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19.07.2012

Rede zur 10. Sitzung der Europakammer des Bundesrats

Rede zur 10. Sitzung der Europakammer des Bundesrats

 

Herr Präsident,

meine sehr geehrten Damen und Herren, 

 

Vor knapp drei Wochen haben wir nach reiflicher Überlegung und zum Nutzen aller den Fiskalpakt und den Europäischen Stabilitätsmechanismus auf den Weg gebracht. 

 

Heute befassen wir uns in einer außerordentlichen Sitzung erneut mit der Situation in der Eurozone, denn die Lage in Spanien ist ernst. 

 

Wir müssen aber auch bei aller Hysterie klar sagen: Spanien hat eine leistungsfähige Volkswirtschaft. Es ist in der Lage, seine Staatsschulden zu bedienen. In Spanien droht kein Staatsbankrott, sondern es geht um die kurzfristige Rekapitalisierung der spanischen Banken über ein 18-monatiges Programm. Diese Hilfen sind allerdings unabdingbar, wenn das Land und damit die Europäische Union nicht immensen Schaden nehmen sollen. 

 

Und diese Botschaft an die Finanzmärkte ist wichtig: Wir werden und können unsere Währung verteidigen!

 

Spanien hat am 24. Juni 2012 beim Präsidenten der Eurogruppe einen Antrag auf Finanzhilfe zur Rekapitalisierung der spanischen Finanzinstitute gestellt, und der Bundesfinanzminister seinerseits hat am 29. Juni die Gewährung von Finanzhilfen an Spanien angekündigt.

 

Zugleich hat die Bundesregierung den Bundesrat entsprechend der gemeinsamen Vereinbarung darüber unterrichtet.  Am 16. Juli hat der Bundesfinanzminister beim Bundestag die Zustimmung zu Hilfsmaßnahmen zugunsten Spaniens beantragt. 

 

Die Länder und damit der Bundesrat haben bei der Übernahme von Gewährleistungen des Bundes eine Mitverantwortung. Und sie nehmen ihre Mitverantwortung auch und gerade in europäischen Fragen ernst.

 

Wir sehen die in Aussicht gestellten Finanzhilfen als sinnvolle Möglichkeit und den richtigen Weg zur Stabilisierung der Eurozone und ihrer viertgrößten Volkswirtschaft unter klaren Bedingungen. 

 

Solidarität innerhalb der EU ist für die Länder kein leeres Wort; sie erweist sich im praktischen Handeln. Und gerade Hamburg hat ein fundamentales Interesse an funktionierender Wirtschaft und einem gesunden Bankensektor in der gesamten Europäischen Union. 

 

Mit der geplanten Vergabe des Kredits werden insbesondere zwei Ziele verfolgt:

 

  1. Bereitstellung der notwendigen Ressourcen, um in Schieflage geratene Finanzinstitute zu rekapitalisieren und Altlasten im Bankensektor zu beseitigen.
  2. Sicherung des Zugangs zum Kapitalmarkt zu nachhaltigen Konditionen für Spanien.

 

Doch Solidarität bedeutet nicht blindes oder auch nur leichtgläubiges Vorgehen. Wir sind zuallererst den Bürgerinnen und Bürgern verpflichtet, und nur wer stark ist und stark bleibt, kann auch helfen.

 

Um es unmissverständlich zu sagen: Die geplanten EU-Hilfen sind keine direkten Bankenhilfen; nach gegenwärtiger Rechtslage dürfen EFSF und ESM weder direkt noch indirekt zur Übernahme von Verlustrisiken der Banken herangezogen werden. 

 

Wir sprechen also über eine Finanzhilfe für Spanien; der Vertrag mit Spanien ist an strenge Bedingungen gekoppelt: 

 

  • Zwingend erforderlich sind Reformen des spanischen Finanzsektors, einschließlich der Umstrukturierung von Finanzinstituten sofern sie restrukturierungsfähig sind. Andernfalls  muss die Abwicklung erfolgen. 
  • Das heißt auch: Die Banken müssen zunächst eigene Anstrengungen zur Rekapitalisierung und Restrukturierung unternehmen; Bankenhilfe darf nur dann geleistet werden, wenn eine Restrukturierung möglich ist und Anteilseigener und Gläubiger der Banken sich ebenfalls angemessen beteiligen. 
  • Das bedeutet: Private Kapitalgeber müssen vorrangig haften; damit einher geht die Gehaltsdeckelung der Managergehälter.
  • Die Rekapitalisierung des spanischen Bankensektors wird unter strikter Anwendung des EU-Beihilferegimes erfolgen. 
  • Zudem wird Spanien weitere Schritte zur Konsolidierung des Haushalts unternehmen, wozu aus unserer Sicht angesichts der hohen Arbeitslosigkeit, v.a. der Jugendarbeitslosigkeit dort auch dringend Maßnahmen zur Steigerung von Wachstum und Beschäftigung erforderlich sind 
  • Auch wenn im Einzelfall Spanien kein bevorrechtigter Gläubigerstatus vorgesehen ist, weil die Hilfen aus dem EFSF erfolgen, so muss an dem Grundsatz des bevorrechtigten Gläubigerstatus im ESM aber festgehalten werden. 

 

Daneben bleibt die Einbindung des IWF gewahrt, da der IWF in die technische Überwachung der Finanzhilfe eingebunden sein wird. 

 

Von den bestehenden 440 Mrd. Euro aus EFSF-Mitteln stehen zum jetzigen Zeitpunkt noch etwa 240 Mrd. Euro zur Verfügung. Für Spanien hat die  Eurogruppe Hilfen von bis zu 100 Mrd. Euro in Aussicht gestellt. 

 

Schon daraus ist ersichtlich: Finanzhilfen innerhalb der EU dürfen und können kein Fass ohne Boden sein.

 

Der Abbau des übermäßigen Defizits in Spanien muss wie vereinbart und zugesagt bis zum Jahr 2014 eingehalten werden das gehört zur Bringschuld unserer Nachbarn, die jetzt um Hilfe bitten. Und um dies sicherzustellen, wird Spanien vierteljährlich über die Fortschritte berichten.

 

Wir verstehen die deutsche Zustimmung zur Finanzhilfe für Spanien als ein klares pro-europäisches Bekenntnis und als Festigung des gemeinsamen Wegs.

 
Vielen Dank.
 
Es gilt das gesprochene Wort.