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31.01.2014

Rede zum Neujahrsempfang des IVD

 

 

Sehr geehrter Herr Kloth,

sehr geehrter Herr Kießling,

meine sehr geehrten Damen und Herren,

 

herzlichen Dank für die freundlichen, und doch mit kritischen Anmerkungen garnierten Begrüßungsworte.

 

So soll es sein und so ist es normal, denn das Planen, Genehmigen, Bauen und Vermarkten von Wohnraum folgt nicht den Regeln des friesischen Roulette. 

Ich denke, Sie alle kennen das Spiel. Man platziert seine Wette und wartet in aller Ruhe ab, welchen Standort sich die Kuh auf der grünen Wiese aussucht, um ihren Claim zu markieren, und trinkt währenddessen Tee.

 

Im Wohnungswesen geht es eher zu wie auf dem Hockeyplatz: Jeder Quadratmeter Boden ist hart umkämpft.  

 

Ein ehemaliger Bürgermeister dieser Stadt hat gesagt, mit Blick auf viele große Städte: Die Probleme des Wohnungsmarktes lassen sich kurzgefaßt auf drei Punkte zusammenbringen: zunehmende Knappheit, Verteuerung vermietbarer Wohnungen, Abnahme im Bestand sozial gebundener Wohnungen. Zitatende.

 

Dass es sich um ein etwas älteres Zitat handelt, erkenne ich daran, dass kurzgefaßt noch mit ß geschrieben ist. Inhaltlich sind sich viele Städte und ihre Bewohner der drei Punkte auch heute schmerzlich bewusst, auch Hamburg.

 

Warum ist das so? Bestimmt nicht, weil es Immobilienberatern, Maklern, Verwaltern und Sachverständigen egal wäre, ob sie mit einem großzügig bemessenen, oder einem viel zu kleinen Wohnraumbestand umzugehen haben. Das weiß ich aus vielen Gesprächen, gerade auch mit Maklern, wie das knappe Angebot ihre Arbeit erschwert und die Kundenzufriedenheit dämpft.

 

Im Blickpunkt Nord, der neuesten Ausgabe Ihres Verbandsmagazins, lese ich unter der Frage: Was bewegt die Immobilienwirtschaft in Deutschland? gleich als erstes den Satz: Die Wohnungsmieten werden nur dann sinken, wenn sich das Angebot deutlich erhöht. Zitatende; es handelt sich um eine Forsa-Umfrage. Ich widerspreche dem nicht!

In der Tabelle gleich darunter ist nach den wichtigsten Aufgaben für die neue Bundesregierung gefragt (Klammer auf: spontan). Immerhin auf Platz 2, gleich hinter den steuerlichen Erleichterungen, rangiert da der soziale Wohnungsbau mit 16 Prozent. Der Verzicht auf Mietpreisregulierung muss sich mit ganzen sechs Prozent Zustimmung begnügen, was ihm Platz 8 einbringt.

 

Damit kann die neue Bundesregierung leben. Aber, meine Damen und Herren, sie weiß so gut wie ich es als heutiger Bürgermeister der Stadt Hamburg weiß, und wie es jeder Häuslebauer weiß: dass der Weg von der positiv beschiedenen Bauvoranfrage zum gemütlichen Zurücklehnen am Kaminfeuer ein langer ist.  

 

Lassen Sie mich sowohl zu Hamburg als auch zur Berliner Koalition einige konkrete Sachverhalte in Erinnerung rufen. Als der jetzige Senat 2011 seine Arbeit aufnahm, fehlten in unserer Stadt rund 40.000 Wohnungen schon wieder. Denn den Worten meines damaligen Vorgängers, gesprochen in den schwierigen Nach-Wende-Jahren, in denen die Stadt attraktiv für Zuwanderer und stark gewachsen war, den Worten waren ja Taten gefolgt und Baukräne hatten die Silhouette Hamburgs geprägt.

 

Aber es folgten andere Zeiten und nicht alle Anstrengungen sind von späteren Senaten hinreichend intensiv weiter verfolgt worden.

 

40.000 fehlende Wohnungen gemessen am Hamburger Wohnungsbestand nach dem Zensus von 2011, der auf 924.596 Wohneinheiten kam,  entspricht das einem Anteil von 4,3 Prozent. Das ist nicht eben wenig.

 

Angesichts der hohen Nachfrage und der steigenden Preise hat es sich der Senat zum Ziel gemacht, jährlich 6.000 Wohnungen zu genehmigen. Und diese Wohnungen natürlich auch beizeiten sehen zu wollen.  Mit diesem Wohnungsbauprogramm verknüpfen wir die Absicht, einer drohenden Spaltung der Gesellschaft in Hamburg entgegenzuwirken.

 

Wir brauchen jede Menge Wohnraum unterschiedlichster Ausgestaltung, aber über eines konnte es gar keine zwei Meinungen geben, das haben wir gemacht und darüber gilt es auch zu reden: Um Wohnraum für Haushalte mit niedrigen und mittleren Einkommen zu schaffen, wird ein Drittel der Mietwohnungen werden also 2.000 jährlich gefördert. Und weil die Sozialbindung von Mietwohnungen fortschreitend ausläuft, bleibt die Förderung des Mietwohnungsbaus eine Daueraufgabe.

Lassen Sie mich dazu einmal noch meinen Vorgänger von 1995 zitieren, er ist ja hier und kann dazwischenrufen, sollte es nicht stimmen: Den preisgünstigen, freifinanzierten Mietwohnungsbau wird es auch in Zukunft nicht geben. Neubauwohnungen werden zum unerschwing-lichen Luxusgut, wenn es keine öffentliche Förderung gibt. Ohne ausreichendes Angebot auf allen Teilmärkten bleibt der ´funktionsfähige Wohnungsmarkt´ Illusion! - Für heute Zitatende.

 

Meine Damen und Herren, 

nach drei Jahren hat das Wohnungsbauprogramm des Senats Fahrt aufgenommen, auch und nicht zuletzt wegen der öffentlichen Förderung, die wir jetzt in der Investitionsbank gebündelt haben. Jährlich stehen mehr als 100 Millionen Euro für die Förderung des sozialen Wohnungsbaus zur Verfügung. 2013 sind mit genau 98,7 Millionen genau 2.006 Mietwohnungsneubauten gefördert worden. Das sind auch die Zielzahlen für die kommenden Jahre.

 

Mit und ohne Förderung: Insgesamt wurden bereits ungefähr 25.000 Wohnungen genehmigt, allein im vorigen Jahr mehr als 10.000. Auch dieses Jahr wird es für mindestens 6.000 Wohnungen Genehmigungen geben. Derzeit sind gut 11.000 genehmigte Wohnungen im Bau; die genauen Zahlen werden wir Ende Februar haben.

 

Und damit das sage ich auch den, sollten sich welche im Raum befinden, Gentrifizierungs-Gegnern kämpfen wir gegen das, was in der Stadt dem Entstehen eines Wohnungsmarktes entgegensteht, wie die Hamburgerinnen und Hamburger ihn brauchen.

 

Wir haben einen Mangel übernommen, den wir bald abgearbeitet haben werden. Aber wir dürfen mit dem Wohnungsbau nie wieder aufhören!

Denn Hamburg will eine Arrival City sein, eine Ankunftsstadt. Mit heute knapp 1,8 Millionen Einwohnern den angeblichen Schwund durch den Zensus haben wir schon zur Hälfte wieder hereingeholt sind wir auf dem Weg dorthin. Die Zusammensetzung der Bevölkerung verändert sich: Kosmopolitisch war Hamburg schon immer, oder doch fast immer, aber heute leben in der Stadt schon 530.000 Zuwanderer, oder Nachfahren von Zuwanderern. Sie sind gekommen, weil sie damit für sich und ihre Familien die Hoffnung auf ein besseres Leben verbinden. Das ist gut, nein: es ist unverzichtbar für die Prosperität und ebenso das Lebensgefühl der Stadt. Aber es müssen die Voraussetzungen geschaffen werden.

 

Zu denen wiederum gehört noch viel mehr als Wohnraum, es gehören dazu auch Bildung, gute Schulen, Kitas und Krippen, Integration mit allem, was die Voraussetzung dafür ist. Aber man kommt doch immer an den Ausgangspunkt zurück: Anfang der 2020er Jahre werden in Hamburg wahrscheinlich eine Millionen Wohnungen gebraucht, und deshalb müssen Jahr für Jahr neue entstehen, wenn für alle Bewohnerinnen und Bewohner der Stadt attraktiver und bezahlbarer Wohnraum vorhanden sein soll.

 

Deshalb und weil die Hamburger Mitpreisbremse allein noch nicht ganz ausreicht, so sehr mir dieses Wort von Ihnen, Herr Kloth, gefällt deshalb werden wir auch in den kommenden Jahren den Mietwohnungsbau fortsetzen und die städtische Grundstücksvergabe grundsätzlich mit der Auflage versehen, mindestens 30 Prozent der Geschosswohnungen im geförderten Mietwohnungsbau zu errichten.

 

Und übrigens: Wenn behauptet wird, dass der Senat sein Wohnungsbauprogramm nur durchführen könne, weil bestehende Wohnungen abgerissen werden dass es sozusagen ein Nullsummenspiel sei , dann fällt es mir schwer, das Wort schon wieder nicht zu benutzen, das ich schon gleich zu Anfang vermieden habe. Sie erinnern sich: das Spiel mit der Kuh und dem, was sie fallen lässt. Das Statistikamt Nord hat dazu festgestellt, dass im vergangenen Jahr lediglich 600 Wohnungen abgerissen wurden nicht mehr!

 

Jetzt zur Koalition. Die neue Bundesregierung setzt ihrerseits Signale beim Wohnungsbau. So will sie bis Ende 2019 den Ländern jährlich 518 Millionen Euro für den Sozialen Wohnungsbau zur Verfügung stellen.

 

Nochmal, und jetzt vom Spreebogen aus gesehen: Der beste Schutz gegen steigende Mieten ist ein großes Angebot an Wohnraum. Das Bekenntnis des Koalitionsvertrages lautet ausdrücklich, dass es darum geht, die Investitionstätigkeit im Wohnungsbau zu stärken. Dazu hat Herr Kloth bedauernd angemerkt, und in dem Punkt stimme ich zu, dass eine neue Abschreibungsmöglichkeit für den Wohnungsneubau in den Koalitions-verhandlungen vorerst nicht durchgesetzt worden ist. Ich glaube, es wird aber so etwas irgendwann kommen. Allerdings wäre eine lineare Abschreibung in der Höhe von 3 bis 4 Prozent statt 2 Prozent wie in den früheren Jahren wohl sinnvoller, statt einer degressiven.

 

Ein weiteres Instrument ist aber hinzugekommen, um einen rasanten Mietpreisanstieg zu begrenzen. Wir werden in Hamburg die Möglichkeit, bei Wiedervermietung in bestimmten Gebieten eine Mieterhöhungs-Beschränkung einzuführen, im Rahmen unseres Bündnisses für das Wohnen sorgfältig prüfen.

 

 

Dass sich die Hamburger Initiative zur Bezahlung von Maklerleistungen im Koalitionsvertrag wiederfindet, ist aus meiner Sicht ein Erfolg. Darüber werden wir nachher sicher noch diskutieren, aber für mich ist unser Grundsatz Wer bestellt, der bezahlt überzeugend begründet.

 

Meine Damen und  Herren,

zum Schluss vielleicht ein kurzer Ausblick auf die nähere Zukunft, soweit sich die abschätzen lässt. Jüngste Prognosen der nationalen und internationalen Forschungsinstitute zur Wirtschaftsentwicklung in Deutschland sind sehr positiv ausgefallen. Besonders Metropolen wie München, Berlin und Hamburg können mit einer überdurchschnittlichen Entwicklung rechnen. Die Nachfrage nach qualifizierten Arbeitskräften dürfte damit weiter steigen, und schon deswegen wird die Zuwanderung in die Städte ein hohes Niveau behalten.

Dasselbe gilt dann für die Nachfrage nach Wohnraum. Wobei Aussichten auf eine weiter steigende Nachfrage, und dementsprechend vielleicht steigende Preise, das neue Jahr aus Sicht der Branche in ein freundliches winterliches Licht stellen nehme ich doch an.

Als weniger erfreulich, sondern als Wachstums- und Investitionsbremsen werden demgegenüber drohende staatliche Eingriffe zur Regulierung des Marktes eher kritisch wahrgenommen und kommentiert.

 

Das verstehe ich. Andererseits müssen die politischen Entscheidungsträger diverse Gesichtspunkte einbeziehen und eines muss klar sein: vorausschauend darf sich nur eine Wohnungs- und Stadtentwicklungspolitik nennen, die es verhindert, dass größere Teile der Bevölkerung einer Stadt zu Verlierern werden, weil sie in etlichen Quartieren nicht mehr zu tragbaren Bedingungen wohnen können.

Da meldet er sich dann lautstark, der Gentrifizierungs-Vorwurf, und dem kann man dann und nur dann deutlich widersprechen, wenn er falsch ist. Die Stadt Hamburg hat das Werkzeug der Sozialen Erhaltensverordnung entwickelt und wird auch mit dessen Hilfe dem Missbrauch gewachsener Quartiere mit heterogener Bewohnerstruktur für Umwandlungsstrategien entgegenwirken.

 

Meine Damen und Herren,

am Ende des Tages, wie man so schön sagt, werden politischen Entscheidungen niemals im stillen Kämmerlein vorbereitet, oder gar getroffen angedacht manchmal ja, aber erst dann geht es ja richtig los , sondern sie werden immer intensiv mit allen diskutiert, die etwas beizutragen haben. Hierzu zählen auch die Gremien des Bündnisses für das Wohnen in Hamburg.

Auf die Stimme ihres Verbandes, der dankenswerterweise seit 2011 zu den Partnern des Bündnisses zählt, verlassen wir uns weiterhin. Wir werden dabei nicht aus den Augen verlieren, dass sich das Investitionsklima und die gesetzlichen Grundlagen für Neubau- und Bestandsinvestitionen in Deutschland insgesamt nicht verschlechtern dürfen.

 

Gerade angesichts der positiven Bevölkerungsentwicklung, die Hamburg vorausgesagt wird vor allem, weil junge erwerbstätige Familien aus vielen Ländern zuwandern , benötigen wir eine leistungsfähige und investitionsfreudige Immobilienwirtschaft, die zusammen mit der Politik und der Verwaltung Hamburgs neue lebenswerte Quartiere schafft, mit vielfältigen Wohn- und Arbeitsstätten, Kultur-, Bildungs- und Freizeiteinrichtungen.

Die geplanten Rechtsänderungen im Bereich des Maklerwesens sind naturgemäß für die Mitglieder Ihres Verbandes von besonderem Interesse. Der Koalitionsvertrag sieht vor, dass für Maklerleistungen klare bundeseinheitliche Rahmenbedingungen und ebenso eine Qualitätssicherung erreicht werden soll. Vermieter und Mieter sollen weiter als Auftraggeber auftreten können. Und es soll das marktwirtschaftliche Prinzip gelten: wer bestellt, der bezahlt.

 

Ich freue mich auf die Diskussion.

 

Es gilt das gesprochene Wort.