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01.06.2005

Rede im Deutschen Bundestag vom 1. Juni 2005

Ich erteile das Wort dem Kollegen Olaf Scholz, SPD-Fraktion.

(Clemens Binninger [CDU/CSU]: Tricky Olaf! - Marianne Tritz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Guter Mann! - Gegenruf des Abg. Clemens Binninger [CDU/CSU]: Mag ja sein, aber nicht im Parlament!)

Olaf Scholz (SPD):
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir lieben die Opposition.

(Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Deswegen werden Sie auch bald da sein!)

Ich will im Hinblick auf ein Ereignis im September ergänzen: Wir lieben die Opposition besonders als Opposition.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD - Zurufe von der CDU/CSU: Aber nicht nach der Wahl!)

Aber alle Zuneigung zu Oppositionsparteien und alles Verständnis als Parlamentarier für Minderheitenrechte dürfen nicht so weit gehen, dass wir Ihrer Forderung nachgeben, Gesetze zu brechen.

(Sebastian Edathy [SPD]: Wohl wahr! - Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Das machen Sie schon selber!)

Das ist genau das, was der Abgeordnete Herr von Klaeden, verbrämt hinter dem einen oder anderen Ausdruck, eben getan hat und was auch manche aufgeregte Äußerung der letzten Tage suggeriert.

(Siegfried Kauder [Villingen-Schwenningen] [CDU/CSU]: Von Ihnen!)

Sie wollen, dass wir Gesetze, die für uns alle und für diesen Deutschen Bundestag gelten und die dieser Bundestag auch beschlossen hat, nicht einhalten. Aber alle Liebe zur Opposition kann uns nicht zum Gesetzesbruch verführen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Was steht im Gesetz? Im Gesetz steht, dass der Untersuchungsausschuss, wenn er nicht mehr fertig werden kann - das kann er nicht, wie wir übereinstimmend finden -,

(Clemens Binninger [CDU/CSU]: Bitte? Woher wissen Sie denn das?)

einen Sachstandsbericht abgeben muss. Ein solcher Sachstandsbericht erfordert Arbeit. Nun kann man zwar sagen, das sei schnell getan. Aber auch die Menschen, die uns vor dem Fernseher oder hier im Saal zuhören, werden sich vorstellen können, dass 1 500 Akten und 1 500 Seiten Zeugenvernehmungen nicht innerhalb von einer Woche in einen umfassenden Sachstandsbericht zu pressen sind. Hier muss Qualität gewährleistet sein. Das muss ordentlich gelesen, bearbeitet und ausgewertet werden. Deshalb ist die Arbeit, die wir hier zu leisten haben, so umfangreich, dass wir sie nicht einfach nebenbei erledigen können.
Sie haben das Pech - es ist immer schlimm, wenn man Pech hat; aber Sie haben wirklich Pech -, dass es einen Bericht des Sekretariats des Untersuchungsausschusses gibt. Das ist keine Veranstaltung der Sozialdemokraten oder der Grünen,

(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Das haben wir ja bei Herrn Dreyling gesehen!)

sondern das ist eine überparteiliche Veranstaltung. In der Freizeit mag deutlich werden, dass der eine oder andere ein Parteibuch hat. Der Anführer hat eines der CDU.
Dieses Sekretariat hat einen Bericht vorgelegt, in dem steht, dass wir, wenn ein solcher Sachstandsbericht erstellt werden soll, jetzt damit anfangen müssen. Das Sekretariat hat eine langfristige und eine kurzfristige Berechnung angestellt und festgestellt: Selbst wenn man die kurzfristigste Berechnung zugrunde legt, müssen wir nächste Woche damit beginnen.

(Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Einen Monat zum Drucken!)

Weil das so ist, ist Ihre ganze Argumentation hohl. Sie versuchen, etwas aufzubauschen, was aber nicht aufzubauschen ist; denn wir haben einen Bericht dieses Ausschusssekretariats.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, Sie haben noch einmal Pech. Es gab in dieser Legislaturperiode schon einmal einen Untersuchungsausschuss, nämlich den ersten. Wir sind der zweite. Der erste Untersuchungsauschuss hat im Juli beschlossen, dass jetzt ein Abschlussbericht erstellt werden soll. Er hatte viele Akten - nicht ganz so viele wie wir -, er hatte viele Zeugen - nicht ganz so viele, wie wir bisher gehört haben - und trotzdem fand die Debatte über diesen Bericht im Dezember statt. Das heißt, sie hatten mehr Zeit zur Verfügung, als wir jetzt noch bis zur Bundestagswahl haben werden.

(Siegfried Kauder [Villingen-Schwenningen] [CDU/CSU]: Jetzt bringen Sie aber rechtlich alles durcheinander!)

Darum glaube ich, dass Sie mit Ihren Argumentationen einfach nicht weiter durchkommen werden.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Das kann man auch an einigen anderen Dingen sehen, die ich Ihnen nicht verheimlichen will, zum Beispiel an der Frage, ob der Ausschuss weitermachen kann, sollte es zufällig nicht zu einer Neuwahl im September kommen. Klar, wir können alle Zeugen, die wir uns vorgenommen haben, dann noch hören. Also trifft dieses Argument nicht zu.

(Dr. Werner Hoyer [FDP]: Das wird immer verschrobener hier!)

Lassen Sie es also beiseite! Verzichten Sie darauf! Es funktioniert nicht.
Dann gibt es zum Beispiel die Frage, was wir in der nächsten Legislaturperiode machen.

(Zuruf von der FDP: Opposition!)

Meine Damen und Herren von CDU/CSU und FDP, das Minderheitenrecht, einen neuen Untersuchungsausschuss zu beantragen, haben Sie auch in der nächsten Legislaturperiode.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Heute haben Sie gesagt, Sie wollten noch ungefähr 15 Zeugen hören. Das widerspricht allen Argumenten, die Sie haben. Sie müssen eine unwahre Behauptung aufstellen, nämlich die, dass wir unserer gesetzlichen Verpflichtung, einen Sachstandsbericht zu erstellen, nachkommen können, auch wenn wir nicht gleich damit anfangen. Das stimmt nicht. Deshalb ist es richtig, wenn wir jetzt mit der Beweisaufnahme zum Ende kommen und den Bericht erstellen.
Lassen Sie mich noch eine letzte Bemerkung zu dem Untersuchungsausschuss machen. Wir wissen - das haben wir durch unsere gute Arbeit und die vielen Zeugenvernehmungen, die wir durchgeführt haben, festgestellt -, dass nicht immer alles richtig gelaufen ist. Aber die ganze Hysterie, die ganze Aufregung, die Übertreibungen, die Sie in den letzten Monaten entfacht haben, haben keine Tatsachengrundlage, die die Ermittlungen, die wir angestellt haben, zutage gefördert haben.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Ich finde, Hysterie, die schon danebengegangen ist, wird nicht schöner, wenn man sie noch ein zweites Mal entfacht. Das ist das, was Sie heute machen. Sie langweilen das Publikum. Die Öffentlichkeit weiß, dass wir unsere Arbeit getan haben.
Schönen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)