Olaf Scholz (SPD):
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir diskutieren hier ein sehr wichtiges Gesetz, das die Öffentlichkeit, aber auch die Wirtschaft in unserem Lande schon lange verlangt hat. Es geht darum, dass wir eine der ganz wichtigen Voraussetzungen marktwirtschaftlicher Gesellschaften gewährleisten, nämlich Transparenz und Offenheit. Märkte, bei denen man nicht weiß, wer eigentlich was macht, funktionieren nicht.
Natürlich gehört es zur Wirklichkeit unserer Republik und zu den Erfahrungen, die wir in der Wirtschaft gewonnen haben, dass manches in den Vorständen und Aufsichtsräten fast wie in einer Gruppe von Leuten, die sich schon lange kennen, ausgemacht wird. Das ist aber mehr Feudalismus als Marktwirtschaft.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Insofern brauchen wir dringend eine Veränderung in diesem Bereich. Das soll dieses Gesetz zustande bringen.
Das Gesetz hat einen zweiten Vorzug, den man unbedingt erwähnen muss: Es ist weise. Es ist ein weises Gesetz, weil wir vorschreiben, dass Vorstandsgehälter offen gelegt werden müssen, sodass jeder Bescheid weiß, was die Vorstände verdienen, und zwar in den Details, die dafür notwendig sind. Aber weil es um die Rechte von Aktionären und Eigentümern geht und nicht um Voyeurismus, sagen wir: Wenn die das partout nicht wissen wollen, dann brauchen sie es auch nicht zu wissen. Mit dieser weisen Lösung, die sich aufdrängt, mit diesem Opting-out, ist auch verbunden, dass jeder Einwand überflüssig ist, dass es sich bei dem Gesetz um ein verfassungsrechtlich bedenkliches Gesetz handele.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Niemandes Recht ist betroffen, die Aktionäre und die Eigentümer können machen, was sie wollen allerdings schreiben wir einen Regelfall vor.
Das ist das will ich ausdrücklich sagen auch dringend notwendig; denn eines sollten wir, wenn wir uns alle hier versichern, eigentlich das Gleiche zu wollen, aber unterschiedliche Vorschläge zu haben, an dieser Stelle nicht machen: Das ist aus meiner Sicht dasjenige, was ich gerne als den Stoiber-Sozialismus bezeichne. Der Stoiber-Sozialismus geht so: Man kündigt in der Bild- Zeitung etwas an alle sind begeistert -, macht es dann aber hinterher nicht wahr oder macht Vorschläge, die so wenig mit der Ankündigung zu tun haben, dass das Handelsblatt, die Wirtschaftswoche und die Financial Times Deutschland berichten können: Herr Stoiber ist doch nicht so schlimm.
Deshalb müssen wir das Gesetz so gestalten, dass es wirklich zur Veröffentlichung von Vorstandsgehältern führt es sei denn, die Aktionäre wollen das nicht. Der Vorschlag, den wir hier von der Union gehört haben, ist insofern schön, als er Konstruktivität zumindest zeigt
(Jörg Tauss (SPD): Andeutet!)
- andeutet, ja; man soll das nicht schlecht finden, wenn jemand Konstruktivität andeutet -, er hat aber einen Nachteil: Es käme dann aber gar nicht zur Veröffentlichung von Vorstandsgehältern. Das ist eine Variante des Stoiber-Sozialismus. Man erweckt den Eindruck, man sei auch dafür, kann aber den beteiligten Spenden fördernden Wirtschaftskreisen vermitteln: Es kommt doch nicht. Das, glaube ich, ist etwas, was in seiner Unehrlichkeit nicht hilfreich ist.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Eckart von Klaeden (CDU/CSU). Wo ist denn der Genosse der Bosse?)
Deshalb werden wir den Vorschlag natürlich nicht mitmachen, wir werden nicht sagen: Es kommt nur dann zu einer solchen Regelung, wenn eine Minderheit ich glaube, von 25 Prozent der Aktionäre das verlangt; denn dann würde es nie dazu kommen. Im Übrigen ist das Argument auch nicht logisch. Muss sich jemand 25 Prozent des Aktienkapitals kaufen, um herauszufinden, ob die Vorstandsvergütungen so hoch sind, dass es sich nicht gelohnt hat, die Aktien zu kaufen?
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Das ist doch die Konsequenz, die dabei herauskommt. Wir wollen auf dem Kapitalmarkt nicht nur eine Information für diejenigen bieten, die schon Aktionäre sind, sondern es geht auch um diejenigen, die sich überlegen diese brauchen wir, wenn unsere Marktwirtschaft funktionieren soll -, ob sie sich eine solche Beteiligung kaufen,
(Rainer Funke (FDP): Das steht doch heute schon in der Bilanz!)
seien es 100 Aktien oder eine Aktie oder wirklich eine Beteiligung von 25 Prozent. Aber dass es immer gleich so viel sein muss, um herauszufinden, ob das Investment richtig ist, ist falsch und macht die Unehrlichkeit ihrer Position deutlich.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Meine Damen und Herren, bei aller Diskussion über die Unterschiede geht es mir hier nur darum, deutlich zu machen, auf welche Weise wir miteinander klarkommen können und auf welche Weise nicht. Wir können uns einigen, wenn Sie wirklich ein Gesetz wollen, das zur Veröffentlichung von Vorstandsbezügen beiträgt. Dann werden wir auch über Details reden können.
Aber wir werden uns nicht einigen, wenn es nur danach aussehen soll. Das ist der Unterschied zwischen den Vorschlägen, die ich bisher von der FDP und von Ihnen gehört habe, und dem ehrlichen, gut ausgewogenen Gesetzentwurf, den die Bundesregierung hier vorgelegt hat.
Schönen Dank.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
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07.06.2005