängt so an und der Senat wird keiner notwendigen Zukunftsdiskussion aus dem Weg gehen, auch keiner über konkrete Bebauungspläne.
Im Gegenteil, mit dem Vertrag für Hamburg, den die Bezirke und der Senat geschlossen haben, haben wir gemeinsam nicht nur den Wohnungsbau neu und mit konkreten Zielvorgeben angeschoben. Wir haben auch eine neue, konkrete Form des Zusammenwirkens gefunden. Die Bezirke haben den Wohnungsbau zu ihrem Thema gemacht. Das war ein großer Schritt für die ganze Stadt und das wird sich auch an vielen Stellen im Bezirk Mitte auswirken.
Sie kennen meine Meinung, dass die Zukunftsdiskussion in Hamburg auch nicht länger den Gedanken ausschließen sollte, an geeigneten Stellen wieder etwas mehr in die Höhe zu bauen. Von manchem Quartier ließe sich einiger Druck wegnehmen, und das Schreckgespenst der Gentrifizierung zähmen, wenn man für ausreichend bezahlbaren Wohnraum sorgt. Wir müssen das Problem lösen, wie wir eine wachsende Stadt auch tatsächlich sein können statt dass es nur eine vage Verheißung ist, deren Einlösung an fehlenden Wohnungen scheitert.
Meine Damen und Herren,
traditionsbewusste Mitte-Bewohner werden es mir hoffentlich nachsehen, wenn ich auf Wilhelmsburg noch einmal gesondert eingehe. Wilhelmsburg ist eine Stadt mit langer eigener Tradition, gehört aber noch nicht so lange zum Bezirk Mitte. Die Elbinsel verkörpert eine Entwicklung mit hoher praktischer und auch symbolischer Bedeutung.
Beim Sprung über die Elbe geht es um Lebensqualität für die Bewohnerinnen und Bewohner der Elbinseln. Hierbei sind die IBA und IGS zentrale Instrumente. Wir wollen beide zu einem Erfolg für Hamburg führen. Entscheidend für die Wilhelmsburger vor Ort ist die Frage: Verbessert sich dauerhaft die konkrete Lebensqualität? Was bleibt von den Projekten? Wie wird sich die Verkehrssituation verändern?
Für die richtigen Antworten investiert die Stadt allein 90 Millionen Euro in die IBA, 78 in die IGS und 107 Millionen in Infrastrukturmaßnahmen. Das lohnt sich. Bis 2013 sind rund 612 Millionen private Investitionen in Folge der IBA zu erwarten und über 2013 hinaus rund 2,8 Milliarden. Das Potenzial an Wohnungen ungefähr 5000 bis zum Jahr 2020 und die Verbesserung der Bildungs- und Verkehrsinfrastruktur wird weit über die Zeit der Ausstellung ausstrahlen und bleibende Werte schaffen.
Um eine soziale Durchmischung sicherzustellen und zu erreichen, sollten wir neben dem zentralen Instrument des geförderten sozialen Wohnungsbaus langfristig über eine soziale Erhaltungsverordnung auch in Wilhelmsburg nachdenken.
Für die innovativen Bildungsprojekte der Bildungsoffensive, hier sind besonders die Schulen als Stadtteilzentren zu nennen, tragen wir angesichts der hohen Schulabbrecherquote eine besondere Verantwortung für das erforderliche Personal. Der Senat stellt sich dieser Verantwortung, indem er Lehrkräfte von Einsparungen ausgenommen hat. Wir wollen darüber hinaus, dass auch das bisher unterentwickelte privatwirtschaftliche Engagement den Anschluss der Elbinseln an das gesamtstädtische Niveau schafft.
Die Bürgerbeteiligung werden wir auch im Stadtentwicklungsprozess nach IBA und IGS fortsetzen. Hierfür muss es neben den Beteiligungsmöglichkeiten an den einzelnen Projekten auch Foren für den übergreifenden Austausch geben.
Zugleich werden wir jedoch ein verstärktes Augenmerk darauf richten, dass der finanzielle Projektaufwand in einem angemessenen Verhältnis zu seinem Nutzen steht. Dabei werden wir Prioritäten setzen. Wichtig ist, dass Pilotprojekte die Anwendung solcher neuen Technologien demonstrieren, die auch das Potenzial für eine Markteinführung haben.
Wir brauchen Beispiele dafür, dass die Stadt tatsächlich wachsen kann nicht indem man sie zwar zur Wachsenden Stadt erklärt, aber den Wohnungsbau vernachlässigt, der das Wachstum möglich macht. Und der es möglich macht, dass zum Beispiel diese Flussinsel wieder so attraktiv wird, dass dort viele Menschen wohnen wollen.
Am Beispiel Wilhelmsburg wollen wir zeigen, wie man Quartiere zu Vorbildern entwickeln kann auch solche, die früher nicht als vorbildlich gegolten haben. Zu Vorbildern in Vielfalt, aber genauso in sozialem Zusammenhalt. Und in diesem Fall auch besonders im Umwelt- und Klimaschutz. Wir wollen den Sprung über die Elbe nicht nur in eine Richtung, sondern wir wollen, dass umgekehrt Wilhelmsburg selber den Sprung vollzieht und seine Wachstumspotenziale mobilisiert.
Aus der Abwägung heraus, die knappen Mittel effektiv einzusetzen, diskutiert der Senat auch eingehend die Frage der Behördenstandorte. Um es konkret zu machen: Für die Wilhelmsburger Bürgerinnen und Bürger ist es nachrangig, welche Behörde in die neue Wilhelmsburger Mitte zieht entscheidend ist, dass das Bauprojekt vollendet und das Gebäude genutzt wird. Dies ist sichergestellt. Der Senat wird hier nach wirtschaftlichen und funktionalen Kriterien eine sachgerechte Entscheidung über die Nutzung treffen.
Meine Damen und Herren,
ein mindestens ebenso bedeutendes Thema ist die Wilhelmsburger Reichsstraße. Ich befürworte weiterhin die Verlegung. Sie ist ein Großprojekt für Jahrzehnte, das entscheidende Vorteile hat:
Eine Barriere durch den Stadtteil wird beseitigt und dadurch werden neue städtische Entwicklungsmöglichkeiten geschaffen. Die Verkehrssicherheit erhöht sich und die Umweltverträglichkeit steigt. Lärm- und andere Immissionen werden reduziert.
Wir hätten uns eine Fertigstellung bis zum Beginn der IGS gewünscht. Aufgrund der Beratungen seitens des Bundesministeriums für Bau und Verkehr bei der Finanzierung dieses komplexen Projekts, können die Bauarbeiten für die notwendige Gleisverlegung nicht mehr rechtzeitig auf den Weg gebracht werden.
Der neue Senat sucht nun intensiv nach der besten Alternative für Wilhelmsburg und die IGS. Wobei die Verzögerung der Verlegung der Wilhelmsburger Reichsstraße auch Chancen bietet: Die Chance einer zeitlich breiteren und ausführlichen Bürgerbeteiligung, um das Projekt zum Erfolg zu führen. Hamburg hat eine lange republikanische Tradition. Auch die lässt sich weiterentwickeln. Wir bekennen uns zu den neuen Möglichkeiten der Volksgesetzgebung und halten es für einen demokratischen Vorzug, dass die Stadt nicht allein von Bürgerschaft und Senat regiert wird. Wir werden die Bezirke in Hamburg stärken, die Zusammenarbeit zwischen Senat und Bezirksämtern auf eine neue Basis stellen. Das Verhältnis soll durch Dialog und somit auch durch konkrete Vereinbarungen geprägt sein wie beim Vertrag über das Wohnungsbauprogramm geschehen.
Zentraler Bestandteil einer nachhaltigen Mobilitätentwicklung ist auch die Umsetzung der (Rad-)wegekonzepte, für die der Freizeitrundkurs ein Beispiel darstellt. Mit dem Freizeitrundkurs sollen drei multifunktionale und barrierefreie Freizeitwegesysteme von insgesamt 30 Kilometern Länge für Radfahrer, Skater, Läufer und Fußgänger mit Modellcharakter geschaffen werden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren,
unterm Strich zeigt sich: Der Sprung über die Elbe funktioniert. Nicht nur das Image der südlichen Stadtteile gewinnt, sondern die Menschen. Wir werden die nächsten Schritte für mehr Lebensqualität mit ihnen gemeinsam weiter gehen.
Dem ganzen Bezirk Mitte, seinen Bewohnerinnen und Bewohnern und denjenigen, die für ihn arbeiten, wünsche ich Erfolg. Der Senat wird beim Erreichen der Ziele helfen.
Es gilt das gesprochene Wort.