Sehr geehrter Herr Mählmann,
sehr geehrte Frau Kramer,
meine sehr geehrten Damen und Herren,
ein neues Haus einweihen - das ist eine schöne Aufgabe, zumal wenn das Haus auch noch am Elbstrand steht. Und das neue DLRG-Gebäude hier in Wittenbergen sieht ja wirklich schmuck aus mit seinen Pfählen, seinem Stahlgeländer und dem schwebenden Kubus aus Lärchenholz. Dabei geht es gar nicht in erster Linie um Schönheit: Das neue Haus muss für die Retter, die hier Dienst tun, vor allem viele praktische Aufgaben erfüllen. Es beherbergt Büro und Technikzentrale, Küche und Duschen, Sanitäts- und Ruheraum.
Diese neue Wasserrettungsdienst-Station ist dringend nötig gewesen. Nach mehr als dreißig Jahren war das alte Gebäude zunehmend marode geworden, Sturm und Hochwasser setzten den Mauern zu. Mehrfach musste das alte Gebäude vor drohender Unterspülung und einem möglichen Umsturz geschützt werden. Es gab keine ausreichend getrennten Räume, so dass Sanitäter und Patienten sich nicht zurückziehen konnten und das teure technische Gerät der fetthaltigen Kochluft ausgesetzt war. Für die Helferinnen und Helfer gab es weder Dusche noch WC, denn es fehlte fließend Wasser - sie mussten deshalb die Toilettencontainer am Parkplatz benutzen. Gründe genug also, das alte Haus abzureißen. Ein bisschen Wehmut war trotzdem dabei, wie ich gehört habe, als im vergangenen Herbst nach einem gemeinsamen Abschieds-Grillen die Abrissbagger die Regie übernahmen.
Aber jetzt steht es da, das neue Haus. Einige von Ihnen haben bereits hier Dienst getan. Inzwischen sind auch die Wasserleitungen funktionsfähig, so dass niemand mehr Kanister schleppen muss wie beim Hafengeburtstag. Und ich glaube: Wir alle können sehr zufrieden sein mit dem, was DLRG, Bürgerschaft, Bezirk und Spender gemeinsam möglich gemacht haben.
Die neue Wasserrettungsdienst-Station ist jetzt gegen Hochwasser gut geschützt - sie liegt 7,50 Meter über dem Boden, die mit Beton gefüllten Stahl-Pfähle sind gewissermaßen unkaputtbar. Vier Container auf jedem Stockwerk sorgen dafür, dass Arbeiten und Leben einander nicht in die Quere kommen. Die Station wird nicht nur die Arbeitsabläufe verbessern, sie wird auch für die Ehrenamtlichen ein attraktiver und nachgefragter Aufenthaltsort sein. Und ich bin mir sicher: Auch die Badegäste und Wassersportler werden diese Station mögen.
Hinzu kommt die Lage zwischen dem Fluss und dem Naturschutzgebiet Wittenberger Elbwiesen: Sie ist nicht nur landschaftlich reizvoll, sondern verfügt auch über kurze Rettungswege. Von der Station zum Notrettungsboot am Elbanleger oder zum Einsatzwagen auf dem Parkplatz dauert es jeweils nur eine Minute. Man kann also sagen: Die Bedingungen stimmen.
Das ist eine gute Nachricht für alle Hamburger, die zum Baden an den Wittenbergener Elbstrand fahren. Dieser ist zwar keine offizielle Badestelle - aber wer will den Hamburgern verdenken, dass sie sich dieses schöne Plätzchen für einen Strandtag aussuchen? Und auch ich jogge gerne aus der Altonaer Altstadt hierher, weil die Strecke auch morgens sehr schön ist.
Die Elbe gehört nun einmal zu Hamburg wie die Alster oder das Geflecht der Fleete. Als Venedig des Nordens preist die Tourismusbranche unsere Stadt am Wasser deshalb gerne an. Und erwähnt dabei lieber nicht, dass das Wasser in Hamburg gerne auch mal von oben kommt, in Form des sprichwörtlichen Hamburger Schietwetters.
Aber die Elbe kann auch tückisch sein mit ihren Unterströmungen und dem Schiffsverkehr, Schwimmer unterschätzen die Gefahren leicht. Deshalb ist eine Badeaufsicht in Wittenbergen unbedingt notwendig.
Meine Damen und Herren,
200 Helferinnen und Helfer leisten an Elbe und Hamburger Seen Wasserrettungsdienst. Damit geben sie jährlich etwa 20.000 ehrenamtliche Wachstunden. Für diesen Einsatz möchte ich mich als Bürgermeister und Schirmherr der DRLG Hamburg herzlich bedanken. Danken möchte ich auch den anderen Mitarbeitern der DLRG und allen Unterstützern, welche die Strandwachen und Rettungsdienste durch ihre Arbeit im Hintergrund oder auch durch finanzielle Unterstützung möglich machen.
Der freiwillige Wachdienst der DLRG sorgt dafür, dass die Hamburger die zahlreichen natürlichen Bademöglichkeiten im Stadtgebiet auch nutzen können. Von Ihrem Einsatz profitieren neben Familien besonders auch junge Leute und Menschen mit geringem Einkommen, für welche die Eintrittspreise der Erlebnisbäder oft zu hoch sind.
Aber wir alle wissen, dass die Arbeit der DLRG weit über das hinausgeht, was wir am Elbstrand sehen. Die DLRG nimmt Schwimmprüfungen ab und bildet Schwimmtrainer aus, sie bildet Lehrer und Erzieher fort und nimmt am Kita-Projekt Ab ins Wasser - aber sicher! teil. Wie ich höre, bietet die DLRG inzwischen auch Online-Kurse an, um über die Gefahren im Wasser aufzuklären. Seit 2003 beteiligt sie sich außerdem im Katastrophenschutz.
Die Aufgaben wachsen. Die Technik wird ausgefeilter, die technische Ausbildung anspruchsvoller. Das gilt für Taucher genauso wie für den digitalen Sprechfunk oder das Führen von Booten und Rettungswagen. Gleichzeitig nimmt die Fähigkeit zu schwimmen in der Bevölkerung ab. Für Menschen aus anderen Kulturen ist das Schwimmen oft fremd. Und in den Familien wird es seltener geübt. Vor 25 Jahren war es ganz normal, dass Kinder am Ende der Grundschulzeit schwimmen konnten - heute hat nur noch jedes zweite Kind in diesem Alter den Freischwimmer.
Nur jeder vierte Erwachsene kann wirklich sicher schwimmen. Gleichzeitig locken neue Wassersportarten mit ihren Angeboten. Dabei wird das eigene Können manches Mal überschätzt, während gleichzeitig die Risikobereitschaft gestiegen ist. Vier von fünf Ertrunkenen sind übrigens Männer, viele von ihnen über 50.
Dies sind viele neue Herausforderungen und man darf guten Mutes sein, dass die DLRG sie meistern wird. Denn der Verband kann eine beeindruckende Erfolgsgeschichte erzählen: Die Zahl der Badetoten ist im vergangenen Jahr auf unter 400 gesunken. Bis 2020 soll diese Zahl noch einmal halbiert werden - so das Ziel der DLRG. Zum Vergleich: Als die DLRG vor gut hundert Jahren gegründet wurde, kamen jedes Jahr 5.000 Menschen beim Baden um. Nur 2 bis 3 Prozent der Bevölkerung konnten schwimmen.
Die DLRG ist mit ihrer Arbeit also bereits einen weiten Weg gegangen. Und sie ist sehr erfolgreich mit dem, was sie tut. Mit ihren deutschlandweit 1-Million-250-tausend Mitgliedern und Förderern ist sie die größte freiwillige Wasserrettungsorganisation der Welt. In jedem Jahr werden hier etwa sieben Millionen ehrenamtliche Stunden geleistet. Allein der Wasserrettungsdienst beläuft sich auf mehr als zwei Millionen Stunden. Das sind beeindruckende Zahlen.
Für Hamburg spielt die DLRG in mehrfacher Hinsicht eine wichtige Rolle. Denn sie stellt ja nicht nur Leistungen zur Verfügung, sondern stärkt auch das freiwillige Engagement in unserer modernen Bürgergesellschaft. Guter Wille allein ist bei anspruchsvollen Aufgaben nicht immer genug, wie wir wissen, es braucht auch Strukturen und professionelles Know-how. Beide finden die Freiwilligen in der DLRG, wo sie von erfahrenen, gut ausgebildeten Kolleginnen und Kollegen trainiert und begleitet werden. Um ihr Wissen dann selber irgendwann an die nächste Generation weiterzugeben.
Die Hamburger Politik unterstützt das freiwillige Engagement der Bürger auf vielfältige Weise. Die neue Wetterrettungsdienst-Station haben Bürgerschaft und Bezirk Altona mit 275.000 Euro gefördert. Der Hochwasserschutz und andere Anforderungen hatten die Baukosten auf 450.000 Euro ansteigen lassen. Ich bin froh, dass wir diese Summe am Ende gemeinsam aufbringen konnten.
Für die Arbeit der Retter dürfte auch der neue Gerätewagen Sanität wichtig sein. Die moderne Ausstattung mit Beatmungsgerät und Defibrillator kann im Einsatz lebensrettend sein. Der neue GW San wurde dem Land Hamburg durch den Bund übergeben und steht nun der DLRG im Rahmen der Medizinischen Taskforce zur Verfügung. Hierfür meinen Dank an das Bundesministerium für Inneres ebenso wie an die Helferinnen und Helfer der DLRG, die den GW San fahren und nutzen werden.
In Hamburg übernimmt jeder Dritte freiwillige Aufgaben für die Gemeinschaft. Für unsere Gesellschaft ist dieses Engagement unersetzbar. Zum einen, weil viele gesellschaftliche Anliegen sonst nicht realisiert werden könnten. Zum anderen, weil das freiwillige Engagement auch die Qualität des Zusammenlebens beeinflusst. Die Politik kann und will nicht alles leisten, was in einer Stadt wie der unseren wünschenswert ist. Wer freiwillig Verantwortung für ein konkretes Projekt übernimmt, wird an ihm wachsen und sich auch an anderen gesellschaftlichen Orten entsprechend selbstbewusst einbringen. Freiwilliges Engagement bedeutet Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Es beinhaltet in der Regel, Teil eines Teams oder eines Netzwerkes zu sein - wer Gutes tut, bleibt selten allein.
Eine gute Gemeinschaft wünsche ich Ihnen auch für die Arbeit in der neuen Rettungsstation. Ich hoffe, das neue Haus wird es Ihnen erleichtern, Freiwillige für diese spannende Aufgabe zu gewinnen: Junge wie Ältere, Frauen wie Männer, Menschen, die in Hamburg geboren wurden und solche, die ihre Wurzeln in anderen Ländern haben.
Denn ein neues Gebäude ordnet auf eine gewisse Art immer auch das neu, was in dem Gebäude geschieht. Das gilt für die Aufbewahrung von Gerät und Technik genauso wie für das Beisammensein der Bewohner. Ich bin sicher: Dieses Pfahlhaus wird die Arbeit der DLRG erleichtern und helfen, den Rettungsdienst auf einem modernen Niveau auszubauen. Aber es wird für die Retterinnen und Retter mehr als ein Zweckbau sein. In dieser Station werden sie gerne Zeit miteinander verbringen und Spaß haben.
Ich wünsche Ihnen viel Erfolg bei Ihrer Arbeit und einen schönen Sommer am Elbstrand.
Es gilt das gesprochene Wort.