Rede zum Tag des Mittelstandes
Sehr geehrte Frau Kochen-Schmidt-Eych,
sehr geehrter Herr Präsident Katzer,
sehr geehrte Frau Voltz,
sehr geehrter Herr Puig,
sehr geehrter Herr Stanbridge,
meine sehr geehrten Damen und Herren,
ich freue mich sehr, dass ich heute hier sein darf um mit Ihnen über die Chancen zu diskutieren, die sich für uns alle ergeben, wenn es uns gelingen sollte, die Olympischen und Paralympischen Sommerspiele tatsächlich hierher nach Hamburg zu holen.
Hamburg gehört zur zweiten Garde der europäischen Städte, sie ist nach Barcelona die zweitgrößte europäische Stadt, die nicht Hauptstadt ihres Landes ist. Gerade einer Stadt wie unserer würde die internationale Aufmerksamkeit zugutekommen, da bin ich mir sicher. Aber wir und damit meine ich nicht nur die Hamburger Bürger, sondern auch die mittelständischen Unternehmen in der Metropolregion Hamburg und darüber hinaus wir alle werden noch sehr viel direkter profitieren von den Möglichkeiten, die uns die Spiele bieten, wenn wir es denn klug anstellen. Sie alle kennen wahrscheinlich inzwischen unser Konzept der nachhaltigen Spiele am Wasser, mit kurzen Wegen und vor allem mit der umfassenden Integration in die generelle Stadtentwicklung. Wir werden heute sicher auch noch Gelegenheit haben, das in Einzelheiten zu besprechen. Aber eins sage ich jetzt schon vorweg, in der Hoffnung, dass es nicht anbiedernd klingt: Ich bin überzeugt, dass unser Konzept im Kern den Werten entspringt, die auch den deutschen Mittelstand zu solchen Erfolgen überall in der Welt befähigt haben. Wir sind sicher, dass Olympia Made in Hamburg für eine besondere Qualität stehen wird, für echte und ehrliche Leistung, für ordentliche Organisation und Sorgfalt, gepaart mit der entspannten Weltoffenheit dieser Stadt, die viele die schönste der Welt nennen von mir kommt an dem Punkt übrigens kein Widerspruch. Wir sind nicht die auffälligste Stadt der Welt, aber auch das teilen wir mit den vielen mittelständischen deutschen Weltmarktführern, den so genannten Hidden Champions.
Der deutsche Mittelstand oder German Mittelstand ist in der ganzen Welt ein fast schon mythischer Begriff und ein international bewundertes Erfolgsmodell unserer Wirtschaft. In keinem anderen Land gibt es so viele kleine, mittlere und größere Familienunternehmen wie bei uns. Insbesondere kleine und mittlere Familienunternehmen stehen in Deutschland für eine Unternehmenskultur, die die Einheit von Eigentum, Haftung und Leitung verbindet. Sie sind gekennzeichnet durch Innovation, Exportstärke und Verantwortungsbewusstsein. Mittelständler denken nicht in Quartalszahlen, sondern in Generationen, und wer so langfristig denkt, der bildet andere und tiefere Beziehungen, zu seinen Beschäftigten, Lieferanten und Kunden.
Das ist eine besondere Stärke. Gleichzeitig sind Mittelständler regional verankert. Sie haben ein Zuhause. Sie sind nicht nur Teil des Wirtschaftskreislaufs, sondern auch von Regionen und Gemeinden, von sozialen Strukturen und Gemeinschaften. Das kann man nicht hoch genug bewerten. Wir sehen das daran, was passiert, wenn solche Strukturen fehlen, wenn wir uns Länder und Regionen in Europa und der Welt ansehen, in denen das nicht so ist. Während sich in vielen deutschen Regionen manchmal über Jahrhunderte Kompetenz-Cluster gebildet haben, beobachten wir an vielen anderen Orten in der Welt, dass Produktionsstätten manchmal schon für minimale und sehr kurzfristige Vorteile verlegt werden. Wir erleben, dass Eliten ohne jede Scham und eben ohne die Verbundenheit zu einer Region oder einem Land die irrwitzigsten Wege gehen, um nur ja nirgendwo Steuern zu zahlen. Kurz gesagt: Die Unternehmenskultur des deutschen Mittelstandes mit ihrer großen Verantwortungsbereitschaft strahlt weit über das hinaus, was auf dem Firmengelände passiert. Es macht einen gewaltigen Unterschied, ob an einem einzigen Gebäude 200 Briefkästen angebracht sind, während drinnen nichts produziert wird wie wir es von den Berichten über manche so genannte Steueroasen kennen , oder ob in einem Gebäude 200 gute, schlaue Produkte gebaut werden von Menschen, die abends stolz darauf sind, was sie geschafft haben. Das ist zunächst einmal ganz unabhängig von dem Geld, das da verdient wird. Ich kann mir vorstellen, dass es Häuser mit 200 Briefkästen gibt in denen auf irgendeine verquere Art mehr angeblicher Umsatz generiert wird als bei einem ehrlichen Mittelständler. Aber ich glaube, wir sind uns einig, dass wir glücklicher sind, in einer Gesellschaft zu leben, in der wir echte Werte schaffen. Und ich möchte in diesem Zusammenhang das Wort Werte in all seinen Bedeutungen verstanden wissen. Denn genau dafür steht der deutsche Mittelstand.
Vielleicht sollten wir heute gemeinsam damit beginnen, in Zukunft das fürchterliche Wort von den Steueroasen nicht mehr zu benutzen. Das sind gerade keine Oasen, sie sind das Gegenteil, nämlich Wüsten, in denen nichts wächst. Ich finde, wir sollten sie auch so nennen.
Der deutsche Mittelstand ist, wie ich schon erwähnt habe, auch durch seine Exportstärke geprägt. Das ist ein Teil seines Erfolgsrezeptes. Deshalb kommen wir in diesen Tagen nicht darum herum, über Dinge zu sprechen, die uns als Exportnation Sorgen bereiten müssen, zum Beispiel das Image deutscher Produkte und das Gütesiegel Made in Germany, das möglicherweise durch den Skandal um den Betrug bei Volkswagen in Mitleidenschaft gezogen werden könnte. Es ist zu früh, um das wirklich beurteilen zu können, und es ist auch zu früh, um erkennen zu können, wer da wann was gewusst hat und wessen kriminelle Energie letztlich dafür gesorgt hat, dass offenbar millionenfach Abgaswerte falsch deklariert wurden. Zur Schuldfrage kann ich hier und heute nichts beisteuern. Aber ich glaube, dass es tatsächlich ein schwerer Schlag für das Image deutscher Unternehmen in der Welt ist, da gibt es nichts zu beschönigen. Was ich vorher gesagt habe über die Strahlkraft unternehmerischen Handelns gilt im Negativen leider genauso wie im Positiven. Wenn plötzlich dieser Betrug als deutsche Unternehmenskultur wahrgenommen werden würde, wäre das fatal für uns alle. Aber letztlich bin ich der festen Überzeugung, dass gerade die Mittelständler mit ihren engen persönlichen Beziehungen zu den Kunden in der ganzen Welt das schadlos überstehen werden. Für die deutschen Autobauer ist es eine Katastrophe, auch für diejenigen, die gar nichts mit solchen kriminellen Praktiken zu tun hatten. Für das Gütesiegel Made in Germany gilt das meiner Meinung nach mittelfristig nicht, und auch das haben wir in den weitesten Teilen dem Mittelstand zu verdanken.
Ich möchte auch ganz kurz ein paar Worte zum Euro sagen, der in der letzten Zeit unter Druck stand und wo zeitweise wirklich nicht feststand, ob und wie es weitergehen würde. Hamburg als Handelsstadt profitiert natürlich stark von den deutschen Exporten, und die Exporte profitieren stark von der gemeinsamen Währung. Ich warne davor, das zu unterschätzen, und ich warne davor, leichtfertig mit Gedanken zu spielen, die diese Union schwächen. In eine Währungsunion steigt man nicht einfach ein und aus, egal ob man das stärkste oder schwächste Mitglied ist, die Folgen sind immer unvorhersehbar, für alle, aber sie sind tendenziell immer schlecht und möglicherweise katastrophal. Ich hoffe und glaube auch, dass wir nach langen und anstrengenden Konfrontationen innerhalb der Eurozone jetzt wieder auf einem Weg der Partnerschaft sind, und das ist der einzige Weg, auf dem wir alle stärker werden und an den Vorteilen partizipieren. Ich muss Ihnen nicht sagen, dass für uns hier in Deutschland die Rechnung bisher mehr als aufgegangen ist, aber auch hier gilt, worüber ich vorhin gesprochen habe: Letztlich wird die Stärke der Währung bestimmt durch die Kultur der Gemeinsamkeit, die wir entwickeln. Die besten Regeln helfen nichts und ich glaube, dass wir auch an den Regeln noch einiges nachjustieren müssen aber selbst perfekte Regeln helfen nichts, wenn wir die Kultur der Zusammenarbeit nicht hinbekommen. Das wissen Sie aus Ihrem täglichen Geschäft: Sie können die besten Verträge machen, aber wenn Sie in den Vertrag überhaupt reingucken müssen, dann heißt das in der Regel, dass da schon etwas schiefgegangen ist. Aus dieser Falle müssen wir raus, und das werden wir schaffen. Der Euro ist ein ambitioniertes Projekt, bei dem sich alle strecken müssen. Aber Europa wird das schaffen.
Wir haben es übrigens bisher besser geschafft als viele andere, weil wir das Glück haben, diesen seit Jahrhunderten gewachsenen Mittelstand zu haben. Weil wir Sie haben. Der Mittelstand ist der Jobmotor Deutschlands, mit 99 Prozent der deutschen Unternehmen, mit mehr als 62 Prozent der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten und mehr als 84 Prozent der Auszubildenden, deren Ausbildungsniveau überall auf der Welt respektiert wird. Wir haben im Moment die niedrigste Arbeitslosenquote seit Jahrzehnten, was mich sehr glücklich macht, und ganz besonders freut mich die niedrige Jugendarbeitslosenquote, denn wenn wir uns in Europa umschauen, dann ist das keine Selbstverständlichkeit. Es bedeutet auch, wir haben allen Grund, optimistisch in die Zukunft zu blicken. Hier in Hamburg wie in ganz Deutschland.
Hamburg ist eine Wirtschaftsmetropole, das wissen Sie, unser Bruttoinlandsprodukt pro Kopf liegt gut 50 Prozent über dem Bundesdurchschnitt, und wir tun viel, damit das so bleibt oder meinetwegen auch gerne noch ein bisschen mehr wird. Dabei sind wir als Stadt mittelständisch geprägt und sehr breit aufgestellt. Und wir wollen da gerne noch eine Schippe drauflegen in den nächsten Jahren, zum Beispiel eben dadurch, dass wir den Zuschlag für die Olympischen und Paralympischen Sommerspiele 2024 bekommen und unser Konzept umsetzen. Ich weiß von den Kammern, dass Sie hinter der Bewerbung stehen und dass Sie mit uns Feuer und Flamme sind für die Spiele in Hamburg. Das hat mich ehrlich gesagt nicht überrascht, denn es passt wie gesagt zu allem, was mittelständische Betriebe ausmacht. Der Olympische Gedanke wird gerne zusammengefasst als Dabei sein ist alles. Man könnte es auch so sagen: Teil von etwas Großem zu sein ist wichtiger, als allein der Größte zu sein. Diese Gemeinsamkeit ist es, die bei aller individuellen Qualität jedes Einzelnen den deutschen Mittelstand in seiner Gesamtheit so viel stärker und größer macht als nur zur Summe seiner Teile. Dazu möchte ich Ihnen heute hier gratulieren, und deshalb freut es mich so, dass ich heute hier sein darf.
Schönen Dank!
Es gilt das gesprochene Wort.