Sehr geehrte Abgeordnete der Hamburgischen Bürgerschaft,
sehr geehrter Herr Dr. Vogel,
sehr geehrter Herr Gotta,
sehr geehrter Herr Breier,
meine Damen und Herren,
ich freue mich, Sie auch in diesem Jahr wieder hier in Hamburg begrüßen zu können.
Im letzten Jahr haben Sie die territoriale Integrität unserer Stadt bedroht und eine eigene Republik Neuland gegründet. Ich bin froh, dass diese separatistischen Bestrebungen den Rahmen der ja ungleich älteren, aber nicht minder kreativen Stadtrepublik Hamburg nicht gesprengt haben
Das wäre übrigens auch gar nicht nötig und vielleicht auch gar nicht möglich.
Natürlich ist Hamburg eine Hafen- und Handelsstadt, aber längst gehört Kreativität zur kulturellen und wirtschaftlichen DNA unserer Stadt.
Das ist keine neue Beschwörungsformel, weil hier vor ein paar Jahren mal ein paar Politiker Richard Florida entdeckt haben, sondern das prägt unser städtisches Handeln nachhaltig. Nicht zuletzt, weil damit ein gutes Geschäft möglich ist und die Kreativwirtschaft zu den Eckpfeilern unserer Stadtökonomie gehört.
Das wollen wir stärken:
Deshalb ist hier in Hamburg eine Kreativgesellschaft gegründet worden.
Deshalb bauen wir in der HafenCity mit dem DesignXport ein ganzes Haus des Designs.
Deshalb nehmen wir mit der neuen Medienstandortinitiative nextMedia.Hamburg insbesondere die Schnittstelle von kreativen Inhalten und digitalen Technologien in den Blick.
Und deshalb beschäftigen wir uns sogar in unserer Arbeit für den Nationalen IT-Gipfel mit der Frage nach dem Zusammenspiel von Content und Technology.
All das stärkt die Bedingungen kreativen Arbeitens in Hamburg und bildet eine gute Grundlage für ihr Festival. Alles das gehört selbstverständlich dazu.
Neben den wirtschaftlichen Aspekten sind mir die gesellschaftlichen wichtig: Ich teile die weit verbreiteten moralischen Dünkel gegenüber kommerzieller oder strategischer Kommunikation nicht. Auch hier reden wir von kreativen Spitzenleistungen, die unserer Gesellschaft und ihren kulturellen Codes den Spiegel vorhalten.
Sicher: Vieles fließt in der modernen digitalen Kommunikations- und Bilderflut einfach vorbei, aber manches bleibt eben doch hängen und produziert spontane Erkenntnis oder fordert uns zum Nachdenken heraus.
Was sagt es eigentlich über uns aus, wenn genossenschaftliche Lebensmittelverkäufer plötzlich durch den Link ins Nachtleben supergeil werden?
Was bedeutet es, wenn Autohersteller zuerst zeigen, wie man das iPhone anschließt, bevor sie die Motorenleistung erwähnen?
Warum müssen Mobilfunkunternehmen und Schokoriegel unbedingt als Love-Brands geliebt werden?
Darüber kann man schmunzeln, das kann man ignorieren oder interpretieren.
In jedem Fall aber prägt es die Art und Weise, wie wir uns als Gesellschaft wahrnehmen und wie wir wahrgenommen werden wollen. Es geht um Markierungen in der neuen und stetig wachsenden Unübersichtlichkeit der Aufmerksamkeitsökonomie. Es geht um Orientierung. Um das Signal, dass es noch viel zu entdecken gibt da draußen.
Es ist schön, dass Sie uns darauf bisweilen aufmerksam machen. Und es ist noch schöner, dass wir die besten Arbeiten in den kommenden Tagen hier in Hamburg ansehen und feiern können. Ich hoffe, Sie haben heute in den Jurys bereits ganze Arbeit leisten müssen und hatten es nicht leicht, weil das Feld auch in der Spitze noch breit war.
Wir sind jedenfalls gespannt auf die Preisträger, die am Donnerstag im TUI-Operettenhaus geehrt werden. Dort am Spielbudenplatz, wo sonst Rocky im Musical durch den Ring tanzt Das erste Musical, das in Deutschland Premiere hatte und dann in diesem Frühjahr auch an den Broadway gekommen ist.
Auch so eine Hamburger Kreativleistung
Meine Damen und Herren,
ich habe gehört, dass Sie immer noch auf eine Rückmeldung auf Ihre Staatengründung aus Brüssel warten.
Ich habe da einen Tipp für eine erfolgreiche Republikgründung: Lassen Sie sich von Ihren Hamburger Kolleginnen und Kollegen die Sache mit dem Schreiben von Barbarossa einmal erklären, auf das unsere Hamburger Vorväter ihre Unabhängigkeit gründeten. Sie werden überrascht sein, wie kreativ man im Mittelalter sein konnte, wenn man nur ganz dringend die Unabhängigkeit und Freiheit wollte
Doch der Blick zurück sollte selbst heute im 50. Jahr des ADC nicht im Mittelpunkt stehen. Natürlich wäre ein halbes Jahrhundert Kreativ-Verein eine eigene Würdigung wert, aber genauso wie Sie darauf verzichten, will ich das auch tun und nur knapp gratulieren und für die nächsten vier Tage und für die nächsten 50 Jahre anspornen.
Ich wünsche Ihnen und uns allen ein Kreativfestival, das genauso inspirierend und überraschend, begeisternd und zukunftsweisend sein wird, wie das letztjährige.
Willkommen in Hamburg!
Es gilt das gesprochene Wort.