Sehr geehrte Frau Garijo, liebe Belén,
sehr geehrter Herr Baillou,
sehr geehrter Herr Heinzel,
meine Damen und Herren,
vor allem aber liebe Merck‘ser,
bevor ich zu dem schönen Anlass komme, der uns heute eigentlich hier zusammenführt, möchte ich zwei kurze persönliche Bemerkungen machen.
Die erste lautet: Happy Birthday, lieber Johannes Baillou! Dass der Termin für diese Grundsteinlegung auf Ihren 59. Geburtstag fällt, ist natürlich Zufall. Das bietet mir nicht nur die Gelegenheit, Ihnen heute persönlich zu gratulieren, sondern es unterstreicht auch, dass dieser Weltkonzern Merck seit 1668 die DNA eines echten deutschen Familienunternehmens in sich trägt.
Ihr Vorgänger im Amt hat anlässlich des 350-jährigen Bestehens von Merck gesagt: „Unser ehrgeiziges Ziel ist es, die Firma in besserem Zustand an die zwölfte Generation zu übergeben“ – die zwölfte Generation! Inzwischen ist es sogar die 13. Generation.
Wer auf eine solche Geschichte zurückblickt, der hat nicht nur ökonomisch viel richtig gemacht. Ohne Pioniergeist, ohne Innovation und Forschung wäre aus der Stadtapotheke des Apothekers Friedrich Jacob Merck niemals eines der führenden Pharma-, Biotech-, Elektronik- und Life-Science-Unternehmen der Welt geworden. Es ist der Mut, immer wieder Neues zu erproben, der ein Unternehmen wie Merck jung und damit erfolgreich hält.
Frauen spielen dabei für die Geschicke von Merck schon früh eine entscheidende Rolle. Als Johann Franz Merck 1741 starb, rettete seine Frau Elisabeth Catharina mit ihrer klugen Finanzpolitik das Merck‘sche Geschäft. Heute würde man wohl von der ersten weiblichen CFO sprechen. Die erste weibliche CEO folgte dann 1805 mit Adelheid Merck, die nach dem frühen Tod ihres Mannes das Unternehmen lenkte.
Liebe Frau Garijo, hier bei Merck sind Sie also nicht die erste weibliche CEO. Dafür sind Sie nach wie vor die einzige CEO in einem DAX-Konzern.
Das bringt mich zu meiner zweiten persönlichen Vorbemerkung: Ich finde, „corporate Germany“ hat hier dringenden Nachholbedarf. Das zeigen übrigens auch alle internationalen Rankings zu Frauen in Führungspositionen. So kann man den anderen 39 DAX-Unternehmen und vielen weiteren hierzulande eigentlich nur zurufen: Nehmt euch ein Beispiel an Merck. Gute Führung hat nichts mit X- oder Y-Chromosomen zu tun, sondern mit Leadership.
Anfang des Jahres haben Sie, liebe Frau Garijo, der „ZEIT“ in einem Interview gesagt, was Sie antreibt. „Ich würde gern Krebs besiegen“, so war dort zu lesen. Dieser Satz ist die perfekte Brücke zu dem, was wir heute hier feiern. Denn die Biowissenschaften, die hier im Advanced Research Center ein neues Zuhause bekommen, versprechen genau diese Art medizinischer Durchbrüche.
Wir haben das während der Coronapandemie erlebt, als Forscherinnen und Forscher mittels der mRNA-Technologie innerhalb kürzester Zeit lebensrettende Impfstoffe entwickelt haben. Dass diese Impfstoffe dann auch millionenfach produziert werden konnten, daran hatten und haben Nano-Lipid-Partikel aus dem Hause Merck großen Anteil. Wenn Uǧur Șahin von BioNTech heute davon spricht, Krebs könnte langfristig kontrollierbar, ja sogar heilbar sein, dann hat das auch mit den Fortschritten in den Biowissenschaften zu tun, an denen hier bei Merck geforscht und gearbeitet wird.
Nun investiert Merck hier am Stammsitz in der Wissenschaftsstadt Darmstadt 1,5 Milliarden Euro, mehrere hundert Millionen davon in Biowissenschaften – und damit in eine Boombranche, deren Umsatz in den vergangenen Jahren im Schnitt um fünf Prozent gewachsen ist.
Investitionen in dieser Größenordnung sind aber nicht nur ökonomisch, medizinisch und wissenschaftlich vielversprechend. Sie sind auch ein Bekenntnis zu Deutschland als starkem Pharma-, Industrie- und Forschungsstandort und – das will ich gerne hinzufügen – als starkem Standort der Biowissenschaften.
Und diese Investitionen sind bei Weitem nicht die einzigen. Vor gut zwei Wochen war ich nicht weit von hier in Alzey beim Spatenstich für eine 2,3 Milliarden Euro Arzneimittelfabrik von Eli Lilly. Novo Nordisk, BioNTech und AbbVie investieren gerade ebenfalls hunderte Millionen in Rheinland-Pfalz. Daiichi-Sankyo und Roche investieren jeweils über eine Milliarde Euro in Bayern und Baden-Württemberg.
Das sind Investitionen in Größenordnungen, wie wir sie in Deutschland seit langer Zeit nicht erlebt haben. Sie zeigen, dass wir auf einem guten Weg sind mit den Änderungen, die wir schon auf den Weg gebracht haben, um der Pharma- und Biotechbranche gute Rahmenbedingungen zu bieten. Und ich sage ganz klar: Diesen Aufbruch werden wir als Bundesregierung weiter mit aller Kraft unterstützen.
Mit unserem neuen Zukunftsfonds von zehn Milliarden Euro unterstützen wir Start-ups, viele davon auch im Pharmabereich und in den Biowissenschaften. Das geht Hand in Hand mit privaten Finanzierungsinstrumenten wie M Ventures, über die Merck seit 2009 unter anderem in die Biotechnologie investiert.
Gerade erst haben wir die steuerlichen Abschreibungsmöglichkeiten für Forschungsausgaben noch einmal verbessert. Schon heute sind wir das große Land in Europa mit den höchsten Ausgaben für Forschung und Entwicklung, aber wir wollen da noch weiter vorankommen.
Ja, wir haben hier in Deutschland und Europa führende Biotechunternehmen und Technologien, um die China, die USA und andere uns beneiden. Wir haben uns das gemeinsam ja erst in der vergangenen Woche in China angeschaut, liebe Frau Garijo. Ich möchte, dass das so bleibt. Dass Unternehmen wie Merck weiterhin in Deutschland und Europa investieren und Arbeitsplätze schaffen. Dass auch in Zukunft hier die Technologien entstehen, die auf der ganzen Welt gebraucht werden. mRNA-Technologie, personalisierte Medizin, mithilfe von KI entwickelte Arzneimittel und Medizinprodukte: Das alles sind ja nicht nur Wirtschaftszweige, mit denen sich gutes Geld verdienen lässt. Sie versprechen medizinische Durchbrüche.
Zugleich hat die Biotechnologie das Zeug dazu, die Industrie zu revolutionieren – neben der Pharmabranche auch die Chemie-, Textil-, Kosmetik- und Lebensmittelbranchen. Dieses enorme Potenzial sieht auch die Europäische Kommission. Deshalb hat sie im März zehn Maßnahmen vorgeschlagen, damit Europa in der Biotechnologie international wettbewerbsfähig bleibt und seine starke Stellung ausbaut.
Wir als Bundesregierung unterstützen das. Deshalb habe ich mich seit meinem Amtsantritt immer wieder mit Unternehmen wie Ihrem ausgetauscht und gefragt: Was müssen wir tun, um Forschung, Entwicklung, Technologie und Arbeitsplätze hier in Deutschland zu halten und weiter zu stärken?
Einen Teil der Antwort kann man in der Pharmastrategie erkennen, die wir als Bundesregierung im Dezember beschlossen haben und über die eben geredet worden ist. Wir schaffen damit Anreize für noch mehr Forschung und noch mehr Produktion von Pharma- und Biotechnologie in Deutschland. Dafür haben wir ein Gesetz verabschiedet, mit dem wir forschenden Unternehmen den Zugang zu Gesundheitsdaten erleichtern. Zusammen mit dem Europäischen Gesundheitsdatenraum stärkt das den Forschungsstandort Deutschland.
Wir evaluieren gerade die gesetzlichen Regelungen zum Arzneimittelmarkt, damit Medikamente bezahlbar bleiben und Forschung sich lohnt. Übrigens: Darauf achten wir auch in den laufenden Verhandlungen über das EU-Pharma-Paket.
Und wir haben vor wenigen Wochen im Kabinett das Medizinforschungsgesetz beschlossen; auch das wurde eben angesprochen. Damit vereinfachen und beschleunigen wir die Genehmigungsverfahren für klinische Prüfungen und die Zulassung von Arzneimitteln. Bearbeitungszeiten verkürzen wir, unnötige Doppelt- und Dreifachanträge schaffen wir ab.
Die Kabinettvorlage und den Gesetzentwurf, unterschrieben vom Gesundheitsminister und der Umweltministerin, habe ich auch mitgebracht – sozusagen als Beweisstück dafür, dass wir in Sachen „Pharma und Biotech made in Germany“ an einem Strang ziehen. Ich habe entschieden, diesen Gesetzentwurf in die Zeitkapsel zu legen, die wir gleich in den Grundstein des neuen Gebäudes einlassen; denn dieses Gesetz sowie die gesamte Pharmastrategie der Bundesregierung sind Bausteine für einen starken Pharma- und Biotechstandort in Deutschland mit Zukunft.
In dieser Zukunft wird die Firma Merck ihren festen Platz haben. Warum ich da so sicher bin? Weil sich dieses weltoffene, forschungsstarke Unternehmen seit 356 Jahren immer wieder neu erfindet. Dieses Unternehmen, liebe Merck‘ser, das sind Sie alle: die 11.200 hochqualifizierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus über hundert Nationen allein hier in Darmstadt, 63.000 weltweit; eine Geschäftsführung, die konsequent in Aus- und Weiterbildung investiert; ein Betriebsrat, der das fördert und unterstützt. So arbeiten Sie gemeinsam an einer guten Zukunft für Ihr Unternehmen und für unser ganzes Land.
Herzlichen Dank dafür und schönen Dank für die Einladung!