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22.03.2013

Rede im Budesrat zu den Hamburger Miet-Initiativen


 

Sehr geehrter Herr Präsident,

sehr geehrte Damen und Herren,

Hamburg und andere Länder stellen heute zwei Initiativen vor, mit denen wir die Rechte und damit gleichzeitig die Handlungsmöglichkeiten und Chancen  von Mieterinnen und Mietern und ihrer Familien auf dem Mietwohnungsmarkt stärken wollen.  

In vielen Städten sieht es damit nicht gut aus, weil ein Mangel an gutem und bezahlbarem Wohnraum besteht. Das war abzusehen, denn die großen Städte haben zunehmend mehr Einwohner. Nicht dieser Entwicklung müssen wir gegensteuern, sondern dem Mangel.

 

Das beste Mittel ist der Bau neuer Wohnungen.  Hamburg hat innerhalb der eigenen Mauern dafür gesorgt, dass nicht in der Politik, sondern auf dem Bau gemauert wird. Wir haben sichergestellt, dass die Zahl der Baugenehmigungen rasant steigt und dass bei größeren Neubauvorhaben zu einem Drittel Sozialwohnungen errichtet werden.

Weil das so ist, und damit diese Entwicklung anderen Orts genauso vorangetrieben werden kann, erwarte ich ein klares Bekenntnis der Bundesregierung, dass die vom Bund zur Verfügung gestellten Kompensationsmittel für den sozialen Wohnungsbau bis 2019 weiterhin zur Verfügung stehen werden.

Sie würde damit zeigen, dass sie verstanden hat, in welcher Dimension wir neue bezahlbare Wohnungen brauchen.

 

Das war die Vorrede und sie gehört zu den beiden Vorschlägen, die wir machen, weil die die ebenfalls wichtige nächste Frage beantworten helfen: Wie kommen potenzielle Mieter besser an eine ihnen angemessene Wohnung, und wie lässt sich ihr Risiko vermindern, dass sie sich eine quasi Hypothek aufladen müssen, nämlich hohe, nachhaltig die Falschen belastende Kosten, für die es keine wirkliche Rechtfertigung gibt?


Unsere erste Antwort ist die Bundesratsinitiative zur Änderung des Wohnraumvermittlungs-gesetzes, eine gemeinsame Initiative der Länder Hamburg, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen. Das Stichwort ist Maklercourtage.

Ein Immobilienmakler wird in aller Regel vom Vermieter eingeschaltet. Die zugehörige, ungeschriebene Regel 2 besagt, dass fast immer der Wohnungssuchende die Maklerkosten übernehmen muss, wenn ein Mietvertrag  zu Stande gekommen ist. Das gilt ganz besonders  in Ballungsräumen mit angespanntem Wohnungsmarkt. In Großstädten ist es vielfach äußerst schwer, an eine Wohnung zu kommen, die nicht über einen Makler vermittelt wird.

Wir wollen, dass bei der Maklercourtage künftig das Bestellerprinzip gilt. Danach soll der Vermieter, wenn er einen Makler beauftragt hat, die Courtage selbst übernehmen und nicht mehr auf den Mieter abwälzen können.

 

Das ist gerecht und fair. Die angespannte Lage auf dem Wohnungsmarkt führt dazu, dass Wohnraum trotz hoher Maklerprovisionen Absatz findet weil  Wohnungssuchende gar keine echte Wahl haben, ob sie Maklerkosten übernehmen wollen oder nicht.

Flexibilisierte Arbeitsverhältnisse zwingen häufiger zu Ortswechseln als früher üblich das ist ja auch nichts grundsätzlich Falsches oder Schlechtes , und wachsende Familien sind etwas grundsätzlich Gutes. Gerade sie benötigen gute, bezahlbare Wohnungen, die ihren berechtigten Ansprüchen genügen.


Neben den ohnehin anfallenden Umzugskosten sind die hohen Maklerkosten ein Faktor, der es erschwert, dass Nachfrage und Angebot zusammenkommen. Eigentlich soll der Einsatz eines Maklers ja gerade das Gegenteil bewirken. Für viele Mieterinnen und Mieter führt die Maklercourtage zu einer erheblichen finanziellen Belastung gleich zu Beginn des Mietverhältnisses. Kaution und womöglich Abstand fallen auch noch an. Alles zusammen ist für geringer Verdienende und Familien nur schwer zu schultern.

Makler ist ein honoriger Beruf. Beide, Vermieter und Makler, sollten aber kein Geschäft zu Lasten Dritter machen, nämlich der wohnungssuchenden Mieter.


Vielmehr muss künftig bei der Inanspruchnahme von Maklern der Grundsatz gelten, der sonst überall in der Marktwirtschaft gilt: Wer bestellt, der bezahlt!

 

Kern der Initiative sind folgende zwei konkreten Änderungsvorschläge:

 

Erstens ist der Mieter nur noch dann zur Zahlung der Courtage an den Makler verpflichtet, wenn er mit ihm einen Maklervertrag in Textform geschlossen hat, bevor der Vermieter den Makler mit dem Angebot der Wohnräume beauftragt hat.

 

Zweitens soll eine Vereinbarung unwirksam sein, durch die sich der Mieter gegenüber dem Vermieter oder dem Makler verpflichtet, eine ursprünglich vom Vermieter geschuldete Provision zu zahlen. Das ist das so genannte Überwälzungsverbot. Ein Verstoß kann mit einer Geldbuße geahndet werden.

Das ist alles! Dadurch werden weder die legitimen Einkünfte des Maklers beeinträchtigt noch der Handlungsspielraum des Vermieters, zwecks besserer Vermarktung seines Angebotes und schnellerer Neu- oder Wiedervermietung einen Makler hinzuzuziehen. Vielmehr schützen wir die schwächeren Marktteilnehmer, wenn wir den kürzeren Hebel, an dem sie sitzen, länger machen,  den Missbrauch begrenzen und es dem Vermieter, der sich für einen Makler entschieden hat, auferlegen, ihn zu bezahlen.

Meine Damen und Herren,

 

in der zweiten hier im Bundesrat zu debattierenden Initiative Hamburgs geht es um, oder besser: gegen überhöhte Mieten, insbesondere bei Neuvermietungen. Wir wollen Mieterinnen und Mieter wieder wirksam davor schützen, dass sie Mieten von mehr als 20 Prozent oberhalb der ortsüblichen Vergleichsmiete zahlen müssen.

Unsere Vorlage zielt auf den § 5 des Wirtschaftsstrafgesetzes. Dessen derzeitige Regelung wird dem Schutzanspruch nicht gerecht. In zwei Entscheidungen dazu hat der Bundesgerichtshof an die Mieterinnen und Mieter hohe Anforderungen hinsichtlich der Beweisführung gestellt, die im Einzelfall kaum zu erfüllen sind. Deshalb läuft die bestehende Regelung für die Mieter derzeit weitgehend ins Leere.

 

Der Gesetzesantrag schlägt daher folgende Änderungen vor:

 

Erstens wird die Beweislast für den Mieter erleichtert, indem das Tatbestandsmerkmal Ausnutzen gestrichen und durch einen objektiven Tatbestand ersetzt wird. Das heißt, der Mieter muss künftig nicht mehr den schwierigen Beweis erbringen, dass der Vermieter das Vorliegen eines geringen Angebots an vergleichbarem Wohnraum ausgenutzt hat, um überhöhte Mietpreisforderungen zu stellen. Es muss sich lediglich feststellen lassen, dass ein geringes Angebot an vergleichbarem Wohnraum vorliegt.

Zweitens ermöglicht die Neufassung von § 5 Wirtschaftsstrafgesetz eine Teilgebietsbetrachtung:

Ein geringes Angebot an vergleichbarem Wohnraum soll zukünftig auch dann vorliegen, wenn zwar bezogen auf das gesamte Gemeindegebiet kein solcher Mangel besteht, wohl aber in dem Gemeindeteil, in welchem die Wohnung, um die es geht, liegt. Dadurch können Engpässe in Teilgebieten, zum Beispiel besonders nachgefragten Stadtteilen, berücksichtigt werden.

Anders gesagt: Durch eine Teilgebietsregelung ist gewährleistet, dass auch in angespannten Teilmärkten Mietpreisüberhöhungen punktuell verfolgt werden können.

Auf diese Weise wird der Aussegmentierung der Wohnungsmärkte Rechnung getragen.

Meine Damen und Herren,

 

 

im Deutschland des Jahres 2013 müssen Politik und Wohnungswirtschaft auf dringende Fragen des Wohnungsmarktes Antworten geben.

Wir wollen die Fantasie der Wohnungswirtschaft dahin lenken, nicht vor allem den Bestand umzuschlagen, sondern neue Wohnungen zu bauen.

Wir sind auf die Wohnungswirtschaft als Partner angewiesen. Deshalb werden wir bei allen Maßnahmen ein Augenmerk darauf legen, dass neben dem Mieterschutz auch den berechtigten Interessen von Wohnungswirtschaft und Investoren ausreichend Rechnung getragen wird. Das gilt zum Beispiel für die heute nicht anstehenden, aber zu diskutierenden Regelungen zur Begrenzung von Mieterhöhungen bei Neuvermietungen.

Deshalb haben wir am 26. Februar 2013 einen Antrag mit weiteren Maßnahmen zum Schutz der Mieterinnen und Mieter in Deutschland in den Bundestag eingebracht.

Eine wichtige Forderung des Antrags istdie Begrenzung der Miethöhe bei Wiedervermietungen.

Bei der Wiedervermietung von Wohnungen haben die Vermieter nach geltendem Recht weitgehend freie Hand, die Höhe der Miete zu vereinbaren. Die Folge sind häufig deutliche Mietsteigerungen. Deshalb fordern wir die Einführung einer Obergrenze für Mieterhöhungen bei Wiedervermietungen von maximal zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete.


Für Neubauten, um die es uns geht, müssen natürlich andere Regeln gelten. Wir werden dafür Sorge tragen, dass Erstvermietungen von neu gebauten Wohnungen von einer solchen Obergrenze (für Wiedervermietungen) grundsätzlich ausgenommen werden. Und wir werden sicherstellen, dass auch bei der Wiedervermietung einer solchen neu gebauten Wohnung nur erneute Mieterhöhungen überprüft werden. Damit ist die Planungssicherheit für die investierende Wohnungswirtschaft gewährleistet.

Eine weitere wichtige Forderung im Rahmen des erwähnten Bundestagsantrags ist auch ein besserer Schutz von Bestandsmieten. Wir müssen dafür Sorge tragen, dass Vermieter nicht die Knappheit an Wohnraum ausnutzen, um außerordentliche Preissteigerungen im Bestand durchzusetzen. Mit der von der Bundesregierung im Mietrechtsänderungsgesetz formulierten Regelung gelingt dies jedoch nicht.

 

Für einen besseren Schutz der Mieterinnen und Mieter fordert der Antrag der SPD-Bundestagsfraktion eine Änderung der Kappungsgrenze dahingehend, dass dem Vermieter bei Bestandsmieten nur eine Mietsteigerung um 15 Prozent innerhalb von vier Jahren gestattet wird.


Meine Damen und Herren,

 

Wir benötigen Initiativen, die dazu beitragen, dass mehr Wohnungen gebaut werden, dass wir bezahlbaren Wohnraum haben und dass Mieterinnen und Mieter nicht den Preisdruck aushalten müssen, der durch den gegenwärtigen Mangel entsteht.

Die zwei hier vorgestellten Initiativen zum Maklerrecht und zum Schutz der Mieter vor überhöhten Mietpreisen (§ 5 Wirtschaftsstrafgesetz) sind zwei wichtige Schritte zu einem Mieterschutz, der diesem Namen auch gerecht wird.


Vielen Dank.

 

Es gilt das gesprochene Wort.