arrow-left arrow-right nav-arrow Login close contrast download easy-language Facebook Instagram Telegram logo-spe-klein Mail Menue Minus Plus print Search Sound target-blank X YouTube
Inhaltsbereich

Detail

Symbolfoto: Olaf Scholz
Photothek
15.11.2023 | Berlin

Rede eingangs der Befragung der Bundesregierung vor dem Deutschen Bundestag

Frau Präsidentin!
Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Ich will zunächst einmal auf das Urteil zu sprechen kommen, das das Bundesverfassungsgericht heute gesprochen hat. Es hat verkündet, dass das Nachtragshaushaltsgesetz aus 2021 mit der Verfassung nicht vereinbar ist. Das ist eine Entscheidung, die die Bundesregierung und sicherlich auch der Haushaltsgesetzgeber beachten werden– ja, die wir beachten werden –, und wir werden jetzt genau prüfen, welche Auswirkungen das im Einzelnen hat. Eine solche Prüfung ist auch angemessen. Denn wenn man viele der dabei mitgesagten Erwägungen genau betrachtet, kann es sein, dass das eine sehr tiefgreifende Veränderung der Haushaltspraxis der Länder in Deutschland, aber auch des Bundes zur Folge hat. Und da gebietet sich kein Schnellschuss, sondern eine sorgfältige Prüfung.

Ich habe mit den Fraktionsvorsitzenden der Regierungskoalition über die Frage gesprochen, wie wir hinsichtlich der laufenden Haushaltsberatungen weiter vorgehen wollen. Das ist natürlich eine Sache des Parlaments. Insofern hat die Regierung da keinen Hinweis zu geben. Aber ich kann Ihnen aus diesen Gesprächen mitteilen, dass gemeinsam das Verständnis besteht, dass die Haushaltsberatungen fortgesetzt werden können, was Bereinigungssitzung und Beschlusslagen betrifft.

Allerdings hat das Urteil des Bundesverfassungsgerichts natürlich unmittelbare Konsequenzen für den Klima- und Transformationsfonds, für den die 60 Milliarden Euro, die dort 2021 eingestellt worden sind, jetzt nicht mehr zur Verfügung stehen. Deshalb wird über den Wirtschaftsplan neu zu reden sein, und er muss neu aufgestellt werden. Damit das gut funktionieren kann, hat der Bundesfinanzminister entsprechend seiner Aufgabe entschieden, für künftige weitere Verpflichtungen eine Sperre zu verhängen, außer für unmittelbare Maßnahmen, die sich etwa mit Fragen der Emissionen von Gebäuden und Ähnlichem beschäftigen. Insofern ist das etwas, was eine gute Praxis sein kann und wodurch genügend Zeit besteht, eine sorgfältige Entscheidung zu treffen, welche Mittel aus dem Klima- und Transformationsfonds zur Verfügung stehen, sodass die Arbeit des Landes, der Regierung auch weitergehen kann.

Wir haben jetzt eine ganz besondere Situation, in der wir zusammenkommen. Ich will auf drei Entscheidungen und Erwägungen der letzten Woche zurückkommen, die auch für unsere Beratung heute und wahrscheinlich ebenfalls für Ihre Fragen wichtig sein werden.

Mit den 16 Ländern ist Anfang der letzten Woche eine Verständigung über ein gemeinsames Vorgehen im Hinblick auf die irreguläre Migration gelungen. Das ist jetzt nach der Zusammenkunft des Kanzlers mit den Regierungschefinnen und -chefs der Länder im Frühjahr und der entsprechenden Zusammenkunft im Sommer die dritte sehr umfassende Entscheidung, die wir getroffen haben. Dabei ist auch eine Verständigung gelungen über die dauerhafte Finanzierung wechselnder Zahlen von Flüchtlingen. Demzufolge werden wir als Bund, wenn die Zahl der Flüchtlinge zunimmt, den Ländern und Gemeinden mehr Geld zur Verfügung stellen, und wenn sie zurückgeht, dies entsprechend wieder reduzieren. Vor allem ist aber eine erhebliche Verbesserung des Managements im Umgang mit der irregulären Migration und auch der Gesetzgebung vereinbart worden, die jetzt Stück für Stück umgesetzt wird. Teilweise sind die Beratungen im Deutschen Bundestag dazu ja schon im Gange. Das ist ein großer Schritt gewesen, dass das jetzt gelungen ist, und das wird auch dazu führen, dass unsere gemeinsame Verantwortung gut wahrgenommen werden kann.

Die zweite Verständigung, die mit den Ländern an dieser Stelle gelungen ist, ist die über die Frage des Deutschlandpakts „Tempo“. Wir haben 100 Einzelmaßnahmen vereinbart, die dazu beitragen sollen, dass Planungs- und Genehmigungsverfahren in Deutschland schneller vonstattengehen, sodass die Wirtschaft besser wachsen kann, weil es nicht so lange dauert, bis Genehmigung und Planung abgeschlossen sind. Das ist, glaube ich, ein großer Fortschritt. Ich will gern sagen, dass wir vorhaben, diesem ersten großen Deutschlandpakt „Tempo“ weitere Maßnahmen folgen zu lassen, etwa im Bereich der Datennutzung und der Digitalisierung des Gesundheitswesens, im Bereich der Pharmaforschung und der Wasserstoffwirtschaft.

Die dritte Botschaft aus Dingen, die in der letzten Woche zusammengeführt worden sind, ist der Vorschlag, den die Bundesregierung gemacht hat im Hinblick auf eine Entlastung großer Stromverbraucher des produzierenden Gewerbes durch Verbilligung der Strompreise. Wir haben vorgeschlagen, alle politischen Kosten, die mit diesen Stromlieferungen verbunden sind, zu reduzieren, indem wir insbesondere die Stromsteuer für produzierende Unternehmen auf das europarechtliche Minimum reduzieren, indem wir die Möglichkeiten fortsetzen, die sich für besonders herausgeforderte Unternehmen mit der Strompreiskompensation und dem Super-Cap verbinden, und indem wir das sogar noch ausbauen mit Möglichkeiten, die sich uns jetzt gezeigt haben.

Das ist ein guter Schritt. Drei Maßnahmen, die dazu beitragen, dass Deutschland besser funktioniert.

Letztes Thema, das ich ansprechen will: Während wir hier beraten und uns diese Dinge umtreiben, gibt es unverändert den furchtbaren Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine. Ich will hier noch einmal versichern: Deutschlands Solidarität mit der Ukraine und unsere Unterstützung für die Ukraine, sich selbst verteidigen zu können, ist ungebrochen. Wir haben uns fest vorgenommen, dass wir das fortsetzen werden. Wir sind heute nach den USA der stetigste und umfangreichste Unterstützer der Ukraine; und das wollen und werden wir auch fortsetzen.

Wir sind auch herausgefordert, weil die Hamas Israel angegriffen hat, weil es einen brutalen, furchtbaren Angriff gegeben hat auf Kinder, auf Ältere, auf Zivilisten in Israel, auf feiernde Jugendliche, barbarisch, mit unglaublich furchtbaren Taten, Entführungen von Geiseln nach Gaza. Deshalb will ich an dieser Stelle auch festhalten: Es ist die Politik der Bundesregierung, dass wir an der Seite Israels stehen. Israel hat jedes Recht, sich selbst zu verteidigen.

Natürlich ist es unsere Aufgabe, alles dafür zu tun, dass der Konflikt in der Region nicht eskaliert, dass sich die iranischen Proxys im Libanon, in Syrien, im Irak, im Jemen nicht in diesen Krieg einbeziehen und dass sich auch der Iran nicht herausgefordert und aufgefordert fühlt, hier aggressiv zu handeln. Wir warnen alle: Das ist etwas, was nicht akzeptiert werden kann. Es darf keine Ausweitung dieses Krieges geben. – Deshalb ist es für uns ein wichtiger Teil unserer Politik, mit allen in der Region zu sprechen, genauso wie es Aufgabe von uns ist, dafür Sorge zu tragen, dass humanitäre Hilfe nach Gaza gelangen kann. Alles zusammen gehört zu unserer Politik.

Sie sehen: große Fragen, die uns miteinander bewegen. Deshalb freue ich mich sehr auf Ihre Fragen.