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06.05.2004

Rede im Deutschen Bundestag

Aus der Debatte zu dem von der FDP eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Ergänzung des Lebenspartnerschaftsgesetzes (Lebenspartnerschaftsgesetzergänzungsgesetz LPartGErgG) (Drucksache 15/2477)



Olaf Scholz (SPD): 

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!

Es ist gut, dass wir über den Gesetzesantrag sprechen können, weil er uns eines zeigt: Es gibt so etwas wie eine Weiterentwicklung. Es macht Sinn, Gesetze zu beschließen, die einen Fortschritt bedeuten. Es macht Sinn, zur Kenntnis zu nehmen, dass es Urteile gibt, die einen Fortschritt bedeuten. Das ändert offenbar etwas im politischen Bewusstsein von Parteien, aber ganz offenbar auch etwas in dem allgemeinen politischen Bewusstsein einer Bevölkerung.

Alles, was hier in dem letzten Gesetzgebungsverfahren ganz aufgeregt diskutiert worden ist, hat sich später nicht bewahrheitet. Die Menschen haben das Gesetz mit seiner Intention und seinen Regelungen akzeptiert. Man kann davon ausgehen, dass die Lebenspartnerschaft als ein Rechtsinstitut für Schwule und Lesben heute gesellschaftlich mehrheitlich akzeptiert ist und von den Menschen unterstützt wird. Das ist ein Erfolg von Gesetzgebung und darauf können wir hier stolz sein.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Auch das, was der Kollege Gehb heute gesagt hat, ist ein Beweis dafür, dass es Fortschritt gibt.

(Heiterkeit bei der SPD und dem BÜND-NIS 90/DIE GRÜNEN Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Selbst das, was Herr Gehb gesagt hat!)

Ich will das so sagen. Er hat immerhin gesagt: Das Gesetz gilt jetzt. Außerdem hat er hinzugefügt: Wenn das Urteil gesprochen ist, gilt es erst recht. Man kann das vielleicht, obwohl er das nicht gesagt hat, so auslegen, dass es Meinung der CDU/CSU ist, dass es auch nicht wieder rückwärts gehen soll. Das halte ich für einen Fortschritt und das darf man auch sagen.

(Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Ich wünsche mir das bei Ihnen bei der Sicherungsverwahrung auch einmal so!)

Gleichzeitig hat er aber auch gesagt, wie mit diesem erreichten Fortschritt weiter umgegangen werden soll. Er hat nämlich gesagt, Maß und Mitte müssten bewahrt werden. Deshalb müsse man sehen, dass eigentlich das Gericht nur gesagt habe, Ehe und Lebenspartnerschaft stünden nebeneinander. Nebenbei bemerkt: Das ist das Gegenteil dessen, was Sie bisher in den Debatten immer gesagt haben. Daraus sei die Konsequenz zu ziehen, dass es einen weiteren Fortschritt mit seiner Partei nicht geben könne.

Das ist, glaube ich, ein bisschen wenig. Sie sollten aus der bisherigen Gesetzgebung und der öffentlichen Akzeptanz dieses Gesetzes gelernt haben, dass es auch Ihnen nicht schaden würde, wenn Sie sich einen Ruck geben, weitermachen und bei der gesetzgeberischen Fortentwicklung dieses Lebenspartnerschaftsinstituts mithelfen würden. Ich glaube jedenfalls, auch Sie hätten etwas davon. Mein Rat und mein Wunsch ist, dass Sie bei den Beratungen über die Gesetze, die demnächst anstehen werden, helfen, hier einen Fortschritt zu erreichen, und nicht in einem Jahr oder in zwei oder drei Jahren sagen: Auch das, was wir beschlossen haben, ist gut und das würden Sie nicht mehr rückgängig machen wollen, aber bei dem nächsten Fortschritt wollen Sie wieder nicht mitmachen. Ich glaube, manchmal ist es sinnvoller, schneller zu sein.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Der Antrag der FDP ist natürlich an der falschen Stelle gestellt.

(Widerspruch bei der FDP)

Die FDP ist an den Landesregierungen in Baden-Württemberg, Niedersachen, Sachsen-Anhalt und auch in Rheinland-Pfalz beteiligt. Wir wissen alle, welches das Problem des Lebenspartnerschaftsergänzungsgesetzes der letzten Legislaturperiode war.

(Rainer Funke [FDP]: Hic Rhodus, hic salta!)

Das Problem war, dass es keine Mehrheit im Bundesrat gegeben hat. Deshalb ist es richtig, jetzt zu sagen: Für bestimmten gesetzgeberischen Fortschritt brauchen wir den Bundesrat. Es wäre eine große Sache, wenn sich die FDP endlich dafür einsetzen und darum bemühen würde, dass es diesen gesetzgeberischen Fortschritt im Bundesrat gibt.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Sie aber haben das Gesetz hier beantragt.

(Otto Fricke [FDP]: Wo denn sonst?)

Man stellt sich schon die Frage: Wozu?

(Otto Fricke [FDP]: Wo bringen Sie denn Gesetze ein?)

Das ist sicherlich ein ganz klasse Flugblatt: auf Staatskosten in einer Buch- und Offsetdruckerei gedruckt und ganz im Sinne Ihrer Partei auch noch ein Beitrag zur Wirtschaftsförderung.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD)

Es stellt sich aber auch die Frage: Was soll damit passieren? Daher kann man ihr Vorgehen wirklich nicht verstehen. Denn hier, an dieser Stelle, müssen Sie nicht erfolgreich und mutig sein. Nehmen Sie doch ein paar Argumente aus Ihrem Argumentationskanon. Zum Beispiel ist Ihr Vorschlag, die Regelungen bezüglich der Zuständigkeit der Standesämter bundeseinheitlich zu gestalten, in der Tat eine gute Sache. Das bedeutet Bürokratieabbau und Abbau von Wirrnis, weil überall unterschiedliche Institutionen zuständig sind. Versuchen Sie doch, Ihre konservativen Koalitionspartner in den Bundesländern, in denen Sie zusammen regieren, davon zu überzeugen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Dann hätten Sie etwas geleistet und auch zum gesellschaftlichen Fortschritt beigetragen. Hier haben Sie aber nur auf Bundestagspapier ein Flugblatt produziert.

(Zuruf von der FDP: Das ist ja sagenhaft!)

Das ist für die politischen Debatten der nächsten Monate natürlich hilfreich; aber es ist viel zu wenig. Deshalb will ich aus meiner Sicht noch etwas anderes sagen: Gesetzgebung sollte nicht folgen- und wirkungslos sein.

(Zuruf von der FDP: Stimmen Sie uns doch zu! Dann ist es nicht wirkungslos!)

Der Gesetzentwurf, den Sie hier eingebracht haben, wird aber folgen- und wirkungslos bleiben. Anders verhielte es sich mit einem Erfolg im Bundesrat, um den sich zu bemühen Sie sich nicht getraut haben.

Was das zwischenmenschliche Leben betrifft dieser Meinung sind wir alle , muss man sich oft dafür einsetzen, dass bestimmte Handlungen folgen- und wirkungslos bleiben. Aber eines ist ganz offensichtlich: Wir brauchen kein Safer Law.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Widerspruch bei der FDP)





Die gesamte Debatte können Sie unter www.bundestag.de nachlesen (Protokoll der 108. Sitzung des Deutschen Bundestages, Plenarprotokoll 15/108).